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Der Junge drehte es in den Händen und sagte:»Es ist wunderschön. «Dann steckte er es in seine Jacke und machte wieder die Handbewegung zum Hut. Bolitho sah ihm nach, und das Herz wurde ihm plötzlich schwer.

«Er ist da unten sicher, Käpt'n.»

Allday stand hinter ihm, das Säbelgehänge und seinen besten Uniformrock über dem Arm.

Verschiedene Leute sahen zu, als Bolitho aus seinem abgetragenen Alltagsrock schlüpfte und die Arme in jenen mit den weißen Aufschlägen und Goldstickereien steckte: in den Rock, den Cheney so bewundert hatte.

Allday zog den Gurt über dem Bauch zurecht und trat dann zu einem kritischen Blick zurück. Gelassen sagte er:»Es wird harte Arbeit geben, bevor wir heute Schlafengehen, Käpt'n. Und viele Leute werden nach achtern schauen, wenn die Dinge schlecht stehen. «Er nickte zufrieden.»Die wollen Sie dann sehen, um zu wi s-sen, daß Sie bei ihnen sind.»

Bolitho zog den Säbel ein Stück aus der Scheide und berührte die Schneide mit einem Finger. Er war schon alt, aber der Mann, der ihn geschmiedet hatte, hatte etwas von seinem Handwerk verstanden. Er war leichter als die meisten neueren Waffen, aber scharf wie ein Rasiermesser. Er schob ihn in die Scheide zurück und verschränkte die Hände auf dem Rücken.»Wenn ich heute falle, sorgen Sie dafür, daß der Junge gerettet wird«, sagte er.

Allday stand hinter ihm, ein schweres Entermesser ohne Hülle im Gürtel. >Wenn du fällst, dann nur, weil ich vorher zu Brei verwandelt worden bin<, dachte er. Laut erwiderte er:»Keine Sorge, Käpt'n. «Er zeigte lachend die Zähne.»Ich will ja noch Bootssteu-rer eines Admirals werden!»

Man hörte einen dumpfen Knall, und Sekunden später stieg eine dünne Wassersäule an Backbord vor ihrem Bug hoch. Bolitho sah, daß brauner Qualm vom Vorschiff des Dreideckers wehte.

Er stellte sich vor, daß Lequiller und sein Flaggkapitän jetzt ihre langsame Annäherung beobachteten, und fühlte, wie sein Atem ruhiger und er geradezu gelassen wurde. Die letzte Ruhe, bevor der Wahnsinn begann. Der Augenblick, in dem kein Platz mehr war für Mutmaßungen oder Reue.

Eine weitere Kanonenkugel pflügte waagerecht durch die Wellenkämme und hüpfte zum Horizont weiter.

Er bemerkte, daß er starr lächelte. Du wirst schon näherkommen müssen, mein Freund, viel näher. Dann zog er den Säbel und legte ihn flach auf die Reling.

Das Warten war vorüber. Jetzt kam es darauf an.

XIX Letztes Ringen

Bolitho wandte den sich nähernden Schiffen den Rücken zu und beobachtete die Spartan. Mit der kleinen Korvette im Kielwasser segelte sie — im starken Seegang heftig stampfend — etwa eine Meile in Luv vorbei. Er bekam Farquhars elegante Figur kurz ins Blickfeld seines Fernglases. Der wandte ihm das Gesicht zu, sah ihn aber gewiß nicht.

«Setzen Sie Signal für Spartan und Dasher.«Er bemerkte, daß

Carlyons Hände zitterten, als er Bleistift und Notizblock aufnahm.»Greifen Sie die feindliche Nachhut an!»

Die Geschwindigkeit, mit der Farquhar >verstanden< zeigte, und die geschäftige Tätigkeit an Deck und auf den Rahen der Spartan, die unmittelbar darauf einsetzte, sagten ihm, welche Erleichterung dieses Signal ausgelöst haben mußte. Zum Unterschied von den Linienschiffen brauchte Farquhar im Gefecht also nicht darauf zu warten, daß Salve auf Salve auf ihn abgefeuert wurde. Als sich die Segel der Spartan mit Wind füllten und weitere Leinwand an den Bramrahen gelöst wurde, wußte Bolitho, daß Farquhar sein Bestes geben würde. Bei jeder anderen Gelegenheit wäre es glatter Irrsinn gewesen, ein solch leichtes Schiff kopfüber in den Kampf zu schik-ken. Aber wie Farquhar schon hervorgehoben hatte, besaß der Feind keine Fregatten mehr. So konnte ein Scheinangriff in den Rücken der Franzosen zu einer zumindest momentanen Zersplitterung beitragen.

Inch flüsterte:»Auch die Dasher, Sir?»

Bolitho warf ihm einen kurzen Blick zu.»Heute kann es keine unbeteiligten Zuschauer geben.»

Sie hörten Geschützfeuer und sahen, wie aus der obersten Batterie der Tornade orangefarbene Zungen schlugen. Aber die Spartan war schon aus der Gefahrenzone und auch an der Hyperion vorbei. Ihre Flagge wehte steif von der Gaffel des Besans aus, als sie we i-tere Segel setzte und dem jenseitigen Ende der französischen Linie zustrebte. Einige Kanonenkugeln schlugen noch hinter ihr ein und warfen hohe Wassersäulen auf, aber sie bot ein schwieriges Ziel, und ihr plötzlicher Vorstoß war augenscheinlich unerwartet gekommen.

Flaggen stiegen an der Rah der Tornade empor, und kurz darauf begannen die beiden letzten Zweidecker, sich von der Linie abzusetzen. Ihre Marssegel killten, als sie langsam und schwerfällig wendeten, um sich der anstürmenden Fregatte entgegenzustellen.

Bolitho mußte kurz lächeln. Das Schatzschiff war Lequiller also wichtiger als alles andere. Ohne dieses Schiff mit seiner Ladung an Männern und Reichtümern war ein Sieg ohne jeden Nutzen für ihn und sein Land.

Auch einige der anderen Schiffe feuerten nun, und die Abschüsse mischten sich miteinander und machten es den Geschützführern unmöglich, ihre eigenen Aufschläge zu beobachten und die beiden gischtübersprühten Briten flügellahm zu schießen, bevor sie an ihnen vorbei waren.

Bolitho hielt den Atem an, als die Korvette plötzlich heftig schaukelte und ihr niedriger Rumpf völlig von hochaufsteigendem Wasser eingehüllt wurde. Aber sie segelte weiter, obwohl ihre Groß- und Großmarssegel vielfach durchlöchert waren. Ein einziger Volltreffer hätte ihre dünnen Planken zu Brennholz zerschlagen können.

Ihr Kommandant brauchte daher auch keine Aufforderung, mehr Segel zu setzen. Er wußte, daß sein Heil in der Geschwindigkeit lag.

Bolitho wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem führenden französischen Schiff zu. Sie lagen jetzt fast Bug gegen Bug, der Dreidecker weniger als eine halbe Kabellänge entfernt und etwas an Steuerbord.

Inch murmelte:»Wir gewinnen die Luvposition, scheint mir.»

«Und der Wind ist immer noch frisch, Mr. Inch. «Bolitho blickte hoch, als eine Kanone vom stattlichen Vorschiff der Tornade auf sie feuerte und die Kugel das Besanmarssegel direkt über ihnen durchschlug.»Der Pulverqualm unserer Breitseiten wird ein noch besserer Schutz sein als unsere größere Beweglichkeit.»

Er drückte die Handfläche auf die kühle Klinge.»Batteriedeck — Achtung!«Er sah die Männer an den Kanonen niederkauern, sah ihre Züge sich straffen, als sie durch die Stückpforten schauten. Ihre Hände griffen nach Ansetzern und Vorholtaljen, als wollten sie sie nie wieder loslassen.

Er hörte, wie sein Befehl zum unteren Batteriedeck weitergegeben wurde, und versuchte, nicht daran zu denken, daß dort bald die Hölle los sein würde und sein Neffe mitten darin.

Die Rahen des Dreideckers drehten sich ganz langsam: das Schiff fiel etwas ab. Lequillers Kommandant beabsichtigte offenbar, parallel an der englischen Linie zu passieren und beim Beschuß keine einzige Kugel zu vergeuden.

Bolitho beobachtete den näherkommenden Giganten, dessen drei Geschützreihen, die unterste aus mächtigen Zweiunddreißig-pfündern bestehend, matt schimmerten.

Langsam hob er die Linke und spürte, wie Gossett hinter ihm gespannt auf das Zeichen wartete. Er zwang sich selber zu warten, bis die Rahen der Tornade wieder zur Ruhe gekommen waren, und brüllte dann:»Hart Steuerbord!«Er hörte die Speichen des Steuerrades knarren und sah, wie der Bugspriet sich langsam zu drehen begann, bis er direkt auf die Galionsfigur des Feindes zeigte.»Stütz'!«Er schlug auf die Reling, aber seine Stimme war beherrscht, als er befahl:»Und nun, Mr. Gossett, bringen Sie sie zurück auf den alten Kurs!«Die Steueranlage begann wieder zu quietschen, und auf dem Hauptdeck eilten Matrosen an die Brassen, während die Rahen oben wegen des Hin und Hers knarrend protestierten. Bolitho eilte an die Netze und schaute zum französischen Flaggschiff hinüber. Es drehte ab. Sein Kommandant war offenbar durch das plötzliche Manöver, das einen jähen Zusammenstoß heraufzubeschwören schien, irritiert. Bolitho brüllte:»Breitseite!»

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