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Abermals schien eine düstere Wolke Margraves Gesicht zu verdunkeln. »Hoffentlich hast du Recht. Anderenfalls müssen wir Mr. Austin nämlich eliminieren.«

Barrett riss entsetzt die Augen auf. »Das soll wohl ein Scherz sein!«

Margrave lächelte. »Natürlich habe ich nur einen Scherz gemacht, alter Junge. Ich habe die Berichte von dem Angriff der Orcas gesehen. Was willst du mir erzählen, Spider, dass Orcas Raubtiere sind?«

»Nein, ich sage, dass mein Experiment ihre sensorischen Fähigkeiten beeinflusst hat, weil ich das elektromagnetische Feld nicht steuern konnte.«

»Na und?« Margrave zuckte die Achseln. »Niemand ist zu Schaden gekommen.«

»Hast du vergessen, dass wir eins unserer eigenen Schiffe verloren haben?«

»Es war von vornherein ein Todeskommando. Die Besatzung kannte die Gefahr. Sie wurden alle fürstlich für das Risiko bezahlt.«

»Was ist mit der Southern Belle? Diese Leute haben kein Geld gekriegt, um an unserem Experiment teilzunehmen.«

»Das ist doch längst Geschichte. Es war ein Unfall, mein Freund.«

»Verdammt noch mal, das weiß ich. Aber wir waren für ihren Tod verantwortlich.«

Margrave beugte sich in seinem Sessel vor. Seine Augen glühten fanatisch.

»Du weißt, warum mir dieses Unternehmen so sehr am Herzen liegt.«

»Es geht um Schuld. Du willst für die Margraves Sühne tun, weil sie ihr Vermögen mit dem Blut von Sklaven und dem Leben Opiumsüchtiger begründet haben.«

Margrave schüttelte den Kopf.

»Meine Vorfahren waren kleine Fische verglichen mit dem, was auf uns zukommt. Wir kämpfen gegen eine Konzentration von Macht, wie die Welt sie bisher noch nicht erlebt hat. Nichts kann den multinationalen Konzernen Paroli bieten, die die Herrschaft über die Welt mithilfe der WTO, der Weltbank und der IMF an sich reißen. Diese nicht gewählten, undemokratischen Einrichtungen ignorieren die Menschenrechte und tun, was sie wollen, ganz gleich, wie es sich auf jeden von uns auswirkt. Ich möchte den Menschen die Macht über die Erde, auf der sie leben, wieder zurückgeben.«

»Das klingt wie aus dem Mund eines Anarchisten klassischer Prägung«, stellte Barrett fest. »Ich stehe voll und ganz auf deiner Seite, aber Menschen zu töten scheint mir nicht der richtige Weg zu sein, das zu bewerkstelligen.«

»Der Verlust dieser Schiffe und ihrer Besatzungen tut mir aufrichtig leid. Es waren Unglücksfälle, gegen die man nicht gefeit ist. Wir sind weder blutgierig noch verrückt. Wenn wir unseren Plan durchziehen, dann ist dieses Schiff nur ein vergleichsweise geringer Preis, den wir zahlen mussten. Manchmal sind Opfer für eine große Sache eben nicht zu umgehen.«

»Soll der Zweck die Mittel heiligen?«

»Wenn es nötig ist.«

»Vielen Dank, Mr. Karl Marx.«

»Marx war ein Scharlatan, ein geschwollen daherredender Theoretiker.«

»Du musst zugeben, dass dieses Projekt auf einigen ziemlich unkonventionellen Theorien basiert. Der Marxismus war nicht mehr als eine unausgegorene Idee, ehe Lenin Das Kapital las und Russland in ein Arbeiterparadies verwandelte.«

»Darüber zu diskutieren hat sicher seinen Reiz, aber kehren wir zu etwas zurück, worin wir uns beide einig sind. Technologie. Als wir diese Geschichte starteten, sagtest du, du hättest volle Kontrolle über die Mächte, die wir entfesseln.«

»Ich habe dir auch erklärt, es wäre ohne die richtigen Frequenzen ein alles andere als perfektes System«, sagte Barrett.

»Ich habe das Beste getan, was ohne diese Zahlen zu tun war, aber es gibt einen großen Unterschied zwischen einem Schuss aus einem Präzisionsgewehr und einer Salve aus einer Schrotflinte, was genau das ist, was wir vorhaben. Die Wellen und Wirbel, die wir erzeugt haben, übersteigen in ihrer Wirkung alles, was wir in den Computermodellen haben beobachten können.« Er hielt kurz inne und atmete tief ein.

»Ich denke ernsthaft daran auszusteigen, Tris. Was wir planen, ist zu gefährlich.«

»Du kannst nicht aussteigen. Das ganze Projekt würde den Bach runtergehen.«

»Das stimmt nicht. Du könntest auf der Grundlage der Arbeit, die ich geleistet habe, weitermachen. Als dein Freund bitte ich dich jedoch dringend, nicht weiterzumachen.«

Anstatt ungehalten zu reagieren, lachte Margrave. »Hey, Spider, du warst es doch, der die Kovacs-Theoreme entdeckt und mich darauf aufmerksam gemacht hat.«

»Manchmal wünsche ich mir, ich hätte es nicht getan. Es wäre vielleicht ein Segen gewesen, wenn sein Wissen mit seinem Tod in Vergessenheit geraten wäre.«

»Wenn ich dir nun verraten würde, dass Kovacs eine Methode entwickelt hat, um die Wirkung seiner Theoreme zu neutralisieren, würdest du deine Entscheidung, aus dem Projekt auszusteigen, dann noch einmal überdenken?«

»Die Möglichkeit zu haben, Schäden zu vermeiden, würde schon eine Menge ausmachen. Aber das ist ein völlig hypothetischer Punkt. Das Wissen ging mit dem Tod Kovacs’ gegen Ende des Zweiten Weltkriegs unter.«

Ein verschlagener Ausdruck schlich sich in Margraves Augen. »Um das Ganze durchzuspielen, nimm einfach an, dass er nicht gestorben ist.«

»Keine Chance. Sein Labor wurde von den Russen dem Erdboden gleichgemacht. Er selbst wurde getötet oder gefangen genommen.«

»Wenn er wirklich gefangen genommen wurde, warum haben die Russen sich seiner Arbeiten nicht bedient und Superwaffen hergestellt?«

»Sie haben es versucht«, erwiderte Barrett. »So haben sie das Erdbeben von Anchorage ausgelöst und das Wetter durcheinandergebracht.« Er hielt inne, und seine Augen begannen zu leuchten. »Wenn die Russen Kovacs erwischt hätten, wären sie weitaus erfolgreicher gewesen. Daher muss er 1944 gestorben sein.«

»Das nimmt man allgemein an.«

»Hör endlich auf, so überheblich zu grinsen. Du weißt irgendetwas, nicht wahr?«

»Was das anbetrifft, stimmt die Geschichte«, sagte Margrave. »Kovacs veröffentlicht die Arbeit über elektronische Kriegführung. Die Deutschen entführen ihn, damit er eine Waffe entwickelt, die das Dritte Reich vor dem Untergang retten soll. Die Russen überfallen das Labor und nehmen den Wissenschaftler nach Russland mit. Aber einer dieser deutschen Wissenschaftler hat Russland verlassen, nachdem der Kalte Krieg endete. Ich habe ihn gefunden. Es hat mich ein Vermögen an Schmiergeldern gekostet, das herauszukriegen.«

»Willst du damit sagen, er hatte die Daten, die wir brauchen?«

»Ich wünschte, es wäre so einfach. Das Projekt war streng in verschiedene Bereiche aufgeteilt. Die Deutschen haben die Kovacs-Familie als Geiseln festgehalten. Dafür hat er wichtige Daten zurückgehalten, weil er hoffte, auf diese Weise seiner Familie das Leben retten zu können.«

»Das leuchtet ein«, sagte Barrett. »Wenn die Deutschen gewusst hätten, dass es etwas gab, was seine Arbeit wirkungslos machen konnte, hätten sie ihn nicht mehr gebraucht.«

»Das vermute ich auch. Er hatte keine Ahnung, dass die Nazis seine Familie praktisch sofort ausgelöscht haben und Briefe von seiner Frau fälschten, in denen sie ihn anflehte, um das Leben ihrer Kinder willen zu kooperieren. Stunden bevor die Russen das Labor erreichten, erschien ein Mann und nahm Kovacs mit. Laut unserem Experten ein großer, blonder Typ in einem Mercedes.«

Barrett verdrehte die Augen. »Diese Beschreibung passt auf die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands.«

»Wir hatten Glück. Ein paar Jahre, nachdem er Russland verlassen hatte, stieß unser deutscher Informant in einem Wintersportmagazin auf ein Bild von dem blonden Mann. Irgendwann in den sechziger Jahren hat der Mann, der Kovacs mitgenommen hatte, ein Skirennen für Amateure gewonnen. Er hatte einen Bart, und er war um einiges älter, aber unsere Quelle war sich sicher, dass es sich um den Richtigen handelte.«

»Hast du ihn aufgestöbert?«

»Ich habe einige unserer Sicherheitsleute losgeschickt, um ihn zu einem Gespräch einzuladen. Sie kommen von der gleichen Firma wie unsere Inselwächter.«

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