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Adler stand auf, durchquerte den Raum und nahm vor dem Computer Platz. Er gab einige Befehle auf der Tastatur ein, und das Bild der Weltkugel erschien auf dem Bildschirm. Der Atlantische Ozean war mit beschrifteten Wellensymbolen übersät. »Ich benutze die statistischen Daten von Wave Atlas. Jedes Symbol markiert den Ort einer Riesenwelle und vermerkt ihre Höhe und das Datum, an dem sie entstand. Wie Sie sehen können, haben die Wellenaktivitäten während der letzten dreizehn Monate erheblich zugenommen. Und was die Größe dieser Monster betrifft, ist ebenfalls eine Steigerung zu beobachten.«

Austin holte sich einen Sessel und schob ihn neben den Professor. Er überflog die Wellensymbole. Jedes Symbol war mit der Höhe der Welle und dem Datum ihres Auftauchens versehen. Die Wellen waren wahllos über die ganze Welt verteilt, bis auf mehrere Häufungen.

»Fällt Ihnen irgendetwas Ungewöhnliches auf?«

»Diese vier kreisrunden Muster sind im jeweils gleichen Abstand zueinander im Atlantik verteilt, die Region eingeschlossen, in der wir uns zur Zeit befinden. Zwei im Nordatlantik, zwei im Süden. Wie sieht es im Pazifik aus?«

»Gut, dass Sie mich danach fragen.« Adler drehte den Globus, bis der Pazifische Ozean zu sehen war.

Austin stieß einen Pfiff aus. »Vier ähnliche Häufungen. Seltsam.«

»Mir kam das auch merkwürdig vor.« Der Anflug eines Lächelns spielte um die Lippen des Professors. »Ich habe die Anhäufungen ausgemessen und festgestellt, dass sie in jedem Ozean den gleichen Abstand zueinander haben.«

»Was schließen Sie daraus, Professor?«

»Dass dieser Erscheinung ein Plan zugrunde liegen muss. Diese Wellen sind entweder von Menschen erzeugt oder das Werk Gottes.«

Austin ließ sich die Bedeutung der Feststellung des Professors durch den Kopf gehen. »Es gibt auch noch eine dritte Möglichkeit«, sagte er nach einigen Sekunden. »Der Mensch maßt sich die Rolle Gottes an.«

Adler zog eine buschige Augenbraue hoch. »Das ist natürlich völlig unmöglich.«

Austin lächelte. »Nicht unbedingt. Der Mensch hat schon immer versucht, die Elemente zu kontrollieren.«

»Das Meer unter Kontrolle zu bekommen, steht auf einem ganz anderen Blatt.«

»Darin gebe ich Ihnen Recht, obgleich es in dieser Richtung einige eher primitive, aber durchaus wirkungsvolle Versuche gegeben hat. Deiche und Sturmwälle gibt es immerhin schon seit einigen Hundert Jahren.«

»Ich war als Berater bei der Entwicklung der Gezeitentore in Venedig tätig, daher weiß ich, was Sie meinen. Den Ozean aufzuhalten ist ein relativ einfaches Konzept. Die Schwierigkeiten liegen eher in der technischen Durchführung. Die Erzeugung riesiger Wellen wäre um einiges schwieriger.«

»Aber nicht unmöglich«, sagte Austin.

»Nein, nicht unmöglich.«

»Haben Sie denn schon mal über die Mittel und Wege dazu nachgedacht? Wie wäre es zum Beispiel mit mächtigen Unterwassersprengungen?«

»Absolut unwahrscheinlich.« Adler schüttelte den Kopf. »Man brauchte eine Explosion von nuklearen Ausmaßen, und die würde auffallen. Irgendeine andere Idee?«

»Nicht aus dem Stegreif«, antwortete Austin. »Aber es ist auf jeden Fall etwas, mit dem die NUMA sich befassen sollte.«

»Sie ahnen ja gar nicht, wie froh ich bin, das aus Ihrem Mund zu hören«, sagte Adler sichtlich erleichtert. »Ich dachte schon, ich würde spinnen.«

Austin ging ein Gedanke durch den Kopf. »Joe fragte sich, ob die Arbeit der Trouts vielleicht ein wenig Licht in dieses Dunkel bringen könnte«, sagte er.

»Stimmt, ich erinnere mich. Sie erwähnten, dass ein paar Ihrer NUMA-Kollegen in dieser Gegend an einem anderen Forschungsprojekt arbeiten.«

Austin nickte. »Südlich von hier. Sie befinden sich mit einer Gruppe Wissenschaftler an Bord des NOAA-Schiffs Benjamin Franklin und erforschen die biologischen Auswirkungen der großen Wasserwirbel im Atlantik.«

»Wie ich schon sagte, ich würde von vornherein so gut wie nichts ausschließen. Es lohnt sich bestimmt, sich eingehender damit zu beschäftigen.«

»Wir können uns mit ihnen über ihre Erkenntnisse unterhalten, wenn wir nach Hause zurückkehren.«

»Warum so lange warten?«, fragte Adler.

Adlers Finger huschten über die Tasten, und eine Website erschien auf dem Bildschirm, gefolgt von einem Satellitenbild, das die Atlantikküste zeigte. »Der Meeressatellit, der dieses Bild liefert, kann ein Objekt wahrnehmen, das so groß ist wie eine Sardine.«

»Erstaunlich«, sagte Austin und beugte sich zu dem Bildschirm hinunter.

Adler klickte mit der Computermaus. »Jetzt sehen wir die Wassertemperaturen des Ozeans. Das wellige rötlich braune Band ist der Golfstrom. Die blaue Zone ist kaltes Wasser, und diese runden Flecken in Gelbbraun sind warme Wasserwirbel. Ich zoome mal auf unser Schiff.«

Er betätigte die Computermaus, so dass einer der gelblich braunen Strudel den Bildschirm ausfüllte. Die Umrisse von zwei Schiffen waren in der Nähe des Wirbels zu erkennen.

»Dieser Blip ist die Throckmorton. Der andere muss das NOAA-Schiff sein. Donnerwetter! Diese Technik haut mich immer wieder um.«

Austin blickte über Adlers Schulter. »Was ist dieser kleinere Kreis im südöstlichen Quadranten?«

Adler vergrößerte das Bild. »Das ist ein separater Strudel. Er verhält sich ziemlich sonderbar. Die Zahlen in den kleinen Kästchen geben die Wassergeschwindigkeit und den Wasserstand an. Der Wasserstand innerhalb des Strudels scheint zu sinken, während die Geschwindigkeit zunimmt.« Adlers Blicke schienen sich an dem Schirm festzusaugen. Der Wirbel, mittlerweile fast makellos kreisrund, wuchs weiter. »Mein Gott«, murmelte der Professor.

»Was ist das Problem?«

Der Professor tippte gegen den Bildschirm. »Offenbar findet vor unseren Augen die Geburt eines gigantischen Strudels statt.«

7

Gamay Morgan-Trout ließ vorsichtig den Van-Dorn-Fallschöpfer über die Backbordreling des NOAA-Forschungsschiffs herab und beobachtete, wie der neun Liter fassende Plastikzylinder in die mit Gischt gekrönten Wellen eintauchte. Sie ließ das dünne Verbindungskabel durch die Finger gleiten, während der Schöpfer einige hundert Meter auf den Meeresgrund sank.

Nachdem die Flasche sich mit Wasser gefüllt und automatisch verschlossen hatte, begann sie, sie zurück an Bord zu hieven, wobei ihr Ehemann ihr behilflich war. Paul Trout zog die Flasche die letzten Meter aus dem Wasser, löste sie vom Kabel und hielt sie gegen das Licht, als ob er die Farbe eines besonders edlen Weins überprüfen wollte.

Trouts braune Augen blinzelten belustigt. »Das ist absurd«, sagte er.

»Was ist absurd?«

»Überlege doch mal, was wir hier tun.«

Immer noch verwirrt, sagte Gamay: »Okay, wir haben gerade eine Spezialflasche über Bord geworfen und sie mit Meerwasser gefüllt wieder herausgezogen.«

»Vielen Dank für die Information. Sieh dich doch mal auf diesem Schiff um. Die Benjamin Franklin ist mit den modernsten Forschungseinrichtungen ausgerüstet. Wir verfügen über Geräte wie hochsensible Echolote, über ein Multibeam- und Sidescan-Sonar sowie die jüngsten Entwicklungen an Computerhardware und -software. Aber wir unterscheiden uns kein bisschen von den alten Seefahrern, die Wachs auf ihr Senkblei geschmiert haben, um die Zusammensetzung des Meeresbodens zu erforschen.«

Gamay grinste. »Und jetzt sammeln wir Plankton mit einem altmodischen Fischernetz ein. Was jedoch die Fortbewegung angeht, da hört es bei mir auf. Kein Ruderboot. Wie steht es mit dem Zodiac?«

»Das ist einsatzbereit«, sagte Trout. Er betrachtete die Meeresoberfläche mit kundigem Blick. »Der Wind frischt auf. Es könnte unruhig werden. Wir müssen uns ranhalten.«

Sein Akzent verriet seine New-England-Wurzeln.

Gamay deutete auf die Gischtkronen auf dem Wasser.

»Wenn wir jetzt warten, ergibt sich vielleicht tagelang keine Gelegenheit mehr, noch einmal rauszufahren.«

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