Литмир - Электронная Библиотека

Adam hörte Schritte im Korridor, die schweren von Chase und die leichteren einer Frau: Robinas Mutter.

Als die beiden durch die Tür traten, war Chases Gesicht streng und verschlossen, das der Frau bleich vor Sorge.

Ohne Umschweife fragte Chase:»Also, haben Sie's ihr gesagt?»

Adam begegnete seinem Blick offen.»Das meiste, Sir.»

«Aha. «Chase schien erleichtert zu sein.»Ihr Mr. Tyrrell hat es eilig mit dem Auslaufen. Der Wind krimpt. «Er ließ den Satz unvollendet.

«Ja, gleich. «Adam wandte sich noch einmal dem Mädchen zu, die beiden anderen Menschen im Raum sofort vergessend.»Jedes Wort eben war mein voller Ernst, Robina. Eines Tages komme ich zurück, und dann.»

Sie blickte zu Boden.»Dann wird es zu spät sein.»

Chase nahm Adams Arm und bugsierte ihn durch die geschmackvoll getäfelte Halle. Ein schwarzer Lakai öffnete die Haustür, und Adam sah vor sich den kalten blauen Streifen der See und den Himmel darüber, der ihn zu verspotten schien.

Leise sagte Chase:»Bitte, glauben Sie mir, daß ich das sehr bedau-re. Aber es ist besser so, das werden Sie eines Tages begreifen.»

Geistesabwesend schritt Adam die Treppe hinunter und sah Tyrrell schon am Tor warten. Dieser studierte aufmerksam das Gesicht des Näherkommenden und fiel dann mit seinem Holzstumpf neben ihm in

Schritt.

«Also haben Sie sich entschieden?»

«Man hat für mich entschieden. «Adam sah kaum, wohin er den Fuß setzte, so beschäftigt war er mit seinem Schmerz, seiner Verzweiflung,

«Da wäre ich mir nicht so sicher, Leutnant. «Tyrrell warf ihm einen Seitenblick zu.»Aber ich weiß, wie Ihnen zumute ist.»

Adam wurde zornig.»Woher plötzlich dieses Mitgefühl? Auf dem Weg hierher haben Sie doch kaum das Wort an mich gerichtet!»

Tyrrell grinste.»Da wußte ich noch nicht, woran ich mit Ihnen war. Sie hätten sich ja auch hier ins warme Nest setzen können.»

Als die verankerte Brigantine vor ihnen auftauchte, beschleunigte er den Schritt.»Aber Ihre Treue war nicht käuflich, Leutnant. Da ging's Ihnen nicht anders als mir.»

Nebeneinander warteten sie an der Pier auf das Boot, das sie zur Vi-vid übersetzen sollte. Dabei glitt Tyrrells Blick immer wieder von Adam zu seinem neuen Schiff hinüber. Er kannte sich aus mit gebrochenen Herzen, hatte das selbst mehr als einmal erlebt. Aber ein eigenes Schiff war etwas ganz anderes.

Mit rauher Freundlichkeit schlug er dem Leutnant auf die Schulter.»Also los, junger Freund, ausnahmsweise stehen Wind und Tide endlich einmal günstig für uns.»

Adam zögerte noch; er blickte sich um, aber das Haus war schon von anderen Gebäuden verdeckt. Ihm kam wieder in den Sinn, was er Robina erst vor wenigen Minuten gesagt hatte:»Ich liebe dich von ganzem Herzen.»

Daß er die Worte laut ausgesprochen hatte, wurde ihm erst klar, als er Tyrrells mitfühlende Stimme sagen hörte:»Das geht vorbei. Nur seine Träume vergißt man nie.»

Bolitho nahm die letzten Steinstufen zur Brustwehr des Forts im Eilschritt und bemerkte mit Genugtuung, daß er nicht außer Atem gekommen war. An Land bekam man doch mehr körperliche Bewegung als an Bord.

Es war noch früh am Morgen und angenehm kühl nach der schweren nächtlichen Regenbö. Typisches Wetter für die Inseln dieser Gegend, dachte er. Regengüsse bei Nacht, und eine Stunde nach Sonnenaufgang schon so starke Hitze, daß alles wieder knochentrocken wurde.

Leutnant George Lemoine, der den Trupp des 60. Infanterieregiments befehligte, griff grüßend zum Hut.»Ich hörte, daß Sie schon früh auf den Beinen sind, Sir«, lächelte er.

Bolitho beugte sich über die Brüstung und blickte auf das schimmernde Wasser des Hafens hinunter. Ein großer Teil lag noch im Schatten, aber bald mußte die Sonne über den Vulkangipfel steigen; dann würden die Schiffe wie die Stadt dahinter im Hitzeglast verschwimmen. Er sah Achates' schwarzen Rumpf mit den hellbraunen Streifen der Batteriedecks und fragte sich, ob Keen immer noch über den endlosen Vorratslisten grübelte.

Ihr Frischproviant wurde allmählich knapp; und Trinkwasser mußte Faß für Faß von den Seeleuten an Bord geschafft werden. Die Inselbewohner rührten immer noch keinen Finger für die Briten, sondern beriefen sich auf ihre Armut, wenn Früchte oder Obstsäfte für die Besatzung besorgt werden sollten.

Bolitho hatte sein Bestes getan, um mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Das Ausweglose ihrer Situation war ihm durchaus klar.

Die Pflanzer und Händler verübelten ihm, daß ihre Schiffe weder aus-noch einlaufen konnten und daß Frachtsegler, die Waren nach San Felipe brachten, durchsucht werden mußten, ehe man sie auf Reede ankern ließ. Selbst eine vollbesetzte Garnison und mehrere Kriegsschiffe wären pausenlos beschäftigt gewesen mit dieser Aufgabe, die Lemaines Soldaten und die Marineinfanteristen jetzt ganz allein bewältigen mußten.

Bolitho holte tief Atem. Unten lag seine Barkasse an der Pier des Forts, wo er vor drei Monaten Rivers zum erstenmal gegenübergetreten war. Nun schrieben sie Ende September, und Adam wurde stündlich zurückerwartet. In Vivid. Hatte er sie Tyrrell zur Belohnung oder als Bestechung geschenkt? Ganz klar war er sich immer noch nicht über seine Motive.

Und Bolitho dachte auch an Falmouth: herbstliches Laub in roten und braunen Farbtönen, abends dann der Duft der Holzfeuer; tüchtig und zuversichtlich gingen die Leute ihrem Tagwerk nach, denn Schiffe wie Achates sicherten ihnen den Frieden.

Von Belinda war kein weiterer Brief gekommen, aber schließlich hatten ihn von nirgendwo neue Nachrichten erreicht. Die Insel schien vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein, auch wenn die Ausguckposten gelegentlich fern am Horizont die Toppsegel unidentifizierter Kriegsschiffe gemeldet hatten.

Vielleicht war alles längst vorbei? Das unvermutete Aufspüren des versteckten Zweideckers und seine Versenkung konnten die Angriffsgelüste der Spanier erstickt haben.

Aber die Ungewißheit kostete Bolitho Nerven und Schlaf. Er hatte sich angewöhnt, in der Morgenkühle über die Insel zu reiten oder dem Fort einen Besuch abzustatten, und sei es nur, um der Besatzung zu zeigen, daß sie nicht vergessen war.

Manchmal fragte er sich, ob die Kunde von den Ereignissen um San Felipe schon bis in die Straßen Londons oder aufs Land gedrungen war. Würde Belinda dann begreifen, was hier wirklich vorging? Bestimmt gab es genug Neider, die sein Vorgehen nur als Bemühen interpretieren würden, den Verlust von Duncans Sparrowhawk zu verschleiern.

Der Ruf eines Wachtpostens riß Bolitho aus seinen Gedanken.»Kanonenfeuer, Sir! Östlich von hier.»

Lemoine straffte sich.»Bei Gott, er hat recht. «Durch die gewölbten Hände rief er:»Korporal der Wache, geben Sie Alarm!»

Schon sah Bolitho die Rotröcke aus ihren Kasematten unterhalb der Festungsmauern rennen.

Die Kanonenschüsse hatten wahrscheinlich nicht viel zu bedeuten, waren vielleicht nur eine Geste ohnmächtigen Trotzes von einem weit draußen passierenden spanischen Schiff. Aber man durfte nichts riskieren.

Er sah sich um und gewahrte im Schatten des Wachtturms Mids-hipman Evans, der schon ein Teleskop aus seinem Futteral zog. Es war fast unheimlich, wie der Junge jedem seiner Schritte folgte und stets zu erraten schien, was er als nächstes tun würde.

Doch war es noch nicht hell genug, um weit über das Vorland hinaussehen zu können. Oder doch? Ja, da war es: das von der Unterseite einer Wolke reflektierte Aufblitzen. Und noch eines. Zu sporadisch für ein Seegefecht. Also wahrscheinlich eine Verfolgungsjagd.

Bolitho winkte Evans heran.»Verständigen Sie das Wachboot, man soll Achates vorwarnen. Eine Empfehlung an Kapitän Keen, und ich lasse ihm ausrichten, daß wir Gesellschaft bekommen, noch ehe der Tag voll angebrochen ist.»

Er sah Crocker, den Artilleriemaat der Achates, auf der oberen Bastion herbeilaufen, gefolgt von keuchenden Soldaten.

49
{"b":"113346","o":1}