Gefangenschaft geraten.»
«Das weiß ich, Sir. «Er grinste vergnügt.»Auch alle meine Leute sind Freiwillige.»
Wieder blickte Bolitho zum Fischkutter hinab. Jetzt wurde ihm manches klar. Er hatte sich Vorwürfe gemacht, weil er Menschenleben aufs Spiel setzte, aber dieser junge Teufel war ihm ehrlich dankbar dafür. Dankbar für die Chance, sich auszuzeichnen — eine der seltenen guten Gelegenheiten, auf die der junge Offizier sehnsüchtig wartete. War er in seiner Jugend nicht genauso gewesen? Er ordnete an:»Bringen Sie die Gefangenen an Bord und schicken Sie noch mehr unserer Leute hinüber, die Mr. Browne bei der Durchsuchung helfen können. «Mit einem Blick zum Himmel, der sich schon verdunkelte, und zu den Mastspitzen, die das letzte Tageslicht einfingen, fügte er noch hinzu:»Herrgott, Thomas, das Warten auf einen Eröffnungszug des Feindes hängt mir zum Halse heraus. Es wird Zeit, daß wir sie aus ihrem Bau schDeauncnhefnie!«l ihm Allday auf, der auf dem Backbord-Seitendeck stand. Seltsam gespannt und wie erstarrt blickte er auf das Fischerboot hinab. Wenigstens blieb Allday die Teilnahme an diesem tollkühnen, riskanten Unternehmen erspart, dachte Bolitho.
Er wartete an Deck, bis die kleine Schar ihrer Gefangenen herbeigeschafft war, an der Spitze die drei französischen Soldaten. Hinter ihnen kam einer von Clintons Seesoldaten und trug mit angewidertem Gesicht eine blutige französische Uniform über dem Arm. Ihr vorheriger Besitzer hatte keine Verwendung mehr für sie.
Erst als es schon ganz dunkel war und die Schiffe für die Nacht Segel refften, kehrte Browne auf die Benbow zurück.
«Dieses Boot stinkt wie eine Kloake, Sir! Und die Mannschaft auch!»
«Haben Sie etwas gefunden?»
Browne nickte.»Der Kutter stammt aus Brest, nicht hier aus der Gegend. Wir hatten Glück. Ich habe den Skipper überzeugen können, daß wir ihn später laufenlassen, wenn er uns die Wahrheit sagt. Und daß er im anderen Fall von der Rah baumeln wird. Er hat mir glaubhaft versichert, daß hier ein ganzes französisches Geschwader stationiert ist — mit dem einzigen Auftrag, die Invasionsflotte zu schützen. Und es klang mir so, als sei Konteradmiral Remond der Oberbefehlshaber. «Browne sah, daß Bolitho die Augen zusammenkniff.»Ich wußte ja, daß wir ihm noch einmal begegnen, Sir.»
«Ja. Wollen Sie immer noch an dieser Aktion teilnehmen, Oliver? Wir sind jetzt unter uns, also sprechen Sie offen. Sie kennen mich inzwischen gut genug, um zu wissen, daß ich es Ihnen nicht verübeln würde, wenn Sie es sich anders überlegten.»
«Ich möchte aber mitfahren, Sir, jetzt noch mehr als vorher. Vielleicht wegen Remond und wegen Styx und auch, weil ich Ihnen dann endlich eine wirkliche Hilfe sein kann, statt Ihnen dauernd nur Depeschen zu reichen und Signale zu notieren.»
Bolitho berührte kurz seinen Arm.»Ich weiß es zu schätzen, Oliver. Danke. Aber jetzt müssen Sie sich fertigmachen.»
Als Browne davoneilte, trat Herrick zu Bolitho.»Er ist keine Kämpfernatur, Sir«, sagte er.
Überrascht und gerührt, daß Herrick sich um Browne zu sorgen schien, den er bisher immer nur kritisiert hatte, blickte Bolitho seinen Freund an.»Vielleicht nicht, Thomas. Aber er besitzt Mut, den er auch einmal beweisen muß.»
Herrick blickte stirnrunzelnd Wolfe entgegen, der mit einer Namenliste auf ihn zukam.»Verdammt, gibt es immer noch Unklarheiten?»
Lächelnd wandte Bolitho sich zum Gehen. Fast zu beiläufig sagte er noch:»Ich habe ein Signal an Phalarope abzusetzen. Das schreibe ich jetzt aus, damit es im ersten Tageslicht übermittelt werden kann.»
Dickfellig wie immer blickte Wolfe auf und erkundigte sich bei Herrick:»Gibt's Ärger, Sir?»
«Bin mir nicht sicher. «Herrick konnte seine Unruhe nicht verbergen.»Tausendmal lieber als dieses Katz-und-Maus-Spiel wäre mir das Krachen der Breitseiten in einem ehrlichen GeWche. «mußte grinsen.»Sir, zu den Leuten, die zur Beförderung anstehen…»
Die geflickten Segel steif wie Bretter, arbeitete sich der Fischkutter durch den rauhen Seegang; das Lee-Schandeck schnitt ständig unter.
Leutnant Searle, wie die meisten seiner Männer in Ölzeug und hohen Stiefeln, wie die Fischer sie trugen, befahl scharf:»Bleibt hoch am Wind, verdammt!»
Neben Searle balancierte Browne und kämpfte um sein Gleichgewicht, während das Boot unter ihm stampfte und bockte. In seinem französischen Soldatenrock mit dem weißen Brustriemen war er vollauf damit beschäftigt, seine Würde zu wahren.
Der Morgen dämmerte schon herauf, aber der Himmel blieb bewölkt, und hier unten wirkte die See sehr viel gefährlicher und wilder, als vom hohen Achterdeck der Benbow aus gesehen.
Sie hatten die Nacht durchgearbeitet, um das Boot für ihre Zwecke herzurichten; die ganze Fischereiausrüstung war über Bord gegangen. Aber gegen den Fischgestank ließ sich nichts unternehmen. Brownes einziger Trost war, daß er sich oben in frischer Luft aufhalten konnte, während die meisten seiner Männer sich in der stinkenden Fischlast zusammendrängen mußten. Der Steuermann — Mr. Grubb hatte ihnen seinen Stellvertreter mitgegeben — an der Pinne warnte:»Feindliche Küste direkt voraus,
Sir.»
Browne schluckte unwillkürlich.»Danke, Mr. Hoblin.»
Er mußte dem Mann blind vertrauen, denn sehen konnte er nichts; aber Grubb hatte ihm vor dem Ablegen versichert:»Mr. Hoblin hat die richtige Nase, Sir!»
Eiskalte Gischt flog übers Dollbord und klatschte auf Searles Kopf und Schultern nieder, der die Zähne zusammenbiß und hervorpreßte:»Ich bezweifle, daß die Franzosen so früh schon ein Wachboot patrouillieren lassen; die sind bestimmt nicht scharf auf ein kaltes Bad.»
Midshipman Stirling, der mit seiner roten Wollmütze eher wie ein Pirat aussah, fragte:»Wie dicht gehen wir ran, Sir?»
Browne konnte aus der Frage des Jungen keine Furcht heraushören. Sie klang eher ungeduldig, als könne er es nicht abwarten, daß endlich etwas geschah.
«So dicht wir es wagen.»
Searle meinte:»Wenigstens ist der Wind stetig: Nordost. Wenn wir unbemerkt unter die anderen Fischkutter gelangen, ist das Ärgste überstanden. Die Franzosen werden uns nicht anpreien, wenn sie erst Sie gesehen haben. «Er grinste.»Soldaten sind allen Fischern der Welt verhaßt, ebenso wie Zöllner, die Marine und sogar ein biederer Gendarm.»
Ein Seemann, der lang ausgestreckt im Bug lag und Ausschau hielt, rief heiser:»Zwei Boote an Steuerbord voraus!»
Hoblin ergänzte:»Fischkutter, ebenfalls unterwegs nach Hause.»
Die Besatzung eilte an Schoten und Fallen, aber Browne bremste sie:»Langsam, Männer! Ihr seid Fischer, nicht Matrosen der Kriegsmarine. Also laßt euch Zeit!»
Grinsend stießen sie einander an, als sei alles nur ein Possenspiel.
Searle befahl:»Legt sie auf den anderen Bug! Aber haltet euch in Luv von den beiden. «Er wandte sich um, während die Segel laut zu killen begannen und sich auf dem neuen Schlag dann wieder mit Wind füllten.»Belle Ile muß nördlich von uns liegen.»
Der Steuermann nickte und schielte auf den Kompaß.»Höchstens zwei Meilen entfernt, Sir. «Niemand focht sein Urteil an, und das freute ihn. Schließlich war er bei weitem der Älteste an
Bord.
«Verdammt, jetzt fängt's auch noch an zu regnen.»
Browne nickte unbehaglich und versuchte, die rauhe französische Uniform am Hals enger zusammenzuziehen. Fast noch schlimmer als der Fischgestank war der Geruch nach altem Schweiß, den ihr Vorbesitzer hinterlassen hatte.
Große, schwere Regentropfen fielen erst vereinzelt, dann zischend wie ein Hagelschauer und peitschten die Wasseroberfläche, das Boot und seine geplagten Insassen.
Browne stöhnte.»Ich werde nie wieder über Fisch lästern! Die Männer, die ihn fangen, verdienen jeden Penny, den sie dafür kriegen!»
Langsam und widerwillig kroch das erste Tageslicht durch die schwere Wolkendecke und die Regenschleier. Rundum nahmen immer mehr Boote Gestalt an. Sowie sie in Sicht kamen, verteilten sie sich, um in gebührendem Abstand voneinander die Netze auswerfen zu können.