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«Nein.»

Bolitho klopfte ihm auf die Schulter.»Selbst wenn er es so macht, werden wir die feindliche Linie an zwei Stellen durchbrechen.»

Wolfe sagte:»Die Franzmänner gehen in Kiellinie, Sir. «Er grinste voll Bewunderung.»Und es scheint, daß sich der Transporter hinter das Geschwader zurückfallen läßt.»

Bolitho vernahm ihn kaum.»Wir werden in zwei Kolonnen angreifen. Benbow und Indomitable bilden die erste, Nicator und Odin die zweite, beide jeweils in Kiellinie. Sagen Sie Brownes Leuten, daß sie die entsprechenden Signalflaggen bereithalten.»

Er wandte sich ab und richtete sein Fernglas auf die französische Linie. Sie war noch ungeordnet, aber er stellte sogleich fest, daß das Flaggschiff auch in der Kiellinie den zweiten Platz hielt: Vielleicht, um Bolithos Taktik zu studieren, bevor er selber handelte. Oder vielleicht überließ er es einem seiner Kommandanten, den ersten Anprall der Schlacht aufzufangen.

Er ging nach achtern um die Rudergänger herum und schaute in Grubbs Karte, die auf einem kleinen Tisch unterhalb des Hüttenüberhangs befestigt war. Damit ersparte sich Grubb die Mühe, seine Körpermasse bis in den Kartenraum zu bewegen.

Wie es schien, befanden sich die beiden Geschwader in einem uferlosen Ozean, und doch lag keine fünfzig Meilen entfernt im Nordosten die norwegische und noch etwas weiter weg im Südosten die dänische Küste, dazwischen eingebettet das Skagerrak.

Bolitho fragte sich plötzlich, was Inskip jetzt wohl machte und ob es wirklich der Kronprinz war, den er getroffen hatte.

Dann verbannte er alle diese Gedanken.

«Wir wollen Kurs ändern, Captain Herrick. Das Geschwader geht auf Nordost zu Ost.»

Er stellte sich hinter die geschäftige Achterdeckswache und beobachtete die Relentless, die Segel wegnahm, um sich auf Parallelkurs und in gleicher Höhe mit dem Geschwader zu halten, hinter ihr Loo-kout wie ein Junges.

Die französischen Schiffe änderten weder Kurs noch ein einziges

Segel.

Herrick musterte die eigene Leinwand, sobald die Rahen zur Ruhe gekommen waren, und bemerkte:»Das wird ihnen einige Rätsel aufgeben, Sir.»

Bolitho beobachtete das führende französische Schiff. Es war fast genauso groß wie die Benbow und jetzt schon dabei, seine Kanonen auszutrennen. Für die französischen Seeleute mußten die Chancen schlecht aussehen, dachte er. Sie hatten zu lange im Hafen gelegen, um die Nerve nbelastung dieser langsamen Annäherung zu ertragen. Ihre Offiziere würden sie beschäftigen müssen, und so gaben sie vielleicht ein paar Schüsse ins Blaue ab, um in rechte Kampfstimmung zu geraten.

Grubb sagte trocken:»Zwei Meilen, Sir. Wir machen sie in einer halben Stunde fertig. «Dann klopfte er mit einem seiner dicken Finger an die Sanduhr.

Plötzlich ein dumpfer Knall, und Sekunden später schoß Backbord voraus, aber weit entfernt eine dünne Wassersäule hoch.

Ein paar Matrosen lachten höhnisch, und einige der älteren Leute schauten fragend nach achtern, ob es nun auch ihrerseits losging.

«Lassen Sie bitte laden und ausrennen. Sagen Sie Ihren Geschützbedienungen, daß wir heute mit beiden Seiten ins Gefecht kommen, aber die Steuerbord-Pforten bleiben geschlossen, bis wir mitten im Feind sind.»

Bolitho begab sich auf die andere Seite des Achterdecks. Obwohl er zwischen Geschützbedienungen und Seesoldaten, Offizieren und Läufern stand, war er doch völlig allein.

Das französische Geschwader war stärker, aber er hatte schon schlechtere Kräfteverhältnisse erlebt. Was seinen Schiffen an Kanonen und Männern fehlte, machten sie an Erfahrung gut. Die beiden Linien bewegten sich auf einen imaginären Punkt im grauen Wasser zu, als ob sie von unsichtbaren Fäden dorthin gezogen würden.

Bolitho faßte den Griff seines abgenutzten Säbels.

Fast zu sich selber sagte er:»Wir wollen uns auf das französische Flaggschiff werfen. Sie sind alle weit weg von zu Hause. Wenn Ro-pars' Flagge sinkt, werden die übrigen sich schnell zerstreuen.»

Das französische Spitzenschiff, ein Vierundsiebziger, verschwand für einen Augenblick hinter einer wogenden Mauer von Pulverqualm. Grubb sagte zu seinem Steuermannsmaaten:»Notieren Sie im Logbuch, Mr. Daws: >Feind hat das Feuer eröffnet<.»

VIII Ausgetrickst

Bolitho beobachtete den Abschuß der Breitseite des französischen Spitzenschiffes. Es hatte auf viel zu große Entfernung gefeuert, daher vermutete er, daß der Kommandant diese Salve mehr zur Eingewöhnung benutzte. Sicherlich hatten seine Geschützbedienungen bisher wenig Gelegenheit gehabt, auf einen Feind zu zielen.

Für die britischen Seeleute — mochten sie sonst schimpfen und fluchen, was das Zeug hielt — sprach, wenn es zum Kampf kam, die größere seemännische Erfahrung; sie zählte sogar mehr als die Anzahl der Geschütze.

Er konnte sich nicht erinnern, jemals gesehen zu haben, wie eine gesamte Breitseite vor ihm ins Wasser schlug. Es war wie ein unterseeischer Vulkanausbruch, der eine breite und unregelmäßige Wand aus Gischt und Rauch emporschleuderte. Selbst als die letzte Kugel längst verschwunden war, kochte die See noch und zeigte auf ihrer Oberfläche große weiße Placken zischenden Salzes.

Herrick bemerkte trocken:»Was für eine Verschwendung von Pulver und Blei!»

Einige Herumstehende nickten. Wolfe meldete:»Sie verkürzen Segel, Sir!»

Herrick befahl:»Machen Sie es ebenso, Mr. Wolfe.»

Bolitho entfernte sich von ihnen. Es war das übliche Manöver, wenn feindliche Flotten auf Angriffskurs gingen. Da brauchte man nur genug Segelfläche, daß man gerade noch Fahrt voraus machte und manövrieren konnte, aber nicht so viel, daß ein Feuer überflüssige Nahrung fand. Ein glühendheißer Ladepfropfen, eine durch einen Treffer umgestürzte Lampe, jeder beliebige Funke konnte diese herrliche Pyramide von Segeln in ein brüllendes Inferno verwandeln.

Bolitho beobachtete die plötzliche Bewegung auf dem Oberdeck, als die Befehle ausgeführt und die Großsegel aufgegeit wurden. Im langsam vorankommenden britischen Geschwader folgten alle Schiffe dem Beispiel und machten sich kampfbereit.

Und immer noch bewegten sich die beiden Linien erbarmungslos aufeinander zu. Das zweite französische Schiff, das Ropars' Flagge im Fockmast führte, feuerte einige Probeschüsse von den verschiedenen Decks. Sie lagen erheblich näher als die erste eindrucksvolle Breitseite. Bolitho verfolgte den Weg einer Kugel, die flach durch die Wellenkämme strich und dabei eine Spur von aufspritzendem Gischt zog, bis sie schließlich voll ins Wasser einschlug und verschwand.

Bolitho sagte zu Browne:»Wenn wir den Kampf beginnen, geben Sie ein Signal für die Relentless: >Greifen Sie die feindliche Nachhut an.< Die Lookout werde ich bei uns behalten, damit die Franzosen etwas zum Nachdenken haben.»

Irgend jemand lachte mit kurzen nervösem Ton. Wahrscheinlich einer von den neuen Leuten. Der plötzliche Feuerstoß der Breitseite, die überwältigende Masse Eisen, die das Meer aufgewühlt hatte, war zwar weniger gefährlich gewesen als die sorgfältig gezielten Schüsse von Ropars' Flaggschiff, aber für das Auge eines Unerfahrenen schien es umgekehrt.

Leutnant Speke hatte das Achterdeck verlassen und wanderte, Hände auf dem Rücken, zwischen den beiden Reihen der Acht-zehnpfünder nach vorn, bis er Pascoe beim Fockmast traf.

Einige Geschützführer beobachteten sie besorgt, während hier und da ein Geschütz mit einer Handspake noch genauer auf den Feind gerichtet oder mit einem Keil eine kleine Höhenberichtigung vorgenommen wurde. Es schien, als stünde das ganze Schiff unter Hochspannung; als das hart angebraßte Vormarssegel zwei scharfe, ungeduldige Flügelschläge von sich gab, fuhr ein Schiffsjunge erschreckt zusammen.

Bolitho wandte sich um, als das führende französische Schiff abermals feuerte. Diesmal lagen die Einschläge viel besser, und der Gischt fiel so nahe bei ihnen nieder, daß es sich wie ein tropischer Regenguß anhörte.

30
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