George Adams befand sich im Landeanflug und verzichtete jetzt auf einen Kommentar. Er kam über den Battersea Park niedrig herein, näherte sich dem Landeplatz und setzte butterweich auf. Juan Cabrillo öffnete die Tür auf seiner Seite und schnappte sich sein Mobiltelefon. Geduckt entfernte er sich vom Robinson. Sobald er außer Reichweite der Rotorflügel war, richtete er sich auf. Er ging auf den Range Rover zu, als Adams abhob und die Themse überquerte.
Bob Meadows verließ seinen Platz hinterm Lenkrad und öffnete für Cabrillo die hintere Tür.
»Wie ist der Stand der Dinge?«, fragte Cabrillo, während er auf der Rückbank Platz nahm und die Tür schloss.
»Wir haben Max über alles informiert, was wir in Erfahrung bringen konnten«, antwortete Eddie Seng. »Er sagte, du würdest uns auf den neuesten Stand bringen.«
Seng wendete und lenkte den Range Rover aus dem Park hinaus. An der Ampel stoppte er und wartete, um in die Queenstown Road einzubiegen und über die Chelsea Bridge zu fahren.
Während Seng sie zum Savoy brachte, fing Cabrillo an zu berichten. Die Oregon jagte nach Süden. Es war beinahe Mitternacht am 30. Dezember: Das Schiff sollte laut Plan gegen neun Uhr vormittags in den Docks in der Nähe Londons einlaufen. Im Konferenzraum herrschte dichtes Gedränge. Hanley war damit beschäftigt, mit einem Spezialmarker ein Dry-Erase-Board zu beschreiben. Und auch dort wurde der Platz allmählich knapp.
»Fassen wir zusammen, was wir bisher wissen«, sagte er. »Mittlerweile gehen wir davon aus, dass der Diebstahl des Meteoriten und die verschwundene ukrainische Atombombe in keinerlei Verbindung zueinander stehen. Wir glauben, dass Al-Khalifa und seine Gruppe durch einen wahrscheinlich bestochenen Offizier beim Abhördienst Echelon von dem Meteoriten unterrichtet wurden und dann beschlossen haben, diesen in ihren bereits existierenden Plan einzubauen, der nach unserer Auffassung einen Terroranschlag mitten in London zum Ziel hat.«
»Wer hatte es denn ursprünglich auf den Meteoriten abgesehen?«, fragte Mark Murphy.
»Die letzte Information, die von Richard in Las Vegas ausgegraben wurde, scheint auf Halifax Hickman hinzudeuten.«
»Den Milliardär?«, fragte Linda Ross.
»Richtig«, sagte Max Hanley. »Wir wissen nur noch nicht warum. Hickman ist an Hotels, Feriendörfern, Spielkasinos, Waffenfabriken und diversen Fabriken für Haushaltsgeräte beteiligt. Außerdem besitzt er eine Kette von Bestattungsunternehmen sowie eine Eisenwarenfabrik, die Nägel und andere Befestigungsmittel produziert. Er hat seine Finger auch noch in Eisenbahnlinien und in der Ölförderung und im Satellitenfernsehen — soweit wir haben in Erfahrung bringen können, unterhält er eine Mehrheitsbeteiligung an einem Sender.«
»Also ein Industriemagnat der alten Schule«, stellte Pete Jones fest. »Nicht so wie die modernen Superreichen, die ihr Geld aus einer einzigen Quelle schöpfen wie Software oder Pizzarestaurants.«
»Lebt er nicht völlig zurückgezogen?«, fragte Julia Huxley.
»So ähnlich wie Howard Hughes«, bestätigte Max Hanley.
»Ich lasse vom Computer mal ein Psychogramm erstellen«, bot Julia Huxley an, »damit wir in etwa wissen, mit wem wir es zu tun haben.«
»Im Augenblick ist Michael gerade dabei, unsere Computerdateien zu durchsuchen, ob wir so etwas wie ein Motiv zutage fördern können.«
»Wie steht es zurzeit mit unserem Meteoriten?«, fragte Franklin Lincoln.
»Wir ihr alle wisst, haben Juan und George mit ansehen müssen, wie er die Faröer an Bord einer Cessna verließ, die sie daraufhin verfolgt haben. Als dem Helikopter der Sprit ausging, blieb Juan der Cessna per Auto bis zu einem Bahnhof in der Nähe von Edinburgh auf den Fersen. Er wollte gerade eingreifen, als ihn der Präsident durch Overholt zurückgepfiffen hat und ihm erklären ließ, er solle die Lösung des Problems den englischen Behörden überlassen. Sie hatten die Absicht, den Zug vor einer Stunde anzuhalten, aber wir wissen noch nicht, wie die Sache ausgegangen ist.«
»Wenn sie den Meteoriten tatsächlich in ihren Besitz gebracht haben«, sagte Hali Kasim, »bestünde unsere einzige Beteiligung darin, ihn in die Vereinigten Staaten zu bringen.«
»Richtig«, sagte Hanley, »und das ist der Grund, weshalb ich mich auf die Atombombe konzentrieren möchte. Wir glauben, dass sie auf einem griechischen Frachter durch das Schwarze Meer zu einem Hafen namens Isle of Sheppey gebracht wurde. Dort, so nehmen wir an, haben sich Angehörige von Al-Khalifas Terrorgruppe die Bombe, ohne sie zu bezahlen, geschnappt und sind damit abgehauen. Eddie Seng und Bob Meadows sind am Ort des Geschehens gewesen und fanden dort ein Videoband, das uns Hinweise auf ihren augenblicklichen Aufenthaltsort lieferte.«
»Es erscheint seltsam«, sagte Pete Jones, »dass die anderen die Mission nach Al-Khalifas Tod nicht abgebrochen haben. Ihr Anführer wird ausgeschaltet, und sie planen, einfach weiterzumachen?«
»Das ist ja das Schöne an der ganzen Sache«, meinte Hanley. »Wir glauben, sie wissen gar nicht, dass Al-Khalifa tot ist.«
»Offensichtlich hat er sich nicht bei ihnen gemeldet«, stellte Linda Ross fest.
»Stimmt«, sagte Hanley, »aber das muss er früher schon getan haben — zumindest nach den Berichten über ihn, die wir im Laufe der Jahre gesammelt haben.«
»Heißt das, dass einer von uns Al-Khalifas Rolle übernehmen wird?«, fragte Bob Meadows.
Hanley gab Kevin Nixon ein Zeichen. Dieser nickte und streckte die Hand nach einem Tonbandgerät aus. »Wir haben Al-Khalifas Satellitentelefon in seiner Tasche gefunden. Seine Mailbox war mit einer kurzen Ansage von ihm versehen. Die habe ich mit einer Aufnahme aus einer Abhöraktion abgestimmt und dann seine Stimme als Datei im Computer gespeichert.«
Nixon schaltete das Tonbandgerät ein: Al-Khalifas Stimme drang aus einem Lautsprecher.
»Wir glauben, dass wir seinen Kontaktmann über dieses Telefon anrufen und ein Treffen vereinbaren können«, sagte Hanley. »Und dabei schnappen wir uns die Bombe.«
»Wie viel Zeit haben wir?«, fragte Hali Kasim.
»Wir gehen davon aus, dass sie morgen um Punkt Mitternacht zuschlagen werden«, sagte Hanley.
»Also genau zum Jahreswechsel.« Mark Murphy schüttelte den Kopf. »Diese größenwahnsinnigen Schweine. Gibt es irgendeinen Anlass, bei dem sie es tun könnten?«
»In einem Park in der Nähe des Buckingham-Palastes ist eine große Feier mit einem Konzert geplant«, sagte Hanley.
»Mit Elton John als Star des Abends.«
»Jetzt werde ich richtig sauer«, schimpfte Murphy. »Ich mag seine Musik.«
»Na schön, Leute.« Hanley ließ seinen Blick durch die Runde schweifen. »Am besten sucht ihr eure Kabinen auf und schlaft euch aus, so gut es geht. Die meisten von euch gehen morgen nach London, um die Operation vorzubereiten. Um sieben in der Früh treffen wir uns hier im Konferenzraum, um die Einzelheiten zu besprechen. Sobald wir dann in London sind, werdet ihr in die City gebracht. Gibt es noch irgendwelche Fragen?«
»Nur eine«, meldete sich Julia Huxley. »Weiß jemand, wie man eine Atombombe entschärft?«
37
»Lassen Sie den Wagen vorne stehen«, befahl Eddie Seng, nachdem sie vor dem Savoy Hotel vorgefahren und ausgestiegen waren. Er zückte einen Hundert-Dollar-Schein und drückte ihn dem Hausdiener in die Hand. »Und sorgen Sie dafür, dass er nicht eingekeilt wird.«
Cabrillo betrat das Hotel und ging schnurstracks zum Empfangstisch.
»Kann ich Ihnen helfen, Sir?«, erkundigte sich der Angestellte.
»Mein Name ist Cabrillo«, antwortete er. »Meine Firma hat für mich reserviert.«
Der Angestellte gab den Namen ein, dann warf er einen Blick auf die Notiz, die der Direktor hinterlegt hatte. Sie war knapp und eindeutig: Außerordentlich wertvoller Stammgast — unbegrenzter Kredit — Bank of Vanuatu — vier Suiten mit Blick auf den Fluss — weitere Zimmer, falls nötig.