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Schroeder entschuldigte sich wortreich dafür, ihre Zeit in Anspruch genommen zu haben, und kehrte an seinen Tisch zurück. Er hatte sich den Hinweis auf das Hethiter-Feature nur als Test ausgedacht. Es hatte während des vergangenen halben Jahres keine einzige Sendung zu diesem Thema gegeben. Das Team war ein Schwindel.

Er dachte über verschiedene Möglichkeiten nach, auf diese Erkenntnis zu reagieren, und entschied, den direkten Kurs zu nehmen. Er ging hinaus zu seinem Wagen und holte unter dem Vordersitz eine Pistole mit aufgeschraubtem Schalldämpfer hervor.

Erleichtert stellte er fest, dass die Männer noch immer in der Bar saßen, als er ins Hotel zurückkehrte. Er kam gerade rechtzeitig. Sie hatten soeben ihre Rechnung bezahlt und sich von ihren Stühlen erhoben. Er folgte ihnen zum Fahrstuhl. Er fuhr mit ihnen in den dritten Stock hinauf, plapperte wie ein Wasserfall und ertrug geduldig ihr spöttisches Grinsen und die drohenden Blicke. Er stieg im gleichen Stockwerk aus und murmelte etwas von einem seltsamen Zufall. Er trottete den Korridor hinunter, spielte den Verwirrten, als hätte er vergessen, wo er sich befand, doch als die Gruppe sich trennte und jeder sein Zimmer aufsuchte, merkte er sich die Zimmernummern.

Er wartete eine Minute, dann begab er sich zu einer der Türen. Die Pistole hinter dem Rücken versteckend, schaute er nach rechts und links in den Korridor, um sich zu vergewissern, dass er alleine war, dann klopfte er. Einen kurzen Moment später wurde die Tür geöffnet. Es war der Mann, den er angerempelt hatte. Er hatte sein Jackett ausgezogen, und wie Schroeder vermutet hatte, trug er ein Schulterhalfter mit einer Pistole darin.

»Was zum Teufel wollen Sie denn?«

»Ich glaube, ich habe meinen Zimmerschlüssel verloren, und dachte, ich könnte vielleicht Ihr Telefon benutzen.«

»Ich bin beschäftigt.« Der Mann legte eine Hand auf das Halfter. »Belästigen Sie gefälligst jemand anderen.«

Er machte Anstalten, die Tür zu schließen. Schroeder holte schnell seine Pistole hinter dem Rücken hervor und jagte seinem Gegenüber einen Schuss zwischen die Augen. Der Mann sackte mit einem Ausdruck unendlicher Überraschung auf seinem ansonsten unauffälligen Gesicht zu Boden. Schroeder blickte wieder nach rechts und links in den Korridor, stieg dann über den Toten hinweg und zerrte ihn ins Zimmer.

Schroeder wiederholte die gleiche Routine mit kleinen Variationen, jedoch den gleichen Ergebnissen. In einem Fall überstürzte er seinen ersten Schuss und musste ein zweites Mal feuern. In einem anderen Fall hörte er, wie die Fahrstuhltür aufglitt, während er noch damit beschäftigt war, die Leiche ins Zimmer zu ziehen. Aber als es vorbei war, hatte er in weniger als fünf Minuten vier Männer getötet.

Er empfand keine Reue, nachdem er sie mit der kalten, mörderischen Effizienz seiner alten Tage aus dem Weg geräumt hatte. Sie waren nichts anderes als gewalttätige Verbrecher, nicht viel anders als viele, denen er in seinem Leben begegnet war, ja, mit denen er gelegentlich sogar zusammengearbeitet hatte. Schlimmer war, dass sie schlampig und sorglos waren. Das Team musste in aller Eile zusammengestellt worden sein. Sie waren nicht die ersten Männer, die er getötet hatte. Wahrscheinlich würden sie auch nicht die letzten sein.

Er hängte Schilder mit der Aufschrift BITTE NICHT STÖREN an die Türen. Ein paar Minuten später saß er in seinem Mietwagen und war unterwegs zum Flughafen. Harper saß noch immer in seinem Büro und wühlte sich wie ein zu groß geratener Grottenolm durch seine Papierstapel.

»Ich habe mit den Fernsehfritzen gesprochen«, sagte Schroeder. »Sie haben offenbar ihre Pläne geändert. Sie wollen jetzt runter nach Kodiak Island, um eine Reportage über Bären zu drehen.«

»Scheiße! Warum haben sie mir nichts gesagt?«

»Sie können sie anrufen und fragen. Aber als ich sie ansprach, waren sie bereits im Aufbruch begriffen.«

Harper angelte sich den Telefonhörer und rief das Hotel an. Er bat darum, mit den Zimmern des Fernsehteams verbunden zu werden. Als sich niemand meldete, knallte er den Hörer auf die Gabel. Er rieb sich die Augen und schien dicht davor zu sein, in Tränen auszubrechen.

»Das war’s dann«, seufzte er. »Ich hatte fest mit einem Scheck von diesem Auftrag gerechnet, um die monatliche Rate für den großen Vogel bezahlen zu können. Ich bin ruiniert.«

»Haben Sie keine anderen Charter auf der Liste?«

»So einfach ist das nicht. Es dauert Tage, manchmal Wochen, um einen Deal zusammenzukriegen.«

»Demnach kann man Ihr Flugzeug und Ihr Boot mieten?«

»Ja, sie sind frei. Kennen Sie jemanden, der daran interessiert wäre, sie zu chartern?«

»Zufälligerweise würde ich das gerne tun.« Schroeder griff in die Innentasche seines Jacketts und holte ein dickes Bündel Banknoten heraus, das er auf einen Papierstapel legte.

»Das ist für den Flug und für das Boot. Den gleichen Betrag bezahle ich für den Rückflug. Meine einzige Bedingung ist, dass Sie sich für ein paar Tage bereithalten, bis ich das Signal zur Rückkehr gebe.«

Harper ergriff das Geldbündel und strich mit dem Daumen über die Ecken der Scheine. Es waren Hundert-Dollar-Noten. »Dafür kann ich mir praktisch ein neues Flugzeug kaufen.« Er runzelte die Stirn. »Es ist doch nichts Illegales, oder?«

»Überhaupt nichts Illegales. Sie nehmen keinerlei Fracht mit. Nur mich.«

»Haben Sie Papiere?«

»Reisepass und Visa sind neuesten Datums und in Ordnung.« Das sollten sie auch sein, wenn er sich vorstellte, was er dafür bezahlt hatte, dachte Schroeder. Er hatte in Seattle Halt gemacht und ungeduldig gewartet, während sein bevorzugter Fälscher einen vollständigen Satz Papiere für Professor Kurtz herstellte.

Harper streckte ihm seine Hand entgegen. »Wir sind im Geschäft.«

»Gut. Wann können wir aufbrechen?«

»Wann immer Sie bereit sind.«

»Ich bin bereit.«

Eine Stunde später startete das Flugzeug. Schroeder lehnte sich in seinem Sitz zurück, genoss die Ruhe, die sich aus der Tatsache ergab, der einzige Passagier im Flugzeug zu sein, und nahm einen Schluck aus einem Glas Scotch, den Harper, weitsichtig wie er war, im letzten Moment an Bord mitgenommen hatte. Im Augenblick saß er im Cockpit und lenkte die Maschine ihrem fernen Ziel entgegen. Während Fairbanks hinter ihnen verschwand und das Flugzeug nach Westen raste, machte Schroeder einen tiefen Atemzug. Er war sich bewusst, dass er ein alter Mann war, der versuchte, den Job eines jungen zu erledigen. Schroeder hatte darum gebeten, einstweilen nicht gestört zu werden. Er war müde und brauchte ein wenig Schlaf.

Für die Aufgabe, die vor ihm lag, musste er hellwach und absolut ausgeruht sein. Er verbannte sämtliche Emotionen und Gedanken aus seinem Bewusstsein und schloss die Augen.

17

Das NOAA-Schiff Benjamin Franklin schleppte sich dahin wie ein Seemann, der in eine ausgiebige Kneipenschlägerei verwickelt gewesen war. Das Tauziehen mit dem Strudel hatte seinen Preis von den Maschinen des Schiffs gefordert, die unbedingt gründlich gewartet und aufgepäppelt werden mussten, damit sie nicht vollständig den Geist aufgaben. Die Throckmorton folgte ihm im Abstand von wenigen hundert Metern für den Fall, dass das NOAA-Schiff in Schwierigkeiten geriet.

Während die beiden Schiffe langsam nach Norfolk dampften, erschien im Westen am Himmel ein türkisfarbener Mehrzweckhubschrauber, auf dessen Rumpf in großen Lettern NUMA zu lesen war. Er blieb über der Benjamin Franklin wie ein Kolibri kurz in der Luft stehen, ehe er auf dem Deck landete. Vier Personen kletterten heraus, bepackt mit medizinischem Gerät.

Besatzungsmitglieder führten das Ärzteteam ins Schiffslazarett. Keine der Verletzungen, zu denen es gekommen war, als das Schiff senkrecht in den Strudel rutschte, war lebensbedrohlich. Der Kapitän hatte das Team zur Unterstützung des Schiffssanitäters angefordert, der mit der Versorgung der zahllosen Prellungen und Quetschungen einfach überfordert war.

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