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Zwölfter Gesang

Als der König Reineken sah, wie dieser am Kreise

Glatt geschoren sich zeigte, mit Öl und schlüpfrigem Fette

Über und über gesalbt, da lacht' er über die Maßen.

Fuchs! wer lehrte dich das? so rief er: mag man doch billig

Reineke Fuchs dich heißen, du bist beständig der Lose!

Allerorten kennst du ein Loch und weißt dir zu helfen.

Reineke neigte sich tief vor dem Könige, neigte besonders

Vor der Königin sich und kam mit mutigen Sprüngen

In den Kreis. Da hatte der Wolf mit seinen Verwandten

Schon sich gefunden; sie wünschten dem Fuchs ein schmähliches Ende;

Manches zornige Wort und manche Drohung vernahm er.

Aber Lynx und Lupardus, die Wärter des Kreises, sie brachten

Nun die Heilgen hervor, und beide Kämpfer beschworen,

Wolf und Fuchs, mit Bedacht die zu behauptende Sache.

Isegrim schwur mit heftigen Worten und drohenden Blicken:

Reineke sei ein Verräter, ein Dieb, ein Mörder und aller

Missetat schuldig, er sei auf Gewalt und Ehbruch betreten,

Falsch in jeglicher Sache; das gelte Leben um Leben!

Reineke schwur zur Stelle dagegen: er seie sich keiner

Dieser Verbrechen bewußt, und Isegrim lüge wie immer,

Schwöre falsch wie gewöhnlich, doch soll' es ihm nimmer gelingen,

Seine Lüge zur Wahrheit zu machen, am wenigsten diesmal.

Und es sagten die Wärter des Kreises: Ein jeglicher tue,

Was er schuldig zu tun ist! das Recht wird bald sich ergeben.

Groß und klein verließen den Kreis, die beiden alleine

Drin zu verschließen. Geschwind begann die Äffin zu flüstern:

Merket, was ich Euch sagte, vergeßt nicht, dem Rate zu folgen!

Reineke sagte heiter darauf: Die gute Vermahnung

Macht mich mutiger gehn. Getrost! ich werde der Kühnheit

Und der List auch jetzt nicht vergessen, durch die ich aus manchen

Größern Gefahren entronnen, worein ich öfters geraten,

Wenn ich mir dieses und jenes geholt, was bis jetzt nicht bezahlt ist,

Und mein Leben kühnlich gewagt. Wie sollt ich nicht jetzo

Gegen den Bösewicht stehen? Ich hoff, ihn gewißlich zu schänden,

Ihn und sein ganzes Geschlecht, und Ehre den Meinen zu bringen.

Was er auch lügt, ich tränk es ihm ein. Nun ließ man die beiden

In dem Kreise zusammen, und alle schauten begierig.

Isegrim zeigte sich wild und grimmig, reckte die Tatzen,

Kam daher mit offenem Maul und gewaltigen Sprüngen.

Reineke, leichter als er, entsprang dem stürmenden Gegner

Und benetzte behende den rauhen Wedel mit seinem

Ätzenden Wasser und schleift' ihn im Staube, mit Sand ihn zu füllen.

Isegrim dachte, nun hab er ihn schon! da schlug ihm der Lose

Über die Augen den Schwanz, und Hören und Sehen verging ihm.

Nicht das erstemal übt' er die List, schon viele Geschöpfe

Hatten die schädliche Kraft des ätzenden Wassers erfahren.

Isegrims Kinder blendet' er so, wie anfangs gesagt ist;

Und nun dacht er den Vater zu zeichnen. Nachdem er dem Gegner

So die Augen gesalbt, entsprang er seitwärts und stellte

Gegen den Wind sich, rührte den Sand und jagte des Staubes

Viel in die Augen des Wolfs, der sich mit Reiben und Wischen

Hastig und übel benahm und seine Schmerzen vermehrte.

Reineke wußte dagegen geschickt den Wedel zu führen,

Seinen Gegner aufs neue zu treffen und gänzlich zu blenden.

Übel bekam es dem Wolfe! denn seinen Vorteil benutzte

Nun der Fuchs. Sobald er die schmerzlich tränenden Augen

Seines Feindes erblickte, begann er mit heftigen Sprüngen,

Mit gewaltigen Schlägen auf ihn zu stürmen, zu kratzen

Und zu beißen und immer die Augen ihm wieder zu salben.

Halb von Sinnen tappte der Wolf, da spottete seiner

Reineke dreister und sprach: Herr Wolf, Ihr habt wohl vorzeiten

Manch unschuldiges Lamm verschlungen, in Euerem Leben

Manch unsträfliches Tier verzehrt: ich hoffe, sie sollen

Künftig Ruhe genießen, auf alle Fälle bequemt Ihr

Euch, sie in Frieden zu lassen, und nehmet Segen zum Lohne.

Eure Seele gewinnt bei dieser Buße, besonders

Wenn Ihr das Ende geduldig erwartet. Ihr werdet für diesmal

Nicht aus meinen Händen entrinnen, Ihr müßtet mit Bitten

Mich versöhnen, da schont ich Euch wohl und ließ Euch das Leben.

Hastig sagte Reineke das und hatte den Gegner

Fest an der Kehle gepackt und hofft ihn also zu zwingen.

Isegrim aber, stärker als er, bewegte sich grimmig,

Mit zwei Zügen riß er sich los. Doch Reineke griff ihm

Ins Gesicht, verwundet' ihn hart und riß ihm ein Auge

Aus dem Kopfe, es rann ihm das Blut die Nase herunter.

Reineke rief: So wollt ich es haben! so ist es gelungen!

Blutend verzagte der Wolf, und sein verlorenes Auge

Macht' ihn rasend, er sprang, vergessend Wunden und Schmerzen,

Gegen Reineken los und druckt' ihn nieder zu Boden.

Übel befand sich der Fuchs, und wenig half ihm die Klugheit.

Einen der vorderen Füße, die er als Hände gebrauchte,

Faßt' ihm Isegrim schnell und hielt ihn zwischen den Zähnen.

Reineke lag bekümmert am Boden, er sorgte zur Stunde

Seine Hand zu verlieren und dachte tausend Gedanken.

Isegrim brummte dagegen mit hohler Stimme die Worte:

Deine Stunde, Dieb, ist gekommen! Ergib dich zur Stelle,

Oder ich schlage dich tot für deine betrüglichen Taten!

Ich bezahle dich nun, es hat dir wenig geholfen,

Staub zu kratzen, Wasser zu lassen, das Fell zu bescheren,

Dich zu schmieren; wehe dir nun! du hast mir so vieles

Übel getan, gelogen auf mich, mir das Auge geblendet,

Aber du sollst nicht entgehn, ergib dich, oder ich beiße!

Reineke dachte: Nun geht es mir schlimm, was soll ich beginnen?

Geb ich mich nicht, so bringt er mich um, und wenn ich mich gebe,

Bin ich auf ewig beschimpft. Ja, ich verdiene die Strafe,

Denn ich hab ihn zu übel behandelt, zu gröblich beleidigt.

Süße Worte versucht' er darauf, den Gegner zu mildern.

Lieber Oheim! sagt' er zu ihm: ich werde mit Freuden

Euer Lehnsmann sogleich mit allem, was ich besitze.

Gerne geh ich als Pilger für Euch zum Heiligen Grabe,

In das Heilige Land, in alle Kirchen, und bringe

Ablaß genug von dannen zurück. Es gereichet derselbe

Eurer Seele zu Nutz und soll für Vater und Mutter

Übrig bleiben, damit sich auch die im ewigen Leben

Dieser Wohltat erfreun; wer ist nicht ihrer bedürftig?

Ich verehr Euch, als wärt Ihr der Papst, und schwöre den teuren

Heiligen Eid, von jetzt auf alle künftige Zeiten

Ganz der Eure zu sein mit allen meinen Verwandten.

Alle sollen Euch dienen zu jeder Stunde. So schwör ich!

Was ich dem Könige selbst nicht verspräche, das sei Euch geboten.

Nehmt Ihr es an, so wird Euch dereinst die Herrschaft des Landes.

Alles, was ich zu fangen verstehe, das will ich Euch bringen:

Gänse, Hühner, Enten und Fische, bevor ich das mindste

Solcher Speise verzehre, ich laß Euch immer die Auswahl,

Eurem Weib und Kindern. Ich will mit Fleiße darneben

Euer Leben beraten, es soll Euch kein Übel berühren.

Lose heiß ich, und Ihr seid stark, so können wir beide

Große Dinge verrichten. Zusammen müssen wir halten,

Einer mit Macht, der andre mit Rat, wer wollt uns bezwingen?

Kämpfen wir gegeneinander, so ist es übel gehandelt.

Ja, ich hätt es niemals getan, wofern ich nur schicklich

Hätte den Kampf zu vermeiden gewußt; Ihr fordertet aber,

Und ich mußte denn wohl mich ehrenhalber bequemen.

Aber ich habe mich höflich gehalten und während des Streites

Meine ganze Macht nicht bewiesen; es muß dir, so dacht ich,

Deinen Oheim zu schonen, zur größten Ehre gereichen.

Hätt ich Euch aber gehaßt, es wär Euch anders gegangen.

Wenig Schaden habt Ihr gelitten, und wenn aus Versehen

Euer Auge verletzt ist, so bin ich herzlich bekümmert.

Doch das Beste bleibt mir dabei: ich kenne das Mittel,

Euch zu heilen, und teil ichs Euch mit, Ihr werdet mirs danken.

Bliebe das Auge gleich weg, und seid Ihr sonst nur genesen,

Ist es Euch immer bequem; Ihr habet, legt Ihr Euch schlafen,

Nur Ein Fenster zu schließen, wir andern bemühen uns doppelt.

Euch zu versöhnen, sollen sogleich sich meine Verwandten

Vor Euch neigen, mein Weib und meine Kinder, sie sollen

Vor des Königes Augen im Angesicht dieser Versammlung

Euch ersuchen und bitten, daß Ihr mir gnädig vergebet

Und mein Leben mir schenkt. Dann will ich offen bekennen,

Daß ich unwahr gesprochen und Euch mit Lügen geschändet,

Euch betrogen, wo ich gekonnt. Ich verspreche, zu schwören,

Daß mir von Euch nichts Böses bekannt ist und daß ich von nun an

Nimmer Euch zu beleidigen denke. Wie könntet Ihr jemals

Größere Sühne verlangen, als die, wozu ich bereit bin?

Schlagt Ihr mich tot, was habt Ihr davon? es bleiben Euch immer

Meine Verwandten zu fürchten und meine Freunde; dagegen,

Wenn Ihr mich schont, verlaßt Ihr mit Ruhm und Ehren den Kampfplatz,

Scheinet jeglichem edel und weise: denn höher vermag sich

Niemand zu heben, als wenn er vergibt. Es kommt Euch so bald nicht

Diese Gelegenheit wieder, benutzt sie. Übrigens kann mir

Jetzt ganz einerlei sein, zu sterben oder zu leben.

Falscher Fuchs! versetzte der Wolf. wie wärst du so gerne

Wieder los! Doch wäre die Welt von Golde geschaffen,

Und bötest du sie mir in deinen Nöten, ich würde

Dich nicht lassen! Du hast mir so oft vergeblich geschworen,

Falscher Geselle! Gewiß, nicht Eierschalen erhielt' ich

Ließ ich dich los. Ich achte nicht viel auf deine Verwandten;

Ich erwarte, was sie vermögen, und denke so ziemlich

Ihre Feindschaft zu tragen. Du Schadenfroher! wie würdest

Du nicht spotten, gäb ich dich frei auf deine Beteurung.

Wer dich nicht kennte, wäre betrogen. Du hast mich, so sagst du,

Heute geschont, du leidiger Dieb! und hängt mir das Auge

Nicht zum Kopfe heraus? Du Bösewicht, hast du die Haut mir

Nicht an zwanzig Orten verletzt? und konnt ich nur einmal

Wieder zu Atem gelangen, da du den Vorteil gewonnen?

Töricht wär es gehandelt, wenn ich für Schaden und Schande

Dir nun Gnad und Mitleid erzeigte. Du brachtest, Verräter,

Mich und mein Weib in Schaden und Schmach, das kostet dein Leben.

Also sagte der Wolf. Indessen hatte der Lose

Zwischen die Schenkel des Gegners die andre Tatze geschoben;

Bei den empfindlichsten Teilen ergriff er denselben und ruckte,

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