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»Wer soll von einem brachliegendem Feld schon zusehen?«, hatte Carter gefragt, wie Beth sich erinnerte. Außerdem, sagte sie sich, war es fast Mitternacht.

Trotzdem wandte sie sich vom Fenster ab, als die Wanne voll war und sie sich auszog. Sie hätte das Badezimmerlicht ausschalten können, aber nicht heute Abend, nicht hier. Lieber ging sie das Risiko ein, vom unternehmungslustigsten Spanner der Welt entdeckt zu werden, als in einem dunklen Zimmer zu baden.

Sie hängte ihren weißen Bademantel an die Rückseite der Tür und stapelte ihre Kleidung unter dem Waschbecken auf, wobei sie besorgt feststellte, dass ihr Slip tatsächlich blutbefleckt war. Anschließend fuhr sie mit einem Finger durch das Badewasser. Wenn es noch heißer wäre, würde sie schmelzen. Sie legte ein paar zusammengelegte Handtücher auf den Toilettensitz neben der Badewanne und stieg, nachdem sie den Kaltwasserhahn etwas weiter aufgedreht hatte, in die Badewanne. Das Wasser war tief, und als sie sich hinsetzte, reichte es bis über ihre Knie. Sie ließ sich weiter einsinken, und das Wasser stieg höher, über ihren Bauch und ihre Brüste. Vorsichtig lehnte sie den Kopf gegen das immer noch kalte Email.

Entspann dich, sagte sie sich. Versuch einfach, dich zu entspannen.

Aber genauso gut hätte sie auf einen Gefangenen auf dem Weg zum Galgen einreden können. Noch immer schwirrten ihr tausend Dinge im Kopf herum. Sie musste Carter anrufen, sobald sie aus der Wanne raus war, und sei es nur, um eine Nachricht zu hinterlassen, dass sie wohlbehalten angekommen waren. Und morgen früh sollte sie bei der Galerie anrufen, um sich für ihr frühes Verschwinden von der Party zu entschuldigen. Sie müsste sogar Bradley Hoyt anrufen, um ihm für seine Deckung zu danken.

Und schließlich sollte sie den Gynäkologen anrufen und sich einen Termin geben lassen, um die Blutung untersuchen zu lassen. Es war nicht nötig, Dr. Weston damit zu behelligen. Wahrscheinlich hatte sie sich nur irgendeine Infektion eingefangen, das hatte sie schon einmal gehabt. Ein Antibiotikum würde genügen, und die Sache käme wieder in Ordnung. Aber bis dahin war es nur noch ein Problem mehr, um das sie sich Sorgen machen würde.

Sie ließ sich noch tiefer in die Wanne sinken, bis das Wasser über ihre Schultern stieg. Mit dem ausgestreckten Fuß konnte sie den Wasserhahn erreichen und das Wasser langsam abdrehen, bis nur noch ein warmes Rinnsal übrig blieb. Sie schloss die Augen und versuchte erneut, den Kopf freizubekommen, aber wie sehr sie es sich auch wünschte, sie schaffte es nicht. Egal, wie angestrengt sie es versuchte, es gab keine Möglichkeit, den Strom der Gedanken aufzuhalten, der unausweichlich und unaufhaltsam zu dem einen Punkt führte, den sie am meisten fürchtete. Arius.

Wo war er jetzt? Was wollte er von ihr? Und wie konnte sie ihn jemals loswerden?

Unwillkürlich verzog sie das Gesicht zu einer Grimasse, und ein kaltes Grauen ergriff sie, obwohl sie in heißes Wasser getaucht war.

Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden.

Sie öffnete die Augen und sah sich angstvoll im Raum um. Niemand war da.

Blut hatte das Badewasser rosig gefärbt und begann gerade über den Rand der Wanne zu laufen. Was für eine Sauerei, dachte sie, als sie sich aufsetzte und nach dem Wasserhahn griff. Rasch drehte sie daran, aber in die falsche Richtung, und der stärkere Wasserstrahl verursachte noch mehr Spritzer. Verdammt.

Sie drehte erneut am Hahn, dieses Mal in die richtige Richtung, aber das Wasser ließ sich trotzdem nicht ganz abstellen. Vielleicht war der Wasserhahn zu lange nicht benutzt worden und klemmte. Sie zog den Stöpsel aus dem Abfluss, doch dieser widersetzte sich ihr ebenfalls. Ihr blieb nichts anderes übrig, als so schnell wie möglich aus der Badewanne zu steigen, damit der Wasserspiegel sank, und die Pfütze mit ein paar Handtüchern aufzuwischen, ehe sie sich noch weiter ausbreitete. Sie wollte gerade aufstehen, als sie erneut dieses Gefühl hatte, das Gefühl, nicht allein zu sein.

Ihr Blick wanderte zu dem großen unverhängten Fenster. Obwohl es draußen dunkel war und die frisch geputzten Scheiben nur das Innere des Badezimmers reflektierten, ahnte sie eine Bewegung dahinter. So unglaublich es auch schien, aber irgendetwas schwebte auf der Höhe des Dachgeschosses in der Luft. Konnte es sich um einen Vogel handeln? Eine Fledermaus? War es ein Zweig, den sie vorher nicht gesehen hatte und den der Wind jetzt gegen das Glas drückte?

Ihre Hand auf dem Rand der Badewanne erstarrte. Sie traute ihren Augen nicht, als sie sah, wie der untere Rand des Fensters zitterte, als versuchte jemand, es von außen aufzuhebeln. Das Fenster war, wie alles im Haus, frisch gestrichen und quietschte, als es gewaltsam nach oben geschoben wurde.

Das passiert nicht wirklich, sagte sie sich. Das geschieht nicht in Wirklichkeit.

Und dann passierte es.

39. Kapitel

Carter verließ sich mehr auf sein Gedächtnis als auf irgendeinen Orientierungssinn. Er war erst einmal in Bens und Abbies Landhaus gewesen, und während der Fahrt hatte er die ganze Zeit auf der Rückbank gesessen und nicht auf den Weg geachtet.

Aber seine Erfahrung bei den Ausgrabungen hatte ihn offensichtlich nicht im Stich gelassen. Selbst bei dieser einen Gelegenheit musste er sich im Geiste Notizen über das Terrain und Wegmarkierungen gemacht haben. Erst jetzt, als er sich dem Haus näherte, musste er bei jeder Abzweigung, jeder Kurve und jeder Kreuzung lange und gründlich nachdenken. Er konnte es sich nicht leisten, auch nur einen einzigen Fehler zu machen.

Der Wagen hatte Gott sei Dank noch genügend Benzin im Tank und fuhr wie ein Traum. Ehe er in Richtung Norden aufgebrochen war, hatte er Ezra mit Mühe und Not auf die Rückbank bugsiert und ihn einmal um die Ecke direkt zur Notaufnahme des Krankenhauses gebracht. Ein Pfleger war mit einem Rollstuhl herbeigeeilt, und Carter hatte sie zum Aufnahmetresen begleitet. So schnell er konnte, gab er ihnen Ezras Daten, Namen, Adresse und Telefonnummer und einen kurzen Bericht darüber, was geschehen war. »Er ist mit voller Wucht auf den Bordstein gestürzt und genau mit dem Kopf aufgeschlagen.« Seiner Meinung nach war das so nah an der Wahrheit wie nötig. Auf die Frage nach der Krankenversicherung sagte er: »Wissen Sie, wer Sam Metzger ist?«

»Dieser Immobilientyp?«

»Ja«, erwiderter Carter. »Dies hier ist sein Sohn.«

Dann war er zum Auto zurückgerannt und gestartet.

Um diese Uhrzeit herrschte zum Glück nicht viel Verkehr, und sobald er aus der Stadt heraus war, war auf den Straßen so gut wie nichts mehr los. Er erinnerte sich an die Gießerei und die Tankstelle mit den altmodischen Pumpen. Beim Bahnübergang mit dem alten Schild mit Einschusslöchern fiel ihm ein, dass Ben hier einen Witz über den lokalen Sport gemacht hatte. Er wusste, dass er ganz in der Nähe des Hauses sein musste.

Was seine Angst nur noch steigerte. Die ganze Zeit über hatte er versucht sich einzureden, dass alles in Ordnung sein würde und dass Beth hier oben in Sicherheit sei. Er hatte angerufen, aber entweder hatten Ben und Abbie das Telefon noch nicht angemeldet, oder sie hatten eine neue Nummer bekommen. Neben ihm auf dem Beifahrersitz lag das Pyjama-Oberteil mit dem Leopardenmuster, auf Maurys Daily Racing Form und Zigarrenhüllen. Es ging ihr bestimmt gut. Sie war rasch in diesem Schlafzimmer im Dachgeschoss eingeschlafen, und den größten Schrecken würde sie bekommen, wenn es mitten in der Nacht an der Tür klopfte.

Vor sich sah er ein beträchtliches Schlagloch auf der rechten Spur, an das er sich ebenfalls erinnerte. Abbie hatte hier abgebremst, um ausweichen zu können.

Der große alte Baum, der sich über der Einfahrt erhob, musste bald kommen.

Aber was war eigentlich sein Plan? Er musste sich entscheiden, und zwar auf der Stelle. Sollte er einfach hinfahren und an die Tür klopfen? Oder war es vernünftiger, sich leise zu nähern und zuerst die Lage zu peilen?

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