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»Und was denken Sie?«, wollte Austin wissen.

»Die Verschwörungstheoretiker dürften auf dem falschen Dampfer sein. Tesla erregte viel Aufmerksamkeit, weil er eine schillernde Persönlichkeit war. Meiner Meinung nach steckt in den Arbeiten von Lazio Kovacs erheblich mehr zerstörerisches Potenzial. Genauso wie Tesla war er ein brillanter Elektroingenieur. Er stammte aus Budapest, wo Tesla gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts gearbeitet hat, und bediente sich in den dreißiger Jahren seiner Erkenntnisse, wobei er sich auf die Übertragung niederfrequenter elektromagnetischer Wellen konzentrierte. Er sagte, dass bestimmte Impulse dazu eingesetzt werden können, die Atmosphäre störend zu beeinflussen und Unwetter, Erdbeben und alle möglichen anderen unangenehmen Erscheinungen zu erzeugen. Er führte das weiter, was Tesla begonnen hatte.«

»In welcher Weise?«

»Kovacs entwickelte eine Reihe von Frequenzen, durch die elektromagnetische Resonanzen konzentriert und durch das umliegende Material verstärkt werden können. Bekannt wurden sie unter der Bezeichnung ›Kovacs-Theoreme‹. Er veröffentlichte seine Erkenntnisse in einem naturwissenschaftlichen Journal, unterließ es jedoch, sämtliche Frequenzen publik zu machen, mit denen der von ihm beschriebene Apparat hätte gebaut werden können. Andere Wissenschaftler standen seinen Erkenntnissen skeptisch gegenüber, da es keinen Beweis für ihre Richtigkeit gab.«

»Es ist ein Glück, dass ihm niemand geglaubt hat«, sagte Professor Adler. »Die Welt hat genug Probleme damit, die verschiedenen Kampfmittel unter Kontrolle zu halten, die uns heute schon zur Verfügung stehen.«

»Einige Leute glauben ihm. Die Nazis waren für Ideen auf der Basis von Mystizismus, Okkultismus und Pseudowissenschaft sehr empfänglich. So entsprechen zum Beispiel die Geschichten von der Suche nationalsozialistischer Archäologen nach dem Heiligen Gral durchaus den Tatsachen. Sie haben Kovacs überfallen und ihn und seine Familie entführt. Nach Kriegsende kam heraus, dass sie ihn in einem geheimen Labor an der Entwicklung einer Superwaffe haben arbeiten lassen, mit der sie im letzten Moment den Krieg doch noch zu gewinnen hofften.«

»Aber sie haben den Krieg verloren«, sagte Austin. »Tesla war nicht der Einzige, der Probleme mit seiner Glaubwürdigkeit hatte. Kovacs ist offensichtlich ebenfalls gescheitert.«

Hibbet schüttelte den Kopf. »Es war ein wenig komplizierter, Kurt. Unterlagen, die nach dem Krieg entdeckt wurden, besagten, dass er dicht davor stand, einen Durchbruch auf dem Gebiet der elektromagnetischen Kriegführung zu erzielen. Glücklicherweise ist es nicht mehr dazu gekommen.«

»Warum nicht?«

»Die Russen überfielen das Labor in Ostpreußen, in dem er angeblich arbeitete. Doch Kovacs war bereits verschwunden. Nach dem Krieg betrieben die Russen Forschungen, die auf den Kovacs-Theoremen basierten. Die Vereinigten Staaten hatten davon Wind bekommen und hätten sich liebend gerne mit Kovacs unterhalten. Die Bedeutung elektromagnetischer Strahlung war unserem Militär nicht entgangen. Vor Jahren fand in Los Alamos eine Konferenz statt, in der über angewandte Waffentechnologie im Zusammenhang mit seinen Forschungen diskutiert wurde.«

»Dort war doch auch das Manhattan Project angesiedelt, nicht wahr? Offenbar der ideale Ort für solche Dinge«, sagte Austin.

»Und das in vieler Hinsicht. Die Manipulation elektromagnetischer Strahlen konnte auf ihre Art weitaus vernichtendere Auswirkungen haben als eine Atombombe. Das Militär nahm Kovacs sehr ernst. So wurden während des Golfkriegs elektromagnetische Impulswaffen getestet. Einige Fachleute sind der Auffassung, dass durch diese Experimente und durch ähnliche, die die Sowjets durchführten, Erdbeben, Vulkanausbrüche und Riesenwellen oder auch ozeanische Wirbel ausgelöst wurden. Deshalb mein Interesse an den hellen Lichterscheinungen am Himmel.«

»Was ist denn so bedeutsam an diesen Blitzen?«, fragte Austin.

»Zeugen, die den von den Amerikanern und den Russen durchgeführten Experimenten beigewohnt haben, berichteten, sie hätten so etwas wie ein Polarlicht oder helle Lichterscheinungen beobachtet, die von elektromagnetischen Impulsen ausgelöst wurden«, antwortete Hibbet.

»Erzählen Sie uns mehr von diesen Experimenten«, bat Austin.

»Es sind heftige Kontroversen ausgebrochen wegen eines Projekts, das die Bezeichnung HAARP trägt — der vollständige Namen lautet High Frequency Active Aural Research Program — und von den Vereinigten Staaten verfolgt wird. Im Prinzip geht es darum, einen gebündelten elektromagnetischen Strahl in die Ionosphäre zu schießen. Verkauft wird das Ganze als rein wissenschaftliches Programm zur Optimierung der weltweiten Kommunikation. Einige Kreise glauben hingegen, dass es sich im Wesentlichen um ein militärisches Programm handelt, das eine ganze Reihe von Zielen verfolgt, die von der ›Star Wars‹-Verteidigung bis hin zur totalen Gedankenkontrolle reichen. Ich weiß nicht, was ich glauben soll, aber das Projekt fußt auf den Kovacs-Theoremen.«

»Sie erwähnten etwas von einer Tesla-Spule«, sagte Austin. »Was haben Sie damit gemeint?«

»Im Grunde nichts anderes als einen einfachen Typ von Resonanzumformer, der aus zwei Spulen besteht. Energieimpulse werden von der einen zur anderen geschickt und erzeugen eine von einem Blitz begleitete Entladung. Bestimmt haben Sie so etwas schon mal in einem Kinofilm gesehen, wo eine solche Anlage offenbar zum Grundinventar im Labor des verrückten Wissenschaftlers gehört.«

Gamay hatte das Gespräch aufmerksam verfolgt. Sie beugte sich vor. »Wir haben gerade davon gesprochen, diese Wellen ins Erdreich oder in die Atmosphäre zu leiten«, ergriff sie jetzt das Wort. »Was würde denn passieren, wenn man sie zum Meeresboden schickte?«

Hibbet spreizte die Hände in einer Geste der Ratlosigkeit.

»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Die Meeresgeologie ist nicht mein Arbeitsgebiet.«

»Aber meins«, meldete Paul Trout sich. »Eine Frage, Al, können verstärkte elektromagnetische Wellen hinreichend tief in die Erdkruste eindringen?«

»Das steht außer Frage.«

»In diesem Fall ist es möglich, dass die Impulse in der Erdkruste genauso mehr oder weniger heftige Störungen auslösen können, wie das HAARP-Programm, das Sie erwähnten, die Atmosphäre beeinflusst hat.«

»An welche Art von Störungen haben Sie gedacht?«, fragte Adler.

»An Wirbel und Wellenerscheinungen, zum Beispiel.«

»Könnten diese sich in irgendeiner Weise auf die Ozeane auswirken?«, wollte Austin wissen.

Hibbet massierte sein Kinn. »Die bewegliche flüssige Schicht unter der Erdkruste ist für die Existenz des Magnetfeldes, das die Erde umgibt, verantwortlich. Eine Veränderung dieses Feldes kann alle möglichen Folgen haben.«

Professor Adler schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich wusste es! Jemand hat an meinem Ozean herumgepfuscht!«

»Aber wir haben es hier mit riesigen Entfernungen und Flächenausdehnungen zu tun«, sagte Trout und dämpfte vorübergehend Adlers Überschwang. »Wenn ich diese Diskussion richtig verfolgt habe, so kommt sie gleich wieder auf Joes riesige Zündkerze — oder auf Als Spule — zurück. Selbst wenn diese Vorrichtung enorme Energien hervorbrächte, wäre dies doch im Vergleich mit der Masse der Erde verschwindend gering.«

Austin brach das Schweigen, das nach Trouts Einwand entstand. »Und wenn es mehr als nur einen dieser Apparate gäbe?«

Er schob den Laptop in die Mitte des Tisches und drehte ihn langsam, damit jeder die Lichtpunkte sehen konnte, die die in Mitleidenschaft gezogene Region umgaben.

Trout erkannte die Bedeutung des Gezeigten auf Anhieb.

»Vier Schiffe, von denen jedes seinen Energieausstoß auf einen kleinen Bereich konzentriert. Das könnte funktionieren.«

Austin nickte. »Ich habe noch etwas anderes Interessantes beobachtet.« Er rief das Satellitenbild auf, das kurz nach dem Untergang der Belle aufgenommen worden war. »Meine Vermutung läuft darauf hinaus, dass eins dieser Schiffe selbst den Störungen zum Opfer gefallen ist, die es erzeugt hat.«

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