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Vielleicht lag es daran, dass er von seiner Arbeit so in Anspruch genommen war, dass er das Kratzen auf dem Glas hinter sich zuerst gar nicht hörte. Erst allmählich drang es in sein Bewusstsein ein, und jetzt hörte er auch, wie der Türknauf an der Terrassentür gedreht wurde. Er wirbelte auf seinem Stuhl herum und starrte zur Veranda. Die Türen waren geschlossen, die bodenlangen Vorhänge zugezogen, doch irgendetwas rührte sich dort draußen auf der Veranda, das wusste er.

Er warf ein leichtes Stück Stoff über seine Arbeit auf dem Zeichentisch und schlich verstohlen zur Tür.

Das kratzende Geräusch erstarb, doch plötzlich hämmerte jemand gegen das Glas.

Mit einem Finger teilte er die Vorhänge, und ein Auge, ein wildes, grünes Auge presste sich von der anderen Seite gegen das Glas und starrte ihn an.

»Lass mich herein, Ezra«, hörte er. »Ich muss den Innenarchitekten herumführen.«

Wie bitte? Kimberly stand dort draußen in der Kälte, bekleidet, wie er jetzt sah, nur mit einem rosa Satinbademantel. Und sie war allein.

»Mach auf! Wir frieren hier draußen!«

Auf dieser Seite erstreckte sich die Veranda über das gesamte Apartment, vom Hauptschlafzimmer bis zu seinen eigenen Räumen, aber er hätte nie gedacht, dass Kimberly jemals bis hierher kommen würde. Er zog den Vorhang zurück und fummelte am Türgriff der Terrassentür herum. Sie wurden so selten benutzt, dass der Griff klemmte und sich nur schwer öffnen ließ. Als die Tür endlich aufging, schlüpfte Kimberly rasch hindurch. Ihr Haar war lose und zerzaust, die Füße nackt.

»Warum musst du diese Zimmer immer verschlossen halten wie ein Gefängnis?«, beschwerte sie sich, und Ezra wusste nicht, was er sagen sollte. Genauso wenig wusste er, was er davon halten sollte. Sie sah sich im Zimmer um, sah die Klarsichthüllen an den Wänden, in denen die zusammengefügte Schriftrolle steckte, auf den Arbeitsplatz, an dem noch die Neonlampe brannte, auf den Berg aus Bürsten und Plastikhandschuhen und Schablonenmessern auf der alten Spielzeugkiste. Angewidert rümpfte sie die Nase. »Du hast ja noch nicht einmal angefangen zu packen.«

»Warum sollte ich?«, fragte Ezra.

»Damit wir anfangen können, das Kinderzimmer einzurichten«, erwiderte sie, als sei er der dümmste Mensch auf der Welt.

Sie phantasierte eindeutig. Seit der Party für den Bürgermeister war sie krank. Laut Gertrude hatte sie sich heimlich von der Party davongemacht und war in ihrem Zimmer zusammengebrochen. Seitdem war sie weder zu den Mahlzeiten noch aus einem anderen Grund herausgekommen. Gertrude hatte ihr Hühnerbrühe und Medikamente gebracht, aber offensichtlich hatte sich ihr Zustand noch verschlechtert. Sein Vater war, wie nicht anders zu erwarten, nicht in der Stadt, sondern geschäftlich in Dallas.

»Erinnerst du dich nicht«, sagte er, »dass ich hier wohnen bleiben muss, wo ich unter Beobachtung stehe?«

»Wovon redest du da?«

»Von der Anweisung des Gerichts«, erwiderte er, obwohl er merkte, dass nichts von dem einen Sinn für sie ergab. Vor ein paar Sekunden hatte sie noch geglaubt, der Innenarchitekt sei bei ihr.

»Alles, was ich weiß«, sagte sie und machte eine Armbewegung, die den ganzen Raum mit einschloss, »ist, dass das alles verschwinden muss. Wir müssen hier streichen, neuen Teppichboden verlegen lassen und Platz schaffen für die Babywiege!«

Ihr Bademantel war ihr von der Schulter gerutscht, als sie so wild gestikulierte, und entsetzt stellte Ezras fest, dass ihr Schulterblatt mit blauen Flecken übersät war. Es sah aus, als hätte jemand sie viel zu heftig mit den Händen gepackt, und bei der Vorstellung, dass dieser Jemand sein Vater gewesen sein könnte, wurde ihm eindeutig mulmig. Es musste sein Vater gewesen sein, wer denn sonst?

»Was führst du hier überhaupt im Schilde?«, fragte Kimberly und setzte sich in Richtung Zeichentisch in Bewegung. »Das hier nennst du also deine Forschung?«

Hastig baute Ezra sich zwischen ihr und dem Tisch auf. In ihrem gegenwärtigen Zustand ließ sich nicht vorhersagen, was sie tun würde.

»Ja, und es darf nichts durcheinandergebracht werden«, sagte er.

»Wer sagt das?«, erwiderte sie, langte um ihn herum und riss den Stoff vom Abschnitt der Schriftrolle, den er gerade übersetzte.

Ezra packte ihr Handgelenk. »Ich habe gesagt, dass du aufhören sollst.«

»Du hast mir nicht zu sagen, was ich machen soll!«

»Kimberly, du bist krank«, sagte er und versuchte sie zu beruhigen. »Ich glaube, es ist besser, wenn wir in dein Zimmer zurückgehen und den Arzt rufen.«

»In Ordnung«, sagte sie, plötzlich gefügig, »du hast recht«, aber kaum hatte er ihr Handgelenk losgelassen, machte sie einen Satz auf den Tisch zu und schnappte sich ein Stück der kostbaren Schriftrolle.

»Kimberly, nein!«, schrie er.

Ehe er sie aufhalten konnte, war sie davongetänzelt. Mit einem irren Grinsen im Gesicht wedelte sie mit dem Streifen herum. »Komm doch und hol es dir!«

Sie rannte auf die Terrassentür zu, und Ezra hatte keine andere Wahl, als ihr nachzulaufen und sie erneut zu packen. Sie wirbelte herum, bis der Bademantel ganz aufging. Darunter war sie nackt, und als sie mit den Händen auf ihn losging und ihn wie wahnsinnig kratze und um sich schlug, stellte Ezra fest, dass sie am ganzen Körper noch weitere blaue Flecken hatte. Was um alles in der Welt war ihr zugestoßen?

»Lass mich los!«, kreischte sie. »Lass los!«

Aber Ezra versuchte lediglich, das Stückchen Schriftrolle wieder an sich zu bringen. Sie hielt es außer Reichweite, dann krümmte sie sich und wirbelte herum. Er sah, wie sie vergeblich versuchte, es zu zerreißen.

»Hör auf, Kimberly!«

Aber sie hörte nicht auf. Sie nahm den Fetzen zwischen ihre Zähne und zerrte daran – und es war, als hätte sie in einen unter Strom stehenden Draht gebissen. Eine Woge aus blauen Funken schoss in die Luft und summte wie ein Schwarm wütender Bienen. Sie stürzte zu Boden, ein winziges Stück der Schriftrolle klebte noch an ihrer Lippe. Ihre Glieder zuckten, und weißer Schaum trat ihr aus dem Mund.

Ezra kniete sich neben sie, legte eine Hand auf ihre Schulter und versuchte mit der anderen, das Stück seiner kostbaren Schriftrolle zu entfernen. Doch wie eine Schlange, die sich in ihre Höhle zurückzog, verschwand das Fitzelchen in ihrem Mund. Er sah, wie ihre Kehle zuckte, als würde das Stück Schriftrolle sich noch weiter zurückziehen. Oder hatte er sich das alles nur eingebildet?

Kimberly keuchte und würgte. Ihr ganzer Körper wand sich in Krämpfen.

Ezra wusste nicht, was er tun sollte. Er sagte: »Halt durch«, und rannte aus dem Arbeitszimmer, durch sein Schlafzimmer und riss die Tür zum Flur auf. »Gertrude!«, rief er. »Gertrude!«

»Ja?« Es klang, als sei sie vier oder fünf Räume entfernt.

»Ruf den Notarzt für Kimberly. Wir brauchen einen Krankenwagen!«

Als er wieder an ihrer Seite war, sah sie aus, als sei sie gerade ins Koma gefallen. Ihr Blick war glasig und die Atmung sehr flach. Ihr Körper im geöffneten Bademantel war seinem Blick preisgegeben. Direkt unterhalb ihrer Brüste entdeckte er schwarze und blaue Flecken, als sei sie grob misshandelt worden. Er zog den Mantel zu und strich ihr über die Stirn. »Ruh dich einfach aus«, sagte er. »Alles wird wieder gut.« Ihre Haut war schweißnass, aber fiebrig heiß. Ezra fragte sich nicht nur, ob sie wieder gesund werden würde, sondern ob sie überhaupt so lange überleben würde, bis der Krankenwagen käme.

Gertrude stürzte ins Zimmer. »Gott im Himmel«, flüsterte sie, »Ich habe den Notarzt gerufen«, sagte sie zu Ezra.

Zehn Minuten später waren die Sanitäter da, hoben Kimberly auf eine Trage und rollten sie eilig hinaus zum Fahrstuhl. Ezra rief im Büro seines Vaters an, von wo aus die Sekretärin den Anruf nach Dallas weiterleitete. Sam saß gerade im Konferenzsaal und handelte irgendeinen Vertrag aus. Als Ezra ihm mitteilte, dass Kimberly erkrankt und ins Krankenhaus gebracht worden sei, schwieg er einen Moment. Anschließend bombardierte er Ezra mit Fragen. Welches Krankenhaus? Warum hatte er nicht Sams Hausarzt gerufen? Was stimmte nicht mit ihr? Wer hatte die Diagnose gestellt?

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