»Halten Sie Ausschau nach unserem Freund Cabrillo. Er befindet sich an Bord des Robinson und dürfte mittlerweile Spritprobleme haben.«
»Alles klar, Sir«, antwortete der Pilot, während er die Gashebel nach vorne schob und in Richtung Startbahn rollte.
Leichter Nebel setzte sich auf der Windschutzscheibe der Challenger ab, während der Pilot sie über den Zufahrtsweg zur Hauptrollbahn lenkte. Den Wolken im Norden nach zu urteilen würde sich die Wetterlage noch um einiges verschlechtern. Während er auf der Startbahn in Position ging, führte er die letzten Checks aus.
Dann schob er die Gashebel bis zum Anschlag nach vorn und raste die Startbahn hinunter.
James Bennett blickte voller Sorge auf seine Tankanzeige. Mir dem verbliebenen Treibstoff würde er es kaum bis Glasgow schaffen, daher veränderte er den Kurs leicht nach Backbord. Bennett plante, über Land zu bleiben, falls er eine Notlandung machen müsste. Daher entschied er, dass ihn sein neuer Kurs erst nach Süden nach Inverness führen sollte, um danach möglicherweise nach Osten in Richtung Aberdeen umzuschwenken. Er wäre ein Glückspilz, sollte er den schottischen Flughafen erreichen. Aber Bennett war nicht vom Glück begünstigt.
In diesem Moment klingelte sein Telefon.
»Wir haben ein Problem«, sagte die Stimme. »Soeben haben wir einen englischen Funkspruch aufgefangen, aus dem hervorgeht, dass zwei Kampfjets aufgestiegen sind, um Sie aufzuhalten. Es ist etwa eine Viertelstunde Zeit, bis sie bei Ihnen sind.«
Bennett sah auf die Uhr. »Das ist wirklich ein Problem«, antwortete er schnell. »Ich musste wegen Spritmangels den Kurs ändern. Ich schaffe es nicht bis Glasgow, wie wir geplant hatten. Das Beste, was ich anbieten kann, ist Aberdeen — aber das ist vor Ankunft der Düsenjäger nicht zu schaffen.«
»Selbst wenn Sie auf den Faröern hätten auftanken können«, sagte die Stimme, »würde Glasgow wegen der Jets, die zu Ihnen unterwegs sind, ohnehin ausfallen. Was ist mit dem Helikopter? Glauben Sie, dass er Sie immer noch verfolgt?«
»Seit ich gestartet bin, habe ich ihn nicht mehr gesehen«, sagte Bennett. »Ich schätze, sie sind umgekehrt.«
»Gut«, sagte die Stimme, »dann müsste mein Plan funktionieren. Holen Sie Ihre Karte raus.«
Bennett öffnete die Landkarte von Schottland. »Ich hab sie vor mir«, meldete er.
»Sehen Sie Inverness?«
Bennett suchte auf der Karte. »Ja, ich hab’s.«
»Sehen Sie den südlich gelegenen großen See?«
»Soll das ein Scherz sein?«, fragte Bennett.
»Nein«, erwiderte die Stimme. »Das ist Loch Ness. Fliegen Sie am östlichen Rand entlang — dort befindet sich ein Team mit einem Lastwagen. Sie zünden eine Rauchgranate, damit Sie sie lokalisieren können.«
»Was dann?«, fragte Bennett.
»Gehen Sie so tief wie möglich runter und werfen Sie die Fracht ab«, erklärte die Stimme. »Das Team wird sie bergen und den restlichen Weg weitertransportieren.«
»Was ist mit mir?«, wollte Bennett wissen.
»Lassen Sie sich von den Düsenjägern auf einem Flugplatz zur Landung zwingen«, fuhr die Stimme fort. »Sobald die Cessna durchsucht und nichts gefunden wurde, wird man die ganze Geschichte für einen Irrtum halten.«
»Hervorragend«, sagte Bennett.
»Finde ich auch«, sagte die Stimme.
Der Robinson-Hubschrauber mit Juan Cabrillo und George Adams an Bord überquerte die felsige Küstenlinie. Adams gab Cabrillo mit dem Daumen das Zeichen, alles sei okay, dann schaltete er das Mikrofon ein.
»Sieht so aus, als hätten wir es geschafft«, sagte Adams.
»Wenn uns jetzt der Sprit ausgeht, kann ich mich mit der Kiste nach unten schrauben.«
»Ich hoffe, dass du das ausreichend geübt hast, falls es so weit kommen sollte.«
»Ich mache das jede Woche mehrmals«, versicherte Adams, »nur für alle Fälle.«
Die Wolkendecke wurde immer dicker, je weiter sie landeinwärts flogen. Ab und zu konnten die Männer einen Blick auf die schneebedeckten Berge Schottlands unter ihnen erhaschen. Eine halbe Minute vorher hatte Cabrillo für einen kurzen Moment die blinkenden Positionslichter der Cessna über ihnen entdeckt.
»Die Kampfjets müssten jetzt in der Luft sein«, sagte er, während er nach dem Telefon griff und Hanley anrief.
Die Oregon stampfte südlich der Faröer mit voller Kraft durch die See. Bald müsste eine Entscheidung getroffen werden, ob sie nach Westen an Schottland und Irland vorbei oder zwischen den Shetlandinseln und den Orkneys hindurch in die Nordsee dampfen sollte. Hanley verfolgte die Bilder auf den Monitoren, als sein Telefon klingelte.
»Wie ist die Lage?«, fragte Cabrillo ohne Einleitung.
»Overholt hatte Schwierigkeiten, die englischen Jets in die Luft zu kriegen«, sagte Hanley. »Der letzten Meldung zufolge haben sie Mindenhall aber soeben verlassen. Bei mehr als Mach eins müssten sie in ungefähr einer halben Stunde bei euch sein.«
»Wir haben aber keinen Sprit mehr für eine halbe Stunde«, sagte Cabrillo.
»Das tut mir Leid, Juan«, sagte Hanley. »Ich habe die Challenger von Aberdeen losgeschickt, um die Verfolgung aufzunehmen, bis die Jäger übernehmen. Sie können die Cessna verfolgen und mir entsprechende Informationen durchgeben. Wir kriegen den Kerl — mach dir keine Sorgen.«
»Was ist mit der Jacht?«
»Sie hat den Hafen auf den Faröern vor zehn Minuten verlassen«, berichtete Hanley. »Eine amerikanische Fregatte mit Marschflugkörpern ist unterwegs, um sie auf dem Atlantik abzufangen.«
»Wenigstens eine gute Nachricht«, sagte Cabrillo.
Hanley beobachtete den Monitor, der die Position der Cessna und die des Robinson zeigte. Gleichzeitig lauschte er dem Kopiloten der Challenger, der sie über den Lautsprecher im Kontrollraum auf dem Laufenden hielt. Die Challenger hatte die beiden Flugzeuge auf dem Radarschirm geortet und näherte sich ihnen zügig.
»Die Cessna befindet sich zur Zeit über Inverness«, sagte Hanley. »Die Challenger hat sie auf dem Schirm. Wie viel Sprit habt ihr noch?«
Cabrillo wandte sich über sein Headset an Adams.
»George, schaffen wir es bis Inverness?«
»Ich denke schon«, antwortete Adams, »seit wir über Land sind, haben wir Rückenwind.«
»Es reicht bis Inverness«, gab Cabrillo an Hanley durch.
Hanley wollte Cabrillo und Adams gerade empfehlen, zu landen und aufzutanken, doch dazu kam er nicht mehr. Der Kopilot der Challenger meldete sich nämlich. Die Cessna ging plötzlich in den Sinkflug.
»Juan«, sagte Hanley schnell, »die Challenger meldet gerade, dass die Cessna runtergeht.«
Nach der Monitorkarte an Bord des Robinson war Inverness nur wenige Kilometer entfernt.
»Wo will der Kerl landen?«, fragte Cabrillo.
»So wie es aussieht am Ostufer des Loch Ness.«
»Ich rufe zurück«, sagte Cabrillo zu Hanley, ehe er die Verbindung unterbrach.
Das Wetter verschlechterte sich zusehends, Regen rann in dünnen Rinnsalen an der Frontscheibe des Robinson herab.
Adams schaltete den Ventilator ein und warf einen prüfenden Blick auf die Tankanzeige.
»Glaubst du an Monster?«, fragte Cabrillo.
»Ich glaube an Monstertrucks«, antwortete Adams, »warum fragst du?«
Cabrillo deutete auf die Monitorkarte. Die zigarrenförmigen Umrisse des Loch Ness kamen soeben in Sicht. »Laut Hanley bereitet die Cessna eine Landung am Ostufer des Loch Ness vor.«
Während der letzten Minuten hatte Adams einen kurzen Eindruck von der Landschaft gewinnen können, ehe die Wolkendecke sich wieder schloss. »Das glaube ich nicht«, sagte er.
»Warum nicht?«, fragte Cabrillo.
»Viel zu hügelig«, erklärte Adams, »dort gibt es keinen Platz für eine Rollbahn.«
»Das heißt –«, begann Cabrillo.
»Dass er einen Abwurf beabsichtigt«, beendete Adams den Satz.
Sobald er Bennetts Meldung erhalten hatte, dass die Cessna die Faröer verlassen hatte und verfolgt wurde, schickte der Leiter der Operation zwei der vier Männer, die in Glasgow warteten, los, damit sie schnellstens nach Norden rasten. Die beiden hatten die knapp zweihundert Kilometer lange Fahrt bis zum Loch Ness in weniger als zwei Stunden geschafft und warteten nun auf weitere Befehle. Vor zehn Minuten waren sie instruiert worden, zum Ostufer des Loch Ness zu fahren, einen verlassenen Flecken zu suchen und dort zu warten, bis sie benachrichtigt wurden. Dann hatten sie vor zwei Minuten Befehl erhalten, Rauchgranaten zu zünden und auf eine kleine Kiste zu achten, die in Kürze abgeworfen werden sollte.