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Der große Mann drehte sich zu seinen Gefährten um und sagte hämisch:»Obwohl man annehmen sollte, daß Mr. Pascoe sich an einem Ort wie diesem zu Hause fühlt, nicht wahr, Jungs?«Sie lachten, und einer bückte sich, um Babbage festzuhalten, der davonzukriechen versuchte. Er hatte einen blutverschmierten Mund und war offenbar geschlagen worden.

«Ich befehle Ihnen, mir diesen Mann auszuhändigen, wer Sie auch sind!»

«Er befiehlt! Dieses Jüngelchen, das sich als Offizier verkleidet hat, befiehlt mir!»

Die Hausbesitzerin zwängte sich durch die Zuschauer hindurch und stellte sich zwischen die drei und Pascoe. Ärgerlich sagte sie:»Laßt ihn in Ruhe, verdammt noch mal. Er hat nichts Böses im Sinn.»

«Oh, ganz sicher, Ruby! Mr. Pascoes Mutter war ja auch eine Hure und sein verdammter Vater ein Landesverräter. Was könnte er also Böses tun?»

Pascoe war von den beleidigenden Worten des Mannes wie betäubt. Wut und Haßt packten ihn derart, daß er zitterte. Das konnte nicht sein, das gab es doch nicht! Nicht nach so langer

Zeit und nach allem, was geschehen war.

Die Frau sah ihn ängstlich an.»Sie hauen besser ab, und zwar schnell. Ich will hier keinen Ärger. Davon hatte ich schon genug.»

Pascoe zwängt sich an ihr vorbei und sah nur das über ihm stehende, grinsende Gesicht auf der Treppe.

«Nun, Mr. Pascoe!?«Der Kerl genoß die Szene.»Deckt Ihr Onkel immer noch den Fehltritt seines Bruders?»

Pascoe machte einen Sprung vorwärts und schlug in das Gesicht des Mannes. Er sah Überraschung darin und fühlte, daß seine Faust von dem Schlag schmerzte, aber das Gesicht war immer noch da, wenn sich auch etwas Blut auf der Lippe zeigte.

«Sie haben mich geschlagen!«Der Große tupfte das Blut von seinem Mund, seine Augen lagen im Dunkeln.»Wenn man von Leuten wie Ihnen berührt wird, ist es, als bekäme man die Pest. Aber die Angelegenheit läßt sich regeln, das heißt, wenn Sie gelernt haben, so zu tun wie ein Ehrenmann.»

Pascoe akzeptierte die Drohung mit plötzlicher Gelassenheit — oder war es Resignation?

Er hörte sich selber sagen:»Auf Säbel?»

«Wohl kaum. «Der andere Mann betupfte immer noch seine Lippe und beobachtete Pascoe.»Pistolen wären besser. Doch bevor wir auseinandergehen.«, er schnippte mit dem Finger, und im selben Augenblick fühlte Pascoe, daß seine Arme festgehalten wurden,». erteile ich Ihnen eine Lektion in guten Manieren.»

Pascoe fuhr herum, als er bemerkte, daß Babbage den Augenblick nutzte und — den Kopf mit den Händen schützend — an ihnen vorbeischoß und zur Tür rannte. Mit einer verzweifelten Anstrengung riß er sie auf und war draußen.

Der große Mann hob die Faust.»Den sehen wir nie wieder.»

Pascoe straffte sich, um den Schlag, der auf seine Magengrube zielte, aufzufangen.

Nur schwach hörte er etwas wie Rennen, ein scharfes Kommando und den plötzlichen Knall einer Muskete.

Major Clinton stand im Eingang und schwang lässig sein schwarzes Stöckchen, als er sagte:»Das war Babbage. Meine Leute riefen ihn an, aber er wollte fliehen. «Er wartete, bis die Kerle Pascoes Arme freigegeben hatten.»Sie kamen wohl zu spät, Mr. Pascoe. «Er nickte dem Mann mit der gespaltenen Lippe zu.»Aber Sie waren rechtzeitig da,

Mr. Roche, nehme ich an?»

Der Mann, den Clinton mit >Roche< angesprochen hatte, zuckte die Achseln.»Höhere Eingebung, Major. Es ist uns nicht verboten, hierher zu kommen.»

Clinton antwortete scharf:»Sie verschwinden jetzt! Und es ist mir gleich, ob Sie zum Stab des Admirals gehören. Ich habe den Verdacht, daß Ihr Mut kaum für ein Gefecht auf See ausreichen würde.»

Die drei Männer holten ihre Röcke und verließen das Haus. Pascoe bemerkte, daß Roche wie die beiden anderen die Leutnantsuniform der Marine trugen.

«Tut mit leid, daß ich Sie da hineingezogen habe, Sir. «Pascoe folgte dem Major auf die regennasse Straße. Marston, Clintons Leutnant, und eine Gruppe von Seesoldaten standen um einem am Boden liegenden Körper. Für Babbage war alles vorüber.

«Ich kann dazu jetzt nichts weiter sagen. «Clinton schaute auf seine Männer.»Seht zu, daß ihr den Leichnam loswerdet. «Dann fiel er neben Pascoe in Schritt und sagte:»Roche gehört zum Stab des Ha-fenadmirals. Er wird nie befördert werden, denn er taugt zu nichts. Aber er ist ein gefährlicher Mann. Hat er Sie beleidigt?»

«Darüber kann ich nicht sprechen, Sir.»

Clinton erinnerte sich an Herricks Gesichtsausdruck und dachte sich sein Teil.

XIII Noch drei Minuten zu leben

Bolitho stand unschlüssig auf dem hübschen kleinen Platz und studierte das Haus. Er war von seiner derzeitigen Unterkunft zu Fuß hierhergekommen, aus verschiedenen Gründen: einmal, um sein lädiertes Bein zu trainieren, zum anderen, um sich in Ruhe auf das vorzubereiten, was er sagen wollte.

Er hatte Browne gefragt, ob dieser Belinda Laidlaw gesehen hätte, als er den Brief abgab, aber Browne hatte den Kopf geschüttelt.»Nur einen Diener, Sir. Es war so finster wie in einem Grab.»

Bolitho konnte Brownes kurze Beschreibung jetzt verstehen. Das Haus war äußerlich ein Ebenbild seines Nachbarn: groß, elegant und wohlproportioniert. Aber das war auch die einzige Ähnlichkeit. Es sah kalt und abweisend aus und machte den Eindruck, als beobachtete es ihn, wie auch der ganze Platz den Atem anzuhalten schien, um zu beobachten, was ein Besucher hier wolle. Nach seinem Spaziergang, vorbei am geschäftigen und lauten Treiben der vielen Läden und Weinhandlungen, fühlte sich Bolitho weniger selbstsicher.

Aber das war lachhaft. Er ging die wenigen Stufen hinauf und griff nach dem Glockenzug, aber die Tür öffnete sich vor ihm wie durch Zauberei. Ein griesgrämig aussehender Diener musterte ihn neugierig.

«Sir?»

Bolitho war nicht in der Stimmung für längere Erklärungen. Er löste seinen Umhang am Hals und übergab ihn dem Diener, anschließend auch den Hut.

«Mein Name ist Richard Bolitho. Mrs. Laidlaw erwartet mich.»

Als er seine Erscheinung in einem großen gerahmten Spiegel überprüfte, sah Bolitho, daß der Diener sich in einen Seitengang der Eingangshalle zurückzog und dabei ehrfürchtig über Hut und Mantel zum Besucher zurückschaute. Bolitho schloß daraus, daß sich nur selten ein Gast hierher verirrte, und ganz gewiß kein Flaggoffizier. Er strich seinen Uniformrock glatt und wandte sich dem Raum zu. Alles darin sah alt und gediegen aus. Es mußte Leuten gehört haben, die schon lange tot waren, dachte er.

Der Diener kam mit leeren Händen zurück. Bolitho bemühte sich, gleichmütig zu bleiben und seine Erleichterung zu verbergen. Er hatte befürchtet, Belinda würde ablehnen, ihn zu empfangen, und sei es nur, um neue Verwirrung zu vermeiden.

Der Diener sagte kläglich:»Hier entlang, Sir.»

Sie kamen zu einer Doppeltür aus schönem, eingelegtem Holz. Der Diener öffnete feierlich beide Flügel und schloß sie, nachdem Bolitho eingetreten war, lautlos hinter ihm.

Der Raum war ebenfalls sehr groß und mit schweren Möbeln ausgestattet. An den Wänden hingen imposante Gemälde, durchweg Porträts hoher Richter.

In einem vergoldeten Sessel neben dem Kamin saß die Frau des Richters. Sie mußte es wohl sein, dachte Bolitho grimmig, denn sie war so imposant und gut gepolstert wie ihre Möbel. Ihr blasses Gesicht drückte deutlich Mißfallen aus.

In ihrer Nähe, mit einem aufgeschlagenen Buch auf dem Schoß, saß Mrs. Belinda Laidlaw. Sie trug ein schlichtes taubenblaues Kleid, das einer Uniform ähnelte, und sah ihn so ruhig an, als ob ein Zeichen von Gemütsbewegung oder gar Freude das Haus erschüttern würde.

Bolitho sagte:»Ich bin vorübergehend in London, Ma'am. «Er sah die Richtersgattin an, seine Worte waren aber an die junge Frau gerichtet.»Ich bat darum, Sie aufsuchen zu dürfen, denn in meinem Beruf weiß man nie, wann man das nächste Mal wieder an Land kommt.»

Es klang schwerfällig und hochtrabend, ganz dem Raum entsprechend. Vielleicht hatte er diese Wirkung auf Besucher, überlegte Bo-litho.

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