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Er sagte:»Signal an alle: > Auf geeignete Positionen zur gegenseitigen Unterstützung gehen. Einen Gegner nach dem anderen angrei-fen

Flaggen schleiften über das Deck, als eine Kanonenkugel durch die Gruppe der eifrig tätigen Signalgasten fegte, doch trotz des Schrek-kens und der Schmerzensschreie stiegen die Signale ohne Verzögerung hoch bis unter die Rah. Bolitho war zwar sicher, daß sie kaum nötig waren. Seine Kommandanten wußten von selber, was in dieser Lage zu tun war, und würden ihr Bestes geben. Doch wenn die Flaggen über dem alles umhüllenden Pulverqualm auswehten, war das ein Zeichen, daß sie immer noch ein Verband waren, mit einem Kopf, der sie führte.

Bolitho sah traurig auf einen schluchzenden Matrosen, der an ihm vorbeihumpelte.

Herrick meldete: «Indomitable ist in Schwierigkeiten, Sir. Ihr Be-sanmast ging gerade über Bord.»

Grubb sagte:»Aye, aber die alte Nicator setzt mehr Segel, um ihr zu helfen.»

«Alle haben >verstanden< gezeigt, Sir. «Browne schaute auf die Blutflecken an seiner Hose, die er erst jetzt bemerkte.»Zum Teufel auch!»

Bolitho sah gebannt auf Ropars' Flaggschiff. Es war jetzt weniger als eine halbe Kabellänge entfernt, nahm Segel weg, und auf seiner Laufbrücke sammelten sich Bewaffnete, während die Steuerbordgeschütze mit verminderter Geschwindigkeit weiterfeuerten.

Herrick schrie:»Sie wollen uns entern, Sir!»

Bolitho blickte zu den schlaff hängenden Segeln der Benbow empor. Ropars' Kommandant war ein gewiefter Seemann. Er nahm ihnen den Wind aus den Segeln und damit jede Manövrierfähigkeit, bevor er zum endgültigen Knockout ausholte.

Wolfe brüllte:»Klar zur Abwehr von Enterkommandos!»

Über ihnen der scharfe Abschußknall einer Drehbasse, und dann ein Hagel von Kartätschenkugeln, der eine blutige Schneise durch die dicht gedrängt stehenden französischen Seeleute und Soldaten schlug.

Die gespannten Gesichter der sich duckenden Geschützbedienungen leuchteten plötzlich grellrot auf, und Sekunden später schüttelte eine gewaltige Explosion die ineinander verbissenen Schiffe wie Spielzeugboote im Sturm.

Rauchende Trümmerstücke fielen zischend rundherum vom Himmel. Bolitho wußte sofort, daß es die Loire war, auf der während des Gefechts unbemerkt Feuer ausgebrochen war. Jetzt war ihr Pulvermagazin explodiert.

Männer rannten mit Wassereimern achteraus, um — vom Bootsmann angetrieben — die auf ihr Schiff herabfallenden Funken und brennenden Holzteile zu löschen.

«VonIndomitable, Sir: >Bitte um Unterstützung

Bolitho blickte seinen Flaggleutnant an, sah aber nur Kapitän Ke-verne — den Kommandanten der Indomitable — vor sich. Er schüttelte den Kopf.»Geht nicht. Wir müssen zusammenbleiben.»

Browne beobachtete ihn neugierig und nickte dann seinem Signalgasten zu.

«Zeigen Sie >Verstanden

Die Indomitable wurde von den beiden Schiffen angegriffen, die am Ende des gegnerischen Geschwaders gestanden hatten. Behindert durch einen gebrochenen Mast und die über Bord hängende Takelage, fiel sie langsam zurück, während Nicator und Odin ihrem Flaggschiff hinterherjagten, mehr Segel s etzten und aus allen Rohren schossen.

Auch Ropars' Flaggschiff setzte eine Menge Signale, und Bolitho nahm an, daß die meisten davon für die beiden Fregatten und den Transporter bestimmt waren. Er wollte sicher alles tun, um zu verhindern, daß der Transporter schwer beschädigt wurde oder seine Ladung — seien es Truppen oder was auch immer — in die Hände des Feindes fiel.

Bolitho brüllte heiser:»Haltet durch, Jungs! Gleich geht's ums Ganze!«Er packte Herricks Arm.»Feuern Sie unsere Leute an, Thomas! Schicken Sie welche auf die Laufbrücke, als ob Sie den Feind entern wollten!»

Herrick starrte ihn an.»Ich werd's versuchen, Sir.»

Bolitho riß seinen goldverbrämten Hut herunter und schwenkte ihn über dem Kopf.»Ein Hurra, Leute!«Mit langen Schritten lief er die Backbordlaufbrücke entlang, über die glühendheißen Kanonen hinweg, vorbei an den zerfetzten Hängematten und Schutznetzen.»Hurra, Jungs! Zeigt ihnen, was wir noch draufhaben!»

Auch der Dümmste an Bord der Benbow hatte wohl erkannt, daß sie vom französischen Admiral ausgetrickst und ausmanövriert worden waren. Wenn sie jetzt den Kopf verloren, waren sie erledigt. Die Ben-bow würde in die Hände des Feindes fallen und eines Tages in einer französischen Schlachtlinie segeln.

Der Gedanke war zu schrecklich, um ihn auszuspinnen. Bolitho achtete weder auf Herricks Entsetzen noch auf Alldays besorgte Miene, mit der er ihm auf die ungeschützte Laufbrücke folgte.

Aber die Männer der Benbow reagierten. Obwohl weitere Treffer in die Bordwand einschlugen oder Teile der Takelage wie mit einer unsichtbaren Sichel abmähten, traten sie von ihren Kanonen zurück, riefen Hurra, umarmten einander und kletterten zu Bolitho auf die Laufbrücke hinauf.

Die verminderten Geschützbedienungen aber beeilten sich, neu zu laden, angetrieben durch Spekes ungebrochene Energie, der laut kommandierte:»Volle Breitseite! Fertig!»

Bolitho griff in die Netze und starrte auf das Wasser, das neben ihm hochspritzte. Es mußte bald zu Ende sein.

Das starre Lächeln auf seinen Zügen tat ihm beinahe weh; nur undeutlich und verzerrt hörte er die Stimmen der Matrosen um sich herum, die dem Feind Flüche und Beschimpfungen entgegenschrien: wie bedrängte Bluthunde, die nur noch töten wollten, und koste es ihr eigenes Leben.

«Breitseite: Feuer!»

Der Rückstoß der gemeinsam feuernden Batterie warf Bolitho beinahe um, und als er sich umschaute, meinte er auf einem einsamen Steg zu stehen, denn der Pulverqualm, der vom Batteriedeck und an der Bordwand aus allen Stückpforten hochgestiegen war, hatte das Schiff völlig eingehüllt.

Irgendwo schmetterte plötzlich eine Trompete mit dringlichem Ton, und Bolitho mochte seinen Augen kaum trauen, als er bemerkte, daß Ropars' Schiff abdrehte. Seine Besanstange war verschwunden, und aus ihren Geschützpforten und sonstigen Löchern in der Bordwand drang Rauch. Er sah auch Flammen und Leute, die mit Wassereimern herbeieilten, um das Feuer, ihren schlimmsten Feind, zu bekämpfen.

Allday schrie begeistert:»Die Frösche kneifen, Sir! Wir haben's ihnen gegeben!»

Männer jubelten trotz der Kugeln, die noch über ihre Köpfe hinwegpfiffen.

Bolitho registrierte das alles im Unterbewußtsein, aber die Wirklichkeit war stärker. Bald würde es zu dunkel sein, um den Feind zu verfolgen, wenn seine hart mitgenommenen Schiffe dazu überhaupt noch imstande waren. Ropars würde ebenfalls nicht in der Lage sein, sich erneut zu einem geordneten Kampf zu stellen. Ihm war bestimmt am meisten daran gelegen, so vollzählig wie möglich davonzukommen.

Pascoe kam eilig die Laufbrücke entlang. In seinem Gesicht standen noch die Spuren der Überanstrengung, irgendwie wirkte es wehrlos.

Bolitho wandte sich zu ihm um — und zuckte im selben Augenblick schmerzhaft zusammen. Irgend etwas war hart gegen seinen Oberschenkel geschlagen. Einen Augenblick glaubte er, jemand hätte ihn getreten oder ihn in der Begeisterung über ihren Sieg mit einer Muskete oder einem Spieß gestoßen. Als er dann aber den großen Blutfleck erblickte, der sich schnell über das ganze Bein ausbreitete, überfiel ihn gleichzeitig ein wilder Schmerz, als habe ihn glühend heißes Eisen gebrannt.

Bolitho konnte nicht mehr klar denken. Er hörte sich selber aufschreien, als sein Gesicht die Decksplanken berührte, und ihm war, als fiele er in grenzenlose Tiefen, obwohl sein Körper bewegungslos auf der Laufbrücke lag.

Dann meinte er, Herrick von weither schreien zu hören, und auch Allday, der seinen Namen rief. Pascoe war bei ihm, schaute auf ihn herab und strich ihm die Haare aus dem Gesicht, bevor ihn völlige Dunkelheit umfing und ihm zeitweises Vergessen bescherte.

Bolitho drehte den Kopf nach rechts und links, doch das einzige, was er wahrnahm, waren schreckliche Schreie, von denen er einen Augenblick glaubte, sie kämen aus seiner eigenen Kehle. Alles war dunkel, bis auf einige schwankende Lichtpunkte und verwischte Farben.

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