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So saß Schura samt Verwandten in der Bank. Eines Tages kam er zur Idee, dass ein Bankdirektor sehr solide aussehen würde, wenn vor seinem Namen einen Doktortitel stünde. Von Tag zum Tag fand er diese Idee immer mehr und mehr attraktiver. Er begann Wege zu suchen, diese Idee zu realisieren. Schura wusste, dass er selbst keine Dissertation schaffen könnte. Das machte aber nichts. Er hörte von Freunden, dass es so viel diejenigen gibt, die diesen Titel schon besaßen, doch nichts zu essen hatten. Bei denen konnte man sich eine Doktorarbeit machen lassen und die Preise waren sehr vernünftig. Man sollte nur ein Fach wählen, in welchem man promovieren wollte. An das Fach dachte Schura den ganzen Monat nach. Er war ein Historiker, dennoch wäre es anständig für einen Bankdirektor solch einen Doktortitel haben? Rhetorische Frage. Vielleicht wäre es besser, ein Doktor in Wirtschaftswissenschaft zu sein?

Schura wurde einem Leiter des Lehrstuhls der Wirtschaftswissenschaft vorgestellt. Er übergab ihm zwei tausend Dollar für das gesamte Paket. Der Leiter des Lehrstuhls lud einen Dozenten ein und übergab ihm sieben hundert Dollar. Der lud drei Studenten ein und übergab ihnen ein hundert Dollar. In vier Monaten waren die Studenten mit der Dissertation fertig. Noch einen Monat brauchte der Dozent, um den Promotionsvortrag zu schreiben, genauso wie die Fragen, die der Promovierende gefragt werden würde und die passenden Antworten dazu. In noch einem Monat organisierte der Leiter des Lehrstuhls die Promotion. Schura las stotternd zum ersten Mal seine Rede und man verlieh ihm die Doktorwürde. Jetzt erledigte er fast alle seine Träume.

So sitzt Schura samt seiner Frau und Mutter in einer Wohnung hinter vergitterten Fenster und zwei gepanzerten Türen. Die Wohnung besitzt ein hochentwickeltes Überwachungssystem, aber kein anständiges Firmenschild, bloß ein Stück Papier mit handgeschriebenem Wort „Bank“. Einmal pro Tag kommt ein Kurier mit einem gepanzerten Auto an. Er bringt Papiere. Einige sind zu unterschreiben, andere zu lagern. Die Bankiersfamilie erledigt die Arbeit innerhalb einer Stunde vollständig, danach haben sie nichts zu tun. Von Zeit zu Zeit besucht Schura andere Banken oder Versammlungen des Vorstands der Holding. Er meidet Kontakte mit Presse und, auf alle Fälle, mit seinen früheren Bekannten. Wenn der Bankarbeit fertig ist, surft Schura im Internet und sucht seine Kommilitonen und Mitschüler. Er untersucht gründlich ihre Fotos und ist sehr zufrieden, wenn die Menschen auf Fotos schlechter, als er, aussehen. Schura verfolgt ihre Karrieren und ist besonders neidisch, wenn jemand seine Karriere als Historiker machte. Dann erzählt er irritiert seiner Frau, dass er vielleicht eine bessere Karriere gemacht hätte, wenn ihr Vater ihn nicht zum Bankier zwängte. Deswegen gibt es ab und zu Zoff in der Familie.

Heute geht es genauso, wie immer, das heißt – genauso monoton. Um elf Uhr soll der Kurier ankommen. Es ist aber schon viertel nach elf und noch kein Kurier ist da. Schura denkt, dass er Hauptquartier anrufen sollte. Er hat strenge Instruktionen für solche Situationen. Er wählt schon die Nummer, als er das Auto des Kuriers hört. Schura schaut einen Display an und sieht, wie der Kurier aus seinem Auto steigt und der Banktür nähert. Schura öffnet die Tür und Kurier kommt hinein. Das ist nicht der Mann, der jeden Tag erscheint, aber er erinnert Schura an irgendjemanden. Schura fragt, was mit Swetosar – so heißt der gewöhnliche Kurier – passiert ist. Der neue Kurier sagt, dass dem Swetosar mau ist, deshalb ist er dran. Er übergibt Schura die Papiere und der Letzte beginnt sie zu unterschreiben. Schuras Mutter lädt der Kurier in die Küche ein und schenkt ihm eine Tasse Kaffee ein. Plötzlich hört Schura, dass irgendein großes Gegenstand fällt zum Boden in der Küche. Er fragt seine Mutter, was dort passierte. Der neue Kurier sagt, dass seine Tasse ist gefallen. Schura unterschreibt die Papiere weiter. Er hört, dass der Kurier kommt aus der Küche und spricht mit Lena. Dann wird es still. Dann hört Schura Röcheln aus Lenas Zimmer. Schura wird stutzig, er steht auf und geht ins andere Zimmer. Er kann nicht begreifen, was er sieht. Seine Frau liegt am Boden und der Kurier beugt sich über sie und prüft offensichtlich ihren Puls. Schura kann sie nur von hinten sehen. Erschrocken entdeckt er neben ihr eine Pfütze Urin, die wird immer größer. Schura fragt: Was ist passiert? Der neue Kurier antwortet: Sehen Sie selbst. Schura kommt näher, beugt sich hin und sieht einen roten Streifen am Lenas Hals. Sie atmet nicht. In diesem Moment merkt er, dass der neue Kurier in einer Hand einen seltsamen Gegenstand hält – ein Stück Stahldraht zwischen zwei hölzernen Stielen. Garotte – erinnert Schura plötzlich. Der neue Kurier macht einen Schritt zu ihm, legt augenblicklich die Garotte um Schuras Hals und beginnt ihn zu würgen. Schura versteht nichts, versucht aber sich abzuwehren, doch der Kurier ist sehr kräftig. Sie kämpfen und Schura sieht die Füße seiner Mutter, die aus der Küche herausragen. Schura kann nicht mehr atmen, er fühlt höllische Schmerzen, Blut pocht ihm in den Schläfen. Jetzt erinnert er daran, wohin er diesen Kurier kennt. Diese verfluchte Buchhalterausbildung! Er kann dieser Gedanke nicht beenden...

Schura Nogilevskij ist tot, mausetot.

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Unser Training geht weiter. Wir führen die Teilnehmer in die Theorie von Erik Berne ein – erzählen von Prinzen und Fröschen.

Die Frösche leben sein Leben mit dem Gefühl der Hilfslosigkeit und Abhängigkeit von anderen Menschen. Die meisten Frösche beschweren sich ihr ganzes Leben lang:

Im meinen Leben habe ich nur Pech! Warum passiert das alles nur mir? – oder beschuldigen anderen –

Deinetwegen ist mein Leben zugrunde gegangen! Was macht einen Mann fertig? Böse Frau und Schnaps!

Einige Frösche tun es so, als ob sie weg von ihrem Sumpf sind und sagen, dass sie ganz erfolgreich wären, aber... Dieses Wort Aber ist ein echtes Merkmal des Frosches. Wenn Sie hören:

Ich hätte gut mit meiner Frau gelebt, aber diese Schwiegermutter...

Ich hätte glänzende Karriere gemacht, aber dieser dumme Chef...,

dann wissen Sie, dass Sie einen Frosch vor sich haben.

Immer gibt es jemand, der den Fröschen im Wege steht – hinterlistige umstehende Leute, oder sie selber, oder Wetter, Land, Rezession u.s.w. Es gibt aber Frösche, die sogar es nicht versuchen, ihren Erfolg zu simulieren. Sie reden offen, dass sie wertlos sind und keine Ziele im Leben haben.

Frösche leben nie in der Gegenwart. Sie vergeuden ihre Zeit erinnernd an Vergangenheit oder wartend auf glänzende Zukunft. Grammatisch gesehen, leben Frösche im Konjunktiv. Die in Vergangenheit lebende Frösche benutzen gewöhnlicherweise Konjunktiv und beginnen die Fragen mit „Wenn...“:

Wenn ich andere (vermögende, einflussreiche, kluge u.s.w. ) Eltern hätte!

Wenn meine Verwandten eine Stunde später käme!

Wenn ich sie nicht verheiratet hätte!

Wenn ich der Boss wäre!

Die in Vergangenheit lebende Frösche ununterbrochen zählen die Möglichkeiten, die sie versäumten und machen sich selbst oder anderen verantwortlich dafür.

Es gibt auch zwei Arten von Fröschen, die in Zukunft leben. Die Ersten klagen mit „Wenn...“, aber ohne Konjunktiv:

W e nn ich sie heirate, ...

W e nn diese Ausbildung hinter mir wird, ...

W e nn die Kinder groß werden, …

Wenn ich meine Karriere mache, …

Wenn ich mich scheiden lasse, …

Wenn ich sterbe, …

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