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Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied - i_025.jpg
1005 Die Kleider vom Leibe zogen die Andern da:
In zwei weißen Hemden man beide stehen sah.
Wie zwei wilde Panther liefen sie durch den Klee;
Man sah bei dem Brunnen den schnellen Siegfried
doch eh.
1006 Den Preis in allen Dingen vor Manchem man ihm gab.
Da löst’ er schnell die Waffe, den Köcher legt’ er ab,
Den starken Spieß lehnt’ er an den Lindenast.
Bei des Brunnens Fluße stand der herrliche Gast.
1007 Die höfsche Zucht erwies da Siegfried daran;
Den Schild legt’ er nieder, wo der Brunnen rann;
Wie sehr ihn auch dürstete, der Held nicht eher trank
Bis der König getrunken; dafür gewann er übeln Dank.
1008 Der Brunnen war lauter, kühl und auch gut;
Da neigte sich Gunther hernieder zu der Flut.
Als er getrunken hatte, erhob er sich hindann:
Also hätt auch gerne der kühne Siegfried gethan.
1009 Da entgalt er seiner höfschen Zucht; den Bogen
und das Schwert
Trug beiseite Hagen von dem Degen werth.
Dann sprang er zurücke, wo er den Wurfspieß fand,
Und sah nach einem Zeichen an des Kühnen Gewand.
1010 Als der edle Siegfried aus dem Brunnen trank,
Er schoß ihn durch das Kreuze, daß aus der Wunde
sprang
Das Blut von seinem Herzen an Hagens Gewand.
Kein Held begeht wohl wieder solche Unthat nach
der Hand.
1011 Den Gerschaft im Herzen ließ er ihm stecken tief.
Wie im Fliehen Hagen da so grimmig lief,
So lief er wohl auf Erden nie vor einem Mann!
Als da Siegfried Kunde der schweren Wunde gewann,
1012 Der Degen mit Toben von dem Brunnen sprang;
Ihm ragte von der Achsel eine Gerstange lang.
Nun wähnt’ er da zu finden Bogen oder Schwert,
Gewiß, so hätt er Hagnen den verdienten Lohn gewährt.
1013 Als der Todwunde da sein Schwert nicht fand,
Da blieb ihm nichts weiter als der Schildesrand.
Den rafft’ er von dem Brunnen und rannte Hagen an:
Da konnt ihm nicht entrinnen König Gunthers
Unterthan.
1014 Wie wund er war zum Tode, so kräftig doch er schlug,
Daß von dem Schilde nieder wirbelte genug
Des edeln Gesteines; der Schild zerbrach auch fast:
So gern gerochen hätte sich der herrliche Gast.
1015 Da muste Hagen fallen von seiner Hand zu Thal;
Der Anger von den Schlägen erscholl im Wiederhall.
Hätt er sein Schwert in Händen, so wär er Hagens Tod.
Sehr zürnte der Wunde, es zwang ihn wahrhafte Noth.
1016 Seine Farbe war erblichen; er konnte nicht mehr stehn.
Seines Leibes Stärke muste ganz zergehn,
Da er des Todes Zeichen in lichter Farbe trug.
Er ward hernach betrauert von schönen Frauen genug.
1017 Da fiel in die Blumen der Kriemhilde Mann.
Das Blut von seiner Wunde stromweis nieder rann.
Da begann er die zu schelten, ihn zwang die große Noth
Die da gerathen hatten mit Untreue seinen Tod.
1018 Da sprach der Todwunde: "Weh, ihr bösen Zagen,
Was helfen meine Dienste, da ihr mich habt erschlagen?
Ich war euch stäts gewogen und sterbe nun daran.
Ihr habt an euern Freunden leider übel gethan.
1019 "Die sind davon bescholten, so viele noch geborn
Werden nach diesem Tage: ihr habt euern Zorn
Allzusehr gerochen an dem Leben mein.
Mit Schanden geschieden sollt ihr von guten
Recken sein."
1020 Hinliefen all die Ritter, wo er erschlagen lag.
Es war ihrer Vielen ein freudeloser Tag.
Wer Treue kannt und Ehre, der hat ihn beklagt:
Das verdient’ auch wohl um Alle dieser Degen unverzagt.
1021 Der König der Burgunden klagt’ auch seinen Tod.
Da sprach der Todwunde: "Das thut nimmer Noth,
Daß der um Schaden weine, von dem man ihn gewann:
Er verdient groß Schelten, er hätt es beßer nicht gethan."
1022 Da sprach der grimme Hagen: "Ich weiß nicht,
was euch reut:
Nun hat doch gar ein Ende, was uns je gedräut.
Es gibt nun nicht manchen, der uns darf bestehn;
Wohl mir, daß seiner Herrschaft durch mich ein End
ist geschehn."
1023 "Ihr mögt euch leichtlich rühmen," sprach Der
von Niederland.
"Hätt ich die mörderische Weis an euch erkannt,
Vor euch behütet hätt ich Leben wohl und Leib.
Mich dauert nichts auf Erden als Frau Kriemhild
mein Weib.
1024 "Nun mög es Gott erbarmen, daß ich gewann den Sohn,
Der jetzt auf alle Zeiten den Vorwurf hat davon,
Daß seine Freunde Jemand meuchlerisch erschlagen:
Hätt ich Zeit und Weile, das müst ich billig beklagen.
1025 "Wohl nimmer hat begangen so großen Mord
ein Mann,"
Sprach er zu dem König, "als ihr an mir gethan.
Ich erhielt euch unbescholten in großer Angst und Noth;
Ihr habt mir schlimm vergolten, daß ich so wohl
es euch bot."
1026 Da sprach im Jammer weiter der todwunde Held:
"Wollt ihr, edler König, noch auf dieser Welt
An Jemand Treue pflegen, so laßt befohlen sein
Doch auf eure Gnade euch die liebe Traute mein.
1027 "Es komm ihr zu Gute, daß sie eure Schwester ist:
Sei aller Fürsten Tugend helft ihr zu jeder Frist.
Mein mögen lange harren mein Vater und mein Lehn:
Nie ist an liebem Freunde einem Weibe so leid
geschehn."
1028 Er krümmte sich in Schmerzen, wie ihm die Noth gebot,
Und sprach aus jammerndem Herzen: "Mein
mordlicher Tod
Mag euch noch gereuen in der Zukunft Tagen:
Glaubt mir in rechten Treuen, daß ihr euch selber habt
erschlagen.
1029 Die Blumen allenthalben waren vom Blute naß.
Da rang er mit dem Tode, nicht lange that er das,
Denn des Todes Waffe schnitt ihn allzusehr.
Da konnte nicht mehr reden dieser Degen kühn
und hehr.
1030 Als die Herren sahen den edlen Helden todt,
Sie legten ihn auf einen Schild, der war von Golde roth.
Da giengen sie zu Rathe, wie sie es stellten an,
Daß es verhohlen bliebe, Hagen hab es gethan.
1031 Da sprachen ihrer Viele: "Ein Unfall ist geschehn;
Ihr sollt es alle hehlen und Einer Rede stehn:
Als er allein ritt jagen, der Kriemhilde Mann,
Erschlugen ihn Schächer, als er fuhr durch den Tann."
1032 Da sprach von Tronje Hagen: "Ich bring ihn in das Land.
Mich soll es nicht kümmern, wird es ihr auch bekannt,
Die so betrüben konnte der Königin hohen Muth;
Ich werde wenig fragen, wie sie nun weinet und thut."
1033 Von denselben Brunnen, wo Siegfried ward erschlagen,
Sollt ihr die rechte Wahrheit von mir hören sagen.
Vor dem Odenwalde ein Dorf liegt Odenheim.
Da fließt noch der Brunnen, kein Zweifel kann
daran sein.
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