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Dayna und Susan erzählten während eines späten Frühstücks, bei dem alle niedergeschlagen auf ihren Tellern herumstocherten, ohne daß jemand einen Bissen aß, was sich zugetragen hatte. Patty Kroger, die siebzehn und eine Schönheit war, fügte gelegentlich etwas hinzu. Die namenlose Frau drückte sich in die entfernteste Ecke der Küche des Farmhauses. Shirley Hammett saß am Tisch, verdrückte schale Nabisco-Honigschnitten und murmelte vor sich hin.

Dayna hatte Xenia in Begleitung von Richard Darliss und Dämon Bracknell verlassen. Wie viele andere nach der Supergrippe noch in Xenia gelebt hatten? Sie hatte nur drei gesehen, einen alten Mann, eine Frau und ein kleines Mädchen. Dayna und ihre Freunde fragten das Trio, ob sie mitkommen wollten, aber der alte Mann winkte ab und erzählte etwas von »Geschäften in der Wüste«.

Am 8. Juli litten Dayna, Richard und Dämon unter Alpträumen vom Schwarzen Mann. Schlimmen Alpträumen. Rieh war sogar zur Überzeugung gelangt, daß es den Schwarzen Mann tatsächlich gab, sagte Dayna, und daß er in Kalifornien lebte. Rieh hatte die Vermutung, daß es sich bei diesem Mann um das »Geschäft in der Wüste« handelte, von dem der Alte in Xenia geredet hatte. Dayne und Dämon fürchteten um Richs geistige Gesundheit. Er nannte den Traum-Mann den »Hartgesottenen« und behauptete, daß er eine Armeevon Hartgesottenen um sich versammelte. Er sagte, diese Armee würde bald von Westen aus losziehen und alle noch Lebenden versklaven, zuerst in Amerika, dann im Rest der Welt. Dayna und Dämon unterhielten sich heimlich darüber, ob sie Rieh eines Nachts zurücklassen sollten, denn sie waren zu der Überzeugung gekommen, daß ihre eigenen Alpträume die Folge von Richs beängstigenden Hirngespinsten waren.

In Williamson waren sie um eine Kurve gefahren und hatten einen großen Mülltransporter gesehen, der mitten auf der Straße auf der Seite lag. Daneben parkten ein Kombi und ein Abschleppwagen.

»Wir sind davon ausgegangen, daß es nur ein Unfall von vielen war«, sagte Dayna, die nervös einen Grahamcracker zwischen den Fingern zerkrümelte, »und genau das solltenwir natürlich auch denken.«

Sie stiegen von den Motorrädern ab, um sie um den Laster herumzuschieben, und da eröffneten die vier Hartgesottenen - um Richs Ausdruck zu verwenden - das Feuer aus dem Straßengraben. Sie hatten Rieh und Dämon getötet und sie, Dayna, ihrer Gruppe einverleibt, die sie manchmal den »Zoo« und manchmal den »Harem« nannten. Dayna war bereits die vierte Frau im »Harem«. Einer der drei anderen war Shirley Hammett, die damals noch fast normal gewesen war, obwohl sie wiederholt vergewaltigt worden war, auch anal, und man gezwungen hatte, bei allen vier Fellatio auszuführen. »Einmal«, sagte Dayne, »als sie sich mal in die Hosen geschissen hat, weil sich keiner der Kerle bequemte, mit ihr in die Büsche zu gehen, hat Ronnie ihr den Hintern mit einem Stück Stacheldraht abgewischt. Sie hat drei Tage lang aus dem After geblutet.«

»Jesus Christus«, sagte Stu. »Welcher war das?«

»Der Mann mit der Schrotflinte«, sagte Patty Kroger. »Dem ich den Schädel eingeschlagen habe. Ich wünschte, er würde hier vor mir liegen, damit ich es noch einmal machen kann.«

Den Mann mit dem sandfarbenen Bart und der Sonnenbrille hatten sie nur als »Doc« gekannt. Er und Virge gehörten zu einer Armeeinheit, die nach Akron geschickt worden war, als die Grippe ausbrach. Ihre Aufgabe war »Medienkontakt« gewesen, bei der Armee ein anderes Wort für »Medienunterdrückung«. Als sie diese Aufgabe einigermaßen im Griff hatten, waren sie der »Massenkontrolle« zugeteilt worden, ein Armeeausdruck für die Erschließung fliehender und das Hängen gefaßter Plünderer. Am 2.7. Juni, hatte Doc ihnen gesagt, wies die Befehlskette mehr Löcher als Glieder auf. Viele der eigenen Männer waren so krank, daß sie keinen Dienst mehr tun konnten, aber das spielte zu diesem Zeitpunkt schon keine Rolle mehr, da die Einwohner von Akron zu schwach waren, Nachrichten zu lesen oder zu schreiben, ganz zu schweigen davon, Banken und Juweliere zu überfallen. Am 30. Juni gab es die Einheit nicht mehr - ihre Mitglieder waren tot, lagen im Sterben oder waren in alle Winde zerstreut. Doc und Virge waren gewissermaßen die einzigen in alle Winde Zerstreuten, und da hatten sie ihr neues Leben als Zoowärter angefangen. Garvey war am 1. Juli dazugestoßen, Ronnie am 3. An diesem Punkt hatten sie keine neuen Mitglieder mehr in ihrem seltsamen kleinen Klub aufgenommen.

»Aber nach einer Weile müssen sie, die Gefangenen, doch in der Überzahl gewesen sein«, sagte Glen.

Unerwarteterweise antwortete Shirley Hammett darauf.

»Tabletten«, sagte sie und sah die anderen mit ihren ängstlichen Mausaugen unter den grauen Brauen hervor an. »Jeden Morgen Tabletten zum Aufstehen und jeden Abend Tabletten zum Hinlegen. Rauf und runter.« Ihre Stimme wurde immer leiser, das letzte war kaum zu hören. Sie machte eine Pause, dann fing sie wieder an zu murmeln.

Susan Stern nahm den Faden der Geschichte auf. Sie und eine der toten Frauen, Kachel Carmody, waren am 17. Juni außerhalb von Columbus aufgegriffen worden. Da reiste die Gruppe schon in einem Konvoi, der aus zwei Kombis und dem Abschleppwagen bestand. Mit dem Abschleppwagen räumten die Männer liegengebliebene Fahrzeuge aus dem Weg oder sperrten den Highway ab, je nachdem, was für Gelegenheiten sich boten. Doc führte die Hausapotheke in einem übergroßen Beutel am Gürtel mit sich. Starke Betäubungsmittel zum Schlafen; Beruhigungsmittel für die Reise; rote Pillen zum Aufmuntern.

»Ich stand morgens auf, wurde zwei- oder dreimal vergewaltigt und wartete nur darauf, daß Doc die Pillen verteilte«, sagte Susan nüchtern. »Die Tagespillen meine ich. Am dritten Tag hatte ich Abschürfungen an der... nun, Sie wissen schon, an der Vagina, und jede Art von normalem Verkehr war äußerst schmerzhaft. Ich hoffte auf Ronnie, denn Ronnie wollte immer nur einen geblasen bekommen. Aber nach den Pillen wurde man ganz ruhig. Nicht schläfrig, nur ruhig. Wenn man ein paar von diesen blauen Pillen geschmissen hatte, war einem alles scheißegal. Man wollte nur noch mit den Händen im Schoß dasitzen und zusehen, wie sie mit dem Abschleppwagen ein Hindernis aus dem Weg räumten. Eines Tages wurde Garvey wütend, weil ein Mädchen, sie konnte nicht älter als zwölf gewesen sein, sie wollte nicht... ich werde es Ihnen nicht erzählen. So schlimm war es. Garvey hat ihr einfach den Kopf weggepustet. Es war mir einerlei. Ich war nur... ruhig. Nach einer Weile dachte man fast nicht mehr an Flucht. Diese blauen Tabletten waren wichtiger als die Flucht.«

Dayna und Patty Kroger nickten.

Aber den Kerlen schien klarzusein, daß zwölf Frauen ihre Leistungsgrenze waren, sagte Patty. Als sie Patty am 22. Juli in ihren »Zoo« nahmen, nachdem sie den etwa fünfzigjährigen Mann, mit dem sie reiste, ermordet hatten, töteten sie eine sehr alte Frau, die etwa eine Woche Mitglied des »Zoo« gewesen war. Als das namenlose Mädchen in der Nähe von Archbold aufgegriffen wurde, hatten sie ein sechzehnjähriges Mädchen erschossen und im Straßengraben liegenlassen, weil es schielte. »Doc hat Witze darüber gemacht«, sagte Patty. »Er sagte immer: >Ich gehe nicht unter Leitern durch, ich laufe keiner schwarzen Katze über den Weg, und ich dulde keine dreizehn Frauen in meinem Zoo.<«

Am 29. hatten sie Stu und die anderen zum ersten Mal gesehen. Der Zoo hatte an einem Rastplatz an der Interstate gelagert, als die vier vorbeigefahren waren.

»Garvey war sehr angetan von Ihnen«, sagte Susan und nickte Frannie zu. Frannie erschauerte.

Dayna beugte sich näher zu ihnen und sagte: »Und die Kerle haben uns deutlich zu verstehen gegeben, wessen Platz Sie einnehmen sollten.« Sie nickte fast unmerklich zu Shirley Hammett, die immer noch murmelte und Grahamcracker aß.

»Die arme Frau«, sagte Frannie.

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