Adams war bereits fünfzig Meter aufgestiegen, als Cabrillo endlich etwas sagte.
»Mein Telefon ist tot«, meldete er über sein Helmmikrofon.
»So etwas Ähnliches haben wir vermutet«, sagte George Adams. »Wir nehmen an, dass sie den Meteoriten mit dem Zug weitertransportieren.«
»Dann ist diese Nachricht unnötig«, entschied Juan Cabrillo und riss den Zettel ab, der an die Thermosflasche geklebt war.
»Ist vielleicht Kaffee in der Flasche?«, erkundigte sich Adams. »Ich könnte jetzt einen Becher gebrauchen.«
»Ich auch«, sagte Cabrillo, während er die Verschraubung öffnete und ein aromatischer Duft durch das Cockpit wehte.
34
»Ich verstehe, Mr. Prime Minister«, sagte der Präsident. »Ich werde sie sofort benachrichtigen.«
Er legte den Hörer auf und rief seine Sekretärin. »Geben Sie mir Langston Overholt von der CIA.«
Dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück und wartete darauf, dass die Verbindung hergestellt wurde.
»Ja, Mr. President«, meldete sich Overholt.
»Ich habe soeben mit dem Premierminister gesprochen«, begann der Präsident. »Sie waren nicht sehr glücklich. Es scheint, als hätten Sie und die Corporation etwas auf ihrer kleinen Insel veranstaltet, was der Premierminister als ›Zwergenaufstand und lächerlichen Ringelpiez‹ bezeichnete. Der Premierminister hat die Straßen, die in zwei Städte Schottlands führen, sperren lassen, und jetzt ist man in den Lieferwagen eingedrungen, in dem nach Ihrer Aussage der Meteorit transportiert wurde, und hat ihn leer vorgefunden. Sie wollen, dass sich die Corporation zurückzieht und es ihnen selbst überlässt, die Angelegenheit zu regeln.«
»Sir«, widersprach Overholt, »ich glaube, das wäre zu diesem Zeitpunkt ein großer Fehler. Cabrillo und seine Männer befanden sich in einer heiklen Situation. Zuerst haben sie an dem Meteoriten geklebt, als wären sie mit ihm verwachsen. Sie haben ihn zwar noch nicht in ihren Besitz gebracht, ihn aber auch noch nicht verloren. Und zweitens haben sie ihn bis zu einem Zug verfolgt, der nach London fuhr — Cabrillo ist schon wieder in der Luft und trifft Vorbereitungen zuzugreifen.«
»Geben Sie Ihre Informationen an den MI5 weiter«, befahl der Präsident, »und überlassen Sie alles Weitere denen.«
Overholt hielt für einen Moment inne, ehe er wieder das Wort ergriff. »Wir haben immer noch die ukrainische Atombombe, die vermisst wird. Die Corporation hat ein Einsatzteam nach London geschickt, um dort nach der Bombe zu suchen — können sie wenigstens damit weitermachen?«
»Die Ukrainer haben die Corporation für diesen Job engagiert«, sagte der Präsident, »nicht irgendwelche Abteilungen oder Behörden der Regierung der Vereinigten Staaten. Ich glaube nicht, dass es in Ihrer Macht steht, Ihnen den Befehl zum Abbrechen ihrer Aktivitäten zu geben.«
»Ich habe den MI5 gebeten, mit ihnen zusammenzuarbeiten«, sagte Overholt. »Damit hat die Corporation im weitesten Sinne freie Hand.«
Der Präsident überlegte, ehe er antwortete. »Der Premierminister hat sich zu der verloren gegangenen Atombombe nicht speziell geäußert«, sagte er langsam. »Viel mehr Sorgen machten ihm die Ereignisse in Schottland.«
»Ja, Sir«, sagte Overholt.
»Also teilen Sie ihnen mit, sie sollen die Suche fortsetzen«, sagte der Präsident schließlich. »Falls sie die Bombe aus dem Verkehr ziehen können, fällt die Bedrohung durch eine schmutzige Bombe unter Verwendung des Meteoriten weg.«
»Ich glaube, ich verstehe, was Sie sagen wollen, Mr. President.«
»Gehen Sie behutsam vor«, riet der Präsident, »und sorgen Sie dafür, dass nicht zu auffällig agiert wird.«
»Darauf haben Sie mein Wort, Mr. President«, erklärte Overholt feierlich.
George Adams flog über dem Ende des Eisenbahnzugs Nummer siebenundzwanzig. Er schob sich behutsam vor, um Cabrillo auf dem Dach des Waggons abzusetzen, als Hanley die Männer über Funk erreichte.
»Wir haben den Befehl, uns zurückzuziehen«, sagte Hanley. »Die Briten beabsichtigen, den Zug in einer verlassenen Gegend an der Küste in der Nähe von Middlesborough zu stoppen.«
»Wir sind doch fast am Ziel, Max«, widersprach Cabrillo, »nur noch ungefähr fünf Minuten, und ich bin in dem Zug drin und suche den Meteoriten.«
»Es kam direkt vom Präsidenten, Juan«, sagte Hanley. »Wenn wir einen Befehl des Präsidenten missachten, dann habe ich das Gefühl, als würde danach nicht mehr allzu viel Arbeit aus dem Oval Office in unsere Richtung fließen. Tut mir Leid, aber von einem rein geschäftlichen Standpunkt aus betrachtet ist es die Sache im Augenblick nicht wert.«
George Adams hörte das Gespräch mit und bremste den Robinson bereits ab. Er blieb jedoch über den Gleisen — für den Fall, dass Cabrillo doch weitermachen wollte. Er blickte Cabrillo an und zuckte die Achseln.
»Bleib zurück, George«, sagte Cabrillo über das Headset.
Adams drückte den Steuerknüppel zur Seite, und der Helikopter verließ seine Position über den Bahngleisen und flog über Ackerland. Indem er den Steuerknüppel zurückzog, begann Adams in eine sichere Höhe aufzusteigen.
»Na schön«, sagte Cabrillo müde, »du hast Recht. Ich denke, wir sollten uns eure Position durchgeben lassen, damit George uns zum Schiff zurückbringen kann.«
»Wir laufen soeben an Edinburgh vorbei und sind mit voller Kraft nach Süden unterwegs«, sagte Hanley. »Aber wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mich von George in London absetzen lassen. Ich habe Bob und Eddie dorthin geschickt, sie haben einige interessante Spuren im Zusammenhang mit der fehlenden Atombombe aufgetan.«
»Können wir denn an dieser Geschichte weiterarbeiten?«, fragte Cabrillo.
»Bis man uns etwas anderes sagt«, antwortete Hanley.
»Also schafft die Corporation die Bombe wieder heran«, sagte Cabrillo langsam, »und wir überlassen es den Briten, sich um unseren Meteoriten zu kümmern. Irgendwie scheint alles schief zu laufen.«
»Und schief ist englisch — und englisch ist modern«, sagte Hanley.
Auf dem regennassen Deck der Fähre, die von Göteborg, Schweden, nach Newcastle upon Tyne dampfte, sprach Roger Lassiter in ein Satellitentelefon. Lassiter hatte für die CIA gearbeitet, ehe man ihn vor ein paar Jahren ausgemustert hatte, nachdem festgestellt worden war, dass erhebliche Geldsummen von Konten auf den Philippinen verschwunden waren. Mit dem Geld hätten Einheimische für Informationen über moslemische Terroristenorganisationen, die in den südlichen Provinzen aktiv waren, bezahlt werden sollen. Lassiter hatte das Geld in einem Spielkasino in Hongkong verloren.
Sobald er gefeuert worden war, hatte die CIA noch einige anderen Fakten aufgedeckt. Lassiter war sich nicht zu schade gewesen, unzulässige Gewalt auszuüben, amerikanische Einrichtungen zu seinem persönlichen Vorteil zu nutzen oder sich ordinärer Hinterlist und dreister Täuschung zu bedienen. Lassiter hatte in Bereichen operiert, wo Langley nur wenig Kontrolle ausgeübt hatte — und er hatte seine Privilegien bis an die Grenzen und sogar darüber hinaus missbraucht. Es kamen auch Gerüchte auf, er sei als Doppelagent für China tätig gewesen, doch sobald er aus dem Dienst entfernt worden war, wurde in dieser Angelegenheit nichts weiter unternommen.
Lassiter wohnte jetzt in der Schweiz, doch er stellte seine Dienste dem Höchstbietenden zur Verfügung.
In Schweden hatte er aus der Fabrik eines Schiffsausrüsters die Pläne eines revolutionären neuen Antriebssystems gestohlen. Der Kunde, der ihn für diesen Diebstahl engagiert hatte, kam aus Malaysia. Die Übergabe sollte in London stattfinden.
»Ja«, sagte Lassiter, »ich erinnere mich, schon mal mit Ihnen gesprochen zu haben. Damals waren Sie sich nicht ganz sicher, ob Sie meine Dienste eines Tages brauchen würden.«
Die Hawker 800XP näherte sich New Jersey, wo sie für den Sprung über den Atlantik aufgetankt werden sollte. Während er unterwegs war, schmiedete Hickman Pläne.