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Belinda legte den Kopf an seine Schulter und murmelte:»Von hier oben sieht die Thrush so winzig aus. «Sie ließ den Blick zur Benbow schweifen, die an der Spitze der verankerten Schiffe lag.»Wenn ich bedenke, daß du diese vielen Männer und Schiffe befehligst, kommt es mir vor, als hätte ich zwei Menschen in einem Mann vor mir.»

Bolitho trat hinter sie und fühlte ihr Haar auf seinen Lippen. Endlich waren sie allein. Auf diesem überfüllten, künstlich geschaffenen Außenposten hatten sie ein Plätzchen gefunden, wo sie für sich sein konnten. Es kam ihm vor, als blicke er auf den Rest der Welt, ja auf sein anderes Ich aus großer Höhe hinab.

Belinda hatte recht. Dort unten war er Oberbefehlshaber, ein Mann, der mit einem einzigen Flaggensignal über Leben und Tod vieler Menschen entscheiden konnte. Aber hier oben war er nur er selbst.

Sie lehnte sich enger an ihn.»Wenn du Gibraltar verläßt, dann gehe ich auch. Ich bin froh, daß jetzt alles arrangiert ist. Sogar meine neue Zofe Polly freut sich auf die Reise, weil sie hofft, Allday wiederzusehen. Er hat ihr den Kopf verdreht.»

«Ich möchte so vieles mit dir besprechen, Belinda. Wir sehen uns nur so kurz, und bald.»

«Bald sind wir wieder getrennt, ich weiß. Aber ich will einfach nicht daran denken. Wenigstens nicht in den nächsten Stunden. «Bolitho spürte, daß sie sich versteifte.»Wird es denn sehr gefährlich werden? Und bitte, schone mich nicht. Du weißt, jetzt kannst du mir die Wahrheit sagen.»

Bolitho blickte an ihrem Kopf vorbei zu den Schiffen hinaus, die träge an ihren Ankertrossen schwojten.

«Wir werden kämpfen müssen. «Für ihn war es eine neue Erfahrung, mit einem Menschen über seine Gefühle sprechen zu können.»Man wartet und wartet, versetzt sich an die Stelle des Feindes, und wenn es dann schließlich zum Gefecht kommt, ist plötzlich alles anders. Die Leute zu Hause glauben, daß Seeleute für König und Vaterland kämpfen und um ihre Lieben daheim zu schützen. Das stimmt natürlich auch. Aber wenn die Kanonen brüllen und das feindliche Schiff wie ein Zerrbild des Teufels vor dir aus dem Rauch auftaucht, plötzlich so nahe, daß du es fast berühren kannst, dann denkst du nur an den Mann neben dir. Ein Kamerad schreit nach dem anderen, denn was Seeleute verbindet, das ist stärker als abstrakte Symbole und Begriffe einer Welt jenseits ihres Schiffes.»

Er spürte, daß sie aufschluchzte, und erschrak.»Vergib mir, das hätte ich nicht sagen dürfen.»

Sie schüttelte den Kopf.»Nein, ich bin stolz darauf, wenn ich es mit dir teilen darf. Dann fühle ich mich eins mit dir.»

Er ließ seine Hände höher gleiten und spürte, wie sie zusammenfuhr, als er ihre Brüste berührte.

«Belinda, du mußt mir zeigen, wie man liebt. Ich lebe jetzt schon so lange auf See, in dieser Männerwelt, daß ich mich davor fürchte, etwas falsch zu machen. Ich könnte dich verstören.»

Sie antwortete zunächst nicht, aber als er sie an sich zog, konnte er ihren Herzschlag spüren. Dann flüsterte sie so leise, daß er sich zu ihr hinabbeugen mußte:»Ich habe es dir ja schon gesagt: Ich sollte mich eigentlich dafür schämen, daß ich mich so nach dir sehne. «In seinen Armen drehte sie sich um und sah zu ihm auf.»Aber ich schäme mich nicht.»

Bolitho küßte ihren Hals, wußte, er mußte sich beherrschen, konnte es aber nicht. Belinda streichelte sein Haar und stöhnte leise auf, als sein Mund ihre Brüste streifte.

«Ich brauche dich, Richard«, flüsterte sie.»Wir wissen beide nicht, was morgen sein kann. «Als er protestierend den Kopf hob, sagte sie mit festerer Stimme:»Glaubst du, ich begnüge mich mit der Erinnerung an die Umarmungen meines toten Mannes, wenn ich doch nur dich will? Wir haben beide schon geliebt und sind geliebt worden, aber das gehört jetzt der Vergangenheit an.»

Er nickte.»Es zählt nicht mehr.»

Sie griff nach seiner Hand.»Uns ist so wenig Zeit vergönnt, mein Liebster«, sagte sie mit abgewandtem Blick. Doch dann warf sie mit der trotzigen Bewegung, die Bolitho lieben gelernt hatte, das Haar in den Nacken und zog ihn mit sich fort wie ein mutwilliges Kind, zum verhängten Alkoven in der anderen Ecke des Zimmers.

Bolitho schob die Bettvorhänge zurück und sah ihr zu, wie sie mit ungeduldigen Händen ihr Kleid abstreifte. Dann holte sie tief Luft und wandte sich ihm zu, die nackten Schultern vom offenen Haar verhüllt.

Bolitho strich über ihren Hals und schob die Haarsträhnen auf ihren Rücken. Dann hob er sie auf und legte sie so langsam und vorsichtig auf das Bett, als wolle er jeden Moment auskosten.

Gleich darauf lag er neben ihr, spürte ihre Haut und suchte ihren Blick, als gelte es, gemeinsam etwas Neues zu entdecken.

Dann schob er sich über sie und sah, daß ihre Augen ihm folgten, während zu beiden Seiten ihre Hände sich zu Fäusten ballten, als könne sie die Qual des Wartens nur mit Mühe ertragen.

Auf dem Boden vor dem Bett lagen in einem bunten Haufen ihr blaues Kleid, ihre hellere Unterwäsche und Bolithos dunkler Rock mit den glänzenden Goldepauletten, überflüssig und vergessen wie die Schiffe unten vor dem Fenster.

Sie verloren jedes Zeitgefühl und empfanden nur die Gegenwart des anderen, kosteten voll Zärtlichkeit und Ungestüm, voll Leidenschaft und Behutsamkeit ihre Liebe aus.

Der Abend senkte sich über die Reede, aber sie merkten nichts davon, ebenso wie es ihnen völlig entgangen wäre, hätte der Felsen von Gibraltar sich plötzlich in zwei Teile gespalten.

Erst im schwachen grauen Schimmer des nahenden Morgens erhob sich Bolitho vorsichtig und ging zum Fenster.

Unten tanzten einige spärliche Lichter auf und ab und signalisierten seinen langsam erwachenden Sinnen, daß das Leben außerhalb ihres Zimmers weitergegangen war. Die Schläfer in den Hängematten waren geweckt worden, die Decks wurden gescheuert, und die gähnenden Wachgänger warteten ungeduldig darauf, daß die Sanduhren umgedreht wurden und ihre Ablösung erschien. Helles Glasen begrüßte den neuen Tag.

Er hörte Belinda sich hinter ihm bewegen und wandte sich wieder dem Bett zu, auf dem sie selbstvergessen lag, einen Arm quer über die Kissen ihm entgegengestreckt.

Er ließ sich neben ihr nieder und spürte seine guten Vorsätze verfliegen, als sein Verlangen nach ihr zurückkehrte. Er strich über ihre nackte Haut und fühlte, daß ihre Sehnsucht nach ihm ebenso groß war.

In der Ferne blies eine helle, schmetternde Trompete die Reveil-le. Bolitho sagte weich:»Ich muß gehen, Belinda. Deine Freunde werden bald kommen, um dir beim Packen zu helfen.»

Sie nickte.»Die Barclays.»

Tapfer versuchte sie zu lächeln, aber als er sie streicheln wollte, faßte sie nach seiner Hand und drückte sie an ihre Brust.

«Ich bin nicht so stark, wie ich dachte«, sagte sie mit abgewandtem Gesicht.»Je früher du aufbrichst, desto eher sehen wir uns wieder. Daran will ich denken.»

Bolitho konnte den Blick nicht von ihr wenden.»Du bist ein Glück für mich. Falls wir.»

Sie richtete sich auf.»Nicht >falls<, mein Liebster, sondern >wenn<. Wenn wir uns wiedersehen…»

Er lächelte und machte sich vorsichtig von ihr frei.»Ja, wenn. Das klingt besser.»

Dann kleidete er sich schnell an und wandte sich ihr erst wieder zu, nachdem er seine Säbelscheide eingeklinkt hatte. Sie warf die Arme um ihn und zog ihn zu sich herab, preßte sich nackt an seinen rauhen Uniformrock und küßte ihn mit verzweifelter Inbrunst. Er spürte Salzgeschmack auf seinen Lippen, ob von ihren oder von seinen Tränen, konnte er nicht sagen.

Als er sich schließlich erhob, kam sie nicht mit zur Tür, sondern blieb mit bis zum Kinn angezogenen Beinen auf dem Bett sitzen und starrte ihm mit brennenden Augen nach.

Heiser sagte sie:»Jetzt bist du wieder der Admiral und gehörst den Schiffen da unten. Aber heute nacht hast du mir gehört, Richard.»

Die Hand auf der Klinke, blieb er stehen.»Ich werde immer dir gehören.»

Im nächsten Augenblick stand er draußen auf dem Gang und kam sich vor wie aus einem Traum erwacht.

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