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Die Familie Norris aß einen Happen bei Bäbe und folgte dann Harrys bewundernswert korrekten Angaben zum Highway 2.1. Ed und seine Frau Trish äußerten sich erstaunt über die Gastfreundschaft im Süden, während die Kinder auf dem Rücksitz schon Farbe bekamen. Nur der Himmel konnte wissen, überlegte Harry, was Carellas zwei Monster angestellt haben würden.

Die Nacht verbrachten sie in einem Motel in Eustace, Oklahoma. Ed und Trish steckten den Portier an. Marsha, Stanley und Hector, die Kinder, steckten die Kinder an, mit denen sie auf dem Spielplatz spielten - Kinder, die nach West-Texas, Alabama, Arkansas und Tennessee unterwegs waren. Trish steckte die beiden Frauen an, die in der zwei Blocks entfernten Wäscherei wuschen. Als Ed Eis holen wollte, steckte er einen Mann an, der im Flur an ihm vorbeiging. Alle gesellten sich zu dem Reigen.

Trish weckte Ed in den frühen Morgenstunden und sagte ihm, dass Hector, das Baby, krank war. Es hatte einen häßlichen kratzenden Husten und Fieber. Es hörte sich wie Krupp an. Ed Norris stöhnte und sagte ihr, sie solle dem Kind Aspirin geben. Wenn das Kind mit seinem verdammten Krupp noch vier oder fünf Tage gewartet hätte, wäre er erst zu Hause ausgebrochen, und Ed wäre die Erinnerung an einen perfekten Urlaub geblieben (ganz zu schweigen von der Häme, die er versprühen wollte). Er hörte das arme Kind durch die Verbindungstür; es hustete wie der Teufel.

Trish ging davon aus, daß sich Hectors Zustand im Laufe des Vormittags bessern würde - beim Krupp mußte man nur im Bett bleiben -, aber am zwanzigsten gegen Mittag mußte sie sich eingestehen, daß das nicht der Fall war. Das Aspirin hatte das Fieber nicht gesenkt; der arme Heck hatte immer noch glasige Augen. Sein Husten hatte einen hohlen Klang, der ihr nicht gefiel, sein Atem klang keuchend und verschleimt. Was es auch sein mochte, Marsha schien es ebenfalls zu bekommen, und Trish spürte ein unangenehmes Kratzen im Hals, so daß sie dauernd husten mußte, bisher zum Glück nur ein leichter Husten, den sie mit einem kleinen Taschentuch ersticken konnte.

»Wir müssen mit Heck zum Arzt«, sagte sie schließlich.

Ed fuhr auf das Gelände einer Tankstelle und sah auf die Karte, die er an der Sonnenblende des Kombi festgeklemmt hatte. Sie waren in Hammer Crossing, Kansas. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Vielleicht finden wir zumindest einen Arzt, der uns ein Rezept ausschreibt.« Er strich sich seufzend und ungehalten mit einer Hand durchs Haar.

»Hammer Crossing, Kansas! Großer Gott! Warum mußte er so krank werden, daß er in einem Kuhdorf wie dem hier einen Arzt braucht?«

Marsha, die über die Schulter ihres Vaters hinweg die Karte studierte, sagte: »Da steht, daß Jesse James hier die Bank ausgeraubt hat, Daddy. Zweimal.«

»Scheiß auf Jesse James«, knurrte Ed.

»Ed!« rief Trish.

»Tut mir leid«, sagte er, obwohl es ihm überhaupt nicht leid tat.

Er fuhr weiter. Nach sechs Anrufen, bei denen er sich nur mühsam beherrschen konnte, fand er schließlich einen Arzt in Polliston, der sich Hector ansehen wollte, wenn sie es schafften, bis um drei bei ihm zu sein. Polliston lag abseits ihrer Strecke, zwanzig Meilen westlich von Hammer Crossing, aber momentan zählte nur Hector. Ed machte sich allmählich große Sorgen um ihn. Er hatte sein Kind noch nie mit so wenig Mumm gesehen.

Nachmittags um zwei Uhr saßen sie im Wartezimmer von Dr. Brendan Sweeney. Inzwischen nieste auch Ed. Sweeneys Wartezimmer war überfüllt; sie kamen erst kurz vor vier an die Reihe. Trish konnte Heck höchstens zu einem benommenen Dämmerzustand aufrütteln, und sie fühlte sich selbst 8z fiebrig. Nur Stan Norris, neun, war noch in guter Verfassung und alberte herum.

Während sie im Wartezimmer saßen, übertrugen sie die Krankheit, die bald im ganzen zusammenbrechenden Land als Captain Trips bekannt sein sollte, auf mehr als fünfundzwanzig Menschen, darunter eine matronenhafte Frau, die nur gekommen war, um eine Rechnung zu bezahlen, und die anschließend ihren ganzen Bridgeclub ansteckte.

Diese matronenhafte Frau war Mrs. Robert Bradford, für den Bridgeclub Sarah Bradford, für ihren Mann und enge Freunde Cookie. Sarah spielte an diesem Abend gut, vielleicht weil sie Angela Dupray, ihre beste Freundin, als Partnerin hatte. Es war wie Telepathie. Sie gewannen alle drei Runden wie im Schlaf, die letzte mit Glanz und Gloria. Das einzige Haar in der Suppe war für Sarah, daß sie eine Erkältung zu bekommen schien. Das war nicht fair; sie hatte gerade erst eine gehabt.

Sie und Angela gingen noch auf einen gemütlichen Drink in eine Cocktailbar, als sich die Runde um zehn auflöste. Angela hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen. David war an der Reihe, sein wöchentliches Pokerspiel fand heute bei ihnen zu Hause statt, und sie würde bei dem Lärm bestimmt kein Auge zutun... wenn sie nicht vorher ein selbstverschriebenes Schlafmittel zu sich nahm, in ihrem Fall zwei doppelte Gin Fizz.

Sarah nahm einen Ward 8, dann unterhielten sich die beiden Frauen über die Bridge-Partie. Dabei gelang es ihnen, jeden in der CocktailBar von Polliston anzustecken, darunter auch zwei junge Männer, die in der Nähe ein Bier tranken. Sie waren auf dem Weg nach Kalifornien - genau wie seinerzeit Larry Underwood und sein Freund Rudy Schwartz -, um ihr Glück zu machen. Ein Freund hatte ihnen Arbeit bei einer Umzugsfirma versprochen. Am nächsten Tag brachen sie nach Westen auf und verbreiteten die Krankheit unterwegs.

Kettenbriefe funktionieren nicht. Das ist bekannt. Die Million Dollar, die einem versprochen wird, wenn man nur einen einzigen Dollar an die oberste Adresse schickt, seinen eigenen Namen unten anfügt und den Brief dann an fünf Freunde schickt, trifft nie ein. Dieser, der Captain-Trips -Kettenbrief, funktionierte ausgezeichnet. Die Pyramide wurde nicht vom Fundament aus gebaut, sondern von der Spitze abwärts - und diese Spitze war ein verstorbener Wachmann der Armee namens Charles Campion. Alle Vögel kehrten zum Nisten heim. Aber statt des Briefträgers, der jedem Teilnehmer waschkorbweise Briefumschläge mit Eindollarnoten brachte, kam Captain Trips und brachte den Tod, eine oder zwei Leichen im Schlafzimmer, Massengräber und schließlich Tote, die an jeder Küste ins Meer gekippt wurden, in Steinbrüche und in die Baugruben angefangener Häuser. Und zuletzt verwesten die Leichen einfach dort, wo sie lagen, saßen, lehnten.

Sarah Bradford und Angela Dupray gingen gemeinsam zu ihren geparkten Autos zurück (und steckten unterwegs vier oder fünf Leute an, denen sie auf der Straße begegneten), dann umarmten sie sich und gingen getrennte Wege. Angela ging nach Hause und steckte ihren Mann, seine Pokerfreunde und ihre Teenager-Tochter Samantha an. Ihre Eltern wußten nicht, daß Sarah Sterbensangst hatte, ihr Freund könnte sie mit Tripper angesteckt haben. Was, ganz nebenbei, auch stimmte. Dennoch hatte sie keinen Grund, sich Sorgen zu machen; verglichen mit dem, was ihre Mutter ihr angehängt hatte, war der Tripper ungefähr so ernst wie ein kleines Ekzem an der Braue.

Am nächsten Tag steckte Samantha jeden im Schwimmbad des CVJM von Polliston an.

Und so weiter.

9

Sie fielen nach Einbruch der Dämmerung über ihn her, als er auf der Böschung die US Route 2.7 entlangging, die eine Meile hinter ihm, wo sie durch die Stadt führte, Main Street hieß. Ein oder zwei Meilen weiter hatte er nach Westen auf die 63 abbiegen wollen, die ihn zur Schnellstraße und damit zum Startpunkt seines langen Wegs nach Norden geführt hätte. Vielleicht waren seine Sinne von den zwei Bier, die er gerade getrunken hatte, ein wenig abgestumpft, aber er hatte gewußt, daß etwas nicht stimmte. Eben erinnerte er sich an die vier oder fünf vierschrötigen Einwohner, die am hinteren Ende der Bar gestanden hatten, als sie aus der Deckung sprangen und auf ihn zuliefen.

Nick lieferte einen guten Kampf, brachte einen von ihnen zu Fall und schlug einem anderen die Nase blutig - dem Geräusch nach war sie sogar gebrochen. Einen Augenblick oder zwei wiegte er sich sogar in der Hoffnung, er könnte gewinnen. Die Tatsache, daß er beim Kampf nicht den geringsten Laut von sich gab, entnervte die Angreifer etwas. Sie waren weichlich. Vielleicht hatten sie bei so etwas schon leichtes Spiel gehabt, und sie hatten ganz sicher von dem mageren Jungen mit dem Rucksack keinen ernsten Widerstand erwartet.

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