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«Ich gehe am besten wieder an Bord, Sir«, mischte sich Calvert ein; aber er schien nicht sehr glücklich über diese Aussicht.

Keverne ignorierte ihn.»Was sollen wir tun, Sir?«Er schritt zum Fenster und spähte durch die Jalousien.»Das kommt mir alles so hoffnungslos vor.»

Bolitho dachte an Draffen, an seine Lügen und Täuschungen, und wieder pulste ihm das Blut schmerzhaft in der Schulter. Dort draußen war Broughton an Bord seines Flaggschiffs der Gefangene seiner Zweifel und trüben Ahnungen. Wenn sein Stolz es ihm nicht erlaubte, Bolitho oder jemand anderen um Rat zu fragen — um so schlimmer für ihn. Bolitho konnte ihn seines Stolzes wegen bewundern, aber mit seiner immer wieder durchbrechenden Sturheit konnte er sich nicht abfinden.

Hauptmann Giffard erschien keuchend im Türrahmen, das Gesicht ebenso rot wie sein Uniformrock.

«Die Restless rundet soeben die Landzunge, Sir!»

Wieder stützte sich Bolitho mühsam auf den Ellbogen, ungeachtet seiner Schmerzen.

«Signalisieren Sie, daß der Kommandant sich schnellstens bei mir melden soll!«Er sah Giffard bedeutsam in die Augen.»Bei mir, verstanden?»

Als Giffard draußen war, fuhr er fort:»Gehen Sie wieder an Bord, Mr. Keverne, und bestellen Sie Sir Lucius mit allem Respekt, ich käme bald wieder an Bord. «Er sah, wie Allday den anderen rasche Blicke zuwarf.»Sehr bald. Sagen Sie ihm das!«Und zu Calvert gewandt:»Sir Lucius hatte angeordnet, daß Sie an Land Dienst machen. Sie bleiben also hier. «Er sah Calverts dankbare Erleichterung und schloß:»Jetzt gehen Sie und halten Sie Ausschau nach der Restless!»

Als sie wieder allein waren, sagte er:»Ich weiß schon, was Sie sagen wollen, Mrs. Pareja — Kate«, verbesserte er lächelnd.

«Warum sind Sie dann so widerspenstig?«Sie war plötzlich errötet, und ihr Atem ging schneller.

«Weil ich jetzt dort gebraucht werde. Allday — Sie müssen mich rasieren, und ich brauche ein neues Hemd. Und zwar gleich!««betonte er, denn Allday machte wieder seine starrköpfige Miene.

«Es ist doch merkwürdig«, fuhr er fort, als Allday gegangen war,»daß ich jetzt klarer denken kann als vorher.»

«Weil Sie so viel Blut verloren haben. «Sie seufzte.»Aber wenn Sie müssen, dann müssen Sie eben, nehme ich an. Männer sind nun mal für den Krieg geschaffen, und Sie sind keine Ausnahme.»

Sie kam ans Bett und stützte seine Schultern, bis er in sitzender Stellung war.

«Was wird aus Ihnen, wenn hier alles vorbei ist?«fragte er nachdenklich.

«Nach Spanien gehe ich nicht zurück. Ohne Luis wäre ich dort wieder eine Fremde. Vielleicht fahre ich nach London. «Sie lächelte nachdenklich.»Ich habe meine Juwelen, viel mehr als seinerzeit in London. «Aus ihrem Lächeln wurde ein Kichern.»Sie könnten mich doch mal in London besuchen, hm? Wenn Sie hinkommen, um eine neue Beförderung in Empfang zu nehmen, Captain.»

Doch als er sie ansah, merkte er, daß sich hinter ihrem Lächeln mehr als nur Neckerei verbarg. Eine ernstgemeinte Aufforderung oder sogar eine dringende Bitte? Schwer zu sagen.

Er lehnte sich vertrauensvoll an sie.»Das tue ich bestimmt. Glauben Sie mir.»

Allday legte eben letzte Hand an Bolithos Hemd und Halsbinde, als Kommander Samuel Poate von der Restless ins Zimmer trat. Er war klein, rosig und, wie Bolitho fand, auch so aggressiv und munter wie ein junges Schweinchen. Wie er so dastand, den Hut vorschriftsmäßig unterm Arm, seine Stupsnase zuckend vor Wichtigtuerei und unterdrücktem Zorn, war die Ähnlichkeit unverkennbar.

«Ihren Bericht, Commander!«befahl Bolitho kurz.»Und zwar rasch. Ich habe so ein Gefühl, daß es bald losgehen wird.»

Poate hatte eine so kurze, abgehackte Sprechweise wie ein Zeuge vorm Kriegsgericht, der weder Worte noch Zeit verschwenden will.

«Setzte Sir Hugo Draffen und Gefangenen an Land, wartete dann draußen auf See auf Signal, Sir. Kam aber nichts. Wind setzte aus, mußte ankern, wäre sonst auf Grund getrieben. Hörten Explosionen, mußte Angriff auf Djafou sein, aber von wem und wie — keine Ahnung. Immer noch nichts von Sir Hugo zu sehen; als wieder Wind aufkam, kreuzte ich hinaus und fuhr Patrouille vor der Küste.»

«Warum haben Sie den Gefangenen mit an Land gehen lassen?»

«Befehl von Sir Hugo, Sir. Konnte nichts machen. Sagte, er wäre eine Geisel. Hab das zwar nicht richtig begriffen, hatte aber auch zu viel zu tun, um lange darüber nachzudenken. «Kalt glitzerten seine Augen, als er jetzt weiter berichtete:»Haben aber am Strand einen Mann winken sehen, setzte ein Boot ab — war einer von Ihren Matrosen, Sir. Überlebender von der Abteilung Calvert. War ganz durcheinander vor Angst, dachte, der Kerl wäre verrückt. Hat später zugegeben, daß er den Flaggleutnant und einen Midshipman bei Überfall durch Berber verlassen hat; ist weggelaufen. Hat sich stundenlang versteckt, schließlich Höhle im Berg gefunden.»

Ganz vorsichtig und mit Alldays Hilfe stand Bolitho auf.

Poate fuhr fort:»Von der Höhle aus will er gesehen haben, wie Wi-trand erst gefoltert und dann geköpft wurde. Weiß allerdings nicht, was davon stimmt.»

«Es stimmt, Commander.»

«Hat außerdem noch gesagt, als er von seinem Versteck aus diesen

Mord beobachtete, hätte er auch Sir Hugo gesehen. «Er holte tief Atem.»Ein Matrose könnte sich kaum so eine Geschichte ausdenken. Er will tatsächlich beobachtet haben, daß Draffen mit den Berbern sprach, die den Gefangenen folterten!»

«Aha. «Er sah auf — Poate hatte anscheinend noch mehr zu sagen.

«Habe inzwischen erfahren, daß Sie verwundet und andere getötet wurden, weil Ihnen Unterstützung der Restless fehlte, Sir. War aber so wütend und empört über diese Geschichte, daß ich weiter längs der Küste fuhr und schließlich, mit Glück und Gottes Hilfe, auf eine kleine Dhau stieß.»

«Mit Draffen?«Bolitho kochte das Blut in den Adern.

Poate nickte.»Habe ihn unten, Sir. Unter Bewachung.»

«Bringen Sie ihn her!«Er blickte zum Fenster hin und horchte auf den Wind, der leise in den Jalousien sang.»Sie haben sich sehr richtig verhalten. Wahrscheinlich weiß noch niemand, wie bedeutungsvoll das unter Umständen werden kann.»

Draußen im Flur gab Poate seine Befehle.»Lassen Sie mich allein, Kate. Und Sie mich auch, Allday. «Er lächelte über ihre Betroffenheit.»Keine Angst, ich werde schon nicht mit dem Arm herumfuchteln.»

Als er allein war, stützte er sich auf die Sessellehne und bewegte vorsichtig den Arm in der provisorischen Schlinge.

Als Draffen zusammen mit Poate und Calvert eintrat, verriet er weder Angst noch Unsicherheit. Gelassen sagte er:»Vielleicht sind Sie so freundlich, mich zum Admiral zu bringen. Ich habe keine Lust, mich von diesen Leuten so behandeln zu lassen.»

«Sie sind unter Arrest«, stotterte Calvert.

Draffen fuhr herum und sah ihn kalt und verächtlich an.»Still, Sie junger Laffe!»

Ohne Umschweife kam Bolitho zur Sache:»Sie wollten Djafou für Ihre eigennützigen Zwecke zurückerobern lassen, Sir Hugo. Es hat keinen Zweck, wenn Sie leugnen. «Merkwürdig, daß er so ruhig sprechen konnte, obwohl er diesen Mann zutiefst verabscheute.»Ganz gleich, wie es hier ausgeht, Sie werden vor ein Kriegsgericht gestellt.»

Draffen starrte ihn an und lachte dann laut auf.»Mein Gott, Captain, in was für einer Welt leben Sie eigentlich?»

«In unserer Welt, Sir Hugo. Was wir hier in Djafou gefunden haben, dürfte reichen, Ihnen die Unschuldsmaske herunterzureißen.»

Draffen breitete die Hände aus.»Sklaverei ist eine Tatsache, Cap-tain, ganz gleich, was die Stimme der Öffentlichkeit dazu sagt. Und wo Nachfrage besteht, muß ein Angebot her. Es gibt Leute in London, denen ein gesunder Sklave mehr wert ist als eine ganze Bootsladung Ihrer Matrosen, die in der Schlacht gefallen sind, das können Sie mir glauben! Lernen Sie Ihre Lektion, wie ich sie gelernt habe. Gesetz und Recht gelten nur für Leute, die sie auch bezahlen können!»

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