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Siebenter Gesang

Und nun sah man den Hof gar herrlich bestellt und bereitet,

Manche Ritter kamen dahin; den sämtlichen Tieren

Folgten unzählige Vögel, und alle zusammen verehrten

Braun und Isegrim hoch, die ihrer Leiden vergaßen.

Da ergötzte sich festlich die beste Gesellschaft, die jemals

Nur beisammen gewesen; Trompeten und Pauken erklangen,

Und den Hoftanz führte man auf mit guten Manieren.

Überflüssig war alles bereitet, was jeder begehrte.

Boten auf Boten gingen ins Land und luden die Gäste,

Vögel und Tiere machten sich auf, sie kamen zu Paaren,

Reiseten hin bei Tag und bei Nacht und eilten zu kommen.

Aber Reineke Fuchs lag auf der Lauer zu Hause,

Dachte nicht nach Hofe zu gehn, der verlogene Pilger;

Wenig Dankes erwartet' er sich. Nach altem Gebrauche

Seine Tücke zu üben, gefiel am besten dem Schelme.

Und man hörte bei Hof die allerschönsten Gesänge,

Speis und Trank ward über und über den Gästen gereichet,

Und man sah turnieren und fechten. Es hatte sich jeder

Zu den Seinen gesellt, da ward getanzt und gesungen,

Und man hörte Pfeifen dazwischen und hörte Schalmeien.

Freundlich schaute der König von seinem Saale hernieder;

Ihm behagte das große Getümmel, er sah es mit Freuden.

Und acht Tage waren vorbei (es hatte der König

Sich zu Tafel gesetzt mit seinen ersten Baronen,

Neben der Königin saß er), und blutig kam das Kaninchen

Vor den König getreten und sprach mit traurigem Sinne:

Herr! Herr König! und alle zusammen! erbarmet Euch meiner!

Denn Ihr habt so argen Verrat und mördrische Taten,

Wie ich von Reineken diesmal erduldet, nur selten vernommen.

Gestern morgen fand ich ihn sitzen, es war um die sechste

Stunde, da ging ich die Straße vor Malepartus vorüber;

Und ich dachte, den Weg in Frieden zu ziehen. Er hatte,

Wie ein Pilger gekleidet, als läs er Morgengebete,

Sich vor seine Pforte gesetzt. Da wollt ich behende

Meines Weges vorbei, zu Eurem Hofe zu kommen.

Als er mich sah, erhub er sich gleich und trat mir entgegen,

Und ich glaubt, er wollte mich grüßen; da faßt' er mich aber

Mit den Pfoten gar mörderlich an, und zwischen den Ohren

Fühlt ich die Klauen und dachte wahrhaftig das Haupt zu verlieren:

Denn sie sind lang und scharf, er druckte mich nieder zur Erde.

Glücklicherweise macht ich mich los, und da ich so leicht bin,

Konnt ich entspringen; er knurrte mir nach und schwur, mich zu finden.

Aber ich schwieg und machte mich fort, doch leider behielt er

Mir ein Ohr zurück, ich komme mit blutigem Haupte.

Seht, vier Löcher trug ich davon! Ihr werdet begreifen,

Wie er mit Ungestüm schlug, fast wär ich liegen geblieben.

Nun bedenket die Not, bedenket Euer Geleite!

Wer mag reisen? wer mag an Eurem Hofe sich finden,

Wenn der Räuber die Straße belegt und alle beschädigt?

Und er endigte kaum, da kam die gesprächige Krähe,

Merkenau, sagte: Würdiger Herr und gnädiger König!

Traurige Märe bring ich vor Euch, ich bin nicht imstande,

Viel zu reden vor Jammer und Angst, ich fürchte, das bricht mir

Noch das Herz: so jämmerlich Ding begegnet' mir heute

Scharfenebbe, mein Weib, und ich, wir gingen zusammen

Heute früh, und Reineke lag für tot auf der Heide,

Beide Augen im Kopfe verkehrt, es hing ihm die Zunge

Weit zum offenen Munde heraus. Da fing ich vor Schrecken

Laut an zu schrein. Er regte sich nicht, ich schrie und beklagt ihn,

Rief. O weh mir! und Ach! und wiederholte die Klage:

Ach! er ist tot! wie dauert er mich! wie bin ich bekümmert!

Meine Frau betrübte sich auch, wir jammerten beide.

Und ich betastet ihm Bauch und Haupt, es nahte desgleichen

Meine Frau sich und trat ihm ans Kinn, ob irgend der Atem

Einiges Leben verriet', allein sie lauschte vergebens:

Beide hätten wir drauf geschworen. Nun höret das Unglück.

Wie sie nun traurig und ohne Besorgnis dem Munde des Schelmen

Ihren Schnabel näher gebracht, bemerkt' es der Unhold,

Schnappte grimmig nach ihr und riß das Haupt ihr herunter.

Wie ich erschrak, das will ich nicht sagen. O weh mir! o weh mir!

Schrie ich und rief. Da schoß er hervor und schnappte mit einmal

Auch nach mir; da fuhr ich zusammen und eilte zu fliehen.

Wär ich nicht so behende gewesen, er hätte mich gleichfalls

Festgehalten; mit Not entkam ich den Klauen des Mörders,

Eilend erreicht ich den Baum! O hätt ich mein trauriges Leben

Nicht gerettet! ich sah mein Weib in des Bösewichts Klauen.

Ach! er hatte die Gute gar bald gegessen. Er schien mir

So begierig und hungrig, als wollt er noch einige speisen;

Nicht ein Beinchen ließ er zurück, kein Knöchelchen übrig.

Solchen Jammer sah ich mit an! Er eilte von dannen,

Aber ich konnt es nicht lassen und flog mit traurigem Herzen

An die Stätte; da fand ich nur Blut und wenige Federn

Meines Weibes. Ich bringe sie her, Beweise der Untat.

Ach, erbarmt Euch, gnädiger Herr, denn solltet Ihr diesmal

Diesen Verräter verschonen, gerechte Rache verzögern,

Eurem Frieden und Eurem Geleite nicht Nachdruck verschaffen,

Vieles würde darüber gesprochen, es würd Euch mißfallen.

Denn man sagt: der ist schuldig der Tat, der zu strafen Gewalt hat

Und nicht strafet; es spielet alsdann ein jeder den Herren.

Eurer Würde ging' es zu nah, Ihr mögt es bedenken.

Also hatte der Hof die Klage des guten Kaninchens

Und der Krähe vernommen. Da zürnte Nobel, der König,

Rief: So sei es geschworen bei meiner ehlichen Treue,

Diesen Frevel bestraf ich, man soll es lange gedenken!

Mein Geleit und Gebot zu verhöhnen! Ich will es nicht dulden.

Gar zu leicht vertraut ich dem Schelm und ließ ihn entkommen,

Stattet ihn selbst als Pilger noch aus und sah ihn von hinnen

Scheiden, als ging' er nach Rom. Was hat uns der Lügner nicht alles

Aufgeheftet! Wie wußt er sich nicht der Königin Vorwort

Leicht zu gewinnen! Sie hat mich beredet, nun ist er entkommen.

Aber ich werde der Letzte nicht sein, den es bitter gereute,

Frauenrat befolget zu haben. Und lassen wir länger

Ungestraft den Bösewicht laufen, wir müssen uns schämen.

Immer war er ein Schalk und wird es bleiben. Bedenket

Nun zusammen, ihr Herren, wie wir ihn fahen und richten!

Greifen wir ernstlich dazu, so wird die Sache gelingen.

Isegrimen und Braunen behagte die Rede des Königs.

Werden wir doch am Ende gerochen! so dachten sie beide.

Aber sie trauten sich nicht zu reden, sie sahen, der König

War verstörten Gemüts und zornig über die Maßen.

Und die Königin sagte zuletzt: Ihr solltet so heftig,

Gnädiger Herr, nicht zürnen, so leicht nicht schwören; es leidet

Euer Ansehn dadurch und Eurer Worte Bedeutung.

Denn wir sehen die Wahrheit noch keineswegs am Tage;

Ist doch erst der Beklagte zu hören. Und wär er zugegen,

Würde mancher verstummen, der wider Reineken redet.

Beide Parteien sind immer zu hören; denn mancher Verwegne

Klagt, um seine Verbrechen zu decken. Für klug und verständig

Hielt ich Reineken, dachte nichts Böses und hatte nur immer

Euer Bestes vor Augen, wiewohl es nun anders gekommen.

Denn sein Rat ist gut zu befolgen, wenn freilich sein Leben

Manchen Tadel verdient. Dabei ist seines Geschlechtes

Große Verbindung wohl zu bedenken. Es werden die Sachen

Nicht durch Übereilung gebessert, und was Ihr beschließet,

Werdet Ihr dennoch zuletzt als Herr und Gebieter vollziehen.

Und Lupardus sagte darauf: Ihr höret so manchen;

Höret diesen denn auch. Er mag sich stellen, und was Ihr

Dann beschließt, vollziehe man gleich. So denken vermutlich

Diese sämtlichen Herrn mit Eurer edlen Gemahlin.

Isegrim sagte darauf: Ein jeder rate zum Besten!

Herr Lupardus, höret mich an. Und wäre zur Stunde

Reineke hier und entledigte sich der doppelten Klage

Dieser beiden, so wär es mir immer ein leichtes, zu zeigen,

Daß er das Leben verwirkt. Allein ich schweige von allem,

Bis wir ihn haben. Und habt Ihr vergessen, wie sehr er den König

Mit dem Schatze belogen? Den sollt er in Hüsterlo neben

Krekelborn finden, und was der groben Lüge noch mehr war.

Alle hat er betrogen und mich und Braunen geschändet;

Aber ich setze mein Leben daran. So treibt es der Lügner

Auf der Heide. Nun streicht er herum und raubet und mordet.

Deucht es dem Könige gut und seinen Herren, so mag man

Also verfahren. Doch wär es ihm Ernst, nach Hofe zu kommen,

Hätt er sich lange gefunden. Es eilten die Boten des Königs

Durch das Land, die Gäste zu laden, doch blieb er zu Hause.

Und es sagte der König darauf: Was sollen wir lange

Hier ihn erwarten? Bereitet euch alle (so sei es geboten!),

Mir am sechsten Tage zu folgen. Denn wahrlich das Ende

Dieser Beschwerden will ich erleben. Was sagen die Herren?

Wär er nicht fähig, zuletzt ein Land zugrunde zu richten?

Macht euch fertig, so gut ihr nur könnt, und kommet im Harnisch,

Kommt mit Bogen und Spießen und allen andern Gewehren,

Und betragt euch wacker und brav! Es führe mir jeder,

Denn ich schlage wohl Ritter im Felde, den Namen mit Ehren.

Malepartus, die Burg, belegen wir, was er im Haus hat,

Wollen wir sehen. Da riefen sie alle: Wir werden gehorchen!

Also dachte der König und seine Genossen, die Feste

Malepartus zu stürmen, den Fuchs zu strafen. Doch Grimbart,

Der im Rate gewesen, entfernte sich heimlich und eilte,

Reineken aufzusuchen und ihm die Nachricht zu bringen;

Traurend ging er und klagte vor sich und sagte die Worte:

Ach, was kann es nun werden, mein Oheim! Billig bedauert

Dich dein ganzes Geschlecht, du Haupt des ganzen Geschlechtes!

Vor Gericht vertratest du uns, wir waren geborgen:

Niemand konnte bestehen vor dir und deiner Gewandtheit.

So erreicht' er das Schloß, und Reineken fand er im Freien

Sitzen. Er hatte sich erst zwei junge Tauben gefangen;

Aus dem Neste wagten sie sich, den Flug zu versuchen,

Aber die Federn waren zu kurz; sie fielen zu Boden,

Nicht imstande, sich wieder zu heben, und Reineke griff sie,

Denn oft ging er umher, zu jagen. Da sah er von weiten

Grimbart kommen und wartete sein; er grüßt' ihn und sagte:

Seid mir, Neffe, willkommen vor allen meines Geschlechtes!

Warum lauft Ihr so sehr! Ihr keichet! bringt Ihr was Neues?

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