Литмир - Электронная Библиотека

«Kutter liegt längsseits, Sir!»

Mit einem dumpfen Poltern landete die abgefierte Drehbrasse im Bug des Beiboots, um sofort von zwei Seeleuten geladen zu werden.

Leise fragte Bolitho:»Ist Ihnen diese kleine Bucht erst jetzt wieder eingefallen, Jethro? Oder wissen Sie schon seit zwei Wochen und länger, daß sie die richtige Stelle ist? Wir hätten im nächsten Augenblick gewendet und diese Chance für immer verspielt.»

«Sie wollten das Schiff«, antwortete Tyrrell.»Ich halte mein Wort. «Damit wandte er sich ab und hinkte zum Schanzkleid, sein Holzbein holte bei jedem Schritt in weitem Bogen aus.

Und obwohl Bolitho in diesem Augenblick die Wahrheit erkannt hatte, drängte ihn ein unerklärlicher Impuls, mit zwei, drei Schritten an die Finknetze zu eilen und Tyrrell nachzurufen:»Seien Sie vorsichtig, Jethro! Und viel Glück!»

Tyrrell hielt inne, die großen Fäuste um die Taue der Jakobsleiter gekrampft, und blickte mit Augen, die im grellen Licht tränten, zum Achterdeck hinauf. Einen Lidschlag lang standen nicht mehr die vielen Jahre zwischen ihnen, sondern sie waren wieder an Bord der Sparrow. Dann stieß sich Tyrrell von der Bordwand ab und ließ sich in den Kutter fallen, den Holzstumpf steif vorgereckt wie einen Rüssel.

Keen murmelte:»Wenn das nur gutgeht.»

Schon löste sich der Kutter vom Mutterschiff, die Riemen hoben und senkten sich in schnellem Takt, während der Bootsmann, hinter dem Leutnant stehend, aufs Land zuhielt.

Bolitho biß sich auf die Lippen.»Ich habe ihm vertraut. Aber vielleicht war es doch eine zu starke Versuchung für ihn.»

Keen schüttelte den Kopf.»Ich verstehe nicht, Sir.»

Bolitho sah dem Boot nach, das jetzt einen engen Bogen beschrieb, weil Tyrrells ausgestreckter Arm in eine neue Richtung deutete. Die Wirbel einer kleinen Flußmündung waren zu erkennen, zu deren beiden Seiten Bäume und Gebüsch bis zum Ufer wuchsen. Kaum zu glauben, daß dieses Flüßchen breiter sein sollte als auf der Karte angegeben.

Von weit her erscholl ein gedämpfter Knall, gefolgt vom lauten Ruf eines Ausguckpostens:»Die Fregatte hat gefeuert, Sir!»

«Auf diese Distanz treffen sie nicht mal den Felsen von Gibraltar«, höhnte Knocker.

Bolitho tauschte einen Blick mit Keen. War der Schuß eine Warnung, die Aufforderung, das spanische Hoheitsgebiet zu verlassen — oder sollte er einen Dritten alarmieren?

Er sagte:»Machen Sie lieber klar zum Gefecht. «Und nach einem prüfenden Blick zum Kutter hinüber, der gut vorangekommen war:

«Wir wollen uns nicht ein zweites Mal überraschen lassen.»

Die Männer in seiner Umgebung erstarrten, konnten nicht glauben, was sie soeben gehört hatten.

Aber als die Trommeln zu rasseln begannen und sich heisere Befehlsrufe durch das ganze Schiff fortpflanzten, wurden die letzten Illusionen ausgeräumt.

Keen verschränkte die Arme und ließ den Blick über sein Schiff wandern. Auf beiden Seitendecks drängten sich die Männer, stopften die zusammengerollten Hängematten als Kugelfang in die Finknetze, während Schiffsjungen zwischen den Kanonen herumrannten und das Deck mit Sand bestreuten, damit die Stückmannschaften nicht ausrutschten, wenn erst Blut die Planken bedeckte. Big Harry Rooke, der Bootsmann, schrie einen Säumigen aus seiner Crew an, die auf den untersten Rahen auslegte und Kettenschlingen ausbrachte, die gebrochene Spieren daran hindern sollten, an Deck zu stürzen. Andere schlugen unten Zwischenwände ab und verwandelten die getrennten Messen und Kammern in einen einzigen großen Raum, der den Stückmannschaften vom Bug bis zum Heck Bewegungsfreiheit gab.

Quantock blickte vom Batteriedeck herauf und tippte grüßend an seinen Hut.

«Schiff klar zum Gefecht!«meldete er. Inzwischen kannte er Keens Anforderungen.»In neun Minuten, Sir!»

Keen nickte.»Gut gemacht, Mr. Quantock.»

Aber die Spannung zwischen den beiden Männern blieb fühlbar, das kleine Kompliment entlockte keinem ein Lächeln.

Bolitho richtete ein Teleskop auf den fernen Kutter. Er konnte nur raten, was Leutnant Scott und die Bootsgasten jetzt dachten, während Achates unter dem Wirbel der Trommeln gefechtsklar machte und sie sich mit jedem Riemenschlag weiter von ihrem Schiff entfernten.

Er hörte Allday sich diskret neben ihm räuspern und ließ sich in den bereitgehaltenen Uniformrock helfen, während Ozzard mit dem alten Säbel herbeitrippelte. Auch Adam stand plötzlich bei ihnen, mit glänzenden Augen, unglaublich jung und eifrig.

«Befehle, Sir?»

Bolitho hob leicht die Arme, damit Allday ihm den Säbelgurt umschnallen konnte, und bemerkte betrübt Adams Förmlichkeit.»Tut mir leid, Adam«, sagte er.»Ich hätte es besser wissen müssen.

Es war dein gutes Recht, stolz darauf zu sein. An deiner Stelle hätte ich genauso empfunden.»

Der junge Leutnant machte einen halben Schritt auf ihn zu.»Ich würde mir eher die Hand abhacken, als Sie zu verletzen, Sir. Es war nur.»

«Es war nur so, daß du mich an deiner Freude teilhaben lassen wolltest und ich zu beschäftigt war, um dir zuzuhören. «Keen sagte:»Alles klar, Sir.»

Erleichtert blickte er von einem zum anderen. Dann suchte er All-days Blick, aber der zuckte mit keiner Wimper. Keen mußte lächeln; was war Allday doch für ein alter Fuchs!

«Also gut. «Bolitho sah zu seiner Flagge im Vormasttopp auf.»Setzt die Gefechtsflagge. Und dann, Mr. Bolitho, bitte folgendes Signal: Feind in Sicht!«Er sah die Verblüffung auf Adams Gesicht schnellem Begreifen weichen und fügte für die Umstehenden erklärend hinzu:»Schließlich kann es nichts schaden, wenn wir sie glauben machen, daß wir nicht ganz allein sind, wie?»

Und zu Keen sagte er:»Also fangen wir an.»

Aber angenommen, da drüben lag gar kein Schiff? Angenommen, er hatte sich in Tyrrell und in allem anderen geirrt? Dann wurde er jetzt zum Gespött seiner Leute.

Signalfähnrich Ferrier und der kleine Evans von Sparrowhawk machten sich mit ihren Gehilfen eifrig an den Flaggleinen zu schaffen, bis die bunten Stoffbällchen zügig zur Signalrah emporstiegen und in der leichten Brise auswehten, begrüßt vom aufgeregten Hurrageschrei der Stückmannschaften an den Achtzehnpfündern des Oberdecks.

Die meisten von ihnen konnten eine Signalflagge nicht von der anderen unterscheiden, aber die bunten Wimpel bedeuteten ihnen mehr als Worte: Sie waren ein Symbol.

Keen beobachtete Bolitho und unterdrückte einen Seufzer. Ich hätte damit rechnen müssen, dachte er.

Es knallte einmal scharf, dann riefen mehrere Stimmen zugleich:»Sie feuern auf den Kutter, die Schweine!»

Jubel schlug um in Wut.

Bolitho hob schnell das Glas und sah den Kutter gerade noch einen Haken schlagen; vorübergehend aus dem Takt gebracht, zögerten die Riemen über dem in bösartigen kleinen Fontänen aufspritzenden Wasser. Ein schlaffer Körper wurde rücksichtslos über das Dollbord gerollt, damit die Rudergasten mehr Platz gewannen. Mit einem trockenen Krachen feuerte die Drehbrasse des Kutters und bestrich das Ufergehölz mit ihrer Kartätschenladung.

Keen rief zum Batteriedeck hinunter:»Vielleicht müssen wir den Kutter sich selbst überlassen, Mr. Quantock! Aber signalisieren Sie Mr. Scott für alle Fälle, so schnell wie möglich zurückzukehren!»

Zustimmung heischend sah er sich nach Bolitho um, doch der stand drüben an den Finknetzen und starrte gebannt zu der halbverborgenen Flußmündung hinüber, als erwarte er dort jeden Augenblick eine Reaktion.

Der Kutter war langsamer geworden, woraus Bolitho schloß, daß doch mehrere Männer getroffen worden waren, wahrscheinlich von Musketenkugeln. An der Pinne stand jetzt Tyrrell und fuchtelte mit der Faust, um die Rudergasten zu größerer Anstrengung zu bewegen.

Das Großbramsegel füllte sich knallend mit Wind.

Bolitho sagte:»Halten Sie sich bereit, das Schiff wieder in Fahrt zu bringen, Mr. Knocker. Uns bleiben nur noch wenige Minuten.»

Quantock meldete:»Die Fregatte behält ihren Kurs bei, Sir.»

40
{"b":"113346","o":1}