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Die Kelgianerin wickelte sich zu einem noch engeren S zusammen, so daß das untere Bettende frei war, dann drehte sie den kegelförmigen Kopf und den Oberkörper zur Seite, bis ihre kurzen Arme über der Spielfläche baumelten. Bowab, Horrantor und Hewlitt waren bereits startklar, als die Tralthanerin sagte:

»Da hinten kommt Leethveeschi auf uns zugesteuert. Was kann sie denn um diese Tageszeit von uns wollen. Ist bei einem von Ihnen die Medikamenteneinnahme fällig?«

»Guten Tag, Patient Hewlitt«, begrüßte ihn die Oberschwester und blieb dabei so stehen, daß sie ihn durch die Spalte zwischen Horrantor und Bowab hindurch ansehen konnte. »Ich freue mich, daß Sie mit anderen Patienten Bekanntschaft geschlossen haben und gemeinsam mit ihnen Karten spielen. Lieutenant Braithwaite wird bestimmt auch sehr zufrieden sein, wenn er davon hört.

Trotzdem muß ich Sie auf eine Krankenhausregelung hinweisen, die sich auf diverse Gruppen- oder Freitzeitaktivitäten bezieht«, fuhr sie fort. »Spiele dürfen nur der geistigen Übung oder auch Zerstreuung dienen und nicht der persönlichen Bereicherung. Auf keinen Fall darf um Geld, um Föderationswährung oder Schuldscheine irgendwelcher Art gespieltwerden. Sie befinden sich hier inmitten einer Horde zivilisierter Raubtiere, Patient Hewlitt, und der Gedanke, der mir dazu automatisch einfällt, wird wohl am besten durch die terrestrische Redensart ›ein Schaf unter Wölfen sein‹ beschrieben. Bitte versuchen Sie also nicht, sich beim Spielen zu sehr aufzuregen, weil Ihr Sensorenmeßgerät sonst womöglich einen klinischen Notfall meldet. Ach so, diese Dinger hier könnten Sie vielleicht zum Spielen gebrauchen…«

Eine grüne, formlose Hand wühlte in einer Tasche, die an der Außenfläche von Leethveeschis Schutzhülle angebracht war, und zog eine kleine Plastikschachtel heraus, die sie direkt neben Hewlitt aufs Bett warf.

»… sie werden von Ihrer Spezies unter anderem dazu benutzt, um zwischen den Zahnlücken haftende Essensreste zu entfernen. Bestimmt finden Sie eine andere Verwendung dafür. Viel Glück.«

Nachdem die Oberschwester gegangen war, fand Bowab als erster seine Stimme wieder.

»Eine ganze Schachtel mit Zahnstochern!« rief er. »Wir drei mußten uns eine halbe Schachtel teilen. Hewlitt, Sie sind ein Millionär!«

11. Kapitel

Scremman war gar nicht so kompliziert, wie Hewlitt zunächst befürchtet hatte, obwohl es sich um ein Spiel mit fünfundsiebzig Karten und fünf Farben handelte; jeweils fünfzehn Karten pro Farbe mit individuellen Symbolen – blaue Halbmonde, rote Speere, gelbe Schutzschilde, schwarze Schlangen und grüne Bäume. Die höchsten Karten waren die ›Herrscherin‹ oder der ›Herrscher‹, der jeweilige ›Ehepartner‹ sowie der ›Erbe‹, gefolgt von den Karten zwölf bis eins. Im Gegensatz zu den terrestrischen Spielen, wo das As seines Wissens immer die höchste Karte war, war die Eins - die ›Arme‹, wie sie genannt wurde – die niedrigste. Wenn man allerdings gleichzeitig eine Zwölf derselben Farbe hatte, konnte man damit die drei hohen ›Herrscherkarten‹ übertrumpfen.

Wie ihm die anderen erklärten, habe das Spiel durchaus historische und sozialpolitische Wurzeln. So stelle der Zusammenschluß der niedrigsten und der höchsten Nichtherrscherkarte einen Volksaufstand, eine Palastrevolution und in der heutigen Zeit eine erfolgreiche kollektive Machtübernahme dar. Drei, vier oder fünf Karten mit derselben Zahl und verschiedenen Farben hatten besondere Werte, und wenn man außerdem eine Zehn in der Hand hatte, übertraf man damit zwei Herrscherkarten eines Mitspielers. Es gab noch etliche andere Kombinationen aus Zahlen und Symbolen, mit denen man den Wert von Karten oder Kartenkombinationen eines Gegners übertrumpfen oder vermindern konnte, doch Hewlitt glaubte nicht, allzu lange zu brauchen, um auch diese zu lernen.

Während der ersten drei Runden konnte sich jeder Spieler eine Extrakarte geben lassen, mußte aber jedesmal dafür eine andere ablegen, und danach mußte er die Karten vom Geber, dem sogenannten Spielverwalter, durch Erhöhen des Einsatzes kaufen. Spieler, die keine Extrakarten kauften, hatten entweder ein schlechtes Blatt und wollten kein Geld zum Fernster hinauswerfen, oder sie hatten ein sehr gutes und wollten sich nicht beirren lassen.Außerdem wurde die ganze Geschichte dadurch erschwert, daß jeder Spieler zwei kleine Stapel von jeweils bis zu drei verdeckt abgelegten Karten hatte. Nur der Spieler selbst wußte, welcher Haufen zum ständigen Ablegen diente und welcher, falls erforderlich, bei Beendigung des Spiels wieder in die Hand genommen werden würde. Durch das genaue Beobachten der Körpersprache eines Gegenspielers war es durchaus möglich, den echten Stapel zum Ablegen ausfindig zu machen, wobei man allerdings stets bedenken mußte, daß diesbezüglich auch gern geblufft wurde.

»Während der ersten paar Spiele werden wir Sie noch schonend behandeln und Sie auf Ihre Fehler hinweisen«, merkte Horrantor mit einem unübersetzbaren Geräusch an, das wahrscheinlich einem tralthanischen Lachen entsprach. »Ich denke, daß Sie jetzt die Regeln gut genug beherrschen und wir beginnen können.«

»Aber noch nicht gut genug, um bereits auch mit dem Schummeln beginnen zu können«, meinte Bowab, während er dichter ans Bett heranrückte.

»Ach ja, das Schummeln, das hätte ich fast vergessen«, pflichtete ihm die Tralthanerin bei. »Sie müssen immer daran denken, daß Ihre Gegner versuchen werden, Sie zu betrügen. Das bedeutet, daß sie auch körperliche Vorteile auf jede nur denkbare Art Ihnen gegenüber ausnutzen werden, und sei es auch noch so unfair. Wenn ich beispielsweise so neben Ihnen stehe, dann kann ich, obwohl Sie es bisher wahrscheinlich noch gar nicht bemerkt haben, eins meiner Auge so zur Seite ausstrecken, daß ich Ihnen direkt in die Karten sehen kann. Außerdem können die Duthaner ihr Sehschärfe genau auf ein Objekt einstellen, in diesem Fall sind es Ihre Augen, wenn es in einer bestimmten Entfernung verharrt. Ihre Karten werden klar und deutlich in Ihren Augen widergespiegelt, insbesondere die Karten, die Sie in der Hand halten, deshalb sollten Sie die Sicht Ihres Gegners blockieren, indem Sie die Augen zusammenkneifen und durch Ihre komischen Haarfransen an den Rändern der oberen und unteren Verschlußklappen hindurchblinzeln. Es werden noch geschicktere Methoden angewandt, umjemanden zu betrügen, aber am Anfang werden wir Ihnen die Möglichkeit bieten, sie wahrzunehmen, damit Sie entsprechend darauf reagieren können.«

»D… danke, ich… ich …«, stammelte Hewlitt.

»Schluß jetzt mit dem Gerede! Lassen Sie uns endlich anfangen!« fuhr Morredeth ungeduldig dazwischen.

Die nächsten zwei Stunden vergingen sehr schnell, bis die hudlarische Schwester kam und ankündigte, daß jetzt das Abendessen serviert werde.

»Wenn Sie sich weiter unterhalten oder ihre Aktivitäten fortsetzen wollen, können Sie ja zusammen an dem Tisch vor dem Personalraum essen«, schlug sie vor. »Sonst werden die Mahlzeiten direkt zu Ihren jeweiligen Betten gebracht. Na, was ist?«

Horrantor, Bawob und Morredeth riefen sofort im Chor, in den auch Hewlitt mit leichter Verzögerung einstimmte: »Am Tisch!«

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