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Geschützen, dann wäre der tapfere Capitano Latorre wohl längst weg. Würde ich fordern, daß er mich seine Vorräte inspizieren läßt, so gäbe das eine Katastrophe. Und wir sollen ja, wie ich mich dunkel erinnere, bei dieser Aktion Verbündete sein.»

Aber der Zahlmeister hatte keinen Sinn für Ironie.»Dons oder Frogs — trauen kann man beiden nicht!»

Das Gespräch wurde unterbrochen, als Quarmes Kopf in der Türöffnung erschien.

«Ja, Mr. Quarme?«Bolitho hörte Whiting erleichtert aufseufzen, weil damit die Last von seinen fetten Schultern genommen war.

Quarme sah erschöpft aus.»Signal von der Batterie, Sir. Die französische Fregatte ist wieder in Nordwest gesichtet worden — Gott weiß, was sie als Wind benutzt!«Er trocknete sich das Gesicht.»Ich wünschte beim Himmel, auch wir wären da draußen!»

Bolitho nickte dem Zahlmeister zu.»Machen Sie weiter, Mr. Whiting. Aber sorgen Sie dafür, daß die Wasserfässer rund um die Uhr bewacht werden!«Als sich die Tür hinter Whiting geschlossen hatte, fuhr er fort:»Diese Fregatte wird ein Auge auf unsere Masttopps halten oder auf die Flagge über der Batterie.»

Quarme hob die Schultern.»Zeitverschwendung. Selbst mit Ash-bys wenigen Leuten könnten wir die Insel gegen eine ganze Flotte halten!»

Bolitho warf ihm einen scharfen Blick zu. Merkwürdig, daß der Mann so wenig Phantasie hatte.»Damit keinerlei Zweifel aufkommt, Mr. Quarme: wenn wir nicht innerhalb einer Woche Wasser bekommen, müssen wir die Insel aufgeben!«Wütend wandte er sich ab.»Die Franzosen wissen, wie es mit unserem Wasser steht, ebenso wie sie wissen müssen, daß man uns keinen Nachschub geschickt hat. «Er beschattete die Augen mit der Hand und starrte zu den hohen Klippen hinüber. Dort unten hoben sich im stehenden Wasser die verkohlten Reste der Märte wie schwarze Knochen ab.»Und ohne günstigen Wind ist es vielleicht auch dann schon zu spät. Der Durst hat unseren Leuten mächtig zugesetzt.»

«Hilfe ist vielleicht schon unterwegs, Sir. «Quarme folgte ihm mit den Augen bei seinem rastlosen Auf-und-Ab-Schreiten in der Kajüte.»Lord Hood muß Ihren Bericht ja erhalten haben.»

«So? Muß er?«Bolitho blieb stehen, wütend über Quarmes leere Vertrauensseligkeit und sein eigenes Unvermögen, eine Lösung zu finden.»Das freut mich zu hören. Donnerwetter, Mann, die Chanti-cleer kann ja gesunken sein. Jetzt, in dieser Minute, kann sie Feuer oder eine Meuterei an Bord haben!»

Quarme lächelte mühsam.»Das halte ich für unwahrscheinlich…»

Kalt starrte Bolitho ihn an.»Dann glauben Sie also, wir sollen weiter abwarten, wie?»

Quarmes Lächeln gefror.»Ich wollte nur sagen: wir konnten ja nicht wissen, daß es so kommen würde; mehr kann schließlich niemand von uns verlangen, Sir. Wir haben die Insel befehlsgemäß eingenommen und unseren Auftrag nach besten Kräften erfüllt.»

Bolitho gewann auf einmal seine Gelassenheit wieder.»Befehle auszuführen ist nicht immer die letzte Lösung, Mr. Quarme. Im Dienst des Königs mögen Sie noch so viele Siege und Triumphe erringen — aber machen Sie nur einen Fehler, dann sind alle Ihre Verdienste ausgelöscht. «Er zog sich das Hemd von der feuchten Haut ab.»Wenn man sein Bestes tut, dann ist das eben manchmal noch nicht gut genug.»

Mißmutig setzte er sich.»Sehen Sie den Tatsachen ins Auge. Was wir noch an Wasser besitzen, ist nicht der Rede wert, aber wir haben ausreichend Wein und Branntwein. Früher oder später müssen ein paar Hitzköpfe wild werden, und dann werden wir noch mehr als diese verdammte Insel verlieren!«Er deutete zur Klippe hin.»Was bilden Sie sich ein, wie lange wir ohne Ashbys Seesoldaten an Bord eine Besatzung halbverdursteter Matrosen unter Kontrolle halten können?»

Quarme starrte ihn entsetzt an.»Ich mache schon mehrere Jahre auf diesem Schiff Dienst, Sir, und kenne die meisten Leute gut. Sie würden niemals.»

«Ich weiß nicht«, erwiderte Bolitho mit einer heftigen Handbewegung,»ob ich Sie wegen Ihres Vertrauens bewundern oder wegen Ihrer Ahnungslosigkeit bemitleiden soll!«Ohne sich um Quarmes ärgerliches Erröten zu kümmern, sprach er weiter:»Ich habe eine Meuterei aus nächster Nähe erlebt. Eine häßliche, schreckliche Angelegenheit. «Er starrte auf das höhnisch glitzernde Wasser.»Auch da waren es ganz normale Matrosen. Nicht besser, nicht schlechter als unsere. Die Menschen ändern sich nicht, nur die Situationen.»

Mühsam schluckte Quarme.»Wenn Sie meinen, Sir…»

Bolitho fuhr auf seiner Bank herum, denn eben hatte Allday die Tür einen Spaltbreit geöffnet.»Ja?»

Allday warf einen kurzen Blick auf den Ersten Offizier und sagte:»Entschuldigung, Captain, aber ein Seesoldat mit einer Meldung von Captain Ashby ist an Bord gekommen. «Er schob sich in die Kajüte.»Er läßt respektvoll anfragen, Sir, ob Sie dem dienstältesten französischen Offizier eine Unterredung gewähren wollen.»

Bolitho riß seine Gedanken vom Bild der leeren Wasserbehälter los.»Aus welchem Grund, Allday?»

Der Bootssteurer zuckte die breiten Schultern.»Private Gründe, Captain. Er möchte Sie bloß mal sprechen.»

«Verdammte Unverschämtheit!«grollte Quarme.»Weil Sie die Dons daran gehindert haben, ihnen die Hälse abzuschneiden, bilden sich diese Franzosen anscheinend ein, Sie würden ihnen alles Mögliche bewilligen!»

Bolitho blickte unbewegt über Quarme hinweg.»Mein Kompliment an Captain Ashby, und er möchte den Mann unverzüglich herüberschicken. Ich empfange ihn.»

Quarme ballte die Fäuste.»Brauchen Sie mich, Sir?»

Mit nachdenklichem Gesicht stand Bolitho auf.»Wenn ich Sie rufen lasse, Mr. Quarme. «Er sah ihm nach, als er steifbeinig zur Tür schritt, und fügte bedeutsam hinzu:»Im Krieg muß man die Segel nach dem Wind setzen, Mr. Quarme. Auch die kleinste Brise darf man nicht auslassen, wenn man auf eine Leeküste zutreibt.»

Der dienstälteste überlebende Offizier der Garnison von Cozar war ein Artillerieleutnant namens Charlois, ein schwergebauter Mann, schon etwas bei Jahren, mit faltigem, melancholischem Gesicht und hängendem Schnurrbart, der in seiner schlechtsitzenden Uniform und den schweren Stiefeln keineswegs soldatisch wirkte. Bolitho entließ Leutnant Shanks, der den Gefangenen an Bord gebracht hatte, und forderte dann den Franzosen auf, am Tisch Platz zu nehmen. Er sah dessen gierigen Blick, als er zwei Gläser Wein einschenkte; doch ließ er sich nicht von dem wenig imponierenden Äußeren des Offiziers täuschen. Immerhin hatte dieser die Hauptbatterie der Festung befehligt. Seiner Vorsorge, seinem Können und seiner Sorgfalt war es zuzuschreiben gewesen, daß die großen, aber uralten Kanonen des Forts das spanische

Flaggschiff mit seinen achtzig Geschützen innerhalb weniger Minuten in ein flammendes Inferno verwandelt hatten, bis schließlich das Pulvermagazin in die Luft flog und der Sieg vollkommen war. Von den etwa tausend spanischen Matrosen und Seesoldaten hatten weniger als ein Dutzend die Katastrophe überlebt. Diese waren von der trägen Strömung an die gegenüberliegende Seite des Naturhafens getrieben worden, und nur das hatte sie vor der endgültigen Vernichtung durch die französischen Scharfschützen gerettet.

Charlois hob sein Glas und sagte stockend: «Your health, Cap-tain!«Dann goß er den Wein auf einen Zug hinunter.

Bolitho blickte ihn ernsthaft an.»Sie sprechen gut englisch. «Zeitverschwendung mit leeren Redensarten war ihm zuwider; doch wußte er, daß so etwas manchmal nötig war, damit jeder die Stärken und Schwächen des anderen abschätzen konnte.

Der Offizier breitete die plumpen Hände aus.»Ich war im letzten Krieg Gefangener in England, in einer Festung in Deal.»

«Und warum wollen Sie mich sprechen, Lieutenant? Haben Sie Schwierigkeiten mit Ihren Männern?»

Der Franzose biß sich auf die Lippen und warf ein paar rasche Blicke umher. Dann senkte er die Stimme und erwiderte:»Ich habe über unsere Zwangslage nachgedacht, Captain. «Er schien zu einem Entschluß gekommen zu sein.»Ihre und meine. Sie haben kein Wasser für Ihre Leute und können nicht viel länger bleiben, n'est-ce pas!»

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