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8. Kapitel

Die nächste Woche wurde hektisch für Carter. Es stellte sich heraus, dass Joe mit einer ganz untypischen Eile voranpreschte, und Carter musste sich anstrengen, um mitzuhalten.

Als Erstes hatte Joe sich eine befristete Ausfuhrgenehmigung der Nationalen Akademie der Wissenschaften beschafft, und mit dieser Genehmigung in der Hand hatte er das italienische Militär zu Hilfsleistungen verpflichtet. Dieses würde das Fossil mit einer Transportmaschine vom Luftwaffenstützpunkt in Frascati, südöstlich von Rom, zum Kennedy Airport in New York bringen. In einem Land, das für seine Verwaltungsbürokratie berüchtigt war, hatte Joe es nicht nur geschafft, sich durch den Behördendschungel zu kämpfen, sondern das auch noch in Rekordzeit. Unwillkürlich fragte Carter sich, was tatsächlich hinter dieser großen Eile steckte. Joe benahm sich, als könnte er es kaum abwarten, das Fossil nach New York zu schaffen.

Für Carter stand währenddessen eine Menge Lobbyarbeit und Rennerei in der NYU an. Gleich am Montagmorgen schickte er die Bilder und Anhänge zum Fachbereichsleiter Dr. Stanley Mackie und schaute nachmittags in dessen Büro vorbei. Mackie war ebenso berühmt für seine buschigen weißen Augenbrauen, die offensichtlich seit einem halben Jahrhundert ungehindert sprießen durften, wie für seine Funde in der Olduvai-Schlucht in Tansania in den späten sechziger Jahren. Als Carter ihm kurz Joes Pläne darlegte, das Fossil an die New York University zu schaffen, ragten Mackies Brauen sogar noch weiter in die Höhe als üblich.

»Er will etwas teilen, das er selbst für bemerkenswert hält? Warum um alles auf der Welt sollte er das tun?«

»Wir haben schon zuvor zusammengearbeitet, auf Sizilien …«

»Wo Sie die Knochengrube entdeckt haben.«

»Ja. Professor Russo war mir eine große Hilfe.«

»Trotzdem«, sagte Mackie. »In meinen ganzen Jahren in diesem Beruf kann ich die Paläontologen, Anthropologen oder Archäologen an den Fingern einer Hand abzählen, die jemals freiwillig den Ruhm für irgendetwas geteilt hätten. Meiner Erfahrung nach geht es immer nur darum, den Ruhm zu stehlen wo immer es möglich ist, nicht darum, ihn zu teilen.«

Carter wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Dr. Mackie hatte recht. Jeder, der glaubte, in der akademischen Welt ginge es weniger halsabschneiderisch zu als in der Geschäftswelt, unterlag einem traurigen Irrtum. Das hatte Carter schon früh auf die harte Tour gelernt. Zweimal hatte er sich die Anerkennung für wissenschaftliche Aufsätze mit Professoren teilen müssen, die formal die Ausgrabungen leiteten, an denen er gearbeitet hatte, obwohl die Funde und die Schlussfolgerungen, die er in seinen Berichten daraus gezogen hatte, ganz allein von ihm stammten.

Dr. Mackie wartete seine Antwort nicht ab. »Natürlich ist es möglich, dass dieser Russo einfach ein ehrlicher Mann und gewissenhafter Wahrheitssucher ist.« Er sagte es, als wollte er damit andeuten, dass an dem ganzen Gerede über die Zahnfee vielleicht doch etwas dran sei. »Aber wenn ich mir diese Laborberichte und die Bilder ansehe, kann er genauso gut auch das Opfer eines Schwindels sein.«

Ein Schwindel? War es das, worauf Mackie hinauswollte? Carter war verblüfft.

»Giuseppe Russo ist einer der zuverlässigsten und brillantesten Wissenschaftler, mit denen ich je zusammengearbeitet habe«, sagte Carter.

»Brillante Männer sind auch zuvor schon hereingelegt worden.«

»Alle Berichte in dieser Mappe belegen, dass er genauso vorgegangen ist, wie es sich gehört.«

»Aber sehen Sie sich die Ergebnisse an! Sie haben doch selbst zugegeben, dass sie keinen Sinn ergeben.«

»Mit Hilfe der richtigen Technik, einer AMS-Analyse zum Beispiel, wird sich das vielleicht ändern.«

»Darum bitten Sie mich also? Sie wollen mein Okay haben für die Massenspektrometrie, die Laseranalyse, das volle Programm?«

»Ja. Und noch ein paar andere Sachen.«

Mackie lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er sagte nicht ja, und er sagte nicht nein, aber als er schließlich fragte: »Und was wollen Sie noch haben?«, wertete Carter das als stillschweigende Einwilligung.

»Einen Arbeitsraum.«

»Was gefällt Ihnen nicht am Labor der Biowissenschaft? Dort haben Sie doch alle Privilegien.«

»Das schon, aber für diese Aufgabe brauche ich absolute Sicherheit und Ungestörtheit.« Er wollte das zwar nicht sagen, aber er musste sicher sein, dass Bill Mitchell dort nicht herumschnüffelte, so wie er es neulich bei den gespendeten Fossilien gemacht hatte. »Außerdem brauche ich Platz, viel Platz. Für die Probe und für die Maschinen, mit denen wir die Tests durchführen.«

Mackie nickte widerwillig. »Irgendetwas sagt mir, dass Sie auch schon einen Raum im Auge haben.«

»Stimmt. Im Moment wird er nur als Lagerraum benutzt, direkt hinter der Laderampe vom Bio-Gebäude. Er ist leicht zugänglich, und er liegt im Erdgeschoss, so dass es relativ einfach sein wird, den Felsblock und die Geräte dorthin zu schaffen. Außerdem hat der Raum doppelt gesicherte Stahltüren zur Straße raus.«

»Ich bezweifle, dass sich irgendjemand mit einer Felsplatte aus dem Staub machen würde, die mehr als eine Tonne wiegt.«

»Wir sind hier in New York.«

Selbst Mackie musste grinsen. »Ich will nicht hören, dass Ihr neues Hobby Sie in irgendeiner Weise von Ihren Unterrichtspflichten ablenkt.«

»Das wird es nicht.«

»Und ich will auch nicht, dass Ihnen das Ding um die Ohren fliegt.«

Wenn er wüsste, was er da sagt, dachte Carter. Das einzige Thema, das er gezielt gemieden hatte, war die Explosivität der im Felsen eingeschlossenen Gase, und Mackie hatte die Unterlagen offensichtlich nicht gründlich genug studiert, um selbst darauf zu stoßen.

»Ich bin immer noch der Meinung«, schloss Mackie, »dass dieses sogenannte Fossil nicht das ist, was es zu sein scheint. Wenn Sie mich fragen, haben wir es hier mit der Antwort Italiens auf den Riesen von Cardiff zu tun.«

Oder, dachte Carter, mit der fehlenden Verbindung zwischen den Dinosauriern und den modernen Vögeln. Diese Klauen konnten sich als immens wichtig erweisen.

»Und wenn sich herausstellt, dass es sich tatsächlich so verhält«, sagte Mackie, »will ich nicht, dass dadurch das Wappen dieser Universität beschmutzt wird.«

»Ihr Wappen ist bei mir sicher.«

Mackie blickte ihn unter seinen gewaltigen Brauen hinweg an, und ohne eine Spur von Leichtigkeit in der Stimme sagte er: »Das will ich Ihnen auch geraten haben, Professor Cox.«

Mit Dr. Mackies zähneknirschender Bewilligung des Projekts und einem kleinen diskreten Zuschuss aus dem Geldtopf, den der Fachbereich zur freien Verfügung hatte, zog Carter von dannen. Im Biologiegebäude machte er sich auf die Suche nach Hank, dem leitenden Hausmeister, und fand ihn in seinem »Büro«, einem umgewandelten Vorratsraum im Keller. Hank hatte den Kopf über eine geheimnisvolle Arbeit gebeugt und blickte auf, als Carter zur Tür hineinschaute.

»Was machen Sie da?«

»Fischköder«, sagte Hank. »Demnächst geht’s rauf in den Norden.«

»Super«, sagte Carter, »aber ich hoffe, Sie finden diese Woche noch etwas Zeit, um mir einen Gefallen zu tun.«

»Kommt drauf an.«

»Kennen Sie den Lagerraum im Erdgeschoss, hinter der Laderampe?«

Hanks Gesichtsausdruck verriet Carter, dass er sich damit bereits unbeliebt gemacht hatte.

»Wir bekommen eine riesige Probe rein, aus Übersee, und wir müssen diesen Raum in eine Art provisorisches Labor verwandeln.«

Hank sagte nichts, aber es war offensichtlich, dass ihm das bisher Gehörte nicht gefiel.

»Könnten Sie den meisten Krempel da drin rausräumen? Ist mir egal, wohin«, fuhr Carter beharrlich fort. »Wenn Sie das hinkriegen, könnte ich dafür sorgen, dass Sie eine Zulage von, sagen wir, dreihundert Mäusen bekommen.«

Jetzt legte Hank den Köder aus der Hand und schien sich die Sache zu überlegen. »Wie wäre es mit vier?«

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