»… zeigen an, dass der Meteorit sich immer noch in dieser Gegend befindet.«
»Wenn Hickman also der Kugel zu Leibe rückt, könnte etwas noch Schlimmeres dabei herauskommen als bei der Bombe«, sagte Cabrillo.
»Eric hat einige seiner Quellen angezapft und in Erfahrung gebracht, dass es in einer gewöhnlichen Textilfabrik keine Maschinen gibt, die ausreichend leistungsfähig sind, um Iridium zu zertrümmern oder gar zu zermahlen«, sagte Hanley. »Wenn Hickmans Plan etwas Derartiges vorsieht, dann muss er über irgendwelche Möglichkeiten in oder wenigstens in der Nähe der Fabrik verfügen.«
Cabrillo schwieg einige Sekunden lang.
»Michael wird Hilfe brauchen«, sagte er dann. »Ich lasse Eddie und Bob hier zurück — sie haben mit dem MI5 eng zusammengearbeitet und können alles Nötige in die Wege leiten, um unsere Beteiligung an dieser Bomben-Operation zu verschleiern.«
Hanley machte sich einige Notizen auf einem Schreibblock. »Alles klar«, sagte er. »Und was ist mit unseren anderen Leuten?«
»Ruf George an und bitte ihn, in einer halben Stunde mit dem Robinson auf dem Heliport auf der anderen Seite des Flusses zu erscheinen«, sagte Cabrillo, »und gib Michael durch, dass wir zu ihm kommen.«
»Schon so gut wie erledigt«, versprach Hanley.
»Die Corporation hat die Bombe neutralisiert, Mr. President«, berichtete Overholt. »Sie befindet sich jetzt in den Händen des britischen Geheimdienstes.«
»Gut gemacht«, lobte der Präsident erleichtert, »übermitteln Sie ihnen meine herzlichsten Glückwünsche.«
»Das tue ich gerne, Sir«, sagte Overholt, »aber es gibt noch ein anderes Problem.«
»Und?«, fragte der Präsident.
Overholt berichtete von den Tests, die mit den Proben des Meteoritengesteins durchgeführt worden waren.
»Das klingt gar nicht gut«, stellte der Präsident fest. »Man könnte leicht behaupten, der Meteorit sei infolge einer Panne bei der CIA in die falschen Hände gelangt.«
»Bitte tun sie mir einen Gefallen«, sagte Overholt. »Wir müssen die Mutter von Hickmans Sohn unter äußerster Geheimhaltung in Gewahrsam nehmen — ohne Haftbefehl und ohne Anwälte.«
»Sie meinen, ihre Bürgerrechte auf der Grundlage des Patriot Act außer Kraft setzen?«, fragte der Präsident.
»Genau das, Sir«, sagte Overholt.
Der Präsident dachte länger nach. So sehr er sich auch wünschte, dass die Angelegenheit geregelt wurde, er kam sich bei der Vorstellung, amerikanische Bürger ohne triftige Begründung aus ihren Häusern oder von ihren Arbeitsplätzen zu holen, wie ein Diktator klassischer Prägung vor. Ein Präsident hingegen setzte seine ganze Macht nur dann ein, wenn höchste Gefahr im Verzug war.
»Tun Sie, was Sie für richtig halten«, meinte er schließlich, »aber vermeiden Sie jegliches Aufsehen.«
»Sie können sich auf mich verlassen, Sir«, versprach Overholt, »niemand wird davon erfahren.«
Sechs Männer, die zum Directorate of Operations der CIA gehörten, umstellten später am selben Nachmittag Michelle Hunts Haus in Beverly Hills. Sobald sie nach der Arbeit aus ihrer Galerie nach Hause kam, griffen sie zu, während sie ihren Wagen in die Garage lenkte. Um sieben Uhr am gleichen Abend wurde sie zum Santa Monica Airport gebracht und in einen Regierungsjet gesetzt, der kurz darauf nach London startete. Die Maschine überflog gerade den Colorado River in Arizona, als einer der CIA-Agenten begann, ihr die Situation zu erläutern. Als er geendet hatte, ergriff sie das Wort.
»Also, was nun — bin ich der Köder?«, fragte sie mit einem freundlichen Lächeln.
»Dessen sind wir uns nicht ganz sicher«, gab der CIA-Agent zu.
Michelle Hunt nickte lächelnd. »Sie kennen den Vater meines Sohnes nicht«, sagte sie. »Für ihn sind Menschen nichts anderes als Vermögenswerte, die man benutzen oder abstoßen kann, sollte es sich als notwendig erweisen — mir zu drohen, wird Ihnen nicht viel nützen.«
»Haben Sie vielleicht eine bessere Idee?«, fragte der CIA-Vertreter.
Michelle Hunt ließ sich diese Frage durch den Kopf gehen.
Am Silvesterabend drei Lastwagen zu stehlen, hatte nur eine einfache Operation nötig gemacht. Das Gewerbegebiet außerhalb Londons war so gut wie verlassen gewesen. Ein einziger Frachthof, der die Lastwagen aufnahm, war geöffnet gewesen, und er wurde von einem einzigen Mann überwacht. Die restlichen Leute von der Free Enterprise waren einfach hineinmarschiert, hatten den Angestellten gefesselt und sich die Schlüssel geholt, die sie brauchten. Bis zum Morgen würde niemand nach dem Mann suchen.
Zu diesem Zeitpunkt wäre der Frachttransport abgeschlossen und die Lastwagen stünden irgendwo herrenlos in der Gegend herum.
Scott Thompson, der Anführer der Mannschaft von der Free Enterprise, hatte bisher eine eiserne Entschlossenheit an den Tag gelegt. Seine Haltung blieb herausfordernd und dreist, bis ihn der Sanitäter der Flugkörper-Fregatte auf einen Tisch schnallte und sich davon überzeugte, dass er seine Arme nicht mehr bewegen konnte.
»Ich will sofort wissen, was hier geschehen soll«, verlangte Thompson, während sich erste Schweißtropfen auf seiner Stirn bildeten.
Der Sanitäter lächelte nur. Dann öffnete sich die Tür, und Dr. Berg betrat das Lazarett. Er hatte eine Tasche unterm Arm, ging zum Waschbecken und wusch sich die Hände. Thompson verrenkte sich, um den Mann anzusehen, doch er war straff gefesselt und konnte kaum den Hals bewegen. Das Rauschen des laufenden Wassers kam Thompson wie eine anschwellende Flut vor, die ihn jeden Moment verschlingen würde.
Die drei Lastwagen bogen auf den Parkplatz von Maidenhead Mills ein und fuhren dann zur Rückseite der Gebäude, wo sich die Laderampen befanden. Nachdem sie rückwärts an die Rampen gefahren waren, drehten die Männer den Zündschlüssel um und stiegen aus.
Halpert und Hornsby sollten die Rückseite des Gebäudes überwachen, während Rick Barrett und Tom Reyes die Vorderseite im Auge behielten. Abgesehen von einem Rolls-Royce und einer Daimler Limousine auf dem Parkplatz in der Nähe des Eingangs schien die Fabrik verlassen. Halpert wartete, bis die Männer in der Fabrik verschwunden waren, dann griff er zu seinem Funkgerät.
»Wir gehen näher heran«, flüsterte er ins Mikrofon, »um die Lage zu peilen.«
»Wir kommen von vorn«, gab Reyes zurück.
In der Fabrik saß Roger Lassiter im Büro und sprach mit Hickman. »Natürlich konnte ich wegen des Feiertags nicht feststellen, ob der Kaufpreis überwiesen wurde.«
»Das wussten Sie, als Sie den Job übernahmen«, sagte Hickman. »Sie müssen mir schon vertrauen.«
Die Kiste, in der sich der Meteorit befand, stand auf dem Tisch zwischen den beiden Männern.
»Ich halte nicht viel von Vertrauen«, erwiderte Lassiter, »aber Sie offenbar schon.«
»Ich kann Ihnen versichern«, sagte Hickman, »dass Sie ordnungsgemäß bezahlt werden.«
»Wo soll der Meteorit hingebracht werden?«
Hickman überlegte kurz, ob er darauf antworten sollte.
»Zur Kaaba«, sagte er schnell.
»Sie sind wirklich ein Schuft«, stellte Lassiter fest und erhob sich, »aber irgendwie bin ich das ja auch.«
Lassiter verließ das Büro und trat kurz darauf aus dem Gebäude. Während er in den Daimler stieg, schoss Reyes eine Serie Fotos.
Als Hickman mit dem Meteoriten durch die Fabrikhalle ging, sah er zwei Fahrer von den Laderampen hereinkommen. Sie trafen sich in der Mitte der Halle.
»Haben Sie die Frachtcontainer gesehen?«, fragte Hickman.
»Meinen Sie die drei am Tor?«, wollte einer der Männer wissen.
»Ja.« Hickman ging weiter zu den Laderampen. Die Männer folgten ihm. »Nachdem ich sie präpariert habe, laden Sie die Kisten sofort auf und bringen sie nach Heathrow.«
Hickman hatte das Fabriktor fast erreicht.