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«Aye, Sir.»

Bolitho winkte dem Signal-Midshipman und konnte dabei Brough-tons Ungeduld fast physisch in seinem Rücken spüren. Erst gestern hatte er die andere Fregatte, die Coquette, mit Höchstgeschwindigkeit nach Gibraltar vorausgeschickt, um nachzufragen, ob sich an den Plänen für sein Geschwader etwas geändert hatte. Die Auriga stand weit draußen in Luv, und die kleine Korvette Restless jagte vor dem Winde herum und spürte nach französischen und spanischen Fischerbooten, um vielleicht von diesen Informationen zu erhalten. Die Reserven des Admirals waren also ziemlich beschränkt.

«Die Auriga hat bestätigt, Sir«, meldete der Midshipman.

Bolitho konnte sich lebhaft vorstellen, was an Deck der Fregatte vorging, nachdem das Signal abgelesen worden war, vermutlich von einem Midshipman wie Tothill, auf schwankendem Sitz hoch über der See. Und auch was Brice jetzt dachte, konnte er sich gut vorstellen: diese Chance, seine Position beim Admiral und im ganzen Geschwader zu verbessern, durfte er auf keinen Fall verpassen. Und mochte der Himmel jedem armen Teufel helfen, der bei einer solchen Gelegenheit unangenehm auffiel!

Bolitho nahm das große Teleskop und kletterte in die Luvwanten. Neben dem Midshipman stehend, richtete er es auf die Kimm. Die Fregatte sprang ins Blickfeld, ihre Marssegel füllten sich bereits, sie ging über Stag und flog auf das fremde Schiff zu. Er konnte sich vorstellen, wie das Sprühwasser über ihren Bug zischte, die Blöcke und Fallen knirschten, mehr und mehr Leinwand an den Rahen auswehte, um den Wind zu fangen und noch mehr Fahrt zu machen.

Bei solchen Gelegenheiten konnte man leicht vergessen, daß es Menschen wie Brice gab, dachte Bolitho flüchtig. Wie sie dort am Winde lag, bis an die Lee-Stückpforten im Gischt, war die Auriga ein wunderschönes Schiff, etwas Lebendiges, Vitales. Er wandte sich wieder an Deck und fragte:»Verfolgung aufnehmen, Sir?»

Eine erregende Sekunde lang verstanden sie einander. Er sah, wie Broughton die Zähne zusammenbiß, wie seine Augen glänzten.

«Ja. «Er trat beiseite, als Bolitho ein Handzeichen an Keverne gab.»Aber alle Schiffe sollen auf jeden Fall ihre Positionen einhalten. Sorgen Sie dafür!»

Kaum waren die Signalflaggen zur Rah hochgestiegen und ausgeweht, kamen auch schon, von allen Schiffen gleichzeitig, die Bestätigungen. Jeder Kommandant mußte darauf gewartet haben, mußte gebetet haben, daß diese monotone, Ungewisse Aufpasserei, mit der sie sich seit Falmouth herumquälten, ein Ende fand.

Hoch oben kam immer mehr Leinwand hinzu; sie donnerte und brauste, die Rahen spannten sich wie Bögen unter der Faust der Schützen, als würden sie von den Masten gerissen. Das Schiff krängte stärker, die hin und her eilenden Männer liefen im schrägen Winkel zu den Decksplanken, es sah ganz unwirklich aus. Und immer mehr, immer härter füllten sich die Segel mit Wind.

Die Stückpforten des untersten Decks mußten vollständig unter der Wasserlinie liegen; Bolitho konnte bereits die Pumpen janken hören, denn das Wasser drückte mit vermehrter Kraft gegen den Schiffsrumpf.

Aber sie kamen schon dicht an den nächsten Vierundsiebziger heran, und durch das Kreuzmuster der Stagen und Pardunen konnte Bo-litho die Offiziere auf dem Achterdeck der Tanais sehen, die zum Flaggschiff herüberspähten.

«Signalisieren Sie der Tanais, sie soll mehr Segel setzen, verdammt!«sagte Broughton gereizt und schritt zur anderen Deckseite hinüber.

«Wenn sie das macht«, murmelte Partridge hinter ihm her,»dann reißt sie sich bei Gott die Masten aus.»

«Mr. Tothill«, rief Bolitho,»hinauf mit Ihnen in den Masttopp, aber fix! Ich brauche heute ein paar gute Augen da oben!»

Absichtlich langsam ging er in Luv auf und ab, wütend darüber, daß das Geschwader trotz allem so schwer vorankam. Er versuchte sich vorzustellen, was das fremde Schiff tun würde.

«An Deck!«kam Tothills schrille Stimme vom Masttopp.»Signal von der Zeus: >Feind in Sicht! Fregatte auf Ostkurs!<»

Keverne rieb sich die Hände.»Die will nach Vigo, das ist gar keine Frage. «Er sah ungewöhnlich gespannt aus. Wahrscheinlich, dachte Bolitho, stellt er sich vor, wie es wäre, wenn er und nicht Brice die Auriga kommandieren würde.

«Es ist durchaus möglich, daß wir ihr den Weg abschneiden können, Mr. Keverne«, erwiderte er.

Brice hatte den Wind beinahe unter den Rockschößen und flog fast wie ein Vogel quer über den Kurs der langsameren, gewichtigen Linienschiffe des Geschwaders. Der Franzose konnte entweder versuchen, noch schneller zu sein als Brice, oder er konnte über Stag gehen; aber das würde ihn wertvolle Zeit kosten, denn er mußte ja nachher wieder Seeraum gewinnen. Im letzteren Falle konnten sogar die Linienschiffe Gelegenheit bekommen.

Er fuhr herum, denn Broughton schimpfte:»Die verdammte Valo-rous! Jetzt fällt sie auch noch zurück!«Er warf sein Teleskop einem

Matrosen zu.

Sofort stieg ein Signal an den Rahen der Euryalus hoch: > Setzen Sie mehr Segel!«Aber noch während die Valorous bestätigte, sah Bolitho, daß sich ihr Vorbramsegel löste und wie Papier im Wind zerplatzte.

«Soll ich der Zeus signalisieren, daß sie allein die Verfolgung aufnimmt, Sir?«fragte Bolitho.»Sie hat einen guten Vorsprung. «Aber als er sah, wie Broughton die Lippen zusammenpreßte, wußte er schon die Antwort und fügte noch rasch hinzu:»Der Franzose kann der Auriga immer noch entwischen.»

«Nein. «Ein Wort nur, ohne jedes Zeichen von Enttäuschung oder Ärger.

Bolitho wandte sich ab. Der Franzose würde sich wundern, daß das Geschwader seine Marschformation nicht änderte. Er lag irgendwo direkt vor den Verfolgern und machte schnelle Fahrt; die hohe Segelpyramide der Zeus verdeckte ihn. Aber die Auriga kam jetzt auf, sie flog vorm Wind unter aller verfügbaren Leinwand direkt auf den Feind zu. Als sie sich auf einen Wellenkamm hob, konnte Bolitho die Sonne auf dem Kupferbeschlag des schlanken Rumpfes blinken sehen.

Jetzt schor die Zeus etwas aus. Bolitho hielt den Atem an, weil dadurch die französische Fregatte besser in Sicht kam, etwa fünf Meilen voraus. Kaum zu glauben, daß sie so schnell auf konvergierenden Kurs gekommen war. Die Auriga mußte etwa drei Meilen weit weg sein, sie hatte die französische Fregatte bereits überholt. Bolitho versuchte, mit klarem Kopf zu überlegen, was er in der Situation des Feindes tun würde. Den Kurs ändern oder auf das Land zuhalten, das hinter dieser täuschenden Kimm verborgen lag? Ausgeschlossen, daß der Franzose jetzt noch der Auriga entwischen konnte. Wenn er es versuchte, würde er fast sicher einer britischen Patrouille vor der portugiesischen Küste vor die Kanonen laufen. Vigo war die letzte sichere Zuflucht. Aber vielleicht war er bereit, zu wenden und zu kämpfen.

«Signal an alle!«sagte Broughton.»>Segel kürzen, vorgeschriebene Stationen wieder einnehmen«. «Er war wieder ganz gelassen, fast gleichgültig.»Die Auriga kann sich jetzt den Franzosen allein vornehmen.»

Als das Signal abgesetzt war und von einem Schiff zum anderen weitergegeben wurde, konnte Bolitho die Enttäuschung ringsum fast körperlich fühlen: vier kampfstarke Schiffe, aber wegen Broughtons sturem Plan so ohnmächtig wie Kauffahrer!

Ein dumpfes Krachen rollte über die See, eine braune Rauchwolke driftete auf den Franzosen zu. Brice hatte einen Schuß zum Abschätzen der Entfernung abgefeuert, aber Bolitho konnte den Einschlag nicht sehen.

Alle Teleskope waren in Benutzung. Heiser sagte Keverne:»Der Frog fährt eine Halse! Bei Gott — sehen Sie bloß!»

Der französische Kommandant hatte die Zeit sehr schlecht abgepaßt und versuchte verzweifelt, am Bug der Auriga vorbeizukommen. Er tat Bolitho beinahe leid. Jetzt war das nackte Unterwasserschiff zu sehen. Die Sonne tanzte auf den steifen Segeln, als die Rahen herumschwangen, bis die Fregatte ihr eigenes Kielwasser kreuzte. Eine volle Salve hatte über das wirbelnde Wasser, und Bolitho wartete darauf, Brices erste Breitseite in den Rumpf des Franzosen schmettern zu hören, denn Brice hatte seine Position und den Windvorteil genutzt, um die Halse des Franzosen nachzufahren.

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