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Gamay sagte: »Lass mich mal versuchen, Mr. Budweiser.«

»Wahrscheinlich trinkt er lieber Miller«, sagte Trout. Er trat zur Seite, um Gamay Platz zu machen. »Bitte bring jetzt nicht die Dämlicher-Ehemann-Nummer. Dann kriege ich nämlich einen Minderwertigkeitskomplex.«

»Okay, dann eben die Unglückliche-Ehefrau-Nummer.«

Gamay breitete die Arme aus, als würde sie den Wächter anbeten. »Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Unser Funkgerät funktioniert nicht.« Sie deutete auf die Zapfsäule auf dem Pier. »Wir bezahlen auch für das Benzin.«

Der Wächter betrachtete lüstern Gamays schlanken Körper, dann grinste er und winkte den Trouts, dass sie zum Pier kommen könnten.

Sie ruderten hektisch zum Pier, und als sie ankamen, konnten sie erkennen, dass der Wächter auf der einen Seite ein Pistolenhalfter an seinem Gürtel befestigt hatte und an der anderen Seite ein Sprechfunkgerät. Trout reichte dem Wächter, dessen Miene alles andere als freundlich war, einen leeren Benzinkanister. Er füllte ihn an der Zapfsäule, während die Trouts im Boot warteten. Als er ihn zurückbrachte, bedankte Gamay sich bei ihm und wollte wissen, was sie ihm schulde. Der Wächter grinste verschlagen und meinte: »Nichts.«

Sie reichte ihm einen dicken Umschlag. »Dann geben Sie das bitte Mr. Margrave als kleines Dankeschön für das Benzin.«

Der Wächter betrachtete den Umschlag und sagte: »Warten Sie.« Er ging ein Stück, bis er außer Hörweite war, und sprach in sein Funkgerät. Dann kam er zurück und sagte: »Kommen Sie mit.«

Er führte sie eine steile Holztreppe zum Fuß des Felsvorsprungs hinauf. Dann holte er eine kleine Fernbedienung aus der Tasche, drückte auf einen Knopf, und ein Teil der Felswand glitt zur Seite und gab den Blick auf einen Fahrstuhl frei. Er forderte sie auf einzusteigen und folgte ihnen in die Kabine. Mit einer Hand auf dem Pistolenhalfter beobachtete er sie während der mehrere Sekunden dauernden Fahrt. Die Fahrstuhltüren öffneten sich zu einem runden Raum. Ein kurzer Blick verriet den Trouts, dass sie sich im Leuchtturm befanden.

Der Wächter öffnete eine Tür, und sie traten ins Freie. Sie standen auf der Klippe und hatten einen wundervollen Blick auf das in der Sonne funkelnde Wasser der Penobscot Bay. Drei Klappstühle waren aufgestellt worden. In einem saß ein Mann mit dem Rücken zu den Besuchern und hatte ein Fernrohr am Auge. Er wandte sich um und lächelte die Trouts an.

Er hatte ein schlankes, düsteres Gesicht und seltsam geschnittene grüne Augen, die die Trouts amüsiert betrachteten. Dann deutete er auf die leeren Sessel. »Hallo, Gamay. Hallo, Paul. Ich habe schon auf Sie gewartet.« Er quittierte die Überraschung auf ihren Mienen mit einem glucksenden Lachen.

»Ich glaube nicht, dass wir uns schon mal begegnet sind«, sagte Trout und machte es sich in einem Sessel bequem, während Gamay sich in den anderen sinken ließ.

»Das sind wir auch nicht. Wir hören Ihnen schon den ganzen Vormittag zu und haben Sie genau im Auge. Unsere elektronischen Ohren sind weitaus empfindlicher als die Abhörwanzen, die Sie in irgendwelchen Versandhäusern kaufen können, aber das Prinzip ist das gleiche. Wir haben jedes Wort gehört, das Sie gesprochen haben. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollten Sie mir etwas schenken.«

Der Wächter reichte Margrave den Umschlag. Er öffnete ihn und holte eine CD-ROM-Scheibe heraus. Sein Lächeln verschwand, als er die Beschriftung las: »Die Gefahren des Polsprungs.«

»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Margrave. Sein Tonfall hatte jede Freundlichkeit verloren.

Trout deutete auf die Scheibe. »Diese CD erzählt Ihnen alles, was Sie wissen wollen, und einiges, das Sie wahrscheinlich nicht wissen wollen.«

Margrave schickte den Wächter mit einer Handbewegung weg.

»Sie sollten die Scheibe wirklich abspielen«, sagte Gamay. »Sie wird Ihnen die ganze Situation erklären.«

»Warum sollte ich an einem Polsprung interessiert sein?«, fragte Margrave.

»Das ist einfach«, erwiderte Gamay mit einem reizenden Lächeln. »Sie haben die Absicht, eine Umkehrung der magnetischen Pole der Erde mithilfe von niederfrequenten elektromagnetischen Impulsen auszulösen. Es ist ein Prozess, der auf den Forschungen von Lazio Kovacs beruht.«

Margrave stützte sein scharf geschnittenes Kinn in die Hand und ließ sich Gamays Worte durch den Kopf gehen.

»Selbst wenn ich die Macht hätte, einen Wechsel der Pole herbeizuführen, gibt es meines Wissens kein Gesetz, das so etwas verbietet.«

»Aber es gibt eine Menge Gesetze gegen Beihilfe zum Massenmord und zu totaler Vernichtung«, sagte Trout, »obgleich Sie sich wegen einer möglichen Bestrafung keine Sorgen machen müssten, da Sie genauso tot wären wie alle anderen Menschen.«

»Seit meiner Kindheit löse ich keine Rätsel mehr. Was wollen Sie mir klarmachen?«

»Dass ein magnetischer Polsprung eine nicht mehr rückgängig zu machende Bewegung der Erdkruste mit katastrophalen Auswirkungen zur Folge hätte.«

»Wenn das der Fall ist, welchen Nutzen habe ich oder wer auch immer von einem solchen Prozess?«

»Es ist möglich, dass Sie nicht ganz bei Verstand sind. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Sie ganz einfach dumm sind.«

Margraves bleiche Wangen röteten sich. »Man hat mir schon vieles an den Kopf geworfen, aber noch nicht, dass ich dumm sei.«

»Wir wissen, warum Sie das tun. Sie wollen die wirtschaftliche Globalisierung aufhalten, aber Sie haben dazu eine höchst gefährliche Methode ausgesucht, und Sie wären gut beraten, es lieber zu unterlassen.«

Margrave erhob sich abrupt und unerwartet. Er holte mit dem Arm aus und schwang ihn dann nach vorne. Die CD-ROM verließ seine Hand und flog in einem hohen Bogen hinaus in die Luft und landete einige hundert Meter tiefer im Wasser am Fuß der Klippe. Er winkte anschließend den Wächter herüber und sah die Trouts an.

»Sie werden zu Ihrem Boot zurückgebracht. Lassen Sie diese Insel lieber so schnell wie möglich weit hinter sich, sonst versenke ich Ihr Boot, und Sie können zum Festland zurück­schwimmen.« Er lächelte. »Das Benzin schenke ich Ihnen.«

Sekunden später fuhren die Trouts mit dem Fahrstuhl nach unten. Der Wächter eskortierte sie zu ihrem Boot, stieß sie vom Pier und blieb dort mit einer Hand auf dem Pistolenhalfter stehen.

Von der Klippe aus beobachtete Margrave, wie die Trouts sich von der Insel entfernten, dann nahm er das Mobiltelefon, das in einer Tasche an seinem Gürtel steckte, zur Hand und aktivierte die Stimmwahl mit einem Wort: »Gant.«

Jordan Gant meldete sich sofort.

»Ich hatte soeben Besuch von zwei NUMA-Leuten«, meldete Margrave. »Sie wissen sehr gut über das Projekt Bescheid.«

»Was für ein Zufall«, erwiderte Gant. »Kurt Austin war hier, ebenfalls von der NUMA. Auch er schien über unsere Pläne bestens informiert zu sein.«

»Die Leute, die bei mir waren, meinten, dass wir eine weltweite Vernichtung auslösen könnten.«

Gant lachte. »Sie haben sich zu lange auf Ihrer Insel vergraben. Wenn Sie längere Zeit in einer Schlangengrube wie Washington verbringen würden, wüssten Sie, dass die Wahrheit das ist, was man dafür halten will. Die Leute bluffen.«

»Was sollen wir tun?«

»Den Termin vorziehen und sie gleichzeitig bremsen, indem wir sie ablenken. Wenn wir Kurt Austin aus dem Verkehr ziehen, wird das die NUMA aus dem Tritt bringen und uns die nötige Zeit verschaffen, um dafür zu sorgen, dass unser Projekt erfolgreich abgeschlossen wird.«

»Hat man irgendetwas von Karla Janos gehört? Mir gefällt die Vorstellung nicht, dass sie plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen könnte.«

»Darum habe ich mich gekümmert. Meine Freunde in Moskau haben mir versichert, dass, wenn ich ein wenig Geld verteile, die Janos die Insel in Sibirien nie mehr lebend verlassen würde.«

»Trauen Sie den Russen?«

»Ich traue niemandem. Die Russen erhalten die volle Bezahlung, wenn sie mir einen eindeutigen Beweis für ihren Tod vorlegen. In der Zwischenzeit ist sie Tausende von Kilometern weit weg von hier und nicht in der Lage, sich einzumischen.«

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