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Farquhar brauchte allerdings keine Angst vor Pelham-Martins Einflüssen außerhalb der Marine zu haben. Seinem Vater gehörte halb Hampshire, und er stammte aus einer langen Reihe berühmter Seeoffiziere, von denen einige sogar Admirale gewesen waren. Dennoch lag es Farquhar fern, Dreistigkeit zu demonstrieren, die ihm später vielleicht als Komplott oder mangelhafte Unterstützung seines Kommodore hätte ausgelegt werden können. So etwas ging ebenso gegen seine Natur, wie einen gewöhnlichen Seemann als Gleichgestellten zu betrachten.

Als Bolitho später auf dem Achterdeck der Hyperion stand und beobachtete, wie die Spartan an ihren langsameren Gefährten vorbeipreschte, fühlte er etwas wie Neid in sich aufsteigen. Eine Fregatte war doch etwas ganz Besonderes: schnell, unabhängig und sehr persönlich. Dort war einem das Gesicht und das Verhalten jedes einzelnen Mannes ebenso vertraut wie der Satz ihrer Segel. Auf einem Linienschiff dagegen lebte man in einer anderen Welt: hier die mehrere hundert Seelen zählende in ihren engen Quartieren zusammengepferchte Besatzung, dort die Offiziere, und beide zusammengehalten durch eine strikte Disziplin.

Die schwache Verbindung mit der anderen Welt, die er so sehr liebte, schien sich nun weiter zu lockern. Als er den Kameraden seinen skizzenhaften Plan erklärt hatte, war ihm das plötzlich bewußt geworden, und es erschreckte ihn. Es war der Schritt vom

Gehorchen zum Befehlen, von einfachen Aufspüren eines Feindes, von Längsseitlegen, um zu siegen oder unterzugehen, zur Notwendigkeit taktischer Überlegungen und Rücksichtnahme auf andere Schiffe oder auf ein weit verstreutes Geschwader. Erst als er seine Ansicht ausgesprochen hatte, war ihm blitzartig bewußt geworden, was er tat. Indem er seine tiefsten Gedanken enthüllte, die später in Handlungen umgesetzt werden konnten, hatte er einen kaum noch umkehrbaren Schritt in seiner Karriere getan.

Aber strategisches Denken konnte, wie Pelham-Martin und andere vor ihm erfahren hatten, noch mehr als den Tod seines Urhebers zur Folge haben. Es konnte den Ausgang einer Schlacht, ja die Existenz einer ganzen Nation bestimmen.

Inch trat zu ihm und tippte an seinen Hut.»Haben Sie irgendwelche Befehle, Sir?»

Bolitho schaute noch der Spartan nach, die sich heftig stampfend in die mit Schaumkronen bedeckte See warf.

«Ich gehe in den Kartenraum. «Er stockte, denn er wußte, daß sein nächster Schritt zwar mehr persönlich, aber nicht weniger lebenswichtig war.»Schicken Sie den neuen Steuermannsmaaten Selby zu mir.»

Inch trat auf der Stelle, das Gesicht voll offenkundiger Neugier. Bolitho sah ihn an.»Und sorgen Sie dafür, daß ich nicht gestört werde.»

In dem dunkel getäfelten Kartenraum lehnte er sich im Bemühen, seine Zweifel zu überwinden, gegen das Schott. Die gewohnten Geräusche an Deck klangen hier nur gedämpft herein, und der ferne Klang der Pumpe schien mit seinem Herzschlag den Takt zu halten.

Es klopfte an die Tür, und er rief:»Herein!»

Sein Bruder stand auf der anderen Seite des Kartentisches und schaute ihn aufmerksam und fragend an.»Sie haben mich rufen lassen, Sir?»

Bolitho zupfte an einer Ecke der zuoberst liegenden Karte. Schweigen umgab sie, und es schien Bolitho, als halte das ganze Schiff den Atem an.

Dann begann er stockend:»Ich brauche einige Informationen. «Er bemühte sich um einen so distanzierten Ton, als ob der Mann ihm gegenüber tatsächlich nur irgendein Steuermannsmaat wäre.»Als du damals in der Karibik warst. «Seine Zunge zögerte bei dem Wort >damals<. Wieviel Kummer und Ungewißheit hatte Hugh damals ihrem Vater bereitet! Scharf fuhr er fort:»Als du das Kaperschiff Andiron führtest, mußtest du dich doch in dieser Inselwelt gut ausgekannt haben. «Er zog mit dem Finger weite Kreise auf der Karte.»Du warst auf deine eigenen Hilfsquellen angewiesen. Um deine Leute verschnaufen zu lassen und Schäden auszubessern, mußtest du doch kleine oder größere Buchen kennen.»

Sein Bruder rückte näher heran, und sein Gesicht wirkte unter der hin- und herschwankenden Lampe plötzlich zerfurcht und müde.

«Das ist lange her. Ja, ich kannte viele solcher Ankerplätze.»

Bolitho ging um den Tisch herum und streifte dabei die Spinde und die hin- und herschwingende Hängematte, ohne es zu bemerken.

«Du kennst natürlich Lequiller und weißt auch, was wir hier vorhaben. Ich glaube, daß er seine beschädigten Schiffe ausbessern wird, bevor er…»

Er brach ab, als er sich bewußt wurde, daß sein Bruder ihn nachdenklich betrachtete.

«Ich habe allerlei gehört. Daß Lequiller das Schatzschiff gekapert hat und du die Absicht hast, ihn zu verfolgen und abzufangen. «Er zuckte die Achseln.»Nachrichten verbreiten sich schnell in den unteren Decks, wie du weißt.»

«Als du in Las Mercedes warst, hast du da gehört oder gesehen, was dort vor sich ging?»

«Nicht viel. Wir sahen, daß die Soldaten exerzierten, und als die französischen Schiffe in die Bucht einliefen, gab es große Aufregung. Ich wußte gleich, daß uns das Unannehmlichkeiten bringen würde.»

Bolitho konnte seine Bitterkeit nicht unterdrücken. »Uns? Das bedeutet wohl eine Sinnesänderung bei dir?»

Sein Bruder sah ihn ernst an.»Möglicherweise. Denn schon bei meinem nur kurzen Aufenthalt auf deinem Schiff habe ich dich wieder achten gelernt. So wie damals in St. Clar, als die Strafgefangenen dir zujubelten. «Er lächelte etwas gequält.»Zwischen einem Strafgefangenen und einem Seemann auf einem Schiff des Königs besteht nur ein geringer Unterschied, und ich habe gehört, was sie von dir denken. «Er schaute auf die Karte.»Sie würden dir überallhin folgen. Frag mich nicht, warum. Und erwarte auch nicht, daß einer das ausspricht. Es ist eben etwas, das du an dir hast und auf sie ausstrahlst. «Er zuckte abermals mit der Schulter.»Aber macht nichts. Ich sage das nur, weil ich meine, du solltest das nicht beiseite schieben, nur um den guten Namen deines Kommodore zu retten.»

Bolitho antwortete scharf:»Ich habe dich nicht hergerufen, um deine Meinung über meine Motive zu hören. «Er klopfte auf die Karte.»Also?»

«Hier ist ein geeigneter Platz. «Hughs Finger wies auf eine Stelle der Karte.»Die Pascua-Inseln, etwa fünfzig Meilen nordwestlich von St. Kruis. «Seine Augen bewiesen fachliches Interesse, als er sich über die Karte beugte.»Zwei Inseln, die durch eine Kette kleiner und kleinster Eilande und ausgedehnter Riffe miteinander verbunden sind. Ein gefährlicher Ankerplatz, eigentlich nur eine letzte Zuflucht. «Er nickte nachdenklich.»Der Hauptvorteil ist, daß es zwischen den Riffen Durchlässe gibt. Mit deinem kleinen Geschwader könntest du gar nicht alle überwachen. «Sein zerfurchtes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.»Ich selbst bin da Rodneys Fregatten mehrmals entwischst.»

Bolitho fragte ruhig:»Was würdest du an meiner Stelle tun?»

Sein Bruder sah ihn lange an, und sein Ausdruck wechselte dabei von Überraschung zu Mißtrauen. Schließlich antwortete er:»Eine Fregatte würde zwischen den Riffen durchkommen. Ein Überraschungsangriff auf diesem Wege würde die vor Anker liegenden Schiffe sicherlich veranlassen, durch die Hauptpassage auszulaufen; davor könntest dann du stehen und sie in Empfang nehmen.»

Bolitho betrachtete ihn ernst.»Nur ein sehr erfahrener Mann wäre imstande, ein Schiff durch die Riffe zu steuern, nicht wahr? Jemand, der die genaue Lage aller unter Wasser liegenden Hindernisse kennt.»

Hugh beobachtete ihn verständnisvoll.»So ist es. Ohne solch einen Mann wäre es Wahnsinn. Als ich die Durchfahrt das erste Mal benutzte, hatte ich einen alten Mulatten als Lotsen. Er kannte sich sehr gut aus und hat dann mir beigebracht, was er selber als Fischer in vielen Jahren mühsam gelernt hatte.»

Bolitho richtete sich straff auf.»Willst du's tun?«E sah das Mißtrauen in den Augen seines Bruders weichen und fügte hinzu:»Ich weiß, das Risiko ist groß. Der Kommandant unserer einzigen

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