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»Name?«

»Fresenburg.«

»Vorname?«

»Ludwig.«

»Jude?«

»Nein.«

»Beruf?«

»Arzt.«

Der Mann schrieb. »Arzt?« sagte er dann und nahm einen Zettel hoch. »Kennen Sie einen Arzt, der Ravic heißt?«

»Nein.«

»Er soll hier wohnen. Wir haben eine Anzeige.«

Ravic sah ihn an. Eugenie, dachte er. Sie hatte ihn gefragt, ob er zum Hotel ginge, und war so überrascht gewesen, daß er noch frei war.

»Ich sagte Ihnen ja, daß niemand hier wohnt, der so heißt«, erklärte die Wirtin, die neben der Tür zur Küche stand.

»Seien Sie ruhig«, sagte der Mann mißmutig. »Sie werden ohnehin bestraft, weil Sie diese Leute hier nicht angemeldet haben.«

»Darauf bin ich stolz. Wenn Menschlichkeit bestraft wird, nur immer zu.«

Der Mann sah aus, als wolle er antworten; aber er unterbrach sich selbst und winkte ab. Die Wirtin starrte ihn herausfordernd an. Sie hatte höhere Protektion und fürchtete nichts.

»Packen Sie Ihre Sachen«, sagte der Mann zu Ravic. »Nehmen Sie Wäsche und zu essen für einen Tag mit. Decke auch, wenn Sie eine haben.«

Ein Polizist ging mit hinauf. Die Türen zu vielen Zimmern standen offen. Ravic nahm seinen Koffer, der längst gepackt war, und seine Decke.

»Weiter nichts?« fragte der Polizist ihn.

»Weiter nichts.«

»Das andere lassen Sie hier?«

»Das andere lasse ich hier.«

»Das auch?« Der Polizist zeigte auf den Tisch neben dem Bett, auf dem die kleine, hölzerne Madonna stand, die Joan Ravic im Anfang ins »International« geschickt hatte. »Das auch.« Sie gingen hinunter. Clarissa, das elsässische Dienstmädchen, gab Ravic ein Paket. Ravic sah, daß die anderen die gleichen Pakete hatten. »Zu essen«, erklärte die Wirtin. »Damit Sie nicht verhungern. Ich bin überzeugt, daß nichts vorbereitet ist, wohin Sie kommen.«

Sie starrte den Zivilisten an. »Reden Sie nicht soviel«, sagte der ärgerlich. »Ich habe den Krieg nicht erklärt.« »Die hier auch nicht.« »Lassen Sie mich in Ruhe.« Er blickte auf den Polizisten.

»Fertig? Führen Sie sie hinaus.«

Der dunkle Haufe setzte sich in Bewegung. Ravic sah den Mann mit der Frau, die die Kakerlaken gesehen hatte. Der Mann stützte die Frau mit dem freien Arm. Unter dem andern hatte er einen Koffer; einen zweiten hielt er in der Hand. Der Junge schleppte ebenfalls einen Koffer.

Der Mann sah Ravic flehentlich an.

Ravic nickte. »Ich habe Instrumente und Medizin bei mir«, sagte er. »Keine Angst.«

Sie stiegen auf den Lastwagen. Der Motor knatterte. Der Wagen fuhr an. Die Wirtin stand unter der Tür und winkte. »Wohin fahren wir?« fragte jemand einen der Polizisten.

»Ich weiß es nicht.«

Ravic stand neben Rosenfeld und dem falschen Aaron Goldberg. Rosenfeld trug eine Rolle unter dem Arm. Darin waren Cezanne und der Gauguin.

Sein Gesicht arbeitete. »Das spanische Visum«, sagte er. »Abgelaufen, bevor ich...«

Er brach ab.

»Der Totenvogel ist weg«, sagte er dann. »Markus Meyer. Gestern nach Amerika.«

Der Wagen schüttelte. Alle standen dicht aneinandergepreßt. Kaum jemand sprach. Sie fuhren um eine Ecke. Ravic sah den Fatalisten Seidenbaum. Er stand ganz in die Ecke gedrückt. »Da sind wir wieder einmal«, sagte er.

Ravic suchte nach einer Zigarette. Er fand keine. Aber er erinnerte sich, genug eingepackt zu haben. »Ja«, sagte er. »Der Mensch kann viel aushalten.«

Der Wagen fuhr die Avenue Wagram entlang und bog in den Place de l’Etoile ein. Nirgendwo brannte ein Licht. Der Platz war nichts als Finsternis. Es war so dunkel, daß man auch den Arc de Triomphe nicht mehr sehen konnte.

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