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»Sind Sie wenigstens bewaffnet?«, erkundigte sich Stasj.

Der Alte lachte auf.

»Seien Sie vorsichtig«, sagte er zu Stasj, »sehr, sehr vorsichtig…«

Mit dem letzten Wort änderte sich seine Stimme wieder unmerklich und das Lächeln verschwand vom Gesicht des Alten. Ziemlich durcheinander rückte der das Kabel des Neuroshunts zurecht und rief:

»Teufel, du bist doch ein avalonischer Phag! Was ist hier los? Eine Epidemie? Eine Aggression der Fremden?«

»Ich weiß es noch nicht. Komm, Tikkirej!«

Ich lief hinter Stasj her und wälzte eine Idee im Kopf hin und her, die mir eben gekommen war. Irrsinnig, aber…

»Teilen Sie dem Imperator so schnell wie möglich mit, was passiert ist!«, schrie uns der Alte nach. »Klar? Seit siebzig Jahren spende ich Geld für euren dämlichen Orden! Seid Ihr wenigstens zu etwas nutze?«

Wir gingen ins Gebäude hinein — die Automatiktüren arbeiteten wie gewohnt. Der Alte fuhr weiter.

»Ich habe ihn einige Male auf dem Avalon gesehen«, teilte Stasj unerwartet mit, »ein Tierproduzent, Schweinezüchter. Es hat ihn wirklich in einer unguten Stunde hierherverschlagen…«

»Werden sie es schaffen?«, wollte ich wissen.

»Ich weiß es nicht.«

Durch die mit schlafenden Menschen gefüllten Säle kamen wir zur Kontrolle des Abflugterminals. Hier schliefen die Wachmänner sowie die Mädchen, die als Dispatcher arbeiteten, und ein Kellner mit einem Tablett voller Kaffeetassen. Als das Personal die ungewöhnliche Müdigkeit verspürte, versuchte es sicherlich, sie mit Kaffee zu überwinden…

»Und hier haben wir auch seine Kameraden…«, murmelte Stasj. Und wirklich, in einiger Entfernung durchstreifte ein Dutzend älterer Leute die Schlafenden und hob einige, meist Kinder, auf Tragen.

»Ich weiß, was vor sich geht«, sagte ich, »Kapitän Stasj, ich weiß, wer eingeschlafen ist und wer nicht!«

Stasj holte Luft und entriegelte die Türen zum Warteraum für Passagiere. Dort schlief man auch.

»Willst du sagen, dass es an den alten Neuroshunts liegt? Ohne Funkadapter?«

»J-Ja.« Mein ganzer Enthusiasmus verflog.

Stasj wandte sich mir zu. Er ignorierte mein saures Gesicht und tätschelte mir den Kopf.

»Mach dir nichts draus. Du hast eine prinzipiell richtige Beobachtung gemacht, aber… Der Funkadapter ist ein Gerät, das durch mechanische Effekte beeinflusst wird. Durch Autos, Computer, Rollstühle. Er arbeitet auf Empfang, aber der Durchgangskanal ist dermaßen eng, dass es unmöglich ist, die Psyche der Menschen zu beeinflussen.«

»Wirklich zu eng?«, fragte ich dümmlich.

Stasj zuckte mit den Schultern.

»Unseres Wissens — ganz und gar zu eng. Es wären einige Monate ununterbrochener — ich betone: ununterbrochener — Datenübertragung über den Shunt erforderlich, um einigermaßen spürbar auf die Psyche einzuwirken! Und ein derartiger Informationsfluss, der auf einen Planeten gerichtet ist, wird unausweichlich bemerkt. Als ein Neuroshunt mit kabellosem Anschluss entwickelt wurde, hatte die Sicherheitsfrage höchste Priorität. Genau aus diesem Grund ist der Eingangskanal verschwindend eng. Aber jetzt komm, Tikkirej.«

»Und es hat trotz allem mit dem Shunt zu tun…«, brummelte ich, »denn alle haben doch…«

»Ich habe selbst einen Shunt mit Funkadapter«, teilte mir Stasj mit, »beginnend mit der dritten Chipversion sind alle Kreativ mit einem Funkadapter ausgerüstet. Und nun?«

Jetzt hatte ich endgültig die Lust auf eine Diskussion verloren.

Die Außentüren der Wartehalle ließen sich von Stasj nicht beim ersten Anlauf öffnen. Deshalb schnitt er mit seinem Schlangenschwert einfach ein Stück Glas heraus. Währenddessen stand ich etwas abseits und schaute auf einen Jungen, der ein wenig älter war als ich und im Schlaf einen teuren Synthesizer umarmte. Warum er ihn wohl aus der Schutzhülle herausgenommen hatte? Das Äußere des Jungen entsprach genau dem von jungen Genies, deren Konzerte im gesamten Imperium übertragen wurden und die Hausfrauen in Begeisterung versetzten. Er hatte bestimmt einige Millionen Kredit auf dem Konto, einen persönlichen Leibwächter, ein teures Haus, und Ohren, Finger sowie Shunt waren für eine unglaubliche Summe versichert. Nur dass er besabbert und mit eingenässten weißen Hosen hier lag und ich lebendig und gesund war. Aus welchen Gründen auch immer.

»Tikkirej!«

Ich rannte Stasj hinterher. Lion schaukelte willenlos auf dessen Schulter. Vielleicht kommt er wieder zu sich, wenn wir den Planeten verlassen haben?, überlegte ich.

Am Ausgang stand ein kleiner Bus. Stasj zog den Fahrer heraus, legte Lion auf einen Sitz, ich setzte mich daneben und wir fuhren über das leer gefegte Flugfeld.

»Wir haben nicht genügend empirische Angaben«, meinte Stasj unerwartet, »verstehst du das, Kleiner? Noch nie entkamen von einem eroberten Planeten mehr als fünf bis sechs Menschen. Und die waren völlig verschieden. Keine Gemeinsamkeit. Stimmt, die Mehrheit hatte keinen Funkadapter. Es gab aber welche mit den allerneuesten Shunts, die nicht beeinflusst werden können.«

»Wussten Sie, dass alles genau so vor sich gehen würde?«, erkundigte ich mich und schaute dabei auf die lichtblitzenden Gebäude.

»Ich bin davon ausgegangen. Aber nun sag mir, mein junger und neugieriger Freund, der ohne Scheuklappen in die Welt schaut: Was verbindet ein junges Computergenie mit dem modernsten Shunt und einen altersschwachen Greis, der überhaupt keinen Shunt hat? Und einen Quäkerprediger, einen erfolgreichen Geschäftsmann, einen reichen jungen Dandy und eine kinderreiche Mutter. Alle besaßen gewöhnliche Shunts der Mittelklasse.«

Ich schwieg und fand keine Erwiderung. Lion atmete regelmäßig. Die Decke, in die er eingewickelt war, rutschte herunter. Da bemerkte ich, dass auch er eingenässt hatte.

»Kapitän Stasj, hören Sie, Lion… also, er…«

»Ich weiß. Ich konnte es spüren, als ich ihn trug«, äußerte Stasj ironisch.

»Nein, das meine ich nicht! Das ist doch wie bei der Arbeit in Dauerbetrieb! Verstehen Sie? Als ich das erste Mal angeschlossen wurde, als Test, ging es mir genauso. Und wenn man in der Flasche liegt, wo man sich nicht unter Kontrolle hat, ist sogar alles speziell dafür hergerichtet, damit…«

Stasj warf mir schnell einen Blick zu und konzentrierte sich dann wieder aufs Fahren. Dann meinte er: »Könnte sein. Aber wo hast du hier einen Onlineanschluss, Tikkirej?«

»Keine Ahnung. Aber das ist Arbeit in Dauerbetrieb!«, bekräftigte ich. »Ich habe das mitgemacht, ich bin mir sicher!«

»Weißt du, mir gefällt deine Hartnäckigkeit«, sagte Stasj gedankenverloren, »aber was kann man auch von einem Jungen, der vor der Zwangsarbeit flüchtete und die herzlosen Kommerzkosmonauten erweichte, anderes erwarten?«

Das Kompliment war zweischneidig, aber ich fühlte mich geehrt.

»Wir sind da«, sagte Stasj und stoppte den Bus vor einem ganz kleinen Raumschiff mit einem Durchmesser von vielleicht zehn Metern.

»Ich dachte, Sie hätten ein großes Raumschiff«, konnte ich mich nicht zurückhalten.

»Die superkleinen Raumschiffe ermöglichen die Navigation durch einen Einzelnen«, erklärte Stasj, »ohne Module, verstehst du?«

Ich zuckte zusammen. Ich hatte gar nicht daran gedacht, dass — wenn Stasj sein eigenes Raumschiff hatte — dort auch »Gehirne in der Flasche« sein müssten!

»Ich habe keine Module«, meinte Stasj rücksichtsvoll, »entspann dich. Im Notfall können einige Menschen in Dauerbetrieb gehen, aber normalerweise ist das nicht notwendig. Je kleiner das Schiff ist, desto einfacher ist der mathematische Navigationsapparat im Zeittunnel.«

Am Raumschiff öffnete sich eine Luke. Wir betraten die winzige Schleusenkammer, Stasj schloss sofort die Luke, bewegte seinen Kopf — und an den Wänden lebten die verschiedensten Geräte auf. Er hatte wirklich einen Funkadapter.

»Ich verspreche keinen Komfort, aber dafür verschwinden wir«, sagte Stasj. »Aber was machen wir mit deinem Freund…?«

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