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Bolitho schüttelte den Kopf.»Später. Ich muß mir das hier ansehen.»

Jetzt kamen die Boote mit den Geretteten längsseit; und drüben lag die Buzzard mit den zerfetzten Segeln und der hübschen kleinen Prise dicht neben sich. Das französische Linienschiff fuhr jetzt nicht mehr den gespaltenen Wimpel, dafür aber britische Flaggen an allen Masten: Immortalite. Der Name paßte. Sie hatte es überstanden und würde, wenn alles gut ging, ein wertvoller Zuwachs für sein kleines Geschwader sein.

Ein furchtbares Krachen ertönte, Wrackstücke regneten herab. Das Feuer mußte endlich die Pulverkammer der Osiris erreicht haben. Die offenen Stückpforten glühten auf wie eine Reihe roter Augen; jetzt fraßen die Flammen das Schiff von innen, Deck um Deck, Planke für Planke.

Bolithos Kopf schmerzte, er wollte gehen, weit weg von allem. Tief unten im Schiff sein, keinen Menschen hören, kein Wasser mehr sehen.

Und doch blieb er an den Webeleinen stehen und sah zu, wie auf der Lysander gearbeitet wurde, sah die emsigen Männer und die vielen bekannten Gesichter. Nickend sagte der alte Grubb irgend etwas von Ehre; Major Leroux kam herbeistolziert und wollte etwas äußern, doch er sah, wie Bolitho zumute war, und drehte im letzten Moment ab.

Fitz-Clarence und Kipling, auch der kleine Midshipman Saxby mit seinem zahnlückigen Grinsen, der alte Mariot, der Geschützführer, der schon unter Bolithos Vater gedient hatte — alle waren sie da.

«Das muß schneller gehen, Mr. Steere«, hörte er Herrick rufen.

«Der Wind ist jetzt günstiger, und ich will noch vor Mittag weiter!»

Vor Mittag? War seit dem Morgengrauen erst so wenig Zeit vergangen? Müde starrte Bolitho aufs Wasser, auf dem verkohlte Balken und tote Menschen trieben. Nur ein paar Stunden, mehr nicht. Aber viele waren gestorben und noch mehr würden noch sterben.

Er griff in die Netze und tat ein paar tiefe Atemzüge. Und gerade er war fest überzeugt gewesen, daß er als einer der ersten fallen würde. Das war das Allermerkwürdigste. In seiner Zeit auf See war er oft genug dem Tode nahe gewesen. Manchmal so nahe, daß er ihn neben sich gespürt hatte wie eine Realität. Noch nie war das Gefühl so stark gewesen wie an diesem Tag.

Herrick trat wieder zu ihm.»Tut mir leid, daß ich Sie allein lassen muß, Sir. Aber bei diesem Betrieb und da die Leute alle noch ganz verrückt vom Sieg sind, bleibt keine Minute Zeit, auch wenn man sie nötig brauchte.»

«Ich danke Ihnen, Thomas. «Bolitho sah zu der brennenden Osi-ris hinüber.»Für das, was Sie für die dort getan haben — und für mich selbst.»

«Wenn ich es nur früher gewußt hätte, Sir!«sagte Herrick und blickte bedauernd zur Seite.»So dachte ich nur, es hätte keinen Zweck, untätig vor Anker zu liegen, wenn Sie für das Geschwader so viel getan haben.»

Ernst und nachdenklich sah Bolitho ihn an.»Und da sind Sie einfach losgesegelt, Thomas? Mit einem Stück Papier von der Hand Ihres stellvertretenden Kommodore, das ihn gegebenenfalls von aller Verantwortung befreit, Sie aber aufs schwerste belastet hätte. Dienstlich wären Sie höchstwahrscheinlich erledigt gewesen.»

Er sah die scharfen Falten in Herricks vertrautem Gesicht; vermutlich hatte er geglaubt, Bolitho sei tot oder gefangen. Daß er allein von Syrakus ausgelaufen war, sollte eine persönliche Demonstration sein; das hatte ja schon Inch gesagt.

Mehrere Boote kamen von vorn; vorsichtig mieden sie den brennenden Zweidecker, der vielleicht noch einmal, und dann sogar schlimmer, explodieren konnte.

«Das sind die gefangenen Franzosen, Sir. Sie haben gut gekämpft, aber wir haben sie besiegt, ohne einen einzigen Mann zu verlieren. Wir haben sie eben überrascht. Aber wir selbst waren mindestens ebenso überrascht, glaube ich.»

Bolitho beugte sich über die Bordwand und sah einen hageren Offizier, einen Arm in der Schlinge, die Uniform blutüberströmt, der mit schmerzverzerrtem Gesicht zu ihm aufschaute.

«Der Kommodore. «Er hob die Hand, und der Begleiter des französischen Offiziers erwiderte den Gruß.»Ich weiß, wie es ist, wenn man verloren hat. Und was er in diesem Augenblick denkt. «Schroff wandte er sich ab.»Sobald wir klar zum Auslaufen sind, wünsche ich einen ausführlichen Bericht von Captain Probyn.»

«Aye. «Herrick spürte Bolithos Verbitterung, seinen Zorn.

Wieder sah Bolitho ihn an.»Aber jetzt soll mir nichts mehr die Freude an unserem Wiedersehen verderben, mein Freund!«Er lächelte, weil er sich in seiner Erschöpfung so hilflos vorkam.»Ich habe Ihnen übrigens Grüße auszurichten, Thomas. Von einer entzückenden Frau, die sich schon jetzt darauf freut, Sie in Kent willkommen zu heißen.»

Herrick geriet ins Stottern.»Verflucht — Pardon, Sir — ich…»

Dann grinste er.»Sie haben sie also kennengelernt?»

«Das sagte ich ja gerade, Thomas. «Er nahm ihn beim Arm.»Ich hoffe bei Ihrer Hochzeit dabei zu sein, so wie Sie bei. «Er hielt inne und wandte den Blick ab.

«Es wird mir eine große Ehre sein, Sir — falls es dazu kommt.»

Jetzt stürmte Veitch auf das Achterdeck, das Lachen und die Späße, die seinen wilden Auftritt begrüßten, mit fröhlichem Grinsen erwidernd.

Herrick freute sich.»Noch ein alter Lysander ist wieder zu Hause, Sir. Aber wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich ihn sofort zum Ersten Offizier befördern. Mr. Fitz-Clarence kann die Korvette übernehmen und Mr. Gilchrist den französischen Vierundsiebziger. Jedenfalls bis zu einer endgültigen Regelung.»

«Wie gesagt, Thomas, Sie sind der Flaggkapitän. Ihre Ansichten sind auch die meinen, wir haben es beide nur nicht gewußt, glaube ich. Aber was wird Captain Javal hinsichtlich seiner Offiziere dazu sagen?»

Herrick lächelte.»Wir haben uns nach dem Gefecht von Bord zu Bord verständigt, Sir. Er ist ohne Verluste durchgekommen, aber — «, er sah Bolitho in die Augen — ,»wir haben nur die eine Fregatte. Sie muß besser sein als jede feindliche Fregatte, auf die sie treffen könnte. Und Javal ist sowieso zufrieden, wenn er Prisengeld kriegt.»

Er wurde wieder ernst, als Fitz-Clarence eilig herbeikam und offensichtlich eine Menge Fragen hatte.»Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, Sir?«sagte er.

Dann trat Pascoe herzu.»Ein seltsames Gefühl, wieder hier zu sein«, sagte er nachdenklich.

Bolitho nickte.»Für dich ganz besonders, Adam.»

Überraschung sprach aus Adams dunklen Augen.»Wieso gerade für mich?»

«Gilchrist und Fitz-Clarence sind vorläufig Prisenkommandanten — «, jetzt erhellte sich Pascoes Miene, denn er begriff — ,»da rückst du gleich zwei Stufen auf und bist Vierter Offizier. Mit achtzehn ist das ganz beachtlich.»

Guthrie fiel ihm dabei ein, Farquhars Zweiter. Wenigstens verdankte Pascoe seine Beförderung nicht dem Tod eines anderen oder war in eine solche Lücke getreten, wie sie Guthrie hinterlassen hatte, dessen Geist sich im Grauen der Schlacht verdunkelt hatte. Bolitho dachte auch an Probyn, der schon als Leutnant ein Trinker gewesen war. Wenn der am Tod all jener schuld war, die heute umgekommen waren, dann gab es keine Entschuldigung und keine höhere Stelle, die ihn retten konnte.

Er sah Pascoes veränderte Miene und wußte, daß man ihm seinen Zorn auf Probyn ansah.»Du hast es verdient und noch viel mehr«, sagte er und wandte sich um, denn eben kam ein Boot der Lysander mit der weißen Parlamentärsflagge vorbei.»Dein Vater wäre stolz auf dich gewesen.»

Damit ging Bolitho zu Herrick hinüber, der am Decksgang stand. Pascoes Gesicht konnte er nicht sehen, doch er wußte, daß er ihm soeben eine größere Belohnung gegeben hatte, als es die Beförderung war.

Bolitho saß in seiner Kajüte am Arbeitstisch und schrieb, als Herrick eintrat. Es war jetzt eine volle Woche her, daß sie Korfu mit seinen bitteren Erinnerungen hinter sich gelassen hatten. Auf Südund Ostkurs waren sie durch die zahllosen griechischen Inseln gesteuert und hatten schließlich einen sicheren Ankerplatz gefunden, wo sie die Schäden reparieren konnten.

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