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Al-Khalifa hingegen war hoch gewachsen, attraktiv und bewegte sich mit einer Eleganz, die eine generationenlange Führerschaft in seine Seele eingeprägt hatte. Seit Hunderten von Jahren hatten seine Vorfahren als Stammeshäuptlinge auf der Arabischen Halbinsel geherrscht. Es war gerade mal zwanzig Jahre her, seit Al-Khalifas Vater bei der Königsfamilie von Katar in Ungnade gefallen und sein Familienzweig auf einen nur noch gewöhnlichen gesellschaftlichen Status reduziert worden war. Al-Khalifa hatte die Absicht, diese Situation schnellstens zu berichtigen.

Danach würde er den lange geplanten Schlag im Namen des Islam führen.

»Allah hat uns mit den Mitteln ausgestattet, beides zu tun«, sagte Al-Khalifa, »und wir werden es tun.«

»Wollen Sie also, dass der Kapitän auf einen nordöstlichen Kurs geht?«, fragte Esky.

»Ja«, antwortete Al-Khalifa leise. »Den Passagier werde ich später an Bord holen.«

Unter der Flagge von Bahrain segelnd und als Eigentum des Arab Investment and Trading Consortium registriert, war die dreihundertdrei Fuß lange Akbar eine der längsten in Privatbesitz befindlichen Jachten der Welt. Nur wenige Fremde hatten sich je an Bord der Jacht aufgehalten, doch diese wenigen berichteten von luxuriös ausgestatteten Salons, von den großen Jacuzzis auf dem Achterdeck und von den mitgeführten zahlreichen kleineren Booten, den Jetskis und Waterbikes und dem Helikopter.

Von außen betrachtet erschien dieAkbar wieder schwimmende Palast eines Ultrareichen. Fast niemand wäre auf die Idee gekommen, dass die Jacht einer Terroristenzelle Unterschlupf und Operationsbasis bot. Neben dem Anführer, Al-Khalifa, und seinem Gefolgsmann Esky — beide zur Zeit an Land — gab es noch sechs weitere Männer. Zwei kamen aus Kuwait, zwei waren Saudis, einer stammte aus Libyen und der sechste war Ägypter. Alle Männer waren mit fundamentalistischen Parolen infiziert. Und alle waren bereit, für ihr Anliegen zu sterben.

»Wir haben Erlaubnis, den Hafen zu verlassen«, sprach der Kapitän in sein Walkie-Talkie.

»Sobald Sie den äußeren Hafen hinter sich haben, gehen Sie auf volle Fahrt«, befahl Al-Khalifa vom Land aus. »Ich bin in anderthalb Stunden bei Ihnen.«

»Jawohl, Sir«, antwortete der Kapitän.

Al-Khalifa verstaute das kleine Mobiltelefon in der Brusttasche und konzentrierte sich wieder auf die elektrische Schalttafel im Keller des Hotels. »Bringen Sie die Sprengladung dort an«, sagte er zu Esky und deutete auf die Hauptleitung. »Nachdem der Alarm ertönt und die Lichter erloschen sind, warten Sie wie geplant an der unteren Treppe auf mich.«

Esky nickte und packte den C-6-Sprengstoff um das Aluminiumrohr. Er holte die Zünddrähte und die Zünder aus der Tasche, während Al-Khalifa sich entfernte. Bei seinem Gang durch die Tiefgarage blieb Al-Khalifa an einem Van stehen, öffnete die Heckklappe und schaute prüfend hinein. Dann schloss er die Klappe wieder und setzte den Weg fort.

Er ging durch die Tür, die zur Nottreppe führte, und stieg die Stufen hoch.

Sobald er das Stockwerk direkt unter der Zimmerflucht des Emirs von Katar erreichte, benutzte er seine Schlüsselkarte, um ein Zimmer zu betreten, das von seiner Mantelgesellschaft angemietet worden war. Al-Khalifa streifte mit einem flüchtigen Blick das Bett, das er früher am Tag hochgestellt und gegen die Wand gelehnt hatte. Dann inspizierte er die seltsam aussehende, rot lackierte Maschine, die dort auf dem Fußboden aufgestellt worden war, wo vorher das Bett gestanden hatte. Oben, dicht unter der Zimmerdecke, war eine mit Diamanten besetzte Lochsäge mit einem Durchmesser von knapp anderthalb Metern zu erkennen. Sie wirkte wie die Riesenversion des Werkzeugs, das ein Schreiner gewöhnlich benutzte, um Schlupflöcher in die Seitenwände von Vogelhäusern zu bohren. Das runde Sägeblatt war an einer glänzenden Stahlspindel befestigt, die von einer hydraulischen Pressvorrichtung hochgedrückt wurde. Unter der Spindel und der Teleskophydraulik befand sich ein Blechkasten, in dem der Dieselmotor arbeitete, der die Bohreinrichtung antrieb. Unter dem Motorgehäuse ragte eine Deichsel hervor. Außerdem verfügte die Maschine über Räder, die zuließen, dass sie an jeden beliebigen Ort geschoben werden konnte. Mittels einer tragbaren Handsteuerung am Ende eines knapp zehn Meter langen Kabels ließ sie sich außerdem fernbedienen.

Als Al-Khalifa das Sägeblatt absenkte, entstand zwischen ihm und der Decke eine Lücke von knapp zwei Metern. Neben der Maschine lagen eine quadratische Sperrholzplatte und eine Leiter bereit. Die gesamte Anlage war über einen Zeitraum von zwei Wochen in Einzelteilen ins Zimmer geschmuggelt und dort zusammengebaut worden. Hausangestellte waren fern gehalten worden, indem die Rezeption die ausdrücklich Anweisung erhalten hatte, dafür zu sorgen, dass niemand — auch nicht ein Angehöriger des Personals — zu irgendeinem Zeitpunkt das Zimmer betrat.

Das Gerät wurde auf Baustellen eingesetzt, um Löcher in Betonwände zu bohren, damit Versorgungskabel verlegt werden konnten.

Al-Khalifa war sicher, dass sich die Maschine ohne Probleme auch durch eine Zimmerdecke beziehungsweise einen Fußboden fressen würde.

Der Emir von Katar schlief friedlich im Stockwerk darüber. Sicherheitsteams der Corporation hielten in Zimmern auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors und neben der Suite des Emirs die ganze Nacht hindurch Wache. Sie rechnet damit, dass das Kidnapping in dieser Nacht über die Bühne gehen sollte. Im Zimmer auf der anderen Seite des Korridors betrachteten Pete Jones und Bob Meadows aufmerksam das Bild, dass die ferngesteuerte Kamera lieferte. Im Zimmer links neben der Suite des Emirs machte sich Monica Crabtree soeben einige Notizen, während Cliff Hornsby eine Pistole reinigte. Im Zimmer rechts neben der Suite bedienten sich Hali Kasim und Franklin Lincoln von einer Platte mit Sandwiches, während sie warteten.

Nichts deutete auf das hin, was gleich geschehen würde.

Eine Etage tiefer setzte Al-Khalifa ein Nachtsichtgerät auf, dann nahm er die Fernbedienung zur Hand und blickte auf seine Armbanduhr. Die Sekunden vertickten, bis der Zeiger auf 3 Uhr morgens sprang. In diesem Augenblick spürte Al-Khalifa, wie das Gebäude erzitterte und die Lampen kurz flackerten und dann erloschen.

Er betätigte den Anlasserknopf — und die Bohrmaschine erwachte mit lautem Getöse zum Leben. Während er den entsprechenden Knopf drückte, der den Vortrieb des Bohrkopfs steuerte, verfolgte er, wie die rotierende Spindel mitsamt dem Sägeblatt zur Decke hochstieg. Sobald das Sägeblatt die Decke berührte, fraß es sich in die Dämmplatten und die Holzträger und schleuderte Holzsplitter und Staub ins Zimmer. In weniger als zehn Sekunden durchstieß die Säge die Decke, und frische Luft drang von oben herein. Al-Khalifa ließ bei still stehender Säge die Hydraulik herunterfahren, legte die Sperrholzplatte auf die scharfen Sägezähne, dann ergriff er abermals die Fernbedienung, kletterte auf die Platte und ließ die Spindel mit der runden Lochsäge wieder nach oben steigen. Zwei Atemzüge später befand er sich im Zimmer des Emirs.

Dank des Nachtsichtgeräts konnte Al-Khalifa jemanden im Bett sitzen und sich die Augen reiben sehen. Er huschte durchs Zimmer, schnappte sich einen Stuhl und verkeilte ihn mit der Rückenlehne unter dem Türknauf, dann kehrte er schnellstens zum Bett des Emirs zurück.

Er bückte sich, pappte Klebeband auf Mund und Augen des Mannes, dann zerrte er ihn aus dem Bett und schleifte ihn zum Loch im Fußboden. Sobald er ihn auf die Sperrholzplatte bugsiert hatte, ließ er mit Hilfe der Fernbedienung die Spindel absinken. Nun schob er den Mann von der Platte auf den Fußboden hinunter und zog ihn zur Tür. Diese öffnete er, schleppte ihn durch den Korridor zur Feuertreppe und eilte diese, so schnell es mit seiner lebenden Last möglich war, hinunter.

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