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Fünfter Gesang

Nun vernehmet die List, und wie der Fuchs sich gewendet,

Seine Frevel wieder zu decken und andern zu schaden.

Bodenlose Lügen ersann er, beschimpfte den Vater

Jenseit der Grube, beschwerte den Dachs mit großer Verleumdung,

Seinen redlichsten Freund, der ihm beständig gedienet.

So erlaubt' er sich alles, damit er seiner Erzählung

Glauben schaffte, damit er an seinen Verklägern sich rächte.

Mein Herr Vater, sagt' er darauf, war so glücklich gewesen,

König Emmrichs, des Mächtigen, Schatz auf verborgenen Wegen

Einst zu entdecken; doch bracht ihm der Fund gar wenigen Nutzen.

Denn er überhub sich des großen Vermögens und schätzte

Seinesgleichen von nun an nicht mehr, und seine Gesellen

Achtet' er viel zu gering: er suchte sich höhere Freunde.

Hinze, den Kater, sendet' er ab in die wilden Ardennen,

Braun, den Bären, zu suchen, dem sollt er Treue versprechen,

Sollt ihn laden, nach Flandern zu kommen und König zu werden.

Als nun Braun das Schreiben gelesen, erfreut' es ihn herzlich;

Unverdrossen und kühn begab er sich eilig nach Flandern,

Denn er hatte schon lange so was in Gedanken getragen.

Meinen Vater fand er daselbst, der sah ihn mit Freuden,

Sendete gleich nach Isegrim aus und nach Grimbart, dem Weisen,

Und die vier verhandelten dann die Sache zusammen;

Doch der fünfte dabei war Hinze, der Kater. Ein Dörfchen

Liegt allda, wird Ifte genannt, und grade da war es,

Zwischen Ifte und Gent, wo sie zusammen gehandelt.

Eine lange, düstere Nacht verbarg die Versammlung;

Nicht mit Gott! es hatte der Teufel, es hatte mein Vater

Sie in seiner Gewalt mit seinem leidigen Golde.

Sie beschlossen des Königes Tod, beschworen zusammen

Festen, ewigen Bund, und also schwuren die fünfe

Sämtlich auf Isegrims Haupt: sie wollten Braunen, den Bären,

Sich zum Könige wählen und auf dem Stuhle zu Aachen

Mit der goldenen Krone das Reich ihm festlich versichern.

Wollte nun auch von des Königes Freunden und seinen Verwandten

Jemand dagegen sich setzen, den sollte mein Vater bereden

Oder bestechen, und ginge das nicht, sogleich ihn verjagen.

Das bekam ich zu wissen: denn Grimbart hatte sich einmal

Morgens lustig getrunken und war gesprächig geworden;

Seinem Weibe verschwätzte der Tor die Heimlichkeit alle,

Legte Schweigen ihr auf; da, glaubt' er, wäre geholfen.

Sie begegnete drauf bald meinem Weibe, die mußt ihr

Der drei Könige Namen zum feierlichen Gelübde

Nennen, Ehr und Treue verpfänden, um Liebes und Leides

Niemand ein Wörtchen zu sagen, und so entdeckt' sie ihr alles.

Ebensowenig hat auch mein Weib das Versprechen gehalten:

Denn sobald sie mich fand, erzählte sie, was sie vernommen,

Gab mir ein Merkmal dazu, woran ich die Wahrheit der Rede

Leicht erkennte; doch war mir dadurch nur schlimmer geschehen.

Ich erinnerte mich der Frösche, deren Gequake

Bis zu den Ohren des Herrn im Himmel endlich gelangte.

Einen König wollten sie haben und wollten im Zwange

Leben, nachdem sie der Freiheit in allen Landen genossen.

Da erhörte sie Gott und sandte den Storch, der beständig

Sie verfolget und haßt und keinen Frieden gewähret.

Ohne Gnade behandelt er sie; nun klagen die Toren,

Aber leider zu spät: denn nun bezwingt sie der König.

Reineke redete laut zur ganzen Versammlung, es hörten

Alle Tiere sein Wort, und so verfolgt' er die Rede:

Seht, für alle fürchtet ich das. So wär es geworden.

Herr, ich sorgte für Euch und hoffte beßre Belohnung.

Braunens Ränke sind mir bekannt, sein tückisches Wesen,

Manche Missetat auch von ihm; ich besorgte das Schlimmste.

Würd er Herr, so wären wir alle zusammen verdorben.

Unser König ist edel geboren und mächtig und gnädig,

Dacht ich im stillen bei mir: es wär ein trauriger Wechsel,

Einen Bären und tölpischen Taugenicht so zu erhöhen.

Etliche Wochen sann ich darüber und sucht es zu hindern.

Auch vor allem begriff ich es wohl: behielte mein Vater

Seinen Schatz in der Hand, so brächt er viele zusammen,

Sicher gewänn er das Spiel, und wir verlören den König.

Meine Sorge ging nun dahin, den Ort zu entdecken,

Wo der Schatz sich befände, damit ich ihn heimlich entführte.

Zog mein Vater ins Feld, der alte, listige, lief er

Nach dem Walde bei Tag oder Nacht, in Frost oder Hitze,

Näss' oder Trockne, so war ich dahinter und spürte den Gang aus.

Einmal lag ich versteckt in der Erde mit Sorgen und Sinnen,

Wie ich entdeckte den Schatz, von dem mir so vieles bekannt war.

Da erblickt ich den Vater aus einer Ritze sich schleichen,

Zwischen den Steinen kam er hervor und stieg aus der Tiefe.

Still und verborgen hielt ich mich da; er glaubte sich einsam,

Schaute sich überall um, und als er niemand bemerkte

Nah oder fern, begann er sein Spiel, Ihr sollt es vernehmen.

Wieder mit Sande verstopft' er das Loch und wußte geschicklich

Mit dem übrigen Boden es gleichzumachen. Das konnte,

Wer nicht zusah, unmöglich erkennen. Und eh er von dannen

Wanderte, wußt er den Platz, wo seine Füße gestanden,

Über und über geschickt mit seinem Schwanze zu streichen

Und verwühlte die Spur mit seinem Munde. Das lernt ich

Jenes Tages zuerst von meinem listigen Vater,

Der in Ränken und Schwänken und allen Streichen gewandt war.

Und so eilt' er hinweg nach seinem Gewerbe. Da sann ich,

Ob sich der herrliche Schatz wohl in der Nähe befände?

Eilig trat ich herbei und schritt zum Werke: die Ritze

Hatt ich in weniger Zeit mit meinen Pfoten eröffnet,

Kroch begierig hinein. Da fand ich köstliche Sachen,

Feinen Silbers genug und roten Goldes! Wahrhaftig,

Auch der Älteste hier hat nie so vieles gesehen.

Und ich machte mich dran mit meinem Weibe: wir trugen,

Schleppten bei Tag und bei Nacht; uns fehlten Karren und Wagen;

Viele Mühe kostet' es uns und manche Beschwernis.

Treulich hielt Frau Ermelyn aus; so hatten wir endlich

Die Kleinode hinweg zu einer Stätte getragen,

Die uns gelegener schien. Indessen hielt sich mein Vater

Täglich mit jenen zusammen, die unsern König verrieten.

Was sie beschlossen, das werdet Ihr hören und werdet erschrecken.

Braun und Isegrim sandten sofort in manche Provinzen

Offene Briefe, die Söldner zu locken: sie sollten zu Haufen

Eilig kommen, es wolle sie Braun mit Diensten versehen,

Milde woll er sogar voraus die Söldner bezahlen.

Da durchstrich mein Vater die Länder und zeigte die Briefe,

Seines Schatzes gewiß: der, glaubt' er, läge geborgen.

Aber es war nun geschehn, er hätte mit allen Gesellen,

Sucht' er auch noch so genau, nicht einen Pfennig gefunden.

Keine Bemühung ließ er sich reun; so war er behende

Zwischen der Elb und dem Rheine durch alle Länder gelaufen,

Manchen Söldner hatt er gefunden und manchen gewonnen,

Kräftigen Nachdruck sollte das Geld den Worten verleihen.

Endlich kam der Sommer ins Land; zu seinen Gesellen

Kehrte mein Vater zurück. Da hatt er von Sorgen und Nöten

Und von Angst zu erzählen, besonders, wie er beinahe

Vor den hohen Burgen in Sachsen sein Leben verloren,

Wo ihn Jäger mit Pferden und Hunden alltäglich verfolgten,

Daß er knapp und mit Not mit heilem Pelze davonkam.

Freudig zeigt' er darauf den vier Verrätern die Liste,

Welche Gesellen er alle mit Gold und Versprechen gewonnen.

Braunen erfreute die Botschaft; es lasen die fünfe zusammen,

Und es hieß: Zwölfhundert von Isegrims kühnen Verwandten

Werden kommen mit offenen Mäulern und spitzigen Zähnen,

Ferner: die Kater und Bären sind alle für Braunen gewonnen,

Jeder Vielfraß und Dachs aus Sachsen und Thüringen stellt sich.

Doch man solle sich ihnen zu der Bedingung verbinden:

Einen Monat des Soldes vorauszuzahlen; sie wollten

Alle dagegen mit Macht beim ersten Gebote sich stellen.

Gott sei ewig gedankt, daß ich die Plane gehindert!

Denn nachdem er nun alles besorgt, so eilte mein Vater

Über Feld und wollte den Schatz auch wieder beschauen.

Da ging erst die Bekümmernis an: da grub er und suchte;

Doch je länger er scharrte, je weniger fand er. Vergebens

War die Mühe, die er sich gab, und seine Verzweiflung:

Denn der Schatz war fort, er konnt ihn nirgend entdecken.

Und vor Ärger und Scham — wie schrecklich quält die Erinnrung

Mich bei Tag und bei Nacht! — erhängte mein Vater sich selber.

Alles das hab ich getan, die böse Tat zu verhindern.

Übel gerät es mir nun; jedoch es soll mich nicht reuen.

Isegrim aber und Braun, die gefräßigen, sitzen am nächsten

Bei dem König zu Rat. Und Reineke! wie dir dagegen,

Armer Mann, jetzt gedankt wird! daß du den leiblichen Vater

Hingegeben, den König zu retten. Wo sind sie zu finden

Die sich selber verderben, nur Euch das Leben zu fristen?

König und Königin hatten indes, den Schatz zu gewinnen,

Große Begierde gefühlt; sie traten seitwärts und riefen

Reineken, ihn besonders zu sprechen, und fragten behende:

Saget an, wo habt Ihr den Schatz? Wir möchten es wissen.

Reineke ließ sich dagegen vernehmen: Was könnt es mir helfen,

Zeigt ich die herrlichen Güter dem Könige, der mich verurteilt?

Glaubet er meinen Feinden doch mehr, den Dieben und Mördern,

Die Euch mit Lügen beschweren, mein Leben mir abzugewinnen.

Nein, versetzte die Königin: nein! so soll es nicht werden!

Leben läßt Euch mein Herr, und das Vergangne vergißt er.

Er bezwingt sich und zürnet nicht mehr. Doch möget Ihr künftig

Klüger handeln und treu und gewärtig dem Könige bleiben.

Reineke sagte: Gnädige Frau, vermöget den König,

Mir zu geloben vor Euch, daß er mich wieder begnadigt,

Daß er mir alle Verbrechen und Schulden und alle den Unmut,

Den ich ihm leider erregt, auf keine Weise gedenket,

So besitzet gewiß in unsern Zeiten kein König

Solchen Reichtum, als er durch meine Treue gewinnet;

Groß ist der Schatz! ich zeige den Ort, Ihr werdet erstaunen.

Glaubet ihm nicht! versetzte der König: doch wenn er von Stehlen,

Lügen und Rauben erzählet, das möget Ihr allenfalls glauben;

Denn ein größerer Lügner ist wahrlich niemals gewesen.

Und die Königin sprach: Fürwahr, sein bisheriges Leben

Hat ihm wenig Vertrauen erworben; doch jetzo bedenket,

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