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Er seufzte und schien sich etwas zu entspannen.

«Ist Ihr Schiff segelklar, Bolitho? Weiß Gott, nach sechs Monaten Überholung sollte es das sein.»

«Mir fehlten fünfzig Leute zur vollständigen Besatzung, als es in Dienst gestellt wurde, Sir, und ich habe im Gefecht mit der Fregatte zehn Mann verloren.»

Die Augen des Vizeadmirals umwölkten sich.»Ah ja, die Fregatte. Ich bin froh, daß Sie die Ithuriel rächen konnten. «Sein Ton wurde härter.»Aber ich kann keinen Mann für Sie entbehren. Sie müssen selbst sehen, wie Sie sich Leute beschaffen. «Dann erhob er sich aus seinem Sessel und blickte Bolitho forschend an.»Ich kannte Ihren Vater, und Ihre Laufbahn ist mir vertraut. Wenn das nicht wäre, und die Tatsache, daß Sie schon Anker geworfen hatten, ehe Lequiller sein Ultimatum stellte, hätte ich Sie der Feigheit vor dem Feind für schuldig gehalten. «Er hob die Schultern, ließ sie wieder fallen.»In jedem Fall und gleichgültig, was ich geglaubt hätte, die Kriegsartikel stellen vergangene Verdienste oder privates Vertrauen nicht in Rechnung. Vor vierzig Jahren wurde Admiral Byng erschossen, weil er einen Fehler beging. Das Kriegsgericht würde nur wenig zögern, einen einfachen Kapitän zu hängen, wenn dies als Ansporn für andere dienen könnte.

Überraschend lächelte er und streckte die Hand aus.»Gehen Sie auf Ihr Schiff, und viel Glück. Wir schreiben jetzt 1795. Das Jahr kann für unsere Sache gewinnbringend sein — oder eine Katastrophe werden. Sie gehören zu der Generation von Marineoffizieren, die im richtigen Alter und zur richtigen Zeit da ist, um letzteres abzuwenden.»

Bolitho fand keine andere Antwort als:»Vielen Dank, Sir.»

Cavendish wurde plötzlich ernst und streng.» Wie ich höre, haben Sie geheiratet. «Er blickte auf den alten Säbel an Bolithos Hüfte.»Ich erinnere mich, daß schon Ihr Vater diese Waffe getragen hat. Vielleicht wird Ihr Sohn sie eines Tages tragen. «Er folgte Bolitho zur Tür und fügte gedämpft hinzu:»Sorgen Sie dafür, daß er sie ebenso ehrenvoll übernimmt wie Sie.»

Bolitho trat auf das Achterdeck hinaus. In seinem Kopf schwirrte es. Die Szene war die gleiche wie die, als er an Bord gekommen war, und doch so völlig verschieden. Selbst die Luft schmeckte sauberer, und er konnte sich gerade noch beherrschen, um nicht zu seinem Boot zu rennen.

Der Kommandant der Fregatte wartete neben der Schanzpforte.»Haben Sie Post, die ich für Sie mitnehmen kann, Sir?»

Bolitho sah ihn an.»Ja, ich schicke sie Ihnen sofort herüber.»

Die unerwartete Frage brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Er hatte sich gegrämt, daß er von Cheney so weit entfernt war. Jetzt würde er auf die andere Seite des Atlantik segeln. Bis zu jenem Teil der Karibik waren es annähernd fünftausend Meilen. Es konnten Monate vergehen, sogar Jahre, ehe er zurückkehrte. Falls überhaupt.

Er griff an seinen Hut und kletterte ins Boot hinunter. Allday studierte sein ernstes Gesicht.»Zum Schiff zurück, Sir?«Bolitho sah ihn an und lächelte dann:»Sonst kann man hier nirgendwo hin.»

Als das Boot, von kräftigen Riemenschlägen getrieben, der Hyperion entgegenfuhr, versuchte Bolitho, seine Gedanken auf die zahllosen Einzelheiten und Änderungen zu richten, die er in seinen Plänen und der täglichen Routine vornehmen mußte. Es gab Probleme und viele Mängel, und nicht die geringste seiner Sorge würde es sein, Pelham-Martin ständig als Gesellschafter zu haben.

Doch immer wieder kehrten seine Gedanken zu dem Haus in Falmouth zurück; das Gefühl der großen Ferne wurde immer stärker, bis es Teil einer anderen Welt zu sein schien.

Allday ließ seine Hand auf der Ruderpinne ruhen und behielt den Schlagmann im Auge. Während Bolithos Aufenthalt beim Vizeadmiral war Allday nicht untätig geblieben. Eine Fregatte war zu klein und beengt, als daß ein wichtiges Geheimnis lange verborgen blieb, und im Unterdeck erfuhr man von einer Änderung der Pläne fast ebenso schnell wie in der Offiziersmesse.

Wieder die Karibik, dachte er. Und alles nur wegen dieses blutrünstigen Froschfressers, der wehrlose Gefangene aufhängen ließ. Es bedeutete Sonne und Schweiß, brackiges Wasser und die ständige Bedrohung durch Krankheiten. Und es konnte noch sehr viel Schlimmeres bedeuten.

Dann studierte er die Haltung von Bolithos Schultern und lächelte flüchtig. Wenigstens hatten sie ihren Kommandanten behalten. Und für Allday war das alles, worauf es wirklich ankam.

Leutnant Inch saß unbeholfen auf der Stuhlkante, den Hut zwischen die Knie geklemmt, als er aufmerksam Bolithos Neuigkeiten zuhörte.

Bolitho sagte:»Sie sehen also, es scheint, daß Sie Ihre Heirat noch eine Weile aufschieben müssen.»

Inch nickte, das Gesicht zu einer aufmerksamen Maske verzogen, als ob er jedes Wort im Gedächtnis behalten wollte.

«Sie können die Offiziere über das Ziel und die voraussichtlichen Absichten informieren, aber unseren Leuten will ich es selbst sagen, sobald ich die Zeit erübrigen kann.»

Bolitho hörte laute Befehle und das Scharren von Füßen auf der Gangway und nahm an, daß der Rest von Pelham-Martins persönlichem Besitz an Bord gehievt wurde.

Er fügte hinzu:»Der Kommodore ist an ein sauber gepflegtes Schiff gewöhnt, Mr. Inch. Mit Recht wird er auch die ihm zustehende Ehrenbezeigung erwarten.»

Ruckartig fuhr Inch aus seinen Gedanken auf.»Ich habe Hauptmann Dawson unterrichtet, Sir. Die Wache und die Trommler sind bereits angetreten.»

«Gut. «Bolitho sah sich in der Kajüte um. Er hatte seinen persönlichen Besitz bereits in den Kartenraum schaffen lassen, und nun würde Pelham-Martin in den Genuß dieses Quartiers kommen. Und auch den Ausblick durch die Heckfenster haben, dachte er bedauernd.

«Sobald wir unterwegs sind«, fuhr er fort,»will ich den Zahlmeister sprechen. Eine vollständige und detaillierte Aufstellung über die Bestände an Frischwasser und Limonensaft ist erforderlich. Es kann Monate dauern, bis wir unsere Vorräte durch frische Lebensmittel und Obst ergänzen können, und mancher wird auch ohne Skorbut oder Schlimmeres schwer genug mitgenommen werden.»

Inch stand auf, seine schlanke Gestalt paßte sich einer unerwarteten Schwankung des Schiffes mühelos an.»Tut mir leid, Sir, ich habe versäumt Sie zu unterrichten: Wir haben einen neuen Mids-hipman an Bord.»

Bolitho, der in seinen sauber geschriebenen Befehlen geblättert hatte, hielt inne und blickte auf.»Ist er vom Himmel gefallen, Mr.

Inch?»

Der Erste Offizier errötete.»Nun, Sir, als Sie bei dem Admiral an Bord der Fregatte waren, war ich so beunruhigt, daß ich es völlig vergaß. Er wurde mit der Post und Sanitätsmaterial von der Fregatte geschickt und kommt direkt aus Plymouth; er war noch nie auf einem Schiff des Königs.»

Bolitho lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück.»Also ein Midshipman mehr, kann später sehr nützlich sein, ganz gleich, über welche Erfahrung er verfügt.»

Vom Hauptdeck her war ein lautes Poltern zu hören, und die Luft dröhnte von Tomlins laut gebrüllten Verwünschungen.

«Gut, Mr. Inch, schicken Sie mir den jungen Mann herein, und kümmern Sie sich dann um den Besitz des Kommodore. «Er lächelte schief.»Der Anfang könnte noch schlechter werden, wenn etwas beschädigt wird.»

Er wendete sich wieder seinen Befehlen zu, dachte an das, was vor ihnen lag, und an die Bemerkungen, die Vizeadmiral Cavendish ihm gegenüber privat geäußert hatte. Neue Methoden und ein neuer Typ Marineoffizier. Es war merkwürdig, aber zutreffend, daß Männer wie Rodney und Howe, Namen, die früher in der ganzen Marine mit Respekt und Ehrfurcht ausgesprochen wurden, jetzt von jüngeren und ehrgeizigen Offizieren offen kritisiert wurden. Wie von dem jungen Kapitän Nelson, dem Bolitho vor über einem Jahr in Toulon begegnet war und durch dessen persönliche Initiative und Wagemut Bastia unmittelbar vor der Nase der französischen Armee erobert worden war. Im richtigen Alter und zur richtigen Zeit, hatte Cavendish gesagt. Bolitho schob die Schreibtischschublade zu und schloß sie ab. Wir werden sehen, dachte er.

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