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Sogar der Wein, warm und trübe, wie er war, schmeckte ihm fast wie Bordeaux.»Da kommen sie, Sir! Da kommen die Lumpen!«Bolitho warf den Becher beiseite und hob seinen Säbel auf.»Alle Mann — Achtung!»

Er warf einen Blick nach hinten, ob Little und seine Leute zurechtkamen. Die Kanone hatte sich noch nicht bewegt. Wenn sie die gewünschte Panik hervorrufen sollte, mußte sie recht bald feuern.

Auf einmal horte er vielstimmiges Geschrei, und als er an die Brustwehr trat, sah er eine Menge Männer den Hügel heraufstürmen. Die Sonne spiegelte sich in ihren Säbeln und Entermessern, und die Luft hallte wider vom Peitschenknall zahlreicher Musketen- und Pistolenschüsse.

Bolitho schaute zu Colpoys hinüber.»Seid ihr bereit, Seesoldaten?«»Feuer!»

XVI Nur ein Traum

«Feuer einstellen!»

Bolitho übergab seine Pistole einem Verwundeten zum Nachladen. Es kam ihm vor, als ob jede Faser seines Körpers unkontrollierbar zitterte, und er konnte es kaum glauben, daß der erste Angriff zurückgeschlagen war. Einige Gegner, welche die Spitze des Hügels fast erreicht hatten, lagen da, wo sie gefallen waren; andere versuchten noch, sich unter Schmerzen nach unten in Sicherheit zu bringen.

Colpoys kam zu ihm herüber, sein Hemd klebte ihm wie eine zweite Haut am Körper.»Großer Gott!«Er wischte sich den Schweiß aus den Augen.»Da hört die Gemütlichkeit auf!»

Drei weitere Matrosen hatte es erwischt, aber sie lebten noch. Pearse war schon dabei, sie mit überzähligen Musketen und Pulverhörnern zu versorgen, damit sie bei einem neuen Angriff Schnellfeuer geben konnten. Und danach.? Bolitho musterte seine keuchend beieinandersitzenden Leute. Die Luft war schwer von ätzendem Pulverqualm und dem süßlichen Geruch nach Blut.

Little rief:»Noch fünf Minuten, Sir!»

Der Angriff war so heftig gewesen, daß Bolitho Leute von der Geschützbedienung hatte zu Hilfe holen müssen, um die schreiend anstürmenden Feinde zurückzuschlagen. Jetzt warfen Little und Stock-dale mit ausgesuchten Männern ihr ganzes Gewicht auf die hölzernen Spaken, um die Kanone so weit herumzudrehen, daß sie auf den Ankerplatz gerichtet war.

Bolitho hob das Teleskop und studierte die sechs bewegungslos daliegenden Schiffe. Das eine, ein Toppsegelschoner, sah sehr ähnlich aus wie der, mit dem die Heloise Bekanntschaft gemacht hatte. Keines traf Anstalten zum Ankerlichten. Er schloß daraus, daß ihre Kapitäne damit rechneten, die Hügelbatterie würde die unverschämten Eindringlinge zerschmettern, bevor sie weiteres Unheil anrichten konnten.

Er nahm einen Becher Wein von Pearse entgegen, ohne zu sehen, was er tat. Wo, zum Teufel, blieb Palliser? Er mußte doch bemerkt haben, was sie vorhatten. Verzweiflung wollte Bolitho packen. Angenommen, der Erste Offizier glaubte, das Geschützfeuer und der ganze Höllenlärm bedeuteten, daß Bolithos Gruppe entdeckt und systematisch vernichtet worden war? Er rief sich Dumaresqs eigene Worte in Erinnerung, bevor sie das Schiff verlassen hatten:»Dann kann ich Ihnen nicht helfen. «Es war anzunehmen, daß Palliser den gleichen Standpunkt vertrat.

Bolitho wandte sich um und versuchte, seine plötzliche Verzagtheit zu verbergen, während er fragte:»Wie lange noch, Little?«Es fiel ihm ein, daß der Stückmeistersmaat ihm das gerade zugerufen hatte und daß Colpoys und Cowdroy ihn besorgt beobachteten.

Little richtete sich auf.»Fertig!«Er bückte sich wieder und schielte am langen schwarzen Geschützrohr entlang.»Jetzt das Pulver, Jungs! Rammt die Ladung ein!«Er kroch wie eine riesige Spinne um das Bodenstück der Kanone, man sah nur noch Arme und Beine von ihm.

«Dies muß behutsam und genau erledigt werden!»

Bolitho leckte sich die Lippen. Er sah zwei Seeleute mit einer Trage zur Feuerstelle gehen, wo ein anderer mit einer Zange in den Fäusten darauf wartete, ihnen die glühend heiße Kugel zu übe rgeben. Was dann kam, hing stets vom guten Timing und vom Glück ab. Die Kugel mußte in die Rohrmündung eingeführt und fest auf den doppelten Ladepropfen über dem Pulver gestoßen werden. Wenn die Kanone losging, bevor der Mann mit dem Ansetzer fertig war, wurde er von der Kugel zerfetzt. Andererseits konnte es passieren, daß das Geschützrohr platzte. Kein Wunder, daß Schiffsführer sich fürchteten, an Bord glühende Kugeln zu verwenden. Stockdale nickte beifällig.

Colpoys sagte plötzlich:»Ich sehe Leute drüben auf dem Hügel. Sie nehmen uns gleich unter Feuer. «Ein Mann rief:»Sie sammeln sich zu einem neuen Angriff!«Bolitho lief an die Brustwehr und ließ sich auf ein Knie nieder. Er konnte kleine Gestalten sehen, die sich zwischen den Felsbrocken bewegten, und andere, die Stellungen am Abhang bezogen. Das war kein ungeordneter Pöbelhaufen. Garrick hatte seine Leute wie eine Privatarmee gedrillt.»Legt an!»

Die Musketenläufe wurden gehoben und flimmerten im blendenden Sonnenlicht, als jeder Mann sich ein Ziel zwischen den Felsbrocken suchte. Die erste Salve rollte über die Brustwehr, aber Bolitho wußte, daß weitere Angreifer sich unter dem Schutz des eigenen Deckungsfeuers zur anderen Seite des Abhangs vorarbeiteten.

Er warf einen kurzen Blick auf Little, der die Hände wie zum Segen ausgebreitet hielt.»Jetzt die Kugel!»

Bolitho riß den Blick von ihm los und feuerte seine Pistole auf drei Männer ab, die fast den Gipfel erreicht hatten. Andere schwärmten seitlich aus und boten ein schlechtes Ziel. Die Luft vibrierte von markerschütterndem Geschrei und von Flüchen, viele davon in Englisch.

Zwei Gestalten sprangen über die Brustwehr und warfen sich auf einen Matrosen, der sich verzweifelt bemühte, seine Muskete neu zu laden. Bolitho sah, wie sich sein Mund zu einem lautlosen Schrei öffnete, als der eine Angreifer ihn mit seinem Säbel aufspießte und sein Gefährte ihn mit einem schrecklichen Schlag für immer zum Schweigen brachte.

Bolitho machte einen Ausfall, schlug eine Klinge beiseite und hieb den Fechtarm des Mannes mit einer schnellen Bewegung nieder, bevor der wußte, was ihm geschah. Er spürte es im Handgelenk, wie sein Säbel Fleisch und Knochen durchschnitt, vergaß aber den schreienden Mann, als er mit einer Wildheit, die er bisher nicht gekannt hatte, auf dessen Gefährten eindrang.

Ihre Klingen schlugen zusammen, aber Bolitho stand auf losem Gestein und konnte das Gleichgewicht kaum halten.

Der ohrenbetäubende Knall von Littles Kanone ließ den anderen Mann stolpern, und als er die Folgen begriff, stieg plötzliches Entsetzen in seine Augen. Bolitho stieß zu und war schneller über die Brustwehr zurückgesprungen, als der entseelte Körper seines Gegners zu Boden sinken konnte. Little schrie:»Seht euch das an!»

Bolitho sah eine in sich zusammenfallende, mit Dampf gemischte Wassersäule an der Stelle, wo die Kugel zwischen zwei Schiffen eingeschlagen hatte. Kein Treffer, aber die Wirkung würde zweifellos Panik auslösen.

«Auswischen, Jungs!«Little hüpfte vor Begeisterung auf dem Rand des Geschützstandes, während die Männer mit der Trage zur Feuerstelle rannten, um eine neue Kugel zu holen.»Mehr Pulver hinein!»

Colpoys kam über den blutbespritzten Felsgrund heran und meldete:»Wir haben drei weitere Männer verloren. Auch einer von meinen Scharfschützen ist dabei. «Er wischte sich die Stirn mit dem Arm, wobei ihm der goldverzierte Säbel vom Handgelenk baumelte. Bolitho sah, daß die gebogene Klinge fast schwarz war von geronnenem Blut.

Noch einem Angriff wie dem letzten konnten sie nicht standhalten. Obwohl der Abhang und der Rand der Brustwehr mit Leichen bedeckt war, wußte Bolitho, daß da unten noch viele Leute warteten, die sich zu einem neuen Angriff sammeln konnten. Und sie hatten mehr Angst vor Garrick als vor der Handvoll zerlumpter Seeleute, die sie oben erwarteten.

«Jetzt!«Little senkte die Lunte zum Zündloch, und die Kanone rollte abermals mit einem gleichzeitigen Donnerschlag zurück. Bolitho sah blitzartig, wie die Kugel stieg und dann im Bogen auf die unbeweglichen Schiffe herabfiel. Er bemerkte eine kleine Rauchwolke und daß sich etwas Kompaktes von dem nächstliegenden Schoner löste und durch die Luft segelte, bevor es seitlich ins Wasser platschte.

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