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»Ace!« brabbelte Hector. »He, Ace, was meinst du? Der Junge braucht nur ein bißchen Hilfe, ja? Sag ihnen, sie sollen damit aufhören, Mann - ich kann  clean werden, ich schwöre bei Gott, ich kann es bleibenlassen. Was meinst du? Ein bißchen Hilfe! Bitte, Ace!«

Ace High sagte nichts; sein Griff um Hecks fuchtelnden Arm wurde nur noch fester. Das reichte als Antwort aus. Hector Drogan fing wieder an zu schreien. Er wurde unbarmherzig über den Vorplatz zum Springbrunnen gezogen.

Hinter ihm gingen drei Männer in einer Reihe wie bei einer feierlichen Unternehmerbeerdigung: Whitey Horgan, der eine große Reisetasche trug; ein Mann namens Roy Hoopes mit einer Leiter; und Winky Winks, ein kahler Mann, dessen Augen ständig zuckten. Winky trug ein Klemmbrett mit einem maschinenbeschriebenen Blatt Papier darauf.

Heck wurde zum Fuß des Kreuzes gezerrt. Ein schrecklicher gelber Angstgestank ging von ihm aus; seine Augen waren verdreht, so dass das schmutzige Weiß zu sehen war - wie die Augen eines Pferdes, das bei Gewitter im Freien gelassen wurde.

»He, Mülli«, sagte er heiser, während Roy Hoopes hinter ihm die Leiter aufstellte. »Mülleimermann. Sag ihnen, sie sollen es abblasen, Kumpel. Sag ihnen, ich kann  clean werden. Sag ihnen, so ein Schrecken ist besser als alle Rehabilitation der Welt. Sag es ihnen, Mann.«

Der Mülleimermann sah auf seine Füße. Als er den Hals beugte, fiel der schwarze Stein nach vorne und baumelte in seinem Gesichtsfeld. Der rote Makel, das Auge, schien ihn starr anzusehen.

»Ich kenne dich nicht«, murmelte er.

Aus dem Augenwinkel sah er Whitey auf einem Knie, eine Zigarette im Mundwinkel, das linke Auge wegen des Rauchs zugekniffen. Er machte die Reisetasche auf. Er holte spitze Holznägel heraus. Mülleimer stellte entsetzt fest, daß sie fast so groß wie Zeltheringe wirkten. Whitey legte sie ins Gras und holte einen großen Holzhammer aus der Reisetasche.

Trotz der murmelnden Stimmen ringsum schienen die Worte des Mülleimermanns den panischen Nebel in Hector Drogans Verstand durchdrungen zu haben. »Was meinst du damit, du kennst mich nicht?« schrie er wild. »Wir haben vor zwei Tagen zusammen gefrühstückt! Du hast den Bengel hier Mr. High genannt!  Was soll das heißen, du kennst mich nicht, du feiger kleiner Lügner?«

»Ich kenne dich überhaupt nicht«, wiederholte der Mülleimermann, diesmal etwas deutlicher. Und er empfand fast so etwas wie Erleichterung. Vor ihm stand tatsächlich nur ein Fremder, ein Fremder, der ein wenig wie Carley Yates aussah. Er griff mit der Hand nach dem Stein und hielt ihn fest umklammert. Die Kälte beruhigte ihn noch mehr.

»Lügner!« schrie Heck. Er wehrte sich wieder, seine Muskeln spannten und wölbten sich, Schweiß rann ihm über die Arme und die nackte Brust. » Lügner! Du kennst mich! Du kennst mich doch, du Lügner!«

»Nein, ich kenne dich nicht. Ich kenne dich nicht und will dich auch nicht kennen.«

Heck fing wieder an zu schreien. Die vier Männer, die ihn hielten, keuchten außer Atem.

»Los«, sagte Lloyd.

Heck wurde nach hinten gezogen. Einer der Männer, die ihn hielten, stellte ihm ein Bein und brachte ihn zu Fall. Er landete halb auf dem Kreuz und halb daneben. Derweil hatte Winky angefangen, mit schriller Stimme, die wie eine Kreissäge durch Hecks Heulen schnitt, den maschinengeschriebenen Text vom Klemmbrett abzulesen.

»Achtung Achtung Achtung! Auf Befehl von Randall Flagg, dem Führer des Volkes und Obersten Staatsbürger, wird dieser Mann mit Namen Hector Alonzo Drogan durch Kreuzigung hingerichtet; die Strafe wird wegen Drogenkonsums verhängt.«

» Nein! Nein! Nein!« schrie Heck als panische Kontrapunkte. Sein schweißnasser, schlüpfriger linker Arm entglitt dem Griff von Ace, und Müll kniete sich instinktiv darauf und klemmte den Arm wieder fest, so daß das Handgelenk gegen den Balken des Kreuzes gedrückt wurde. Einen Moment später kniete Whitey neben Mülleimer und hatte den Hammer und zwei grobe Holznägel in der Hand. Die Zigarette hing ihm immer noch im Mundwinkel. Er sah wie ein Mann aus, der kleinere Zimmermannsarbeiten in seinem Garten ausführt.

»Ja, gut, halt ihn genau so fest, Müll. Ich nagle ihn an. Dauert nicht lange.«

»Drogenmißbrauch ist in der Gesellschaft des Volkes nicht gestattet, weil er verhindert, daß der Benutzer seine Kraft voll und ganz in den Dienst der Gesellschaft stellt«, deklamierte Winky. Er redete schnell, wie ein Auktionator; seine Augen blinzelten und zuckten und flatterten. »In diesem speziellen Fall wurde der Angeklagte Hector Drogan mit Drogengeschirr und einem großen Vorrat Kokain erwischt.«

Mittlerweile hatten Hecks Schreie eine Tonlage erreicht, bei der Kristall zerschellen konnte, wäre Kristall in der Nähe gewesen. Er warf den Kopf von einer Seite auf die andere. Schaum stand ihm vor dem Mund. Blutrinnsale liefen an seinen Armen herab, als sie zu sechst, einschließlich des Mülleimermanns, das Kreuz in die Betongrube hoben. Jetzt zeichnete sich die Silhouette von Hector Drogan gegen den Himmel ab; er hatte den Kopf schmerzverzerrt nach hinten gebeugt.

»...geschieht zum Besten dieser Gesellschaft des Volkes«, schrie Winky unablässig. »Diese Botschaft endet mit einer ernsten Warnung und Grüße an die Menschen in Las Vegas. Diese Auflistung wahrer Tatsachen soll über dem Kopf des Missetäters angenagelt und mit dem Siegel des Obersten Staatsbürgers mit Namen RANDALL FLAGG versehen werden.«

» Großer Gott, das tut WEH!« schrie Hector Drogan über ihnen. » Mein Gott mein Gott mein Gott Gott Gott!«

Die Menge blieb fast eine Stunde, weil jeder Angst hatte, er könnte als derjenige in Erinnerung bleiben, der zuerst gegangen war. Viele Gesichter drückten Mißfallen aus, viele andere eine dumpfe Art von Erregung... aber wenn es eine gemeinsame Empfindung gab, dann Angst.

Aber der Mülleimermann hatte keine Angst. Weshalb auch? Er hatte den Mann ja nicht gekannt.

Er hatte ihn nie gekannt.

Es war Viertel nach zehn an diesem Abend, als Lloyd ins Zimmer des Mülleimermanns kam. Er sah Müll an und sagte: »Du bist angezogen. Gut. Ich dachte mir, du wärst vielleicht schon zu Bett gegangen.«

»Nein«, sagte der Mülleimermann. »Ich bin noch auf. Warum?«

Lloyd sprach mit gedämpfter Stimme weiter. »Es ist soweit, Mülli. Er will dich sehen. Flagg.«

»Er...?«

»Ja.«

Der Mülleimermann war gebannt. »Wo ist er ? Mein Leben für ihn, o ja...«

»Oberster Stock«, sagte Lloyd. »Er kam rein, als wir gerade Drogans Leichnam verbrannt hatten. Von der Küste. Er war da, als Whitey und ich vom Steinbruch zurückgekommen sind. Niemand sieht ihn je kommen oder gehen, Müll, aber man weiß immer, wenn er wieder fort ist. Oder wenn er zurückkommt. Los, gehen wir.«

Vier Minuten später kam der Fahrstuhl im obersten Stockwerk an, und der Mülleimermann stieg mit strahlendem Gesicht und rollenden Augen aus. Lloyd nicht.

Müll drehte sich zu ihm um. »Kommst du nicht...?«

»Nein, er will dich allein sprechen. Viel Glück, Müll.«

Und bevor er noch etwas sagen konnte, glitten die Fahrstuhltüren zu und Lloyd war weg.

Der Mülleimermann drehte sich um. Er stand in einer geräumigen, prächtigen Halle. Es gab nur zwei Türen... und die am Ende ging langsam auf. Drinnen war es dunkel. Aber Müll sah eine Gestalt in der Tür stehen. Und Augen. Rote Augen.

Mit langsam in der Brust klopfendem Herzen und einem trockenen Gefühl im Mund ging der Mülleimermann dieser Gestalt entgegen. Dabei schien die Luft immer kälter und kälter zu werden. Gänsehaut bildete sich auf seinen von der Sonne verbrannten Armen. Irgendwo tief in seinem Innern drehte sich der Leichnam von Donald Merwin Elbert in seinem Grab herum und schien zu schreien. Dann war es wieder still.

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