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Als Bolitho ging, schrillten bereits die Bootsmannsmaatenpfeifen, und die Männer rannten auf ihre Stationen. Alles das und noch mehr konnte er Herrick überlassen. Jetzt.

Automatisch zog er unter der Kampanje den Kopf ein. Grubb brüllte:»Klar bei Brassen!«Das Ruder schwang herum, die losen Segel knallten und bespritzten die Männer mit großen Tropfen.

Die Kajüte kam ihm sehr kühl vor; er saß fast reglos in seinem Sessel, während Allday ihn schnell rasierte und Ozzard ihm schwarzen Kaffee servierte.»Das war der letzte, Sir«, sagte er dabei kläglich.

«Macht nichts«, murmelte Allday,»wir holen uns welchen von den Franzosen.»

Von oben kam das Stampfen vieler Füße, das Quietschen der Blöcke und Taljen. Dazu Veitchs Stimme, hohl verfremdet durch das Sprachrohr:»Lebhafter dort drüben! Belegt die Brassen, Bootsmann!»

Im dämmrigen Laternenlicht war die Kajüte besonders dunkel. Im Geiste sah er das Schiff auf Nordkurs vor sich, die anderen in Linie dahinter. Nun mußte es bald soweit sein.

Dann war es auf einmal still; aber schon Sekunden später wirbelten die Trommeln scharf, nervenzerreißend. Leroux' kleine Trommeljungen mußten direkt beim Skylight stehen.

Das Schiff erzitterte. Jedes Deck reagierte auf seine Weise und mit seinen eigenen Geräuschen; Trennwände wurden niedergelegt, Kisten und nicht benötigtes Schiffsgeschirr nach unten geschafft; jeder Geschützführer lief um seine Mannschaft herum wie die Henne um ihre Küken.

Allday trat zurück und wischte das Rasiermesser ab.»In acht Minuten gefechtsklar, Sir. Mr. Veitch hat gelernt, wie Sie's haben wollen.»

Bolitho stand auf und ließ sich von Ozzard in den Galarock helfen.»Letztes Mal hat Captain Farquhar dem Gegner diese Ehre erwiesen«, sagte er, und ihre Augen trafen sich.»Nun noch den Degen.»

Ozzard wartete, bis Allday das Koppel geschlossen hatte, stürzte dann wieder herzu und band Bolithos schwarzes Haar mit einer Schleife im Nacken zusammen.

Bolitho mußte daran denken, wie Farquhar ihm damals vorgekommen war: wie ein Schauspieler.

Wieder ertönten Rufe an Deck, das Scheuern von Riemen an der Bordwand — ein Boot legte an.

Er blickte zu Allday hin — ob der wohl dasselbe dachte? Jetzt waren sie alle da: Herrick und Pascoe, Allday und er selbst.»Es wird Zeit«, sagte Bolitho.

Er ging mit Allday durch die Zwischentür in die Hauptkajüte, wo statt Eßtisch und polierten Stühlen nur noch die nackten Planken, die finster lauernden Kanonen und ihre Bedienungen waren; dann weiter unter der Kampanje hervor in den schon heller werdenden Morge n hinaus.

Am Fuß des mächtigen Besanmastes stehend, versuchte er, nicht an die Breitseite zu denken, die wie eine blutige Lawine das Heck der Osiris aufgerissen hatte.

Hier und da wandten sich die Leute an den Geschützen um und sahen ihm nach; weiß schimmerten ihre Augen hinter den geschlossenen Stückpforten. Einer rief sogar:»Sie haben sich aber feingemacht, Sir!«Die Dunkelheit ermutigte den Mann wohl, er hörte nicht auf die groben Drohungen des Deckoffiziers.

Bolitho lächelte, den Tonfall kannte er: der Mann stammte aus Cornwall wie er selbst. Vielleicht hatte er ihn sogar als Kind einmal gesehen. Jetzt, vor dem Gefecht, fühlte er sich ihm näher.

Er ging am Doppelrad und den unerschütterlichen Rudergasten vorbei, am Master, seinen Maaten und dem Midshipman der Wache, dem kleinen Saxby, weiter bis zur Mitte des Achterdecks.

Dort stand Pascoe, Haar und Schultern von Spritzwasser durchweicht, und flüsterte eifrig mit Glasson, der den Signaldienst übernommen hatte.

Pascoe lüftete den Hut vor Bolitho und sagte:»Ich gehe gleich nach unten, Sir.»

Bolitho nickte, denn er wußte, daß einige Matrosen ihn und den jungen Leutnant neugierig beobachteten. Pascoe war jetzt dem unteren Batteriedeck mit den großen Zweiunddreißigpfündern zugeteilt. Sein Vorgesetzter dort war Leutnant Steere; außerdem gehörte noch ein Midshipman als Läufer dazu. In den Batterien der Lysander dominierte wirklich die Jugend.

«Gott mit dir, Adam.»

«Und«, erwiderte dieser zögernd,»mit dir auch, Onkel. «Er lächelte Herrick zu und eilte den Niedergang hinunter.»An Deck! Segel Backbord voraus!»

«Hinauf mit Ihnen, Mr. Veitch!«befahl Bolitho.»Ich brauche heute ein klares Urteil.»

Er starrte in den Himmel, der jetzt blaßblau und wolkenlos war; auf die roten Uniformen der Scharfschützen und der Kanoniere an den Drehbassen, auf die großen Rahen und die schwarzen, geteerten Stage. Eine lebendige, kraftvolle Kriegswaffe, die komplizierteste, härteste Anforderungen stellende Erfindung des Menschen. Die Lysander besaß in diesem gedämpften Licht eine wirkliche Schönheit, die auch durch ihre Größe und Tonnage nicht beeinträchtigt wurde.

Bolitho ging zur Backbordseite und packte die sauber gestauten Hängemattsnetze. Die Harebell kämpfte sich bereits durch den Wind zur Wende, die Marssegel schlugen, Bram- und Großsegel wurden soeben gesetzt.

Achtern konnte er die schwarzen Linien der luvseitigen Wanten der Nicator sehen, doch ihr Rumpf, ebenso wie jener der Immorta-lite, waren hinter dem schrägen Heck der Lysander verborgen.

Leichtfüßig rannte Major Leroux eine Leiter hinunter und grüßte schwungvoll mit gezogenem Degen.

«Ich habe meine Leute wie befohlen verteilt, Sir. Die besten Scharfschützen dort, wo sie von den weniger guten nicht behindert werden. «Er lächelte, doch seine Augen sahen in die Ferne.»Vielleicht erwarten die Franzosen, mit Nelson zusammenzutreffen.»

Herrick hatte es gehört und lachte.»Unser tapferer Admiral muß warten, bis er an der Reihe ist.»

So leichtfüßig wie ein zwölfjähriger Midshipman kam Veitch an einem Backstag aufs Deck gerutscht.»Es ist tatsächlich die feindliche Flotte, Sir. Anscheinend auf Südostkurs, und das Gros liegt noch weit in Luv. «Er zögerte etwas und fuhr dann fort:»Direkt vor unserem Bug segelt ein zweites Geschwader auf konvergierendem Kurs, Sir. Ich habe es genau studiert und bin sicher, daß mindestens ein Schiff davon auch in Korfu war — oder sogar mehrere. Eins war rot und schwarz bemalt. Ich habe es eben ganz deutlich gesehen.»

Bolitho sah Herrick an und schlug sich mit der Faust in die Handfläche.»Brueys hält seine Hauptmacht westlich von uns, Thomas! Offenbar rechnet er immer noch damit, auf unsere Flotte zu treffen.»

Herrick nickte und entgegnete bitter:»Wenn der wüßte, daß sie gar nicht mehr hier ist!»

Bolitho faßte ihn beim Arm.»Mr. Veitch irrt sich nicht. «Er sah die beiden an — sie mußten das doch begreifen!» Brueys läßt seine anderen Versorgungsschiffe östlich segeln, im Schutz seiner Gefechtsformationen!»

«Dann wird unsere Anwesenheit hier allerhand Aufregung verursachen. «Herrick stieg mit seinem Teleskop in die Luvwanten.»Ich kann gerade noch ein paar Segel an der Kimm ausmachen. Doch Sie mögen durchaus recht haben, Mr. Veitch. Unsere französischen Freunde schirmen ihre Transporter nach der falschen Seite ab!«Etwas nüchterner fuhr er fort:»Aber noch haben sie reichlich Zeit, ihre Verteidigung umzustellen.»

Bolitho spielte mit dem Gedanken, selbst aufzuentern und sich die Lage anzusehen.

«Wir haben nur drei Schiffe, Thomas. Die Franzosen werden inzwischen die Harebell gesichtet haben und annehmen, daß sie unsere Signale an die Hauptflotte weitergibt.»

Leise sagte Leroux:»Dann möchte ich aber nicht in Commander Inchs Schuhen stecken!»

Mehrere Geschützbedienungen hatten ihre Kanonen verlassen, standen auf der Laufbrücke und beobachteten den langsam näherkommenden Feind. Wie Kavallerie mit weißen Federbüschen über einen stahlblauen Hügelkamm, so traten die Masten und Segel immer deutlicher über die Kimm, jetzt sogar für die Männer auf dem Batteriedeck sichtbar. Mehr, immer mehr, bis der ganze Horizont hinter lauter Segeln verschwand.

«Was für eine Flotte, Thomas!»

Bolitho rückte den Hut schief, damit ihm die Sonne nicht direkt in die Augen schien. Er konnte sie auf der rechten Wange spüren, auf dem durchfeuchteten Rock. Bald würde es noch heißer werden, in mehr als einer Hinsicht.

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