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Danalta war nämlich ein polymorphes Wesen; ein Gestaltwandler also, der sich optisch in irgend jemand oder irgend etwas verwandeln konnte, was er anderen auch nur allzu gern vorführte. Sobald dieser Verwandlungskünstler mit der Krankenwache an der Reihe war und insbesondere dann, wenn Hewlitt schlafen und sich nicht unterhalten sollte, saß Danalta allerdings immer nur schwerfällig wie eine unförmige, grüneBirne neben seinem Bett und pflegte lediglich ein großes Auge und ein großes Ohr hervorzustülpen.

Mit Ausnahme während der natürlichen Schlafperioden, an die sich terrestrische DBDG-Patienten strikt halten mußten, konnte Hewlitt natürlich jederzeit das Bett verlassen.

Gleich am ersten Tag an Bord wurde an ihm eine sehr gründliche ärztliche Untersuchung vorgenommen, die auch die Entnahme von Gewebe- und Blutproben umfaßte. Während dieser Prozedur stand oder schwebte das gesamte medizinische Team um sein Bett herum und legte dabei eine Betriebsamkeit mit fast haarsträubenden Folgen an den Tag. Fast alle Beteiligten strahlten nämlich eine ungeheure Besorgnis aus, die selbst Hewlitt spürte, weil sie befürchteten, daß er auf irgendeine dramatische Weise reagieren könnte. Bei dieser einen Untersuchung ließ man es einstweilen bewenden, und weil seine Reaktionen vielleicht nicht ganz den Erwartungen entsprochen hatten, bombardierten ihn die medizinischen Mitarbeiter in den darauffolgenden beiden Tagen unentwegt mit irgendwelchen Fragen, wohingegen alle geflissentlich den von ihm gestellten Fragen auszuweichen versuchten.

Pathologin Murchison war nicht nur Terrestrierin, sondern entsprach auch in ihrer Persönlichkeit und Erscheinung schon eher Hewlitts Vorstellung von einem medizinischen Schutzengel. Als sie wieder einmal an der Reihe war, die Wache auf dem Unfalldeck zu übernehmen, versuchte Hewlitt, sie in ein unverfängliches Gespräch zu verwickeln, da er hoffte, daß sie ihm das eine oder andere über das weitere Vorgehen verraten könnte. Hewlitt wußte, daß er seinen aufgestauten Zorn nicht zu unterdrücken brauchte, denn Prilicla ruhte sich in seiner Kabine aus und befand sich somit außer empathischer Reichweite.

»Jeder scheint mir hier genau dieselben Fragen zu stellen, mit denen mich Medalont und all meine anderen Ärzte schon so oft traktiert haben, und ich kann immer nur dieselben Antworten geben«, beklagte er sich. »Wenn ich könnte, wäre ich ja gerne behilflich, aber wie? Keiner von Ihnen beantwortet meine Fragen, und niemand sagt mir, wie mein gegenwärtigerZustand ist. Was glauben Sie denn nun eigentlich, was mir fehlt? Und warum verrät mir niemand, was dagegen unternommen werden soll?«

Die Pathologin drehte sich gemächlich auf dem bequemen Sessel zu Hewlitt herum und wandte nur widerwillig den Blick von dem großen Monitor ab, auf dem seit geraumer Zeit eine Folge unbewegter Bilder gezeigt wurde, die den Oberflächen von rosa- und lilafarben geäderten Marmorplatten ähnelten. Wie Hewlitt vermutete, handelte es sich dabei um erkrankte Gewebeteile fremder Spezies, und vielleicht war Murchison davon ausgegangen, die Bilder könnten ihn derart langweilen, daß er sofort einschlafen würde.

Die Pathologin stieß einen langen Seufzer aus, bevor sie antwortete: »Eigentlich sollten Sie erst morgen nach der Landung während der Lagebesprechung darüber informiert werden. Da sich aber in den letzten drei Tagen nichts an Ihrem allgemeinen Gesundheitszustand geändert hat, sehe ich keinen triftigen Grund, es Ihnen bis dahin zu verschweigen. Also das, was ich Ihnen jetzt sagen werde, wird Ihnen bestimmt nicht gefallen, weil…«

»Haben… haben Sie etwa schlechte Nachrichten für mich?« unterbrach Hewlitt sie. »Dann fangen Sie bitte gleich mit den schlechtesten an.«

»Wenn Sie Antworten auf Ihre Fragen haben möchten, dann unterbrechen Sie mich bitte nicht. Das Ganze ist nämlich etwas peinlichfür mich.«

Peinlich? dachte Hewlitt entsetzt und sagte dann laut: »Entschuldigen Sie.«

»Es sind weder gute noch schlechte Nachrichten, es gibt nämlich gar keine. Zuerst haben wir Ihnen die hinlänglich bekannten Fragen gestellt, in der Hoffnung, daß Sie uns etwas Neues sagen würden; etwas, das sie versäumt haben, Medalont oder den anderen zu erzählen; etwas, das wir Ihnen hätten glauben und worauf wir hätten reagieren können. Laut Prilicla läßt Ihre emotionale Ausstrahlung erkennen, daß sie nicht lügen, zumindest nicht bewußt, und dennoch sind die zumindest subjektiv als wahr empfundenen Geschichten, die Sie uns erzählen, überhaupt nicht hilfreich füruns. Nun zu Ihrer zweiten Frage, nämlich zu der, was Ihnen fehlt. Nun, soweit wir es herausfinden konnten, ist Ihr Zustand nicht nur gut, sondern Sie sind auch ein ungewöhnlich körperlich wie geistig fites und gesundes männliches Exemplar der Gattung DBDG-Terrestrier. Ihnen fehlt also überhaupt nichts.«

Sie atmete tief ein, wodurch ihre eindrucksvolle Brust in dem enganliegenden weißen Overall voll zur Geltung kam, und was Hewlitt zudem daran erinnerte, daß er immerhin ein Mann war. Dann fuhr sie fort: »Deshalb müßten wir uns eigentlich der Meinung der Ärzte anschließen, von denen Sie in der Vergangenheit behandelt worden sind, und Ihnen mitteilen, daß Sie ein gesunder Hypochonder mit psychischen Problemen sind und daß Sie nach Hause gehen und endlich damit aufhören sollen, unsere kostbare Zeit zu vergeuden… «

Bevor Hewlitt etwas dazu sagen konnte, hielt Murchison besänftigend ihre wohlgeformten Hände hoch und sagte rasch: »Sie brauchen sich erst gar nicht aufzuregen, denn genau das werden wir nicht tun. Jedenfalls nicht, bevor wir nicht für Ihre ungewöhnlichen Kindheitserlebnisse und die Regeneration von Morredeths beschädigtem Fell eine einleuchtende Erklärung gefunden haben. Sollte es nämlich diesbezüglich tatsächlich einen Zusammenhang geben, dann hoffen wir, Beweise dafür auf Etla zu finden. Das ist doch der Ort, an dem diese eigenartigen Vorfälle angefangen haben, und wo wir während unserer Nachforschungen Ihre Mithilfe sowie Ratschläge und Erinnerungen sehr zu schätzen wissen werden.

Also lautet die Antwort auf Ihre dritte Frage: Wir wissen nicht, was wir mit Ihnen machen sollen«, beendete die Pathologin ihre Ausführungen mit einem Lächeln.

»Ich würde Ihnen ja gern behilflich sein, aber höchstwahrscheinlich sind meine Kindheitserinnerungen für Ihre Absichten nicht genau genug. Haben Sie daran auch schon mal gedacht?«

»Nach Aussage der psychologischen Abteilung ist Ihr Erinnerungsvermögen wie alles andere an Ihnen: nämlich nahezu perfekt. Würden Sie jetzt also bitte schlafen und mich weiter arbeiten lassen, PatientHewlitt?«

»Zumindest werde ich es versuchen«, antwortete Hewlitt. »Was machen Sie da eigentlich?«

Murchison seufzte erneut. »Unter anderem vergleiche ich gerade eine Reihe vergrößerter Scannerbilder von Gehirnen der DBDGs und anderer Spezies, inklusive des Ihren übrigens, weil ich eine strukturelle Veränderung oder Anomalie zu finden hoffe. Auf diese Weise ließe sich vielleicht erklären, wie es Ihnen möglich war, einige dieser wundersamen Dinge zu bewirken – falls Sie überhaupt etwas damit zu tun gehabt haben und nicht eine andere, uns bislang verborgen gebliebene Kraft. Ich erwarte wirklich nicht, Beweise für eine Gabe zu finden, die ihrem Besitzer ermöglicht, Wunder zu vollbringen. Trotzdem darf ich nichts unversucht lassen. Und jetzt schlafen Sie bitte.«

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