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Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied - i_042.jpg
1888 "Er und Der von Spanien traten manchen Pfad,
Da sie hier bei Etzeln thaten manche That
Dem König zu Liebe. Das ist oft geschehn:
Drum mag man Hagen billig große Ehre zugestehn.
1889 "Damals war der Recke an Jahren noch ein Kind,
Da waren schon die Knaben wie jetzt kaum Greise sind.
Nun kam er zu Sinnen und ist ein grimmer Mann;
Auch trägt er Balmungen, den er übel gewann."
1890 Damit wars entschieden, Niemand suchte Streit.
Das war der Königstochter im Herzen bitter leid.
Die Helden giengen wieder; wohl scheuten sie den Tod
Von den Helden beiden: das that ihnen wahrlich Noth.
1891 Wie oft man verzagend Manches unterläßt,
Wo der Freund beim Freunde treulich steht und fest!
Und hat er kluge Sinne, daß er nicht also thut,
Vor Schaden nimmt sich Mancher durch Besonnenheit
in Hut.
1892 Da sprach der kühne Volker: "Da wir nun selber sahn,
Daß wir hie Feinde finden, wie man uns kund gethan,
So laß uns zu den Königen hin zu Hofe gehn,
So darf unsre Herren mit Kampfe Niemand bestehn."
1893 "Gut, ich will euch folgen," sprach Hagen entgegen.
Da giengen hin die Beiden, wo sie die zieren Degen
Noch harrend des Empfanges auf dem Hofe sahn.
Volker der kühne hub da laut zu reden an.
1894 Er sprach zu seinen Herren: "Wie lange wollt ihr stehn
Und euch drängen laßen? ihr sollt zu Hofe gehn
Und von dem König hören, wie der gesonnen sei."
Da sah man sich gesellen der kühnen Helden je zwei.
1895 Dietrich von Berne nahm da an die Hand
Gunther den reichen von Burgundenland;
Irnfried nahm Gernoten, diesen kühnen Mann;
Da gieng mit seinem Schwäher Geiselher zu Hof heran.
1896 Wie bei diesem Zuge gesellt war Jeglicher,
Volker und Hagen, die schieden sich nicht mehr
Als noch in Einem Kampfe bis an ihren Tod.
Das musten bald beweinen edle Fraun in großer Noth.
1897 Da sah man mit den Königen hin zu Hofe ziehn
Ihres edeln Ingesindes tausend Degen kühn;
Darüber sechzig Recken waren mitgekommen:
Die hatt aus seinem Lande der kühne Hagen genommen.
1898 Hawart und Iring, zwei Degen auserkannt,
Die giengen mit den Königen zu Hofe Hand in Hand;
Dankwart und Wolfhart, ein theuerlicher Degen,
Die sah man großer Hofzucht vor den übrigen pflegen.
1899 Als der Vogt vom Rheine in den Pallas gieng,
Etzel der reiche das länger nicht verhieng:
Er sprang von seinem Sitze, als er ihn kommen sah.
Ein Gruß, ein so recht schöner, nie mehr von Köngen
geschah.
1900 "Willkommen mir, Herr Gunther und auch Herr
Gernot
Und euer Bruder Geiselher, die ich hieher entbot
Mit Gruß und treuem Dienste von Worms überrhein,
Und eure Degen alle sollen mir willkommen sein.
1901 "Laßt euch auch Willkommen, ihr beiden Recken, sagen,
Volker der kühne und dazu Herr Hagen,
Mir und meiner Frauen hier in diesem Land:
Sie hat euch manche Botschaft hin zum Rheine
gesandt."
1902 Da sprach von Tronje Hagen: "Das haben wir
vernommen.
Wär ich um meine Herren gen Heunland nicht
gekommen,
So wär ich euch zu Ehren geritten in das Land."
Da nahm der edle König die lieben Gäste bei der Hand.
1903 Und führte sie zum Sitze hin, wo er selber saß.
Da schenkte man den Gästen, fleißig that man das,
In weiten goldnen Schalen Meth, Moraß und Wein
Und hieß die fremden Degen höchlich willkommen sein.
1904 Da sprach König Etzel: "Das muß ich wohl gestehn,
Mir könnt in diesen Zeiten nichts Lieberes geschehn
Als durch euch, ihr Recken, daß ihr gekommen seid;
Damit ist auch der Königin benommen Kummer
und Leid.
1905 "Mich nahm immer Wunder, was ich euch wohl gethan,
Da ich der edeln Gäste so Manche doch gewann,
Daß ihr nie zu reiten geruhtet in mein Land;
Nun ich euch hier ersehen hab, ist mirs zu Freuden
gewandt."
1906 Da versetzte Rüdiger, ein Ritter hochgemuth:
"Ihr mögt sie gern empfahen, ihre Treue die ist gut:
Der wißen meiner Frauen Brüder schön zu pflegen.
Sie bringen euch zu Hause manchen waidlichen Degen."
1907 Am Sonnewendenabend waren sie gekommen
An Etzels Hof, des reichen. Noch selten ward
vernommen,
Daß ein König seine Gäste freundlicher empfieng;
Darnach er zu Tische wohlgemuth mit ihnen gieng.
1908 Ein Wirth bei seinen Gästen sich holder nie betrug.
Zu trinken und zu eßen bot man da genug:
Was sie nur wünschen mochten, das wurde gern gewährt.
Man hatte von den Helden viel große Wunder gehört.
1909 Der reiche Etzel hatte an ein Gebäude weit
Viel Fleiß und Müh gewendet und Kosten nicht
gescheut:
Man sah Pallas und Thürme, Gemächer ohne Zahl
In einer weiten Veste und einen herrlichen Saal.
1910 Den hatt er bauen laßen lang, hoch und weit,
Weil ihn so viel der Recken heimsuchten jederzeit.
Auch ander Ingesinde, zwölf reiche Könge hehr
Und viel der werthen Degen hatt er zu allen Zeiten mehr,
1911 Als je gewann ein König, von dem ich noch vernahm.
Er lebte so mit Freunden und Mannen wonnesam:
Gedräng und frohen Zuruf hatte der König gut
Von manchem schnellen Degen; drum stand wohl hoch
ihm der Muth.
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