Литмир - Электронная Библиотека
A
A

Im Endeffekt landete Wowa in einem Haus am Rand der Stadt. Früher hatte die Familie eine gute Wohnung fast im Stadtzentrum, aber sie musste diese Wohnung verkaufen und kaufen ein Haus, das aber wesentlich kleiner, als die frühere Wohnung war. Weil Immobilienpreise damals runter fielen, verlor Wowa viel Geld beim Verkauf und konnte nur dieses Haus im Stadtgebiet mit schlechter Reputation kaufen. Das Haus, wie alle andere in diesem Gebiet, waren in Kanada produziert für Saisonarbeiter. Die Teile wurden aus Pappe gemacht und man konnte ein Haus in einer Woche zusammenstellen. Leider dachte niemand, dass man in diesen Häusern jahrelang wohnen würde. Im Sommer war drin zu heiß, im Winter, sogar in Israel, zu kalt. Die früheren Besitzer des Hauses waren überglücklich beim Verkauf.

Neben dem Haus befand sich eine Bushaltestelle und alle Bewohner dieses Stadtgebiets lagerten gewöhnlicherweise ihren Müll dort. Das Haus besaß den dreißig Meter großen Hof, wo ein Pfirsichbaum und zwei Büsche einer Pflanze, die als verwelkte Rosa aussah, wuchsen. Dort gab es noch einen Carport für Wowas Auto. Das alles erweckte irgendwie bei Tomek vage Erinnerungen an irgendwelche literarische Personen, aber sie konnte sich nicht entsinnen, an welchen. Diese düsteren und betrüblichen Geschichten hat sie irgendwann gelesen.

Wowa gab den Empfang für Tomek im Hof. Wegen mangelndes Platzes stand der Tisch neben dem Zaun und Tomek fühlte sich so, als ob sie an der Bushaltestelle saß und aß. Die aus- und einsteigende in Busse Passanten begrüßten Wowa fortwährend. Ansonsten war die Stimmung sehr gut.

Tomek war schon gewöhnt an lässigen Erziehungsmethoden der Israelis, aber Wowa übertrumpfte sie alle. Sein dreijähriger Sohn, der noch Windelhöschen trug, lief ununterbrochen hin und her, nahm verschiedene Gartenwerkzeuge und schlug damit mit voller Kraft seine Eltern. Sie verzogen ihre Gesichter vor Schmerz, waren aber überglücklich, weil das Kind so lebendig und erfinderisch war.

Tomek kam zurück nach Rostow und arbeitete noch sieben Monate für Monja. Als ihr Gehalt der Null gleich war, kündigte sie. Monja war nicht besonders traurig. Statt einer alten Redaktion organisierte er fünf neue Redaktionen. Nach dem Tomeks Erfolg war er überzeugt, dass den „Backstein“, das heißt, das Buch (im übertragenen Sinne), jedermann produzieren könnte – jeder Djadja Wasja (jeder Onkel Wasja), wie es Monja behaupte. Aber Tomek interessierte das alles nicht mehr. Sie immigrierte nach Israel.

Tomek war schon zu alt, um in einem Kibbuz zu wohnen und dort Ivrit zu lernen. Sie mietete eine Wohnung und schrieb sich an einen Ulpan ein. Sie begann die Sprache noch in Russland zu lernen. Ivrit faszinierte und irritierte sie gleichzeitig. Die Sprache war mathematisch exakt, streng geregelt, es gab fast keine speziellen Normen bei Aussprache, aber es war zu wenig Wörter, die mit englischer oder russischer Sprachen übereinstimmten. Lehrbücher waren überwiegend schlecht. Weil es in geschriebenem Ivrit überhaupt keine Vokale gibt, kann man ein Wort nur dann lesen, wenn man dieses Wort kennt. Sie lernte aber fleißig, sah fern und begann langsam die Sprache zu beherrschen.

Nachdem sie sich auf Ivrit verständigten konnte, war für sie die Arbeitssuchfrage aktuell. Tomek wollte selbstverständlich als Wissenschaftlerin arbeiten. Wie sie feststellte, war das nicht gerade leicht. Vor der Massenmigration aus UdSSR hatte Israel acht tausend Wissenschaftler und auf einmal kamen zusätzlich vierzehn tausend sowjetische Wissenschaftler. Das war zu viel für so ein kleines Land. Einerseits wollte israelische Regierung diese qualifizierten Arbeiter behalten, andererseits gab es keine Arbeitsplätze für sie. Die Regierung rief ins Leben verschiedene Programme, um zusätzliche Arbeitsplätze zu finanzieren. Man dachte, wenn man zwei-fünf Jahre an einer Uni mit dem Geld von Regierung arbeitete, dann würde diesem Wissenschaftler einen Festplatz von der Seite der Uni angeboten. Aber das passierte nie. Die israelischen Universitäten konnten es nicht tun, sie hatten kein zusätzliches Budget.

Tomek nahm in Schapira-Programm und Giladi-Programm teil. Dank Belinda fand sie Arbeitsplatz an der Uni zu Tel-Aviv. Sie war aber nicht ganz zufrieden. In der UdSSR hatten Russen und Menschen anderer Nationalitäten immer gewaltigen Vorrang vor ihr, in Israel – Tzabar. Tomek wusste, dass sie besser als Wissenschaftler war, als viele von denen, aber genauso gut wusste sie, dass sie keine Chance auf einen Festplatz hatte. Sie fühlte sich wieder als ein Mensch zweiter Klasse.

XXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXX XXXXXXX XXX XX XX XXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXX XXXXXX XXX XX XX XX XXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXX XXX XXXX XXX XX XXXXXX XXXXXX XXXXXX XXX XXX XXXXX XXXX XXXXX XXX XXX XX.

Tomek hatte jetzt eine Wohnung in Netania. Sie hatte es gern, abends am Kai spazieren zu gehen. Sie liebte das Meer und Meeresluft. Es gab da nicht viele Menschen um diese Zeit. Heute begegnet sie noch weniger Passanten, als gewöhnlich. Sie hört hastige Schritte hinter sich. Sie hasst es, wenn jemand hinter ihr läuft. Sie läuft langsamer, damit dieser Passant sie überholen kann, was der aber nicht tut. Tomek bleibt stehen und kehrt sich um. Das ist ein Mann und sie erkennt ihn gleich. Sein Name ist Löscha Inow. Er war ihr noch damals widerlich, als sie diesen Buchhaltungskurs besuchte. Er hatte etwas Falsches an sich und sie versuchte jegliche Kontakte mit ihm zu vermeiden. Er sieht, dass sie ihn erkannte, tut aber, als ob er sie nicht kennt. Er kommt näher, kommt vorbei. Sie fühlt einen heftigen Stoß und fehlt um die Steilwand der Kai runter.

Tomek liegt am Strand von Netania. Fast alle ihre Knochen sind gebrochen – Beine, Hände, Rippen. Sie kann kaum atmen, verliert ständig das Bewusstsein und hofft nur, dass die berittene Polizei, die den Strand regelmäßig patrouilliert, sie bald findet. Die Polizei findet sie. Tomek ist bewusstlos. Der Krankenwagen bringt sie zum Krankenhaus. Aber es ist zu spät.

Tomek ist tot, mausetot.

Lügendetektor - _1.jpg

1.17.txt

Unser Training kommt langsam zu Ende. Wir besprechen nochmal, wie man die unterschiedlichen verbalen und nonverbalen Signale von anderen Menschen einschätzt. Da spricht Löscha Inow. Er stellt eine unerwartete Frage: ob man mithilfe eines Lügendetektors bessere Ergebnisse bekommen könnte. So müssen wir etwas über Lügendetektor erzählen. XXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX.

Die Idee „objektive“ Anzeichen finden, mittels dessen man Lügner ertappen könnte, ist nicht modern. Schon im antiken China zwang man Verdächtigen Reismehl zu kauen. Man glaubte, dass der Lügner wegen Angst keinen Speichel kriegt und Reismehl trocken bleibt. Fast die gleiche Methode benutzte die Inquisition. Man bereitete dem Verdächtigen „die Mahlzeit der Wahrheit“ aus Brot und Käse. Wenn jemand sich verschluckte, dann war es seine letzte Mahlzeit. Es gab noch andere, genau so „objektive“ und glaubwürdige Methoden, um Wahrheit zu gewinnen, und elektrischer Draht, Elektroden, Computer und „wissenschaftliches“ Geplauder der Spezialisten, die mit Polygraph hantieren, machen dieses Gerät nicht weniger barbarisch als chinesisches Reismehl.

Lügendetektor zeichnet gleichzeitig Änderungen der physiologischen Signale wie Herzschlag, Blutdruck, Respiration und galvanische Hautreaktion auf. Die begründende Theorie besagt, dass wenn man lügt, dann würde er nervös und diese Nervosität kann man messen – Herzschlag wächst, Blutdruck steigt auf, Respiration wechselt sich und galvanische Hautreaktion ändert sich.

Also, man macht zuerst die sogenannte „Grundlinie“, die man bekommt, wenn man die Fragen mit vorherberechneten für den Ermittler Antworten stellt. Danach kommen die relevanten für die Untersuchung Fragen und man vergleicht, wie groß die Aberration von Grundlinie ist. Wenn so was passiert, dann denkt man, dass der Verdächtigte lügt. Diese Methode ist sehr populär bei FBI, CIA und anderen verschiedenen Behörden in USA. Andere Länder sind mit Lügendetektor etwas vorsichtiger. XXXX XXXX XX XX XXXXXXXX XXXXXX XXXXX XXXXXXXX XXXXX XXXX XX XXX.

42
{"b":"258469","o":1}