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Inch schüttelte seine Gedanken ab.»Ich meinerseits werde mich nicht an Deck begeben, ohne nach dem Master zu rufen, Mr. Gos-sett.»

Zur halben Nachmittagswache kam Bolitho zurück aufs Achterdeck. Er stand da und beobachtete das Land, während seine Gedanken zu den vergangenen Wochen zurückschweiften, zu den Hoffnungen und Enttäuschungen, die seine ständigen Gefährten gewesen waren. Er fühlte jetzt rings um sich herum, wie das Schiff lebendig wurde. Von der Back hörte er das gleichmäßige Klicken des Ankerspills, begleitet von der Fidel des Shanty-Vorsängers, aber übertönt von Tomlins mächtiger Stimme, der seine Leute auf ihre Stationen schickte. Es war ein sehr alter Shanty, der seinen Ursprung im westlichen England hatte, woher auch die meisten Besatzungsmitglieder der Hyperion stammten. Einige von ihnen waren jetzt sicher in Gedanken daheim, als sie sich geschäftig an Deck oder oben auf den Rahen bewegten, dachte Bolitho. Spanien war weit, weit weg von Devon oder Cornwall, aber lieber dort als auf der anderen Seite des Atlantik.

Er wandte sich um, als Inch über das Achterdeck kam und an seinen Hut tippte.»Anker ist kurzgeholt, Sir.»

«Sehr gut. «Bolitho warf einen Blick hinüber zur Inpulsive und auf die Tätigkeit auf ihren Rahen. Hinter ihr lag das Wrack der Telamon, als stumme Erinnerung daran, was sie erlebt hatten, und als Warnung für sie alle. Längs des Ufers sah er viele stumme Zuschauer ihres Aufbruchs und fragte sich, ob wohl auch de Block darunter war. Er war vor einer Stunde an Bord gewesen, um Bo-litho seine Aufwartung zu machen und sich für die ihm überlassene Fregatte zu bedanken. Keiner hatte die Möglichkeit erwähnt, daß — sollte Holland in den Krieg hineingezogen werden — das Schiff wieder gegen seinen Stifter eingesetzt werden könnte. Auch das war ein Teil dessen, was sie miteinander durchgemacht hatten.

De Block hatte ihm das kleine, schön geschnitzte Modell eines holländischen Kriegsschiffs übergeben.»Als Erinnerung, Kapitän. Vielleicht geben Sie es eines Tages weiter an Ihren Sohn.»

Bolitho hatte ihn am Fallreep verabschiedet und ihm nachgeschaut, als er zu seiner einsamen Residenz zurückgerudert wurde, wo er sein Erdendasein wohl beenden würde. Hoffentlich konnte er wenigstens die letzten Jahre in Frieden leben.

Er straffte sich und sagte dann kurz:»Also los, Mr. Inch. Bringen Sie das Schiff in Bewegung, wenn's recht ist!»

Mit dem Signal zum Ankerlichten, das von ihrer Rah auswehte, brach die Hyperion ihren Anker los und trieb unter dem Druck des frischen Windes zunächst ein Stück achteraus. Bolitho hielt sich an den Netzen fest, als die Segel sich dann füllten und das Schiff sich auf die Seite legte. Er beobachtete die Seeleute an den Fallen, Gei-tauen, Schoten und Halsen, die Hand über Hand arbeiteten, als sich nun weitere Segel entfalteten und blähten. Die Männer an den Brassen brauchten keinen Ansporn, und als dann der Anker aus dem Wasser kam und beigefangen wurde, hatte das Schiff schon Fahrt voraus aufgenommen und näherte sich der letzten Landspitze und dem blauen Horizont dahinter.

Als die Hyperion sich an der Hügelbatterie vorbeischob, sah Bo-litho, wie die holländische Flagge zum Gruß gedippt wurde. Dann drehte er sich um und beobachtete, wie seine anderen Schiffe ihre Marssegel setzten und sich — ihm folgend — vom Ankerplatz freisegelten: Hermes, Impulsive und die schlanke Spartan. Als letzte kam die kleine Korvette um die Landspitze herum. Ihr Vorschiff war völlig von Spritzern übersprüht, als sie hoch an den Wind ging, um ihre vorschriftsmäßige Position in Luv des in Kiellinie segelnden Geschwaders einzunehmen.

Es war nur ein schwaches Geschwader, dachte Bolitho. Aber im selben Augenblick begriff er auch, daß er es nicht gegen eine ganze Flotte eingetauscht hätte.

Der zweite Morgen auf See zog so schön und klar herauf wie die anderen davor, aber als Bolitho nach einem hastig eingenommenen Frühstück an Deck kam, konnte er den Unterschied fast körperlich spüren. Mit dichtgeholten Segeln über Steuerbordbug segelnd, lag das Schiff weiterhin sehr schräg, aber die kurzen Wellen mit den weißen Köpfen hatten über Nacht einer langen Dünung mit geschlossenen Reihen schaumgekrönter Wogen Platz gemacht, wodurch die Schiffsbewegungen heftiger und unangenehmer geworden waren. Während der Nacht waren sie aus dem Landschutz von Trinidad herausgetreten und standen nun im Atlantik selber. Ringsum war am Horizont kein Land mehr zu sehen.

Er warf einen Blick auf den in seinem Gehäuse pendelnden Kompaß und dann auf den Stand der Segel. Sie steuerten immer noch genau Kurs Ost, und als er sich über die Reling lehnte und nach achtern schaute, sah er die Impulsive, die gerade in ein tiefes Wellental eintauchte und dann gischtübersprüht wieder hochkam. Sie hielt ihren Platz drei Kabellängen hinter der Hyperion. Ihre Segel verdeckten fast die Hermes, die etwas hinterherhinkte und bereits mehr als zwei Meilen Abstand haben mochte.

Inch wartete, bis Bolitho seinen morgendlichen Rundblick beendet hatte. »Dasher steht auf Position in Luv, Sir.»

Bolitho grunzte nur und arbeitete sich langsam das schräg liegende Deck hoch. Die Spartan war außer Sichtweite, auf Erkundung weit vor ihnen. Wie üblich, empfand er Neid auf Farquhar und seine Bewegungsfreiheit.»Wir werden in fünfzehn Minuten Kurs ändern, Mr. Inch. Rufen Sie >alle Mann< auf Stationen!»

Er hatte keine Lust zu einer längeren Unterhaltung, denn seine Gedanken waren noch ganz mit seinen Berechnungen und den Möglichkeiten, die er der Karte entnommen hatte, beschäftigt.

Gossett faßte an seinen verbeulten Hut.»Dreihundertfünfzig Meilen nach dem Log,[8] Sir. Das ist schon ganz schön für den Anfang.»

Bolitho schaute ihn an.»Wollen mal sehen, was wir noch schaffen.»

«Wo, meinen Sie, könnte der Franzose jetzt sein, Sir?«Inch war wieder neben ihm. Er kniff die Augen zusammen, als er gegen den Wind beobachtete, wie die Männer auf ihre Manöverstationen liefen.

«Ich schätze, daß Lequiller nach Las Mercedes zurücksegelte, um Perez und seine Landsknechtstruppe abzuholen. Ich nehme an, daß er die Soldaten auf dem Schatzschiff untergebracht hat, als doppelte Sicherung. «Er schaute zum Wimpel an der Mastspitze hoch.»Er ist jetzt auch auf dem Weg zum Treffpunkt, aber wohl mit langsamerer Fahrt, we gen der San Leandro

Er drehte sich ungeduldig um und machte Gossett ein Zeichen.»Wir ändern Kurs um sieben Strich und gehen auf den anderen Bug. «Er spürte, wie Spritzer über sein Gesicht geweht wurden, und schmeckte Salz auf der Zunge.

Der Master nickte.»Aye, aye, Sir.»

Für Inch fügte Bolitho noch hinzu:»Wenn wir auf dem neuen Kurs sind, möchte ich Bramsegel setzen. «Er wartete, bis sich auf Inchs langem Gesicht ablesen ließ, daß er den Befehl verarbeitet hatte.»Und danach können Sie auch gleich noch die Leesegel[9] ausbringen. «Inch schluckte.»Bei so viel Leinwand, Sir, wird die Hermes kaum noch mithalten können.»

«Tun Sie wie befohlen, Mr. Inch. «Bolitho sah ihn kühl an.»Wir haben diesmal keinen Passat, der uns unter die Rockschöße bläst, also müssen wir erst mal Norden halten, bevor wir mit den Westwinden Kurs auf Spanien nehmen können. «Etwas nachsichtiger fuhr er fort:»Aber bisher war uns der Passat noch gewogen, Mr. Inch. Haben Sie also Geduld.»

Er wandte sich ab und rief:»Legen Sie Ruder zur Wende!»

Als sich die beiden Rudergänger in die Speichen des doppelten Steuerrades stemmten, beobachtete Bolitho die Männer auf dem Vorschiff, wie sie die Schoten der Vorsegel loswarfen, während andere die Brassen aufnahmen, bereit, die Rahen rundzuholen, wenn das Schiff den Wind von der anderen Seite bekam.

«Ruder liegt hart Backbord, Sir!«»Gei auf Großsegel und Fock!»

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8

Gerät zur Bestimmung der Schiffsgeschwindigkeit und damit der zurückgelegten Strecke

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9

An den verlängerten Rahen ausgebrachte Zusatzsegel, die beidseits weit hinausragen und die Wirkung eines leichten, achterlichen Windes verstärken.

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