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Aber das Warten hatte sich gelohnt. Um die Hütten herum hatte alle Tätigkeit aufgehört. Von mehreren Feuern trieb Rauch zu den versteckten Matrosen und Seesoldaten herüber und bescherte ihnen den Duft von geröstetem Fleisch als zusätzliche Tortur.

Colpoys sagte:»Nach dem werden sie sich ausruhen. «Er warf einen Blick auf seinen Korporal.»Geben Sie die Essensrationen und Wasser aus, Dyer. «Für Bolitho setzte er leise hinzu:»Ich schätze, daß die Kanone noch eine Kabellänge entfernt ist. «Er kniff die Augen zusammen, als er den Abhang und den steilen Aufstieg zur nächsten Kuppe abschätzte.»Wenn wir loslaufen, gibt es kein Halten mehr. Ich denke, es werden einige Leute bei der Kanone sein, wahrscheinlich in einer unterirdischen Munitionskammer. «Er nahm einen Becher Wasser von seinem Burschen und trank ihn langsam aus.»Nun?»

Bolitho senkte das Fernrohr und legte die Stirn auf die Arme.»Wir müssen es wagen.»

Er versuchte, nicht lange darüber nachzudenken. Zweihundert Yards über offenes Gelände, und was dann?

Entschlossen sagte er:»Little und seine Mannschaft kümmern sich um die Kanone. Wir greifen die Kuppe von beiden Seiten an. Mr. Cowdroy übernimmt die zweite Gruppe. «Er sah Colpoys eine Grimasse ziehen und fügte hinzu:»Er ist der ältere von beiden und hat Erfahrung.»

Colpoys nickte.»Ich postiere meine Scharfschützen dort, wo sie am wirkungsvollsten sind. Wenn Sie die Kuppe genommen haben, helfe ich Ihnen bei ihrer Verteidigung. «Er streckte die Hand aus.»Und wenn Sie keinen Erfolg haben, führe ich den kürzesten Bajonettangriff in der Geschichte der Seesoldaten.»

Und dann war es auf einmal soweit. Die anfängliche Ungewißheit und Aufregung waren wie weggewischt, die Männer sammelten sich in den Gruppen, zu denen sie eingeteilt waren, mit ernsten, aber entschlossenen Gesichtern, unter ihnen auch Josh Little mit seiner Geschützbedienung, die mit dem notwendigen Gerät und zusätzlich mit Pulver und einigen Kanonenkugeln bepackt war.

Midshipman Cowdroy hatte schon den Säbel gezogen und überprüfte seine Pistole. Sein verdrießliches Gesicht wirkte noch finsterer als sonst. Bootsmannsmaat Ellis Pearse trug seine Privatwaffe, ein furchterregendes, doppelseitig geschliffenes Entermesser, das er sich von einem Schmied hatte anfertigen lassen. Die Seesoldaten hatten sich zwischen den Felsbrocken verteilt und ihre langen Musketen auf das offene Gelände vor sich und die flache Hügelkuppe dahinter gerichtet.

Bolitho stand auf und musterte die Männer seiner eigenen Gruppe. Dutchy Vorbink war dabei, Olsson, der verrückte Schwede, Bill Bun-ce, ein ehemaliger Wilderer, Kennedy, ein Mann, der dem Gefängnis nur durch seine Meldung zur Marine entgangen war, und einige andere, die Bolitho inzwischen gut kannte.

Stockdale schnaufte:»Ich komme mit Ihnen, Sir.»

Ihre Blicke trafen sich.

«Diesmal nicht. Sie gehen mit Little. Diese Kanone muß erobert werden, Stockdale. Ohne sie könnten wir ebensogut gleich hier sterben. «Er berührte Stockdales kräftigen Arm.»Glauben Sie mir: heute hängt alles von Ihnen ab.»

Er wandte sich ab, da er die Enttäuschung des riesigen Mannes nicht mit ansehen konnte. Zu Jury sagte er:»Sie können bei Leutnant Col-poys bleiben.»

«Ist das ein Befehl, Sir?»

Bolitho sah, wie sich das Kinn des Jungen trotzig hob. Was würden sie wohl mit ihm machen? Er antwortete:»Nein.»

Ein Mann flüsterte:»Der Ausguck ist hinuntergeklettert, ich sehe ihn nicht mehr.»

Little kicherte.»Wohl auf einen Schluck verschwunden?»

Bolitho schritt schon über den Abhang, sein gezogener Säbel blitzte im Sonnenlicht, als er auf die gegenüberliegende Kuppe zeigte.

«Los denn! Auf sie, Jungs!»

Ohne auf Lärm oder Deckung zu achten, stürmten sie den Abhang hinunter, wirbelten Staub und Steine auf und hielten den Blick fest auf den Nachbarhügel gerichtet. Sie erreichten die Talsohle und rannten keuchend über das freie Gelände, blind gegen alles außer der verborgenen Kanone.

Irgendwo, eine Million Meilen weg, schrie jemand, und ein Schuß pfiff den Hügel herab. Stimmen schwollen an und verklangen wieder. Sie kamen von den Männern an der Lagune, die zu ihren Waffen eilten, weil sie annahmen, sie würden von See aus angegriffen.

Drei Köpfe erschienen plötzlich auf dem Hügelkamm, als der erste von Bolithos Männern gerade seinen Fuß erreicht hatte. Colpoys Musketen schienen ziemlich wirkungslos zu knallen, aber zwei der Männer verschwanden immerhin, und der dritte machte einen Satz, bevor er den Hang hinunter mitten zwischen die britischen Matrosen rollte.

«Weiter!«Bolitho schwang seinen Säbel.»Schneller!»

Von der einen Seite schoß eine Muskete, ein Seeman fiel, umfaßte mit beiden Händen seinen Schenkel und blieb dann stöhnend liegen, während seine Kameraden weiterstürmten.

Bolitho kam es vor, als ob seine Lunge heißen Sand eingeatmet hätte, während er über eine roh aus Steinen aufgetürmte Brustwehr sprang. Weitere Schüsse fielen, und er begriff, daß noch einige seiner Leute getroffen waren.

Er sah Metall schimmern, neben einem Rad der Kanone unter ihrer Persenning, und schrie:»Achtung!»

Aus der Deckung unter der Leinwand schoß jemand ein Stutzrohr[14] auf die vorstürmenden Seeleute ab. Einen von ihnen warf es auf den Rücken, sein Gesicht und der größte Teil des Schädels waren wegge-schoßen. Drei weitere Männer lagen zuckend in ihrem Blut.

Mit einem Gebrüll wie ein wütendes Raubtier warf sich Pearse von der anderen Seite des Geschützstandes auf die Persenning und schlug sie mit seiner doppelseitig geschliffenen Klinge in Stücke. Eine Gestalt rannte, die Hände über dem Kopf, aus der Deckung und schrie:»Pardon! Pardon!»

Pearse holte aus und schrie:»Pardon, du Lump? Nein — das!«Die breite Klinge traf den Mann quer im Nacken, so daß sein Kopf nach vorn auf die Brust kippte.

Midshipman Cowdroys Gruppe erschien von der anderen Seite der Kuppe, und als Pearse seine Leute in die Stellung schickte, um den blutigen Sieg zu vollenden, machten sich Little und Stockdale an der Kanone zu schaffen, während andere nachschauten, ob noch Glut in der nahen Feuerstelle war.

Die Seeleute führten sich auf wie Verrückte. Sie unterbrachen ihr Jubelgeschrei nur, um ihre verwundeten Gefährten in Deckung zu ziehen, lärmten dann aber um so lauter, als Pearse mit einer großen Kanne Wein aus der Geschützstellung auftauchte.

Bolitho rief:»Zu den Musketen! Die Seesoldaten kommen, gebt ihnen Deckung!«Wieder einmal warfen sich seine Leute zu Boden und richteten ihre Waffen auf die Lagune. Colpoys und seine zehn Scharfschützen, die trotz ihrer schlecht sitzenden geborgten Kleidung irgendwie flott aussahen, eilten schußbereit den Abhang herauf; aber es schien, als sei der Angriff so blitzschnell und wild gewesen, daß die ganze Insel wie gelähmt war.

Colpoys erschien und wartete, bis seine Männer in Stellung gegangen waren. Dann sagte er:»Es scheint, daß wir nur fünf Mann verloren haben. Sehr befriedigend. «Er wandte sich verächtlich ab, als einige blutüberströmte Leiber aus der Geschützstellung hochgereicht und über die Brustwehr den Abhang hinuntergeworfen wurden.»Tiere!»

Little kletterte aus der Grube und wischte sich die Hände an seinem Bauch ab.»Reichlich Kugeln, Sir, aber nicht genug Pulver. Gut, daß wir eigenes mitgebracht haben.»

Bolitho war von ihrem Taumel angesteckt, aber er wußte, daß er klaren Kopf behalten mußte. Jeden Augenblick war der Gegenangriff auf ihre Stellung zu erwarten. Aber sie hatten sich prächtig gehalten; besser, als man erwarten durfte. Er sagte:»Geben Sie Wein aus.»

Colpoys setzte scharf hinzu:»Aber behaltet klaren Kopf und ein scharfes Auge, Leute. Die Kanone wird bald feuern müssen. «Er warf Bolitho einen Blick zu.»Habe ich recht?«Bolitho stieg Rauch in die Nase: seine Leute hatten Feuer angefacht. Sie waren im rechten Augenblick ungeheuer mutig gewesen, einige Minuten lang wie von einer tollkühnen Raserei besessen. Er nahm eine Becher Wein von Jury an und trank. Es war ein Augenblick gewesen, den er bis zu seinem Tode nicht vergessen würde.

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14

alte Handfeuerwaffe

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