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Dumaresq schimpfte:»Bringen Sie diese Tölpel auf Trab, Mr. Palli-ser! Unser Schiff entwickelt sich langsam zu einem Saustall!»

Einer von Bolithos Geschützführern flüsterte:»Ich dachte, wir wären nur hinter einem Piraten her?»

Stockdale zeigte grinsend die Zähne.»Feind ist Feind, Tom. Seit wann macht die Flagge einen Unterschied?»

Bolitho biß sich auf die Lippen. Was jetzt kam, war ein Musterbeispiel für die schwere Verantwortung eines Kommandanten. Wenn Dumaresq nichts unternahm, konnte er wegen Unfähigkeit oder Feigheit vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Wenn er mit dem Spanier ins Gefecht kam, konnte man ihn beschuldigen, einen Krieg provoziert zu haben.

Er sagte:»Macht euch bereit, Leute. Löst die Zurrings. «Stockdale hatte recht: Ihre einzige Sorge sollte es sein, zu gewinnen.

Bevor die Sonne am nächsten Morgen über den Horizont gestiegen war, wurden die Leute zum Frühstück und dann zum Deckwaschen geschickt.

Der Wind war leicht, aber stetig und hatte über Nacht auf Südwest gedreht.

Dumaresq war ebenso früh an Deck wie alle. Bolitho bemerkte die Ungeduld, mit der er immer wieder über das Achterdeck wanderte, einen Blick auf den Kompaß oder die Schiefertafel mit den Eintragungen des Steuermanns warf. Wahrscheinlich nahm er nichts davon wahr; aus der Art, wie Palliser und Gulliver ihm freie Bahn ließen, entnahm Bolitho, daß sie ihre Erfahrungen mit dieser Stimmung ihres Kommandanten hatten.

Zusammen mit Rhodes beobachtete Bolitho, wie der Oberbootsmann seine Arbeitsgruppen einteilte. Die Tatsache, daß ein weit überlegenes Kriegsschiff ihnen achteraus folgte und daß eine wenig bekannte Insel vor ihnen lag, änderte nichts an Mr. Timbrells Routine.

Pallisers rauhe Stimme schreckte Bolitho auf.»Lassen Sie die Rahen durch Ketten sichern, Mr. Timbrell!»

Einige Matrosen schauten zu den Rahen auf. Palliser gab keine weiteren Erklärungen, was für die dienstälteren Leute auch nicht erforderlich war. Die Ketten würden jede Rahe fester mit dem Mast verbinden als das Tauwerk, das sie normalerweise hielt, in einem Gefecht aber leicht zerschossen werden konnte. Außerdem mußten Netze über das

Oberdeck gespannt werden. Ketten und Netze waren der einzige Schutz vor herunterfallenden Spieren und Takelageteilen.

Vielleicht trafen sie auf dem Spanier jetzt genau die gleichen Vorbereitungen, obwohl nichts darauf hinzudeuten schien. Bisher hatte es lediglich den Anschein, als sei die San Augustin, seit sie zu ihnen aufgeschlossen hatte, gewillt, ihnen zu folgen und die Entwicklung zu beobachten.

Rhodes drehte sich abrupt um und eilte auf den ihm zugewiesenen Platz, wobei er leise hervorstieß:»Der >Herr und Meister

Als Bolitho sich umwandte, stand er seinem Kommandanten gegenüber. Es war ungewöhnlich, ihm so weit weg von Achterdeck und Hütte zu begegnen, und die Seeleute, die in der Nähe arbeiteten, schienen sich vorsichtig zurückzuziehen, als wären sie durch Duma-resqs Gegenwart eingeschüchtert.

Bolitho grüßte durch eine Handbewegung zum Hut und wartete. Dumaresqs Augen wanderten langsam und ohne Ausdruck über sein Gesicht.

Dann sagte er:»Kommen Sie mit. Aber holen Sie sich vorher ein Fernglas. «Er warf dem Bootssteurer seinen Hut zu und ergänzte:»Eine kleine Kletterpartie gibt klaren Kopf.»

Bolitho sah mit Überraschung, wie Dumaresq sich nach außen in die Wanten schwang. Seine untersetzte Gestalt hing ungelenk in den Webeleinen, als er zu der turmhohen Mastspitze aufsah.

Bolitho haßte Höhen. Von allen Motiven, die ihn getrieben hatten, sich um eine baldige Beförderung zum Offizier zu bemühen, war dies eines der wichtigsten gewesen: nicht mehr mit den anderen in den Mast zu müssen, wo Wind und Kälte den Griff um die vereisten Webeleinen lösen oder den Mann von der Rah in die See unten schleudern konnten.

Vielleicht wollte Dumaresq ihn herausfordern, und sei es nur, um die eigene Spannung zu lösen.

«Kommen Sie, Mr. Bolitho! Sie sind heute an einem Wendepunkt Ihrer Karriere.»

Bolitho folgte ihm die zitternden Wanten hinauf, Hand über Hand, Fuß über Fuß. Er befahl sich, nicht nach unten zu schauen, obwohl er sich nur zu gut vorstellen konnte, wie das helle Deck der Destiny unter ihnen krängte, als sich das Schiff in eine weitere Woge wühlte.

Dumaresq mißachtete das Soldatenloch und kletterte außen an den Püttingswanten hoch, wobei sein mißgestalteter Rücken fast parallel zur Wasserfläche hing. Dann ging es über die Marssaling, ohne auf einige verschreckte Seesoldaten zu achten, die an einer der hier oben postierten Drehbassen exerzierten, und weiter hinauf zur Bramsaling.

Dumaresqs Vertrauen verlieh Bolitho den Willen, schneller als je zuvor zu klettern. Er achtete kaum auf die Höhe und schaute bereits noch weiter hinauf, als Dumaresq anhielt und — ein Bein frei im Raum pendelnd — bemerkte:»Man bekommt das richtige Gefühl fürs Schiff nur von hier oben.»

Bolitho hielt sich mit beiden Händen fest und blickte zu seinem Kommandanten hoch, wobei ihm die Augen im starken Sonnenlicht tränten. Dumaresq sprach mit so viel Überzeugung und mit einer Wärme, die fast an Liebe erinnerte.

«Fühlen Sie es?«Dumaresq packte ein Stag und zog fest daran.»Straff und fest, gleicher Zug auf allen Teilen. Wie es sein muß. Wie jedes Schiff sein sollte, wenn es ordentlich gepflegt wird. «Erschaute in Bolithos ihm zugewandtes Gesicht.»Kopf wieder in Ordnung?»

Bolitho nickte. In dem Durcheinander seiner Gefühle, vor Empörung und Kummer hatte er die Wunde ganz vergessen.

«Gut, dann kommen Sie.»

Sie erreichten die Bramsaling, wo der Ausguck für seine Vorgesetzten Platz machte.

«Ah!«Dumaresq nahm sein Teleskop und richtete es, nachdem er die Linse mit seinem Halstuch abgewischt hatte, nach Steuerbord voraus.

Bolitho folgte seinem Beispiel und fühlte plötzlich, wie es ihm trotz der Sonne und des Windes eiskalt über den Rücken lief.

So etwas hatte er noch nie gesehen. Die Insel schien nur aus Korallen oder Felsen zu bestehen und wirkte fast anstößig nackt — wie etwas, das nicht mehr lebte. In der Mitte gab es eine Erhöhung, die aussah wie ein Berg, dem man die Spitze abgeschnitten hatte. Im Dunst war nichts genauer zu erkennen, es konnte also auch eine gigantische Festung sein.

Er versuchte, den Anblick mit den spärlichen Eintragungen in der Seekarte zu vergleichen, und schloß aus der Peilung, daß die geschützte Lagune direkt unter dem Hügel liegen mußte.

Dumaresq sagte heiser:»Da sind sie.»

Bolitho versuchte es noch einmal. Die Insel schien verlassen, wie durch eine Naturkatastrophe niedergewalzt.

Doch dann entdeckte er etwas, das dunkler als die Umgebung aussah, aber kurz darauf wieder im Dunst verschwand: ein Mast, vielleicht auch mehrere Masten. Die zugehörigen Schiffsrümpfe waren allerdings hinter dem schützenden Wall aus Korallen verborgen.

Er warf Dumaresq einen schnellen Blick zu und fragte sich, wie er das wohl beurteilte.

«Steinchen für ein Puzzlespiel. «Dumaresq hob die Stimme nur wenig über das Summen in Takelage und Leinwand.»Das sind Garricks Schiffe, seine kleine Armada. Keine Schlachtlinie, Mr. Bolitho, kein Flaggschiff mit dem stolzen Kommandozeichen eines Admirals, aber genauso tödlich.»

Bolitho schaute abermals durchs Fernglas. Kein Wunder, daß Garrick sich sicher fühlte. Er hatte von ihrer Ankunft in Rio erfahren und davor schon von der in Madeira. Und nun hatte er die Oberhand. Er konnte seine Schiffe entweder bei Nacht hinausschicken oder wie ein Einsiedlerkrebs in seinem Gehäuse liegenbleiben und abwarten.

Dumaresq schien mit sich selbst zu sprechen.»Die Dons interessiert allein der verlorengegangene Goldschatz. Garrick kann ungestraft davonkommen, was sie betrifft. Quintana glaubt, daß er diese sorgfältig ausgewählten Schiffe und alles, was von dem Gold noch übrig ist, ohne einen Schuß vereinnahmen kann.»

Bolitho fragte:»Vielleicht weiß Garrick weniger, als wir annehmen, Sir, und versucht nur zu bluffen?»

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