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«Ich habe in einer Lade ein spanisches Hemd gefunden«, sagte Allday munter.»Das hab ich gewaschen, und Larssen hat Ihre Kniehosen gereinigt. «Mit dem Rasiermesser in der Hand kam er in den Lichtschein der Laterne.»So, und jetzt wollen wir Sie ein bißchen präsentabler machen.»

Später, als der rote Morgenschein durch das schmutzige Skylight drang, stand Bolitho mit seinem fremden Hemd vor dem Spiegel und sah sich an.

Allday wischte das Rasiermesser an einem Stück Flaggentuch ab.»Sie wissen Bescheid, Sir, und ich auch; aber die Jungs werden denken, Sie sind wieder obenauf.»

Die Hand mit dem Rasiermesser erstarrte.

«An Deck! Segel in Luv voraus!«ertönte eine Stimme von oben.

Allday faßte Bolitho beim Arm.»Sachte, Sir! Mr. Veitch macht das schon.»

Bolitho sah ihn ernsthaft an.»Mr. Veitch hat das ein bißchen zu lange machen müssen. Und Sie auch. «In seinen Ohren brauste und läutete es.»Helfen Sie mir an Deck!»

Für ein so kleines Schiff kam ihm der Weg bis zum Kampanje sehr lang vor.

Die See war ganz ruhig und hatte im schwachen Schein der noch dicht auf der Kimm stehenden Sonne einen seltsam rötlichen Ton, in dem die undeutlichen Buckel der Küste beinahe häßlich wirkten. Bolitho hielt sich an der Reling fest und sog gierig die Luft ein. Nach der stickigen Kajüte war sie wie Wein. Er sah zu den lose killenden Segeln hoch. Kaum genügend Wind, um das Schiff auf Kurs zu halten. Er nickte Veitch und Plowman zu; seiner Stimme traute er nicht. Wenn die Sonne erst hoch stand, würde er die Küste Siziliens hinter den Backbordschanzkleid deutlicher sehen können und ungefähr wissen, wo sie waren.

Da! Der rote Schein betupfte das kleine Quadrat eines Segels, weit draußen an Backbord voraus. In dem unsicheren Licht sah es aus, als wäre es sehr weit weg; aber die Entfernung würde sich mächtig schnell verringern.

Er wandte sich um und sah Veitch an.»Einer von uns, vielleicht?»

Veitch schob sein Teleskop mit einem Klicken zusammen.»Nein, Sir. Das ist wieder diese verdammte Korvette!»

Bolitho hörte die bittere Verzweiflung in Veitchs Stimme. Trotz aller Anstrengungen und Mühen hatten sie die Korvette immer noch auf dem Hals! Da stand sie wie ein Hecht zwischen einem hilflosen Entenküken und dem schützenden Röhricht.

Er dachte an die Bewaffnung der Segura. Aber das war sinnlos. Zwei, drei Drehbassen und die Musketen. Aussichtslos.

«Wie weit sind wir vom Land?«fragte er und war überrascht, wie fest seine Stimme klang.

«Sechs Seemeilen, Sir«, sagte Plowman,»nicht mehr, meiner Schätzung nach. «Er sah ihn zweifelnd an.»Das Wasser ist hier sehr tief; ich hatte gehofft, näher an die Küste zu kommen, aber bei diesem Scheißwind — entschuldigen Sie, Sir.»

Bolitho wäre gern auf und ab gegangen, um seine Gedanken zu ordnen, doch er wußte, daß ihn seine Kräfte augenblicklich verlassen würden. Sechs Meilen vor der Küste! Es hätten ebensogut sechshundert sein können.

Er hörte, wie Breen angstvoll sagte:»Mit all dem Schießpulver in der Last — da fliegen wir ja beim ersten Schuß in die Luft!»

Bolitho wandte sich um und blickte dem Jungen ins Gesicht.»Das haben Sie sehr richtig erkannt, Mr. Breen. «Mühsam ging er zum Rad und hielt sich daran fest.»Allday, lassen Sie das Boot zu Wasser!»

«Ist schon geschehen, Sir. Unterm Heck vertäut. «Er sah Bolitho besorgt an.

«Gut, sehr gut. «Er mußte weitersprechen, damit sich ihm nicht wieder der Kopf zu drehen anfing.»Riggen Sie darin einen Behelfsmast auf und verholen Sie es an die Leeseite, damit der Franzose es nicht sehen kann.»

«Wir können doch nie einer Korvette entkommen, Sir!«rief Veitch aus.

«Habe ich auch nicht vor. «Er bleckte die Zähne — es sollte ein Lächeln sein.»Macht eine lange Lunte zurecht und setzt sie in der Pulverlast an. «Er sah Veitchs ungläubiges Gesicht und sprach rasch weiter:»Wir lassen die Korvette herankommen und Enterhaken einschlagen; dann machen wir uns im Kutter davon.»

Plowmann räusperte sich erschrocken.»Aber wenn uns die Frogs nicht entern, Sir? Vielleicht schicken sie bloß ein Prisenkommando an Bord?«Er blickte Veitch bedeutsam an, als fürchte er, daß Bo-litho immer noch im Fieber rede.

Bolitho nahm ihm das Glas aus der Hand und richtete es über die Reling. Die Korvette war schon viel deutlicher zu erkennen. Sie hatte den Windvorteil und setzte bereits die Bramsegel, um ihn voll auszunutzen. Er gab das Glas zurück und sagte langsam:»Das müssen wir abwarten, Mr. Plowman. Jetzt macht die Lunte zurecht, und zwar schnell!»

Als Allday gehen wollte, faßte Bolitho ihn beim Arm und fragte:»Als ich im Fieber sprach — habe ich da nach jemandem gerufen?»

«Ja, Sir«, antwortete Allday und sah in die aufgehende Sonne.»Nach Cheney. Nach Ihrer Frau.»

Bolitho nickte.»Danke.»

Midshipman Breen eilte Allday nach und flüsterte nervös:»Aber die Frau vom Kommodore ist doch tot?»

«Aye. «Er blieb über dem dümpelnden Kutter stehen und sah sich nach Bolitho um.»Und das ist sehr schade.»

XIII Verfolgung

Über das abgewetzte Hauptluk der Segura gebückt, kritzelte Bolitho hastig etwas auf ein Stück Papier. Er wußte wohl, daß es rasch heller wurde, und spürte nach der ersten kühlen Morgenluft auch schon einen Anflug von Wärme, aber er mußte sich konzentrieren. Sowieso mußte er immer wieder innehalten und Kräfte sammeln, damit das Fieber nicht wiederkam.

Einmal, als er sich halb aufrichtete und über die Backbordreling spähte, sah er die Rahen und Segel der französischen Korvette überkommen; der schlanke Bugspriet verriet deutlich, daß sie ihre Beute einfach auf konvergierendem Kurs packen wollte.

Nicht viel mehr als eine Meile trennte das schmucke Kriegsschiff von der alten, klapprigen Segura. Bolitho faltete das Papier sorgfältig zusammen und trat zu Veitch.»Nehmen Sie das mit«, sagte er und schob es dem Leutnant in die Tasche.»Da steht alles drin, was ich weiß. «Was ich vermute, hätte er sagen sollen.»Wenn ich falle, müssen Sie das, so gut Sie können, an höhere Stellen weiterleiten.»

Heiser rief Plowman dazwischen:»Der Franzose nimmt Segel weg, Sir.»

Veitch nickte.»Er wird uns bald haben.»

Bolitho ließ den Blick über das Deck schweifen. Es krängte jetzt noch weniger; die leichte Brise konnte kaum alle Segel füllen. Sein Plan stand fest. Und etwas anderes kam ja auch gar nicht in Frage, dachte er grimmig.

Allday kam nach achtern.»Lunte gelegt und klar zum Zünden, Sir. Müßte uns 'ne Viertelstunde Zeit lassen.»

Bolitho richtete das Teleskop auf die Korvette.»Zu lange.

Schneiden Sie sie so kurz, wie Sie es nur riskieren können. Fünf Minuten.»

Er hörte sie erschrocken Luft holen, behielt aber die Korvette im

Auge. Sie kam stetig näher, die Rahen so gebraßt, daß sie den Wind voll faßten. Sie zeigte ihren Bauch, als sie sich flink auf den anderen Bug legte.

«Sehen Sie sich den Kupferbeschlag an«, bemerkte Plowman.»Die ist noch nicht lange auf See.»

Ein Schauer der Erregung überkam Bolitho. Eins von Brueys Schiffen vielleicht? Gehörte sie zu der verstreuten Kundschafterlinie, welche die mächtige Flotte des französischen Admirals in die offene See und schließlich nach Ägypten geleiten würde? Er dachte an alle die Informationen, gesicherte und ungesicherte, die schließlich viel mehr bedeuteten als diese eine Korvette, die ihren Weg zum schützenden Hafen bedrohte. Wie ein riesiges Seeungeheuer würde Brueys Flotte aus Transportern und Linienschiffen mit Malta als Sprungbrett auf die ägyptische Küste zustreben. Und von da aus nach Indien, zu all den Besitzungen und Handelsverbindungen, die England beinahe in jenem anderen Krieg verloren hatte.

«Alle Mann ins Boot!»

Er wartete, ob Veitch oder Plowman etwas einzuwenden hatten. Aber der Leutnant sagte nur:»Ich lege nicht ohne Sie ab, Sir. Und das ist mein letztes Wort.»

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