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Bolitho setzte sich wieder hin und rieb sich die Augen.»Rufen Sie meinen Schreiber. Ich will eine Depesche diktieren, die Inch nach Gibraltar mitnehmen soll. «Er konnte seine Wut nicht verbergen.»Sie wird etwas anders lauten als Ihre.»

Farquhars Gesicht blieb ausdruckslos.»Ich werde Ihnen meinen Schreiber schicken, Sir. Ihrer ist noch auf der Lysander.»

«Gut, er genügt mir fürs erste. «Er ging zur Tür.»Wenn ich mein Flaggschiff wiederhabe, dann habe ich auch meinen Schreiber.»

Farquhar starrte ihm nach.»Aber ich habe doch Ihren Stander hier auf der Osiris hissen lassen, Sir!»

Bolitho lächelte grimmig.»Habe ich gesehen — Ihren oder me inen. Waren Sie denn so sicher, daß ich tot war?»

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er durch die Tür.

Auf der Kampanje fand er Mrs. Boswell im Gespräch mit Pascoe. Das Wiedersehen mit seinem Neffen hatte ihm klargemacht, wie verzweifelt nötig es war, daß er Herrick fand, wie sehr sie einander brauchten.

Wenn er zu Herrick allzu verständnisvoll gewesen war, so war er selbst daran schuld. Mehr noch als Herrick selbst. Er hatte bei Far-quhar etwas anderes gesucht; Herricks wirklicher Wert dagegen lag so offen zutage, daß er ihn nicht gesehen hatte.

Mrs. Boswell wandte sich um und lächelte schüchtern.»Ich bin mit dem Boot herübergekommen, um adieu zu sagen, Captain«, sagte sie und hängte sich bei Pascoe ein.» Wir beide haben uns sehr gut verstanden.»

«Das glaube ich gern«, nickte Bolitho. Er durchschaute ihre falsche Munterkeit und fuhr fort:»Sobald ich mit dem Kommandanten der Buzzard gesprochen habe, lasse ich das Geschwader, oder was noch davon übrig ist, Anker lichten.»

Sie verstand, was er damit sagen wollte, und ging mit ihm zur Kampanjeleiter.»Ich gehe jetzt. Es freut mich, daß Sie sich wieder erholt haben.»

Ein Boot wartete an den Rüsten, und Bolitho sah den froschähnlichen Ersten der Osiris ungeduldig an der Fallreepspforte stehen.

«Ich möchte Ihnen einen Rat geben, Mrs. Boswell. «Er führte sie über das sonnenwarme Deck, unbekümmert um die neugierigen Augen und sein merkwürdiges Aussehen.»Wenn Sie etwas für Thomas Herrick empfinden, dann sagen Sie es mir bitte.»

Es kam ihm vor, als wolle sie ihm ihre Hand entziehen. Doch statt dessen fragte sie:»Merkt man das so deutlich?»

«Daran ist nichts Unrechtes. «Er blickte sinnend auf die grünen Abhänge an der Küste.»Meine eigene Liebe war zu kurz, und heute tut es mir um jede versäumte Sekunde leid. Außerdem — «, erzwang sich ein Lächeln ab — ,»ich weiß genau, wenn Sie nichts sagen, dann bleibt Thomas Herrick so stumm wie eine Nonne in einer Seemannskneipe!»

«Ich will daran denken. «Sie sah zu Pascoe hinüber.»Passen Sie gut auf alle auf. Ich habe das seltsame Gefühl, daß etwas Großes passieren wird. «Sie erschauerte.»Und vielleicht nichts Gutes.»

Bolitho sah ihr nach, als sie mit dem Bootsmannsstuhl ins Boot abgefiert wurde, und ging dann nach achtern. Langsam, schmerzhaft langsam kamen die Marssegel der Buzzard um das nördliche Vorland.

«Eine nette Dame, Sir«, sagte Pascoe.»Bißchen wie Tante Nancy.»

«Aye. «Bei dieser Bemerkung stand ihm seine Schwester in Fal-mouth, die ihn immer zu bemuttern versuchte, obwohl sie jünger war als er, ganz deutlich vor Augen.

Pascoe sprach weiter.»Es heißt, Lord Nelson segelt ins Mittelmeer, Sir?»

«Gott sei Dank merkt endlich jemand, daß hier eine ernsthafte Bedrohung entsteht. Die Schlacht, und es wird eine Schlacht geben, kann entscheidend sein. Deswegen haben wir noch eine Menge Arbeit zu erledigen, bevor die Sonne untergeht.»

Er sah Pascoes betroffenes Gesicht und mußte lächeln.»Was ist denn, Adam? Hast du was dagegen, daß Nelson kommt? Er ist der Beste, den wir haben, und der Jüngste. Das allein müßte dir doch schon zusagen!»

Lächelnd schlug Pascoe die Augen nieder.»Weißt du, was vorhin ein Matrose zu mir gesagt hat? Wir haben unseren eigenen Nelson!»

«Blödsinn! Du bist ja ebenso schlimm wie dieser Allday!«sagte Bolitho und ging zur Leiter.

In der Nacht saß er in der ungewohnt eleganten Kajüte der Osiris, schrieb einen Bericht über seine Vermutungen zur Lage und horchte auf das Knirschen und Murmeln am Schiffsrumpf. Der Wind hatte leicht aufgefrischt und bereits nach Nordwest gedreht. Die Schaluppe Harebell, die kurz vor dem Dunkelwerden ausgelaufen war, würde schwer vorankommen und ständig kreuzen müssen, hin und her, um wenigstens die Höhe zu halten.

Er dachte an Javals dunkles Gesicht, der an Bord gekommen war, überrascht, den Kommodorewimpel auf der Osiris zu sehen, und dann erleichtert, weil Farquhar noch nicht Kommodore war. Er hatte die Schiffe an dem verabredeten Treffpunkt nicht gefunden und von einem Fischer erfahren, sie lägen in Syrakus vor Anker. Daraufhin hatte er eine zweite Patrouille in der Straße von Messina gefahren und war bei wechselndem Wind noch weiter nordwärts gesegelt, in der Hoffnung, weitere Nachrichten zu bekommen.»Ich will mich nicht herausreden, Sir«, hatte er gesagt.»Ich bin Unabhängigkeit gewohnt, aber ich mißbrauche sie nicht. Ich lief Neapel an und suchte den dortigen britischen Gesandten auf. Schließlich mußte ich ja Informationen mitbringen. «Seine harten Züge hatten sich bei diesen Worten etwas entspannt.»Hätte ich gewußt, daß Sie auf einer eigenen, äh, Expedition waren, Sir, dann wäre ich nach La Valetta gesegelt und hätte Sie 'rausgeholt, trotz aller Malteserritter.»

Javal kannte Bolithos weiche Stelle. Auch er war Kommandant einer Fregatte gewesen, und wenn er überstürzt gehandelt hatte, indem er Yves Gorse aufsuchte, so deswegen, weil ihm jene Zeit immer noch im Blut lag. Vielleicht hatte Javal diesen Punkt angetippt, um Bolitho nachsichtiger zu stimmen.

«Sir William Hamilton mag ja ein alter Herr sein«, hatte Javal weiter berichtet,»aber er besitzt ausgezeichnete Verbindungen und weiß sehr gut, was vorgeht.»

Bolitho unterschrieb seinen Bericht und starrte auf die Schottwand. Sein gebräunter, abgewetzter Degen wirkte seltsam fremd an diesem reichgeschnitzten Paneel.

Sir William hatte über sein Netz von Mittelsmännern und Spionen in Erfahrung gebracht, daß der einzige Mann, der über die nächsten Wochen und Monate entscheiden konnte, schon auf dem Weg nach Toulon war. Und dieser Mann verschwendete seine Zeit nicht mit leeren Gesten.

Sein Name war Bonaparte.

XIV Am Ziel

Jede Hoffnung auf eine schnelle Reise nach Korfu, oder darauf, daß Javals Ausguck die Lysander irgendwo weit vor dem verminderten Geschwader sichten würde, zerschlug sich innerhalb weniger Tage nach dem Ankerlichten. Der Wind drehte nach Norden und frischte stark auf; alle Mann waren mit fieberhafter Eile beim Segelbergen, und sogar der Master der Osiris war überrascht von dem unberechenbaren Wetter. Der Wind fegte jetzt von der Adria herunter und verwandelte die sanfte blaue Dünung in eine Wüste schaumköpfi-ger, steiler Wogen; der Himmel über den schwankenden Masten war eine einzige dichte Wolkenbank.

Tag um Tag trotzten die beiden Linienschiffe mit ihren schweren Rümpfen dem Sturm, und hinter den dichtgemachten Stückpforten quälten sich die Mannschaften mit dem ewigen Rollen und Stampfen des Schiffs herum, jeden Moment gewärtig, daß die Bootsmannspfeifen schrillten und es hieß:»Alle Mann auf zum Marssegelreffen!«Und dann kämpften sie oben den gefahrvollen Kampf gegen den Wind, auf den Fußpferden stehend, den Leib gegen die schwankende Rah gepreßt, Hand über Hand, Zoll für Zoll, die mörderische Leinwand einholend.

Die Buzzard, die solchem Wetter nicht gewachsen war, wurde aus dem Verband entlassen und konnte vorm Wind davonsegeln, so daß die verbleibenden Schiffe mit dem Heulen des Sturmes und dem Donnern der überkommenden, alles durchweichenden See alleinblieben wie in einer Arena, die noch dazu immer kleiner wurde. Denn stündlich verschlechterte sich die Sicht, kaum noch waren Regen und Spritzwasser voneinander zu unterscheiden, und aus welcher Richtung sie der Wind in der nächsten Minute anfallen würde, wußte keiner vorauszusagen.

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