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Diesmal stockte der Kiel. Bolitho fuhr fort: «Ihr gegenwärtiges Kommando übernimmt Captain Thomas Herrick.»

Er schritt zum Tisch und sah Moffitt über die schmale Schulter.»Zwei Kopien. Gleich. «Er nahm dem Schreiber die Feder aus der Hand, der sie anstarrte, als wolle er sie bannen. Mit fast wütendem Schwung setzt er unter den Text: «Eigenhändig unterschrieben an Bord Seiner Majestät Schiff Lysander, gezeichnet Richard Bolitho, Commodore.»

Es war getan.

Thomas Herrick hatte die Mannschaft nach dem Strafvollzug wegtreten lassen. Die näherkommenden Schiffe waren als Osiris und Nicator identifiziert worden. Nun trat Herrick wieder in Bo-lithos Kajüte, um Meldung zu machen.

Bolitho saß unter den großen Fenstern und blickte auf die lebhaft schwingenden Rahen der Osiris hinaus, deren Segel den Wind aufnahmen, so daß sie sich wieder auf ihre Position achteraus von der Lysander begeben konnte.

«Beide Kommandanten sollen sofort an Bord kommen«, sagte er.

«Jawohl, Sir«, antwortete Herrick müde.»Ich habe schon signalisiert. Wenn alle Schiffe auf ihren Positionen sind, drehe ich bei. Die Osiris will schnellstens berichten.»

Bolitho nickte. Farquhar mußte Neuigkeiten haben, wichtige Neuigkeiten, deretwegen er das vereinbarte Treffen nicht eingehalten hatte. Bolitho sah nicht nach dem versiegelten Umschlag hin. Die Neuigkeit, die er hatte, würde selbst den blasierten Farquhar überraschen.

Er sagte:»Ich habe das, was Sie mir vorhin anvertraut haben, in meinem offiziellen Logbuch nicht erwähnt, auch nicht in meinem Bericht an den Admiral.»

Er sah, wie Herrick die Schultern sinken ließ.»Aber ich nehme es selbstverständlich zur Kenntnis. «Oben klapperten Blöcke und knarrten Taljen, denn das Schiff rollte schwer unter verringerten Segeln; jede Minute konnten die anderen Kommandanten eintreffen. Dann ging es noch einmal von vorn los. Er sprach weiter:»Ich könnte meinen Stander auf einem anderen Schiff hissen, Thomas. Aber ich habe so etwas schon einmal erlebt und erinnere mich nur zu gut daran, welche Folgen das hatte. Die ganze Besatzung empfand das als einen persönlichen Vorwurf, als ein Mißtrauensvotum des Admirals. Ich hielt das damals für unfair und tue es heute noch.»

Herricks Stimme war heiser.»Ich verstehe. Der Gedanke an mein Versagen und was es bedeutet, ist mir alles andere als angenehm. Aber ich will auch nicht gegen etwas protestieren, das meine Schuld ist. «Hilflos zuckte er die Achseln.»Meine Einstellung zur

Marine und zu Ihnen ist derart, daß ich mich lieber umbringen würde, als Menschenleben und die Interessen meines Landes zu gefährden, um meine Fehler zuzudecken.»

Bolitho sah ihn mitleidig an.»Ich habe nicht die Absicht, Sie Ihres Dienstes zu entheben.»

Herrick fuhr auf.»Warum haben Sie mich dann…»

Bolitho stand rasch auf.»Was hätte ich denn machen sollen? Gilchrist das Kommando übergeben und Sie nach Hause schicken? Oder Sie vielleicht gegen Javal austauschen, obwohl wir bloß eine Fregatte für die ganze Mission haben?«Er blickte zur Seite.»Ich gebe Ihnen die Osiris. Sie ist ein gutes Schiff mit hohem Ausbildungsstand. «Herrick atmete heftig ein, aber Bolitho achtete nicht darauf und fuhr fort:»Sie brauchen sich dann nicht mehr mit Geschwaderangelegenheiten herumzuärgern, sondern können Sich auf Ihr Schiff konzentrieren. Was Sie daraus machen, ist Ihre Sache. Aber Ihnen traue ich zu, mehr als jedem anderen, daß Sie voll und ganz Ihre Pflicht tun.»

Langsam drehte er sich wieder um und sah zu seiner Bestürzung, daß Herrick, genau wie vorher, unnatürlich ruhig war.»Farquhar wird hier vorläufig Ihren Dienst übernehmen, bis.»

Herrick nickte.»Wie Sie befehlen, Sir.»

«Befehlen?«Bolitho trat einen Schritt zu ihm hin.»Glauben Sie, ich mute Ihnen zu, daß Sie Tag für Tag den Offizieren und Mannschaften ins Gesicht sehen müssen, die Sie ausgebildet und befehligt haben, seit Sie auf der Lysander sind? Und daß Sie dabei in jeder Sekunde Angst haben, Sie könnten ihnen auf irgendeine We i-se nicht gerecht werden?«Er schüttelte den Kopf.»Das mache ich nicht. Ebensowenig will ich die Kampfkraft des Geschwaders aufs Spiel setzen, weil Ihre Freundschaft mir kostbar ist.»

Herrick blickte sich in der Kajüte um.»Gut. Ich packe dann meine Sachen und gehe von Bord.»

«Kein Schatten wird auf Sie fallen, Thomas. Dafür sorge ich. Aber lieber sähe ich Sie als Kommandanten einer uralten Brigg, als daß Ihnen an Land das Herz bricht, weil Sie dem einzigen Leben entrissen sind, das Sie lieben und für das Sie so viel geopfert haben.»

Anscheinend war Herrick im Moment etwas verwirrt.»Farquhar!«sagte er.»Den habe ich nie leiden können. Schon als Mids-hipman nicht. «Er wandte sich zur Tür.»Daß es so enden würde, hätte ich nie gedacht.»

Bolitho kam quer durch die Kajüte auf ihn zu und reichte ihm die Hand.»Nicht enden, Thomas!»

Aber Herricks Hände blieben unten.»Wir werden ja sehen, Sir. «Er ging hinaus, ohne sich umzusehen.

Dann kam Allday. Nach kurzem Zögern nahm er den Degen von seinem Gestell und prüfte ihn.

Bolitho setzte sich wieder auf die Fensterbank und sah ihm trübselig dabei zu.

«Käpt'n Herrick geht also von Bord, Sir?«Aber Alldays Augen ruhten auf dem Degen.

«Fangen Sie nicht auch noch mit mir an, Allday!«Aber es klang keineswegs gereizt.»Ich habe die Nase voll für diesen Tag. Für tausend Tage.»

Alldays Augen waren sehr klar in dem reflektierten Licht.»Sie haben das Richtige getan, Sir. «Er lächelte melancholisch.»Ich bin bloß ein einfacher Seemann, und wenn Sie nicht wären, arbeitete ich im Mast und könnte für jede lausige Kleinigkeit ausgepeitscht werden. Aber ich habe meine festen Ansichten über die, denen ich diene und — «, er schien das richtige Wort nicht zu finden — ,»für die ich was übrig habe. «Sorgfältig zog er den alten Degen aus der Scheide und hielt die Klinge in die Sonne, als prüfe er die Schneide.»Käpt'n Herrick ist ein guter Mann. Auf einem anderen Schiff wird er sich schon wieder fangen. «Mit scharfem Klicken stieß er die Klinge wieder hinein.»Und wenn nicht — dann ist das Flaggschiff erst recht nicht der Ort für ihn.»

Bolitho starrte Allday an. Es war schon oft so gewesen; aber noch nie hatte er Alldays moralische Unterstützung so nötig gebraucht wie jetzt. Auf seinem Schiff, ja in seinem ganzen kleinen Geschwader gab es keinen Menschen, mit dem er seine Ängste, seine Zweifel wirklich teilen konnte. Als er aus der Offiziersmesse in die Kapitänskajüte übergewechselt war, und erst recht später, als er seinen Kommodorewimpel bekommen hatte, mußte er sich eines solchen Luxus' ein für allemal entsagen.

Gelassen sprach Allday weiter:»Als ich auf Ihr Schiff gepreßt wurde, hatte ich mir vorgenommen, bei der ersten Gelegenheit abzuhauen. Ich wußte genau, was auf Desertion steht, aber ich war fest entschlossen. Und dann, bei den Saintes,[17] als uns die Kanonenkugeln so dicht um die Ohren flogen, daß man sich nicht einmal mehr auf den lieben Gott verlassen konnte, da habe ich mal nach achtern geschaut und Sie gesehen. Und da wußte ich, es gibt Kommandanten, die ein Herz für unsereinen haben, für uns arme Trottel, die für König und Vaterland auch noch hurra rufen sollen, wenn sie in die feindliche Linie segeln.»

«Ich glaube, Sie haben jetzt genug gesagt«, unterbrach Bolitho leise. Während Alldays Tirade hatte er den Kopf nicht erhoben.

«Nur Sie selber«, fuhr Allday fast verzweifelt fort,»Sie sehen das nie, Sir. Sie machen sich Sorgen um Käpt'n Herrick, oder was für Chancen wir gegen diesen oder jenen Feind haben, aber nie nehmen Sie sich Zeit, an sich zu denken. «Er riß sich zusammen, denn Ozzard, Bolithos Rock und Hut in Händen, kam durch die andere Tür hereingeschlichen.»Aber was vorbei ist, ist vorbei; es wird schon in Ordnung gehen.»

Bolitho stand auf; mit starren Augen, die nichts sahen, ließ er sich in den Rock helfen. Das Degenkoppel gab ihm Halt. Allday hatte von Anfang an, vielleicht schon als Herrick zum Flaggkapitän ernannt worden war, begriffen, wie die Dinge lagen.

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17

Seeschlacht in der Karibik; siehe Kent: Zerfetzte Flaggen

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