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Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied - i_016.jpg
650 Im weißen Linnenhemde gieng sie ins Bett hinein.
Der edle Ritter dachte: "Nun ist das alles mein,
Wes mich je verlangte in allen meinen Tagen."
Sie must ob ihrer Schöne mit großem Recht ihm behagen.
651 Das Licht begann zu bergen des edeln Königs Hand.
Hin gieng der kühne Degen, wo er die Jungfrau fand.
Er legte sich ihr nahe: seine Freude die war groß,
Als die Minnigliche der Held mit Armen umschloß.
652 Minnigliches Kosen möcht er da viel begehn,
Ließe das willig die edle Frau geschehn.
Doch zürnte sie gewaltig: den Herrn betrübte das.
Er wähnt, er fände Freude, da fand er feindlichen Haß.
653 Sie sprach: "Edler Ritter, laßt euch das vergehn:
Was ihr da habt im Sinne, das kann nicht geschehn.
Ich will noch Jungfrau bleiben, Herr König,
merkt euch das,
Bis ich die Mär erfahre." Da faßte Gunther ihr Haß.
654 Er rang nach ihrer Minne und zerrauft’ ihr Kleid.
Da griff nach einem Gürtel die herrliche Maid,
Einer starken Borte, die sie um sich trug:
Da that sie dem König großen Leides genug.
655 Die Füß und die Hände sie ihm zusammenband,
Zu einem Nagel trug sie ihn und hieng ihn an die Wand.
Als er im Schlaf sie störte, sein Minnen sie verbot.
Von ihrer Stärke hätt er beinah gewonnen den Tod.
656 Da begann zu flehen, der Meister sollte sein:
"Nun löst mir die Bande, viel edle Fraue mein.
Ich getrau euch, schöne Herrin, doch nimmer obzusiegen
Und will auch wahrlich selten mehr so nahe bei euch
liegen."
657 Sie frug nicht, wie ihm wäre, da sie in Ruhe lag.
Dort must er hangen bleiben die Nacht bis an den Tag,
Bis der lichte Morgen durchs Fenster warf den Schein:
Hatt er je Kraft beseßen, die ward an seinem Leibe klein.
658 "Nun sagt mir, Herr Gunther, ist euch das etwa leid,
Wenn euch gebunden finden," sprach die schöne Maid,
"Eure Kämmerlinge von einer Frauen Hand?"
Da sprach der edle Ritter: "Das würd euch übel gewandt.
659 "Auch wär mirs wenig Ehre," sprach der edle Mann:
"Bei eurer Zucht und Güte nehmt mich nun bei euch an.
Und ist euch meine Minne denn so mächtig leid,
So will ich nie berühren mit meiner Hand euer Kleid."
660 Da löste sie den König, daß er nicht länger hieng;
Wieder an das Bette er zu der Frauen gieng.
Er legte sich so ferne, daß er ihr Hemde fein
Nicht oft darnach berührte: auch wollte sie des ledig sein.
661 Da kam auch ihr Gesinde, das brachte neu Gewand:
Des war heute Morgen genug für sie zur Hand.
Wie froh man da gebahrte, traurig war genug
Der edle Wirth des Landes, wie er des Tags
die Krone trug.
662 Nach des Landes Sitte, die zu begehen Pflicht,
Unterließ es Gunther mit Brunhild länger nicht:
Sie giengen nach dem Münster, wo man die Messe sang.
Dahin auch kam Herr Siegfried; da hob sich mächtiger
Drang.
663 Nach königlichen Ehren war da für sie bereit,
Was sie haben sollten, die Krone wie das Kleid.
Da ließen sie sich weihen: als das war geschehn,
Da sah man unter Krone alle Viere herrlich stehn.
664 Das Schwert empfiengen Knappen, sechshundert
oder mehr,
Den Königen zu Ehren auf meines Worts Gewähr.
Da hob sich große Freude in Burgundenland:
Man hörte Schäfte brechen an der Schwertdegen Hand.
665 Da saßen in den Fenstern die schönen Mägdelein.
Sie sahen vor sich leuchten manches Schildes Schein.
Nun hatte sich der König getrennt von seinem Lehn:
Was man beginnen mochte, er ließ es trauernd geschehn.
666 Ihm und Siegfrieden ungleich stand der Muth:
Wohl wuste, was ihm fehlte, der edle Ritter gut.
Da gieng er zu dem König, zu fragen er begann:
"Wie ists euch gelungen die Nacht, das saget mir an."
667 Da sprach der Wirth zum Gaste: "Den Schimpf
und den Schaden
Hab ich an meiner Frauen in mein Haus geladen.
Ich wähnte sie zu minnen, wie schnell sie mich da band!
Zu einem Nagel trug sie mich und hieng mich hoch
an die Wand.
668 "Da hieng ich sehr in Aengsten die Nacht bis an den Tag.
Eh sie mich wieder löste, wie sanft sie da lag!
Das sei dir in der Stille geklagt in Freundlichkeit."
Da sprach der starke Siegfried: "Das ist in Wahrheit
mir leid.
669 "Das will ich euch beweisen, verschmerzt ihr
den Verdruß.
Ich schaffe, daß sie heute Nacht so nah euch liegen muß,
Daß sie euch ihre Minne nicht länger vorenthält."
Die Rede hörte gerne nach seinem Leide der Held.
670 "Nun schau meine Hände, wie die geschwollen sind:
Die drückte sie so mächtig, als wär ich ein Kind,
Daß Blut mir allenthalben aus den Nägeln drang.
Ich hegte keinen Zweifel, mein Leben währe nicht lang."
671 Da sprach der starke Siegfried: "Es wird noch Alles gut.
Uns Beiden war wohl ungleich heute Nacht zu Muth.
Mir ist deine Schwester wie Leben lieb und Leib!
So muß nun auch Frau Brunhild noch heute werden
dein Weib.
672 "Ich komme heut Abend zu deinem Kämmerlein
Also wohl verborgen in der Tarnkappe mein,
Daß sich meiner Künste Niemand mag versehn.
Laß dann die Kämmerlinge zu ihren Herbergen gehn:
673 "So lesch ich den Knappen die Lichter an der Hand:
Bei diesem Wahrzeichen sei dir bekannt,
Daß ich hereingetreten. Wohl zwing ich dir dein Weib,
Daß du sie heute minnest, ich verlör’ denn Leben
und Leib."
674 "Wenn du sie nicht minnest," der König sprach da so,
"Meine liebe Fraue: des Andern bin ich froh;
Was du auch thust und nähmst du Leben ihr und Leib,
Das wollt ich wohl verschmerzen: sie ist ein schreckliches
Weib."
675 "Das nehm ich," sprach da Siegfried,
"auf die Treue mein,
Daß ich sie nicht berühre; die liebe Schwester dein
Geht mir über alle, die ich jemals sah."
Wohl glaubte König Gunther der Rede Siegfriedens da.
676 Da gabs von Ritterspielen Freude so wie Noth.
Den Buhurd und das Lärmen man allzumal verbot.
Als die Frauen sollten nach dem Saale gehn,
Geboten Kämmerlinge den Leuten, nicht im Weg
zu stehn.
677 Von Rossen und von Leuten räumte man den Hof.
Der Frauen Jedwede führt’ ein Bischof,
Als sie vor den Königen zu Tische sollten gehn.
Ihnen folgten zu den Stühlen viel der Degen ausersehn.
678 Bei seinem Weib der König in froher Hoffnung saß:
Was Siegfried ihm verheißen, im Sinne lag ihm das.
Der eine Tag ihn dauchte wohl dreißig Tage lang:
Nach Brunhildens Minne all sein Denken ihm rang.
679 Er konnt es kaum erwarten, bis vorbei das Mahl.
Brunhild die schöne rief man aus dem Saal
Und auch Kriemhilden: sie sollten schlafen gehn:
Hei! was man kühner Degen sah vor den Königinnen
stehn!
680 Siegfried der Herre gar minniglich saß
Bei seinem schönen Weibe mit Freuden ohne Haß.
Sie kos’te seine Hände mit ihrer weißen Hand,
Bis er ihr vor den Augen, sie wuste nicht wie, verschwand.
681 Da sie mit ihm spielte und sie ihn nicht mehr sah,
Zu seinem Ingesinde sprach die Königin da:
"Mich wundert sehr, wo ist doch der König
hingekommen?
Wer hat seine Hände mir aus den meinen genommen?"
682 Sie ließ die Rede bleiben. Da eilt’ er hinzugehn,
Wo er die Kämmerlinge fand mit Lichtern stehn:
Die lescht’ er unversehens den Knappen an der Hand:
Daß es Siegfried wäre, das war da Gunthern bekannt.
683 Wohl wust er, was er wolle: er ließ von dannen gehn
Mägdelein und Frauen. Als das war geschehn,
Der edle König selber verschloß der Kammer Thür:
Starker Riegel zweie die warf er eilends dafür.
684 Hinterm Bettvorhange barg er der Kerzen Licht.
Ein Spiel sogleich begannen, vermeiden ließ sichs nicht,
Siegfried der starke und die schöne Maid:
Das war dem König Gunther beides lieb und auch leid.
685 Da legte sich Siegfried der Königin bei.
Sie sprach: "Nun laßt es, Gunther, wie lieb es euch auch sei,
Daß ihr nicht Noth erleidet heute so wie eh:
Oder euch geschieht hier von meinen Händen
wieder Weh."
686 Er hehlte seine Stimme, kein Wörtlein sprach er da.
Wohl hörte König Gunther, obgleich er sie nicht sah,
Daß Heimliches von Beiden wenig geschehen sei;
Nicht viel bequeme Ruhe im Bette fanden die Zwei.
687 Er stellte sich, als wär er Gunther der König reich;
Er umschloß mit Armen das Mägdlein ohne Gleich.
Sie warf ihn aus dem Bette dabei auf eine Bank,
Daß laut an einem Schemel ihm das Haupt davon erklang.
688 Wieder auf mit Kräften sprang der kühne Mann,
Es beßer zu versuchen: wie er das begann,
Daß er sie zwingen wollte, da widerfuhr ihm Weh.
Ich glaube nicht, daß solche Wehr von Frauen
je wieder gescheh.
689 Da ers nicht laßen wollte, das Mägdlein aufsprang:
"Euch ziemt nicht zu zerraufen mein Hemd also blank.
Ihr seid ungezogen: das wird euch noch leid.
Des bring ich euch wohl inne," sprach die waidliche
Maid.
690 Sie umschloß mit den Armen den theuerlichen Degen
Und wollt ihn auch in Bande wie den König legen,
Daß sie im Bette läge mit Gemächlichkeit.
Wie grimmig sie das rächte, daß er zerzerret ihr Kleid!
691 Was half ihm da die Stärke, was seine große Kraft?
Sie erwies dem Degen ihres Leibes Meisterschaft.
Sie trug ihn übermächtig, das muste nur so sein,
Und drückt ihn ungefüge bei dem Bett an einen Schrein.
692 "O weh," gedacht er, "soll ich Leben nun und Leib
Von einer Maid verlieren, so mag jedes Weib
In allen künftgen Zeiten tragen Frevelmuth
Dem Mann gegenüber, die es sonst wohl nimmer thut."
693 Der König hörte Alles; er bangte für den Mann.
Da schämte sich Siegfried, zu zürnen fieng er an.
Mit ungefügen Kräften ihr widersetzt’ er sich
Und versuchte seine Stärke an Brunhilden ängstiglich.
694 Wie sie ihn niederdrückte, sein Zorn erzwang es noch
Und seine starken Kräfte, daß ihr zum Trotz er doch
Sich aufrichten konnte; seine Angst war groß.
Sie gaben in der Kammer sich her und hin manchen Stoß.
695 Auch litt König Gunther Sorgen und Beschwer:
Er muste manchmal flüchten vor ihnen hin und her.
Sie rangen so gewaltig, daß es Wunder nahm,
Wie Eins vor dem Andern mit dem Leben noch entkam.
696 Den König Gunther ängstigte beiderseits die Noth;
Doch fürchtet’ er am meisten Siegfriedens Tod.
Wohl hätte sie dem Degen das Leben schier benommen:
Dürft er nur, er wär ihm gern zu Hülfe gekommen.
697 Gar lange zwischen Beiden dauerte der Streit;
Da bracht er an das Bette zuletzt zurück die Maid:
Wie sehr sie sich auch wehrte, die Wehr ward endlich
schwach.
Gunther in seinen Sorgen hieng mancherlei Gedanken
nach.
698 Es währte lang dem König, bis Siegfried sie bezwang.
Sie drückte seine Hände, daß aus den Nägeln sprung
Das Blut von ihren Kräften; das war dem Helden leid.
Da zwang er zu verläugnen diese herrliche Maid
699 Den ungestümen Willen, den sie erst dargethan.
Alles vernahm der König, doch hört ers schweigend an.
Er drückte sie ans Bette, daß sie aufschrie laut:
Des starken Siegfrieds Kräfte schmerzten übel die Braut.
700 Da griff sie nach der Hüfte, wo sie die Borte fand,
Und dacht’ ihn zu binden: doch wehrt’ es seine Hand,
Daß ihr die Glieder krachten, dazu der ganze Leib.
Da war der Streit zu Ende: da wurde sie Gunthers Weib.
701 Sie sprach: "Edler König, nimm mir das Leben nicht:
Was ich dir that zu Leide, vergüt ich dir nach Pflicht.
Ich wehre mich nicht wieder der edeln Minne dein:
Ich hab es wohl erfahren, daß du magst Frauen
Meister sein."
702 Aufstand da Siegfried, liegen blieb die Maid,
Als dächt er abzuwerfen eben nur das Kleid.
Er zog ihr vom Finger ein Ringlein von Gold,
Daß es nicht gewahrte die edle Königin hold,
703 Auch nahm er ihren Gürtel, eine Borte gut.
Ich weiß nicht, geschah es aus hohem Uebermuth.
Er gab ihn seinem Weibe: das ward ihm später leid.
Da lagen bei einander der König und die schöne Maid.
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